Protocol of the Session on February 22, 2018

Jetzt im Moment redet gerade der Abgeordnete Habersaat.

(Zuruf Anita Klahn [FDP])

- Sie haben nicht das Wort, Frau Abgeordnete!

Wenn Sie noch einmal fragen, erkläre ich es Ihnen noch einmal.

(Anita Klahn [FDP]: Bitte nicht!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort für die Landesregierung hat Frau Ministerin Karin Prien.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Gut ist doch schon einmal, dass wir uns darüber einig sind, dass die Zukunftschancen unserer Kinder ganz maßgeblich dadurch geprägt sind, dass sie regelhaften Unterricht erhalten. Gut ist auch, dass wir uns darüber einig sind, dass die Qualität von Unterricht nur dann gesichert werden kann, wenn wir eine kontinuierliche Bestandsaufnahme der Unterrichtsabsicherung machen - und zwar sowohl qualitativ als auch quantitativ.

(Beifall CDU, FDP, AfD und Martin Haber- saat [SPD])

Gut ist auch, dass wir uns darüber einig sind, dass die Unterrichtsversorgung mindestens 100 % betragen muss, sowohl die bisherige als auch die jetzige Landesregierung hart daran arbeiten und dass wir mit dem gestern verabschiedeten Haushalt einen wichtigen Beitrag dazu geleistet haben, um dem näher zu kommen.

Aber, Herr Habersaat, wenn Sie jetzt versuchen, die bundesweit anerkannte Definition von Unterrichtsversorgung zu ändern, damit Sie etwas zu meckern haben, hätte meine Großmutter dazu gesagt: Chuzpe! Damit bringen Sie, gerade einmal sieben Monate nach dem Regierungswechsel, zum Ausdruck, dass Ihre bisherige Darstellung der Unterrichtsversorgung nicht transparent war. Wenn Sie jetzt sagen: „Ja, wir hatten ja ganz andere Probleme, als diese Regierung sie jetzt hat“, sage ich Ihnen: Nein, Sie hatten die gleichen Probleme.

Sie hatten noch zusätzliche Probleme: Sie hatten weder 100 % Unterrichtsversorgung, noch haben Sie sich offensichtlich ernsthaft über die Besetzung der offenen Stellen Gedanken gemacht. Dass Sie sich jetzt an dieser Stelle hinstellen und so tun, als sei der Einsatz von Seniorexperten, von Absolventen unserer Lehramtsstudiengänge oder von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst geradezu Teufelszeug, obwohl Sie selber die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen haben, ist politisch wirk

lich unredlich. Ich finde, das können Sie nicht machen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Martin Habersaat [SPD]: Das ha- be ich ausdrücklich differenziert! - Weitere Zurufe)

Wissen Sie, wie man das nennt, Herr Habersaat? Das nennt man Heldentum nach Ladenschluss.

(Lebhafter Beifall CDU und FDP - Wortmel- dung Martin Habersaat [SPD])

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich würde jetzt gern fortfahren. Herr Habersaat hat ja bereits zweimal gesprochen.

(Zurufe und Unruhe SPD)

Mehrere Vorredner haben dies heute schon gesagt, und es ist uns doch allen bewusst: 100 % Unterrichtsversorgung kann doch überhaupt erst ein Anfang sein. Darüber sind auch wir uns im Klaren. Ja, wir würden gern weitere Lehrkräfte einstellen, wenn wir sie hätten. Es sind aber eben auch in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren viel zu wenige Lehrkräfte ausgebildet worden. Das wissen Sie doch, Herr Habersaat. Insofern finde ich, ein bisschen Demut würde an dieser Stelle nicht schaden.

(Beifall Tobias Loose [CDU] - Zuruf SPD: Auch für Sie!)

Im Übrigen ist Ihr Antrag nicht nur durchsichtig, das habe ich hinreichend erläutert. Ihr Antrag ist leider auch unterkomplex. Es geht nämlich nicht nur darum, Ihnen eine für Ihre politische Arbeit genehme Definition von Unterrichtsversorgung zu ermöglichen. Es geht darum, ein Bildungsmonitoring aufzubauen. Frau Strehlau hat uns dies hier sehr plastisch vor Augen geführt. Es geht darum, ein Bildungsmonitoring zu haben, das es ermöglicht, die Dinge in Schleswig-Holstein tatsächlich zum Besseren zu entwickeln. Das wollen wir jetzt tun.

Ich will Ihnen sagen, warum das in Schleswig-Holstein so schwierig ist. Auch dafür sind Sie verantwortlich. Wir haben in Schleswig-Holstein gar nicht das notwendige Datenmaterial zur Verfügung. Ich möchte Ihnen dazu drei Beispiele nennen. Die Lehrerpersonaldatenbank PERLE stammt aus den

(Martin Habersaat)

80er-Jahren und ist überhaupt nicht dazu geeignet, diese statistischen Daten auszuwerten. Auch das Online-Bewerbungsverfahren pbOn hat keine statistische Auswertungsfunktion. Das wissen Sie, Herr Habersaat. Die Schulen im Land verfügen bis heute über keine einheitliche Schulverwaltungssoftware. Die haben nicht einmal dienstliche Mail-Adressen, Frau Waldinger-Thiering. Deshalb lautet die Antwort auf die Frage, warum nur 9.100 Rückläufe eingegangen sind: weil wir allen Lehrkräften einen Brief schreiben mussten.

