Protocol of the Session on February 22, 2018

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/502 (neu), sowie den Alternativantrag, Drucksache 19/547, dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Europäisches Jahr 2018

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/505

Das Wort zur Begründung wird, wie ich sehe, nicht gewünscht. Mit dem Antrag, Drucksache 19/505, wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig im Haus der Fall. Ich erteile für die Landesregierung der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Frau Karin Prien, das Wort.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

- Immer mit der Ruhe, Herr Abgeordneter. Es hat die Ministerin überrascht, dass sie jetzt schon wieder an der Reihe ist. Ich glaube, wir haben Verständnis dafür, dass sie jetzt erst einmal schauen muss, wo der Bericht ist.

(Vereinzelter Beifall)

Vielen Dank, Herr Präsident. Sie verzeihen mir bitte die kurze Verzögerung. Der Innenminister hatte mich in einen Plausch verwickelt.

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Umso mehr freue ich mich, jetzt die Gelegenheit zu haben, zu dem wichtigen Projekt des Europäischen Kulturerbejahrs sprechen zu können. Sie alle wissen: Mit dem Europäischen Jahr des kulturellen Erbes, wie der richtige Titel lautet, fordert uns die Europäische Kommission auf, dazu beizutragen, Europa nicht als etwas Fernes, Abgehobenes darzustellen, sondern klarzumachen, dass uns unser kulturelles Erbe von unserer gemeinsamen Geschichte erzählt - auch ganz lokal, im Kleinen und bei uns Zuhause.

Das ist insbesondere jetzt wichtig, wo das friedliche, vereinte Europa von innen und von außen vor großen Herausforderungen steht und der gefunden geglaubte Konsens darüber, wie wir zusammenleben wollen, in besorgniserregender Weise infrage gestellt wird.

Ich will in diesem Zusammenhang deutlich sagen, dass aus unserer Sicht das Thema Demokratieerziehung wichtiger denn je ist, nicht nur in der Schule. Unsere demokratischen Grundwerte - Freiheit, Toleranz und Verantwortung - dürfen in einem modernen Europa nicht verhandelbar sein.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und doch müssen sie im Alltag im Kleinen und im Großen immer wieder eingeübt und manchmal verteidigt werden. Wir wollen in diesem Jahr gemeinsam einen Blick auf unser kulturelles Erbe werfen und die gemeinsame europäische Geschichte erzählen; denn dieses gemeinsame Erbe ist es, was uns verbindet und was uns immer wieder neu zusammenbringt. Dafür haben wir aus Schleswig-Holstein von Beginn an die Idee unterstützt, das Jahr des kulturellen Erbes auszurufen. Unter dem Motto „Sharing Heritage - Kulturelles Erbe teilen“, finden in ganz Europa Veranstaltungen und Projekte statt. Das Wort „Sharing“ ist hier durchaus doppeldeutig zu verstehen. Es geht neben dem realen Teilen der Geschichte vor Ort, der Erfahrungen Europas zum Beispiel auch durch Kulturrouten, die Teil des noch vorzulegenden Europaberichts werden, auch um das virtuelle Teilen. Das Internet als verbindendes Element, das von Süden in den Norden, vom Osten in den Westen den Austausch ermöglicht, spielt im Konzept des europäischen Kulturerbejahres eine zentrale Rolle.

In Deutschland koordiniert die Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz die Durchführung dieses Themenjahres in Abstimmung mit Bund, Ländern und Kommunen. Bundes

(Beate Raudies)

präsident Frank-Walter Steinmeier hat die Schirmherrschaft für Sharing Heritage übernommen, außerdem gibt es eine Reihe von Botschaftern des ECHY, zum Beispiel den Schauspieler Daniel Brühl. Zur Vorbereitung und Begleitung ist ein nationaler Programmbeirat ins Leben gerufen worden. Die Mitwirkung am Kulturerbejahr ist für alle öffentlichen und privaten Träger, Bewahrer und Vermittler des kulturellen Erbes möglich.

