Protocol of the Session on February 22, 2018

(Lars Harms)

durch das Land dürfen wir auch erwarten. - Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall SSW)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Tim Brockmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Minister ganz herzlich für den schriftlichen Bericht, aber auch für seine heutigen mündlichen Ergänzungen danken. Ich halte es für wichtig, dass wir uns immer wieder mit dem Besitz und dem Umgang mit Waffen in unserem Land beschäftigen. Waffen jeder Art sind kein Spielzeug. Sie sind eine Gefahr für Leib und Leben. Ihr Besitz muss daher die Ausnahme bleiben. Ich glaube, deshalb ist es gut, dass der Waffenbesitz in Deutschland streng reglementiert ist.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wer eine Waffe aus welchen Gründen auch immer besitzen möchte, muss über die erforderliche Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung verfügen. Wie aus dem Bericht der Landesregierung hervorgeht - Herr Grote sprach die Zahlen an -, sind in Schleswig-Holstein knapp 38.000 Waffenbesitzer mit mehr als 186.000 Waffen registriert. Im Durchschnitt besitzt also jeder Waffenbesitzer 4,9 Waffen. Sind das nun womöglich viele Waffen? Um welche Art von Waffen handelt es sich? Sind das zu viele Waffen? - Hierzu gibt der Bericht leider noch keine konkrete Antwort. Ich betone an dieser Stelle, „er gibt leider noch keine konkrete Antwort“, da für eine Vielzahl der Waffen, die im nationalen Waffenregister gespeichert sind, der jeweilige Bedürfnisgrund zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht gespeichert wurde. Aber es stand auch im Bericht, dass es in diesem Jahr nachgeholt wird, sodass künftig eine qualifizierte Bewertung des Waffenbestandes möglich sein soll.

Zwei weitere Aspekte aus dem Bericht lassen allerdings aufhorchen und sollten umfassend diskutiert werden. Zum einen ist da der erhebliche Anstieg an Kleinen Waffenscheinen. Ihre Zahl hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Hier drängt sich natürlich die Frage nach dem Warum auf: Warum beantragen immer mehr Menschen einen Kleinen Waffenschein? Haben sie womöglich

das Vertrauen in den Staat, dass er ihre Sicherheit gewährleistet, verloren? - Einer solchen Entwicklung müssen wir uns entgegenstellen. Ich bin fest davon überzeugt, dass mehr Waffen in der Gesellschaft zudem nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern unsere Gesellschaft eher gefährden.

(Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist das! - Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch die Waffenbesitzer gefährden sich eher selbst, wie die Ereignisse in der Silvesternacht in Wahlstedt zeigen, als ein 38-Jähriger von der Polizei angeschossen wurde, nachdem er mit einer Schreckschusspistole hantiert hatte. Für die Polizisten war es aus der Entfernung nicht ersichtlich, ob es sich nur - in Anführungszeichen - um eine Schreckschusspistole handelte. Das Beispiel zeigt deutlich, welche Gefahren von solchen Waffen für alle Beteiligten ausgehen. Statt Sicherheit zu schaffen, wird lediglich Sicherheit vorgegaukelt und die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten unnötig erschwert.

Deshalb halte ich die Initiative des Innenministeriums, den Zugang zum Kleinen Waffenschein zu erschweren, auch für richtig. Den Kleinen Waffenschein einfach über das Internet zu beantragen, ist schlicht der falsche Weg. Herr Grote, Sie haben es ausgeführt. Ich hoffe, Sie werden mit Ihrer Initiative auch Erfolg an der Stelle haben.

(Beifall SSW, vereinzelt CDU und Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ein weiterer Aspekt - der wurde auch schon von Lars Harms angesprochen - ist die geringe Kontrolldichte der Waffenbehörden. Im gesamten Land wurden 704 verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt. Somit wurde gerade einmal bei 1,8 % der Waffenbesitzer kontrolliert, ob sie ihre Waffen ordnungsgemäß aufbewahren. Hier kann von einer stichprobenartigen Kontrolle, wie sie das Gesetz vorsieht, nicht gesprochen werden.

Was allerdings noch kritischer gesehen werden muss - da wiederhole ich das, was Lars Harms auch schon sagte -, ist, dass von 704 Kontrollen 589 in den Kreisen Ostholstein, Dithmarschen und der Stadt Kiel durchgeführt wurden. Das sind 84 % aller Kontrollen. Für die Städte Lübeck, Neumünster, die Kreise Rendsburg-Eckernförde, Nordfriesland, Plön, Stormarn und Steinburg reicht jeweils eine Hand, um die Kontrollen abzuzählen. Hier ist noch Luft nach oben.

(Lars Harms)

(Beifall SSW, Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dennys Bornhöft [FDP])

Offensichtlich ist dies in einigen Kreisen auch erkannt worden. Der Kreis Rendsburg-Eckernförde will die Überwachung intensivieren. Ich denke, das ist ein guter Weg in die richtige Richtung.

Kritiker werden dem entgegenhalten, dass es keine Kontrollpflicht gebe. - Ja, das ist richtig. Es besteht nur ein Kontrollrecht der Behörden. Aber es handelt sich um Waffen, die sind kein Spielzeug, sondern es sind Waffen, die potenziell tödlich sind. Die sollte man entsprechend kontrollieren.

(Beifall SSW, vereinzelt CDU und Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Dies rechtfertigt aus meiner Sicht häufige und intensive Kontrollen. Eine lückenlose Kontrolle hatte der Bundesgesetzgeber allerdings nicht, wie der Minister ausführte, im Blick, zumal auch eine lückenlose Kontrolle nicht zu absoluter Sicherheit führen kann, denn es kann vor Ort nur kontrolliert werden, ob die rechtmäßige Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition erfolgte, der Umgang mit der Waffe allerdings nicht. In die Köpfe kann man schwer hineinschauen.

Meine Damen und Herren, ich halte es für sinnvoll, den Bericht noch einmal im Innen- und Rechtsausschuss aufzurufen. Es wäre interessant zu erfahren, wie die Gespräche mit den Kommunen verlaufen sind, um die Kontrolldichte zu intensivieren. Wir sollten auch noch einmal hinterfragen, wieso es zu dem dramatischen Anstieg der Kleinen Waffenscheine gekommen ist. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete WagnerBockey.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu meiner Rede eine kurze Vorbemerkung machen: Besitzer von Waffen gehen nicht per se verantwortungslos mit ihren Waffen um, und sie stellen natürlich auch nicht automatisch eine Gefahr für die Gesellschaft dar. Deshalb sind

die Zielrichtung meiner Rede weder Sicherheitsdienste noch Jäger noch Sportschützen.

Der Bericht der Landesregierung unterscheidet zwei Bereiche der Erlaubniserteilung und des Waffenbesitzes. Wenn wir uns ansehen, wie viele private Waffenbesitzer in Schleswig-Holstein derzeit registriert sind, ist die Tendenz im Vergleich zu 2015 sogar leicht abnehmend. Herr Grote, Sie hatten es erläutert, und ich schließe mich Ihrer Einschätzung an, dass die absoluten Zahlen an Waffenbesitzern und Schusswaffen in Schleswig-Holstein zunächst einmal nicht besorgniserregend sind.

Gegenläufige Tendenzen zu den abnehmenden Waffenbesitzen weisen die Kreise RendsburgEckernförde, Dithmarschen und Herzogtum Lauenburg auf. Dafür gibt es sicherlich spezifische Gründe, die ich an dieser Stelle nicht näher bewerten oder beleuchten will. Laut Waffengesetz ist es Aufgabe der zuständigen Kreisbehörden, die sichere Aufbewahrung von Waffen zu überprüfen. Hier sind anlassbezogene und verdachtsunabhängige Kontrollen möglich. Der vorliegende Bericht zeigt sehr deutlich, dass die Kreise hier unterschiedlich vorgehen. Das wurde von allen Vorrednern bereits bemerkt.

Ich finde es schon bemerkenswert, dass im Kreis Dithmarschen beispielsweise 143 verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt wurden, im Kreis Herzogtum Lauenburg, um das konkrete Beispiel zu nennen, nur zehn - und das bei mehr als 1.500 neu angemeldeten Waffen. Ich denke schon, dass der Bericht hier noch einige Fragen offenlässt und einige Beleuchtungsmöglichkeiten gibt.

Ziel muss es in unseren Augen sein, landesweit mehr verdachtsunabhängige Kontrollen über die sichere Aufbewahrung von Schusswaffen durchzuführen. Wir gehen damit sicher, dass Waffenbesitzer ordentlich mit ihrer Verantwortung umgehen. Es ist schon Verantwortung des Staates, hier auch vernünftige Überprüfungen durchzuführen.

(Beifall SPD und SSW)

Wirklich besorgniserregend ist der bundesweite Anstieg von Anträgen für den sogenannten Kleinen Waffenschein. Ich glaube, man kann den Zeitpunkt, als die Neubeantragung von Kleinen Waffenscheinen strukturell in die Höhe sprang, ganz deutlich festmachen: Nach der Silvesternacht von Köln 2015 ist der Verkauf von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen sprunghaft in die Höhe geschnellt. Ein Ende ist nicht abzusehen. Ich glaube, es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn man sagt, dass die Nacht von Köln damals schon unsere Gesell

(Tim Brockmann)

schaft und die Sicht der Gesellschaft auf die Probleme verändert hat. Ich finde, man sollte so ehrlich sein, das deutlich und klar zu benennen. Das subjektive Sicherheitsgefühl hat abgenommen, obwohl die objektive Sicherheitslage in Deutschland über die Jahre hinweg ausgesprochen gut ist.