(Beate Raudies [SPD]: Was?)

Die mussten den Zugang zur Online-Umfrage händisch eingeben. Da sind 9.100 von 30.000 eine ganze Menge, die das auf sich genommen haben. Wir haben insoweit einen riesigen Aufwand, um statistisches Datenmaterial in Schleswig-Holstein zu gewinnen. Wir werden das jetzt alles aufarbeiten. All diese Dinge werden jetzt angeschoben. Das macht es eben wirklich schwierig.

(Beate Raudies [SPD]: Das haben wir schon gemacht!)

- Ja, wo ist sie denn? Sie ist noch nicht da. Das wird jetzt auf den Weg gebracht.

(Beate Raudies [SPD]: Ja!)

Ein Instrument zur Lehrerbedarfsanalyse gibt es in Schleswig-Holstein eben noch nicht. Ich freue mich aber, Ihnen heute sagen zu können, dass wir das Ausschreibungsverfahren dazu erfolgreich durchgeführt haben und mehrere qualifizierte Angebote vorliegen. In Kürze werden wir den Auftrag erteilen können.

(Beifall CDU, FDP und Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lassen Sie mich zu unseren Überlegungen zu einem umfassenden Bildungsmonitoring kurz noch drei Aspekte erwähnen. Im Ausschuss werden wir es im Übrigen umfassend beraten können.

Wir wollen zukünftig in jeder Legislaturperiode einen umfassenden Bildungsbericht geben. Er soll allen bildungspolitisch Interessierten im fünfjährigen Rhythmus, auch in Anlehnung an den indikatorengestützten Bundesbildungsbericht, einen guten Ein- und Überblick über die Entwicklung der Schullandschaft bieten.

Wir wollen aber zusätzlich und genauer hinschauen. Dafür wollen wir regelmäßige Berichte zu ausgewählten, für unser Bildungssystem zentralen Aspekten vorlegen. Uns schwebt vor, etwa zum

Thema Inklusion und zum Thema berufliche Bildung erstmals Berichte abzugeben.

Drittens soll die Schulstatistik mit allen relevanten Daten jährlich fortgeschrieben werden, und zwar auf einem Standard, wie andere Bundesländer das längst tun. Wir müssen darüber diskutieren - gern auch im Ausschuss -, welche Kerndaten für die Beschreibung unseres Bildungssystems notwendig sind und wo und in welchem Umfang wir sie für alle Interessierten bereitstellen wollen.

In diesem Kontext steht dann auch der Bericht der Unterrichtsversorgung, aber er ist eben nur ein kleiner Aspekt des Ganzen. Unser Ziel ist, mit diesem dreistufigen Bildungsmonitoring eine gute Grundlage für mehr Transparenz für unser politisches Handeln zu schaffen.

Der Bericht zur Unterrichtsversorgung hat seine Berechtigung. Er ist wichtig, aber er ist eben nur ein Teil des Ganzen. Ich freue mich darauf, die Weiterentwicklung mit Ihnen im Ausschuss zu diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Beate Raudies.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Ihre Aussagen zur Schulverwaltungssoftware möchte ich nicht so im Raum stehenlassen, weil sie einfach nicht richtig sind. Bereits im Jahr 2016 hat Dataport den ersten Bericht zur Einführung einer landeseinheitlichen Schulverwaltungssoftware vorgelegt. Soweit ich mich erinnere, war das deutlich vor der Landtagswahl, also deutlich vor Regierungsantritt der Jamaika-Koalition.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Das heißt, auch die vorige Regierungskoalition hat dieses Thema als eines erkannt und auf den Weg gebracht. Wir haben das auch sehr ausführlich mit denen besprochen, die dafür in diesem Land zuständig sind, das sind nämlich die kommunalen Schulträger. Wenn Sie mit denen ins Gespräch gehen, werden Sie feststellen, dass eines der Themen, das da immer erörtert wird, das Thema Konnexität ist. Wir werden mit den Kommunen wieder darüber reden müssen, wie wir das hinbekommen. Ich bin

(Ministerin Karin Prien)

komplett bei Ihnen, dass es dringend erforderlich ist. Es hat sich im Zuge dieser ganzen Debatten im Bildungsausschuss in den letzten drei Jahren gezeigt, wo wir über Unterrichtsausfall, über Statistiken geredet haben, dass es ein Manko ist, dass wir nichts abfragen können, dass wir da also ran müssen.

Aber jetzt sollten Sie keine Dinge für sich reklamieren, die Sie nicht auf den Weg gebracht haben. Dass Sie jetzt mit einer Ausschreibung loslegen können, liegt wohl an der guten Vorarbeit der anderen Regierung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW - Zurufe CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/502 (neu), sowie den Alternativantrag, Drucksache 19/547, dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig so beschlossen.