Für die Förderung bundesweit bedeutsamer Projekte im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres stellt die Kulturstaatsministerin insgesamt 7,2 Millionen € bereit. Im Rahmen der Ausschreibung mit Frist zum 31. Mai 2018 ist geplant, weitere Projekte zu fördern. Schleswig-Holstein hat bereits im vergangenen Jahr mit einem Projekttitel hierfür zusätzlich 25.000 € zur Verfügung gestellt. Wie Sie wissen, haben wir im gestrigen Haushalt für dieses Jahr 100.000 € für Projekte im Rahmen des Europäischen Kulturerbes eingeplant.

Ziel Schleswig-Holsteins ist es dabei, vor allem die kleineren, die lokalen Projekte, zu fördern, die über die Bundes- oder EU-Förderung nicht zum Zuge kommen. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf dem deutsch-dänischen Grenzgebiet. Im Rahmen der deutsch-dänischen Kulturkooperation finden derzeit Gespräche zu gemeinsamen Konzepten mit der Partnerregion Süd-Dänemark statt. Bislang werden drei schleswig-holsteinische Projekte vom Bund gefördert, einmal das Europäische Hansemuseum in Lübeck, beantragt von der Stadt Lübeck, dann das Projekt „Archäologie und Stadtplanung in Lübeck - Das urbane Erfolgsmodell des Ostseeraums verstehen, vermitteln und erleben“, ebenfalls beantragt von Lübeck, und dann das Love Tree Ensemble vom künstlerischen Leiter des folkBALTICA-Festivals Harald Haugaard.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Projekte, von denen vier im letzten Jahr vom Land mitfinanziert wurden: ein Filmworkshop der Jugendbauhütte Lübeck, dann ein Projekt des schleswigholsteinischen Heimatbundes „Es war einmal … ein Tag voller Märchen“, dann „Emil & die Detektive - Transmedia-Storytelling am Beispiel eines Kieler Straßenzugs“, beantragt von der HeinrichBöll-Stiftung, und einiges mehr.

Mit dem Beschluss zum Haushalt, der gestern ergangen ist, freuen wir uns jetzt auf weitere Projektanträge zum Europäischen Kulturerbejahr. Es geht darum, für ein freies, für ein tolerantes Europa gemeinsam zu werben und unser kulturelles Erbe zu pflegen. Diese Mühe lohnt sich. Meine Damen und

Herren, ich freue mich sehr auf das Kulturerbejahr. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Regina Poersch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Das starke Signal des Jahres 2018 als Europäisches Jahr des kulturellen Erbes sollte genutzt werden, um das Bewusstsein über die Bedeutung des kulturellen und ökologischen Erbes für die touristische Entwicklung zu fördern und um diese Elemente zu schützen.“

Das ist nicht von mir, das ist aus der letztjährigen Resolution des Parlamentsforums Südliche Ostsee zu den Europäischen Kulturrouten. Ganz konkret werden darin Vorschläge gemacht, einen eigenen Beitrag zur Schärfung des Bewusstseins für europäische Geschichte und die Stärkung einer europäischen Identität zu leisten. Mit unserem Antrag möchten wir dies heute diskutieren.

Frau Ministerin, ich darf mich bei Ihnen herzlich für Ihren Bericht bedanken, auch zu den konkreten Projekten, die es gibt, die anlaufen und auf die wir uns alle gemeinsam freuen. Ich bedanke mich auch für Ihren Bericht zum bundesweiten Sharing Heritages.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Europäische Kulturrouten sind ein Beitrag zur Schärfung des Bewusstseins für europäische Geschichte. Sie stärken gleichermaßen die lokale Identität und die europäische Integration. In Schleswig-Holstein sind wir es gewohnt, über den Tellerrand zu schauen. Wir lieben und schätzen die kulturelle Bereicherung, die sich aus der Vielfalt ergibt.

(Beifall SPD und Marlies Fritzen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Kulturtourismus stützt sich auf die thematischen kulturtouristischen Routen: Routen der europäischen Backsteingotik, der Jakobswege durch den Ostseeraum, die Hanseroute, die Route der Zisterzienserklöster und perspektivisch auch die Schlösser und Gutshäuser im südlichen Ostseeraum.