(Beifall SPD, SSW und Dennys Bornhöft [FDP])

Wir leben in einem der sichersten Länder der Welt, und zwar auch deshalb, weil wir ein gutes Waffengesetz und gute Kontrollmechanismen haben. Die müssen wir uns auch erhalten. Herr Grote, meine Fraktion steht da komplett an Ihrer Seite. Wir müssen aktuelle Veränderungen im Blick haben. Der Kleine Waffenschein ist in der Tat etwas, das man sich genauer angucken muss, sowohl was die Erlaubnis als auch was die Überprüfung betrifft.

Es gibt in unserer Gesellschaft ein Problem aufgrund von Skandalisierung und Fake News, und das gepaart mit einem Gefühl der Überforderung in einer immer komplizierteren Welt. Das führt zu einem Wunsch nach Kontrolle und simplen Lösungen. Vielen scheint die simple Lösung zu sein, eine Schreckschuss- oder Gaswaffe anzuschaffen.

Der Kollege Brockmann von der CDU hat verschiedene Aspekte genannt, warum auch Schreckschussund Gaswaffen durchaus problematisch sind. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wer so ein Ding aus der Handtasche fummeln will, um sich zu verteidigen, liegt schon am Boden, bevor er die Handtasche überhaupt aufgemacht hat. Diese Art von Waffen und der Umgang mit ihnen nützen niemandem.

Dazu kommen weitere Aspekte: Nachweislich steigt bei denjenigen, die Waffen tragen oder erleben, dass andere Waffen mit sich herumschleppen, die Eskalationsgefahr in unübersichtlichen Situationen. Polizeieinsätze werden erschwert, niemand kann erkennen, ob der Träger einer Schusswaffe mit einer scharfen Waffe hantiert oder nicht. Es ist auch relativ egal, wie weit man davon weg steht. Diese Dinger sehen so täuschend echt aus, dass Sie auch auf nahe Distanz nicht erkennen können, ob die Waffe scharf geladen ist oder nicht.

(Unruhe)

Aus meiner Erfahrung als Polizistin darf ich Ihnen sagen: Ich kenne keinen Kollegen, der im Einsatz dienstlich und ernsthaft seine eigene Waffe gern nutzt.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist eine Situation, die wir zu verhindern versuchen sollten. Das bedeutet, dass wir scharfe Regulierungen des Waffengesetzes brauchen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es gibt in dieser ganzen Geschichte einen weiteren Aspekt: Eine Schreckschusswaffe kann tödlich wirken. Man kann damit jemanden töten, je nachdem, aus welcher Distanz man sie abfeuert. Diese Gefahren werden oft unterschätzt, oder sie sind manchmal gar nicht bekannt. In diesem Zusammenhang ist es schon ein Problem, dass es einen wie auch immer gearteten Sachkundenachweis über die Gefährlichkeit dieser Waffen bisher in keiner Form gibt, der wird nicht gefordert. Alle Waffen sind erlaubnisfrei zu kaufen, niemand muss erklären, dass er weiß, welche Gefahren die Waffen tatsächlich mit sich bringen.

Wenn Sie bei einer polizeilichen Durchsuchung in der Flurkommode eine geladene Gaspistole finden und im Kinderzimmer unterm Bett die Spielzeugpistole, dann wissen Sie, worüber wir uns Sorgen machen müssen.

(Beifall SPD und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich erkläre für meine Fraktion aus vollem Herzen: Je weniger Waffen es in einem Land gibt, desto sicherer leben die Bürger. Ich halte es - da sind wir uns wohl alle einig - für einen absoluten Wahnwitz, Lehrer bewaffnen zu wollen. Wir brauchen vielmehr bessere Aufklärung und mehr Kontrollen.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Oliver Kumbartzky [FDP] - Anhaltende Unruhe)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Bevor ich zum nächsten Redner komme, möchte ich Sie bitten, dass Sie die Gespräche, die sich bei diesem Redebeitrag zunehmend entwickelt haben, etwas eindämmen und den Rednern hier vorn Ihre Aufmerksamkeit widmen. - Wir kommen jetzt zum nächsten Redner, und das ist der Kollege Burkhard Peters für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Grote, vielen Dank für diesen sehr besonnenen Bericht. Liebe SSW-Kollegen, auch euch großen Dank da