Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Nun hat der Irrsinn höchstrichterlichen Segen - so lautete die Überschrift einer großen Tageszeitung einen Tag, nachdem das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auf kommunaler Ebene grundsätzlich für zulässig erklärt hatte. Das Gericht wollte Klarheit schaffen, schuf aber Rechtsunsicherheit, denn weil das Bundesrecht zonen- und streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselkraftfahrzeuge nicht zulässt, haben die Kommunen theoretisch selbst die Möglichkeit, solche Fahrverbote zu erlassen.
Die Richter in Leipzig betonen in ihrem Urteil aber auch den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Was heißt das? Fahrverbote also nur im äußersten Fall? - Das klingt zunächst gar nicht dramatisch, und das ist auch der Grund dafür, warum zum Beispiel der Kieler Oberbürgermeister erklärte, einem unverhältnismäßigen Fahrverbot nicht zuzustimmen. In Hamburg, in Stuttgart und anderswo dagegen wird ganz offensiv über baldige Fahrverbote debattiert.
Aktuell drohen Fahrverbote überall dort, wo der EU-Grenzwert für Stickoxide bereits in der Vergangenheit überschritten wurde. In Deutschland sind davon mehr als 60 Städte betroffen. Das schafft überall Unsicherheit und führt jetzt schon zu gravierenden Wertverlusten für Dieselfahrzeuge. Aber: Wie sagte doch der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung - ich zitiere mit Erlaubnis -: „Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen.“
Ob das die Millionen von Dieselfahrern auch so sehen? Ob sie sich auch ein teures und ineffektives Elektromobil aus amerikanischer oder ostasiatischer Produktion leisten können? - Das wage ich zu bezweifeln.
Als Reaktion auf diese unklare Rechtslage - also: Kommunen können, müssen aber nicht - meldet sich nun das Umweltbundesamt mit einer tollen Idee und denkt laut über die Einführung blauer Plaketten für Dieselfahrzeuge nach. Der vermeintliche Vorteil einer bundeseinheitlichen Regelung würde sich aber schnell als zusätzlicher Nachteil für den Dieselbenutzer herausstellen. Denn: Wo bliebe die im Einzelfall zu prüfende Verhältnismäßigkeit bei einer pauschalen Kennzeichnungspflicht? Abgesehen davon haben sich auch schon Kommunen und Polizeivertreter gemeldet und sehr klar gemacht, dass sie gar nicht in der Lage wären, in der Praxis die Einhaltung einer solchen Plakettenpflicht zu überprüfen. Die ganze Maßnahme liefe also genauso ins Leere wie die bisherige Regelung mit gelben und grünen Plaketten.
Angesichts dieser angeheizten Debatte um die angeblich so schlimmen Dieselmotoren fragen wir uns, wer derzeit eigentlich noch die Berufspendler, die Handwerker und die Gewerbetreibenden schützt, die sich aus gutem Grund für Dieselfahrzeuge entschieden haben: weil sie weniger Kraftstoff verbrauchen als Benziner, weniger CO2 ausstoßen und durch Rußfilter und Additive in den letzten Jahren immer sauberer geworden sind.
In dieser im wahrsten Sinne des Wortes verfahrenen Situation sehen wir die Verpflichtung, auch auf landespolitischer Ebene ein Signal zur Sicherung der Mobilität auch für Dieselfahrzeuge zu setzen.
Hierzu gehört ganz klar die Ablehnung neuer Kennzeichnungspflichten in Form von blauen oder sonst wie gefärbten Plaketten.
Ja, die Autohersteller haben angesichts der immer weiter heruntergesetzten Grenzwerte aus Brüssel Software manipuliert. Das war nicht in Ordnung, und hier muss nachgebessert werden. 2,5 Millionen Software-Aktualisierungen in den letzten sechs Monaten gehen in die richtige Richtung. Politik darf aber nicht den Fehler machen, die deutsche Autoindustrie pauschal zu verteufeln. Die Industrie hat dafür gesorgt, dass unsere Autos immer weniger verbrauchen und immer weniger Schadstoffe ausstoßen. Euro 6 ist marktreif. Auf dem Autosalon, der gerade in Genf zu Ende ging, wurden neue Hybridmodelle gezeigt, die in die Zukunft weisen.
Bei aller berechtigten Kritik dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass es Lobbyisten sind, die aus fragwürdigen Motiven dem Individualverkehr grundsätzlich den Kampf angesagt haben. Eine Deutsche Umwelthilfe, die beträchtliche Gelder von Toyota bezieht, hat eine ganz eigene Agenda, und die hat ganz wenig mit Umwelt und ganz viel mit Industriepolitik zu tun.
Übrigens beträgt der Dieselanteil von Toyota-Flotten gerade einmal 12 %, bei VW sind es 26 %, bei BMW 35 % und bei Daimler 41 %. - Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Solche Vereine wie die Deutsche Umwelthilfe werden beim Diesel nicht haltmachen. Bald wird der Kampf gegen das E-Mobil geführt, weil die Batterien ja noch umweltschädlicher sind als jeder Verbrenner, vielleicht wird er auch gegen den Wasserstoffmotor geführt, weil der ja angeblich explodieren kann. Das Ziel der Kampagnen ist der Individualverkehr als solcher, und wir müssen dem Einhalt gebieten.
Die deutschen Autohersteller sind innovativ und sich ihrer Aufgaben bewusst. Ein Feldzug gegen diese Schlüsselindustrie mit 800.000 Beschäftigten ist unverantwortlich. Die AfD wird sich immer für die Interessen der Autofahrer, aber auch für die der Hersteller und der zahllosen mittelständischen Zulieferbetriebe einsetzen.
Wir hoffen, dass auch andere Fraktionen hier im Haus den Mut haben, sich dazu zu bekennen, und wir appellieren an die Landesregierung, hier ein deutliches Signal gegen eine weitere Kennzeichnungspflicht und damit gegen Fahrverbote zu setzen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klimawandel, Erderwärmung, Meeresspiegelanstieg; hier hat der Dieselmotor einen klaren Vorteil vor jedem anderen Verbrennungsmotor. In der aktuellen Diskussion spielt das leider keine Rolle. Auch die Feinstaubbelastung durch Dieselmotoren ist kein Thema mehr. Durch den Einbau von Partikelfiltern konnte dieses Problem wirksam gelöst werden.
Jetzt also die Diskussion um Stickoxide und die Überschreitung von NOx-Grenzwerten an viel befahrenen Straßen. Wenn man dazu recherchiert, stößt man auf unterschiedliche Aussagen. Der Grenzwert von 40 µg/m³ wird zum Teil als willkürliche Festsetzung kritisiert, von anderer Seite aber immer noch als viel zu hoch angesehen. Welche Sichtweise davon die zutreffende ist, vermag ich nicht zu beurteilen. An Industriearbeitsplätzen ist jedoch mit 950 µg/m³ über mehrere Arbeitsstunden am Tag ein um das 24-fache höherer Wert zulässig. Selbst für Büroräume gilt mit 60 µg/m³ eine höhere erlaubte Belastung als auf dem Fußweg am Theodor-Heuss-Ring.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich diese Zahlen - 40, 60, 950 - vor Augen führen und gewisse Zweifel bekommen, dann muss ich Ihnen ehrlich sagen: Mir geht es genauso. Aber natürlich müssen Grenzwerte, die einmal festgelegt worden sind, auch eingehalten werden, und selbstverständlich besitzt die Gesundheit der Anwohner eine hohe Priorität. Ich will mir gleichwohl den Hinweis erlauben, dass sich der Sachverhalt auf Basis der EUVerordnung zur Luftqualität etwas differenzierter darstellt:
Der EU-Grenzwert von 40 µg/m³ bezieht sich auf Messstationen mit bis zu 10 m Abstand vom Fahrbahnrand, bei denen der Luftstrom im Umkreis von
mindestens 270 Grad nicht beeinträchtigt werden darf. Der EU-Grenzwert gilt also gerade nicht für Straßen in engen Häuserschluchten. Das Aufstellen der Messstation im Theodor-Heuss-Ring wird erst durch die Bestimmungen der deutschen Immissionsschutzverordnung zulässig, die lediglich einen Freiraum von 180 Grad fordert und damit auch das Aufstellen unmittelbar an Gebäudefronten zulässt. Kein Wunder also, dass unter einseitig verschärften deutschen Bestimmungen anschließend europäische Grenzwerte übertroffen werden.
Wie dramatisch ist aber nun die Entwicklung der Stickoxid-Belastung? - Insgesamt hat die NOx-Belastung in den letzten 16 Jahren stetig abgenommen. So steht es im Hintergrundbericht zur Luftqualität 2016 des Umwelt-Bundesamtes. Auch am Theodor-Heuss-Ring ist der Jahresmittelwert von 65 µg/m³ im letzten Jahr auf 56 µg/m³ gesunken. Mit dem allmählichen Ersatz älterer Diesel-Pkw durch solche, die die neue Euro-6-Norm erfüllen, wird sich das Problem der Stickoxid-Belastung weiter reduzieren.
Dennoch diskutieren wir jetzt über Diesel-Fahrverbote, ausgelöst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018, wonach Kommunen eigenständig über Fahrverbote entscheiden können. Der zweite Teil des Urteils, der dafür eine Verhältnismäßigkeit verlangt, fällt dabei leider allzu leicht unter den Tisch, ganz zu schweigen davon, dass das Urteil überhaupt noch nicht schriftlich vorliegt.
Aber genau auf diese Frage kommt es entscheidend an. Ausschlaggebend ist eben nicht die Möglichkeit, Fahrverbote zu verhängen, sondern: Fahrverbote sind überhaupt nur dann zulässig, wenn diese verhältnismäßig sind.
Meine Damen und Herren, deswegen würde ich sehr zu einer Versachlichung der Debatte raten. Panikmache mit drohenden Fahrverboten ist an dieser Stelle völlig unangebracht.
Zur weiteren Reduzierung der Stickoxid-Belastung gibt es intelligentere Lösungen als Fahrverbote, zumal eine Kontrolle solcher Fahrverbote überhaupt nicht praktikabel ist.
Was können wir also tun? - Ältere Diesel-Pkw müssen nachgerüstet werden. Ich fordere deshalb von den Fahrzeugherstellen die kostenfeie Nachrü
Bei der Kieler Verkehrsgesellschaft könnte der Busverkehr schneller als bislang geplant auf Elektro-Fahrzeuge umgestellt werden. Fördermittel stehen dafür auf Bundesebene zur Verfügung. Beim Seehafen Kiel könnte der Zoll die an- und abfahrenden Lkw verstärkt auf manipulierte AdBlue-Systeme hin kontrollieren, denn nach einer Studie der Universität Heidelberg fahren 20 % der osteuropäischen Lkw mit extrem auffälligen Abgaswerten. Weiter müssen wir bei Fähren und Kreuzfahrern endlich für einen Landstromanschluss und dessen Nutzung sorgen, wie es unser Ministerpräsident in den Berliner Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat.
Und mit der Schaffung digitaler Verkehrsleitsysteme und dem Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für emissionsfreie Mobilität liegen weitere gute Vorschläge auf dem Tisch.
Meine Damen und Herren, mit diesen Maßnahmen kann angepackt werden, um eine echte Schadstoffreduzierung zu erreichen, und genau das sind auch die Maßnahmen, die jeder Diesel-Fahrer mit Recht zuerst erwarten würde, bevor ihm Straßen versperrt bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb brauchen wir jetzt eine Politik mit Augenmaß, die kluge und angemessene Entscheidungen trifft. Genau dafür steht Jamaika in Schleswig- Holstein. - Herzlichen Dank.
Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Oppositionsführer Dr. Ralf Stegner.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden bei dem Thema über Umweltschutz, wir reden über Verbraucherschutz, und wir reden über Arbeitsplätze. Luftverschmutzung ist weltweit nach wie vor das größte auf Umweltfaktoren basierende Gesundheitsrisiko. Sie ist Ursache für Lungen
krankheiten, Schlaganfälle und Herzerkrankungen. Luftverschmutzung ist aus sozialer Perspektive zutiefst unfair. Viele zahlen den Preis für dreckige Luft. Das sind die weniger Wohlhabenden, weil sie an viel befahrenen Straßen wohnen oder weil sie der Belastung in ihrem Berufsalltag stärker ausgesetzt sind. Menschen haben das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf reine Luft.
Herr Kollege Koch, Sie werden wohl kaum die Belastung eines Industriearbeitsplatzes mit der Belastung für Kinder und Schwangere oder die Lärmbelastung in der Werkshalle eines großen Betriebes mit der in Wohngebieten vergleichen. Die Vergleiche, die Sie hier angestellt haben, hinken also.
Das ist das eine. Das andere betrifft die Pendlerinnen und Pendler: Schleswig-Holstein ist ein Flächenland. Jeden Tag fahren viele Tausend Menschen auf unseren Straßen nach Hamburg oder nach Dänemark. Die haben sich aus guten Gründen für Dieselfahrzeuge entschieden, für Modelle, die die Automobilindustrie als „clean“ oder „eco“ bezeichnet und die sie sogar als umweltfreundlich beworben hat. Jetzt stehen Fahrverbote im Raum. Deswegen müssen wir den Spagat schaffen, sowohl die Schadstoffbelastung in den Städten in den Griff zu bekommen als auch gleichzeitig unsere Pendlerinnen und Pendler zu schützen.