(Ministerin Karin Prien)

Kultureller Reichtum besteht nicht nur aus Burgen und Denkmälern, sondern auch aus anderen einzigartigen Angeboten wie etwa kulinarischen Spezialitäten und historischem Brauchtum. Zusammen mit regionalem Erholungs-, Freizeit- und Wassertourismus wird das hochinteressant für den ländlichen Raum, schafft Wachstum und Beschäftigung und erhält lokale Infrastrukturen. Hier kann und muss Schleswig-Holstein einen eigenen Beitrag leisten und sich einbringen. Hier liegt eine Chance für den Schleswig-Holstein-Tourismus, gerade im Binnenland, gerade im ländlichen Raum.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Routen machen an Ländergrenzen nicht halt. Sie bringen Völker einander näher. Sie fördern die Begegnung von Menschen.

,,Es ist wünschenswert, den Grenzübertritt zu erleichtern, insbesondere durch die Förderung des kleinen Grenzverkehrs an den Außengrenzen der Europäischen Union.“

Auch dies ist eine Forderung des Parlamentsforums, deren Resolution wir im letzten November gemeinsam angenommen haben.

In Zeiten, in denen europäische Länder neue Grenzen bauen oder alte wieder errichten, ist das ein nicht zu unterschätzender Punkt. In diesen Zeiten braucht es eine neue Europapolitik, die Protektionismus, Isolationismus und Nationalismus eine klare Absage erteilt.

(Beifall SPD und Marlies Fritzen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir brauchen eine Stärkung der europäischen Integration, und die gelingt nur mit den Menschen,

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

mit Menschen, die dieses Europa mit seiner kulturellen Vielfalt tragen und es durch ihren Austausch und die Begegnung untereinander bereichern. Nur durch den Austausch haben wir Verständnis für die Situation des anderen und können in Europa untereinander und miteinander solidarisch sein. Es ist wichtig, unser solidarisches Gesellschaftsmodell und unsere europäische Identität zu bewahren und zu verteidigen.

(Beifall SPD und Marlies Fritzen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Das europäische Kulturerbe ist die Basis dieser europäischen Identität und damit der europäischen Integration für Frieden, Stabilität, Wohlstand und Zusammenhalt. Das Jahr 2018 zum Europäischen Jahr des kulturellen Erbes zu erklären, ist deshalb

und in der aktuellen Situation ein guter, ein wichtiger Beitrag für unser Europa. Das Bewahren des europäischen Kulturerbes ist mitnichten etwas Angestaubtes, genauso wenig wie Tradition nicht die Anbetung der Asche ist, sondern die Weitergabe des Feuers. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Anette Röttger das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Ministerin Prien, herzlichen Dank für Ihren Bericht. Wenn ich aus meiner Haustür trete, blicke ich direkt auf den Europäischen Wanderweg, der am Stadtrand der Hanse- und Welterbestadt Lübeck vorbeiführt. So mancher Wanderer ist diesen Weg der europäischen Geschichte bereits gegangen. Ein weißes Andreaskreuz auf schwarzem Grund beschildert diese Wegstrecke, die vom Nordkap bis nach Italien reicht. Sie gehört wohl zu den ersten europäischen Routen, die bereits in den 1970er-Jahren entstanden sind. Leider nehmen wir im Alltag oft zu wenig von der uns umgebenden Kultur wahr. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir die Kultur heute in den Mittelpunkt der Diskussion rücken.

Unser schönes Schleswig-Holstein ist unverwechselbar geprägt von einer reichen Kulturlandschaft und den UNESCO-Welterbestätten wie dem Weltnaturerbe Wattenmeer und anderen, die ich aus meiner Heimatstadt nennen könnte. Wir leben hier in einem ganz bedeutenden Teil der europäischen Kulturlandschaft.

Kulturerbe meint kulturelle und kreative Ressourcen materieller oder immaterieller Art, deren Wert für die Gesellschaft öffentlich anerkannt wurde, damit sie für künftige Generationen bewahrt bleiben.

Um es gleich vorwegzunehmen: Im Beschluss des Europäischen Parlaments zum Europäischen Jahr des Kulturerbes vom 17. Mai 2017 steht unter Punkt 5: