Protocol of the Session on December 15, 2017

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe Kollegin Strehlau, auch bei Ausreden würde ich mir, ehrlich gesagt, zukünftig ein schönes Niveau wünschen.

(Heiterkeit und Beifall SPD - Zuruf Tobias Koch [CDU])

Sie legen hier ein Haushaltsbegleitgesetz vor, durch das Sie die Artikel im FAG ändern. Zu sagen, das ginge nur für Theater, Kitas und Orchester und ansonsten nicht, weil wir das Urteil hätten, ist nichts anderes als eine faule Ausrede; denn dann dürften Sie schlicht und ergreifend die Dynamisierung in den Bereichen auch nicht machen.

(Beifall SPD)

Was die Zuführungen und die Vorwegabzüge angeht, so sind die Vorwegabzüge - da haben Sie das Theater - sogar kritischer gewesen. Sie sind sogar beklagt worden. Die Zuführungen sind noch nicht einmal beklagt worden; denn das ist ja extra Geld, das das Land gibt, zum Beispiel bei Frauenhäusern und so weiter. Natürlich haben wir das geändert, und zwar zusammen. Ich würde sagen, an der Stelle sollten Sie Ihr Gedächtnis noch einmal auffrischen.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Deswegen ist das eine faule Ausrede, Kollege Arp. Sie wollen schlicht und ergreifend das Geld nicht geben. Es ist doch ehrlich, was Sie gesagt haben. Es entspricht bloß nicht Ihrem Koalitionsvertrag. Wir werden Sie jedes Jahr daran erinnern und fragen, wann das Geld kommt. Die Ausrede bezüglich der Klage ist vollkommener Quark. Ich fordere ich Sie auf, am FAG selbst bis 2021 nichts zu ändern und Artikel 2 Haushaltsbegleitgesetz, das, was die Regierung vorgeschlagen hat, zu streichen. Das wäre konsequent, wenn Sie die Argumentation aufrechterhalten wollen. Ich bin einmal gespannt, ob Sie das machen werden. Sie wollen es nicht, weil Sie vom Kern ablenken wollen.

Lars - wo ist er jetzt? - Da!

Er sitzt immer auf dem gleichen Platz.

Entschuldigung. - Es ist natürlich auch Quatsch, uns jetzt vorzuwerfen, dass wir bei den allgemeinen Zuführungen noch nicht gesagt haben, wie sie genau verteilt werden sollen; denn erstens haben wir vorgesehen, dass darüber der Minister entscheiden soll, wie zum Beispiel beim Thema Schulsozialarbeit auch. Es ist überhaupt nicht Aufgabe des Parlaments, das im Detail zu regeln. Das können wir im Gegensatz zu dem Verfahren in anderen Bereichen aber gern machen. Es ist ja die erste Lesung. Wir haben in der letzten Wahlperiode praktisch immer zwischen erster und zweiter Lesung sachdienliche handwerkliche Hinweise aus der Anhörung aufge

(Lars Harms)

nommen und natürlich auch umgesetzt. Das ist hier nur ein erster Aufschlag. Für die, die sich ernsthaft beteiligen wollen und Verbesserungsvorschläge haben, sind wir immer offen.

Herr Abgeordneter Dr. Dolgner, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Harms?

Lieber Kollege Dolgner, ich habe Sie nicht kritisiert, sondern nur einen besseren Vorschlag gemacht.

(Heiterkeit und Beifall SSW, CDU, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

- Herr Kollege Harms, das ist super. Dann erläutere ich auch noch einmal, dass wir keine Vollkompensation vorgesehen haben. Wenn wir maximal 85 % oder 50 % ersetzen, hat das bei den Kommunen weiterhin einen Lenkungseffekt, weil es einen Eigenanteil gibt. Ein Eigenanteil ist übrigens auch nicht unsozial oder unsolidarisch; sonst müssten wir ja immer nur 100-%-Förderprogramme machen, was wir ja auch bei der Schulsozialarbeit nicht tun. Dann müsste man die Frage in allen anderen Bereichen nämlich auch stellen, in denen wir Förderungen vornehmen.

Daran kann man auch erkennen, dass das Argument an den Haaren herbeigezogen ist. Ich freue mich wirklich auf das Protokoll von dieser Debatte; denn das ist für alle anderen Zuschuss- beziehungsweise Zuführungsprogramme verwendbar, bei denen Sie nicht auf die Finanzlage der einzelnen Kommune eingehen. An einer Stelle tun Sie es nämlich nicht; das haben Sie auch gestern nicht getan. Sie haben den Konsolidierungsgemeinden versprochen - aber wohlweislich nur in Ihrer Begründung -, dass sie zumindest die formale Möglichkeit erhalten. Die reale Möglichkeit werden sie jedoch nicht erhalten; denn Lübeck kann angesichts des Finanzstands gar nicht auf die Straßenausbaubeiträge verzichten.

Damit kommen wir zu dem Thema, was sozial ist und was nicht.

Herr Abgeordneter Dr. Dolgner, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum letzten Satz. - Ich frage mich, warum es gerecht sein soll, dass jemand in Lübeck auf Dauer bezahlen muss und jemand beispielsweise in Stockelsdorf nicht bezahlen muss. Das muss man mir einmal erklären.

(Beifall Martin Habersaat [SPD] - Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Ich achte bei einigen Kollegen schon aus reiner Fürsorge besonders auf die Redezeit, weil ich mir Sorgen um ihre Gesundheit mache, wenn die Erregungskurve so steigt.

(Beifall CDU, FDP und AfD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Stephan Holowaty.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht, Herr Nobis, zuerst ein Wort zu Ihnen: Ich finde es absolut unanständig, Straßenausbaubeiträge gegen das Leid von Menschen aus Kriegsgebieten aufzurechnen

(Jörg Nobis [AfD]: Das habe ich nicht ge- macht!)

und hier zu fordern, wir sollten Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten lieber nicht in der Form unterstützen. Das finde ich absolut unanständig.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Jörg Nobis [AfD]: Sie verweigern sich einer Sachdiskussion!)

Bezeichnenderweise hat bei diesem Satz noch nicht einmal Ihre gesamte Fraktion applaudiert.

Nun aber zu Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Ich bin absolut fasziniert, denn Sie haben eine Fähigkeit, die mir fehlt. Sie haben nämlich schon seit Langem die Fähigkeit, Geld auszugeben, das es nicht gibt. Denken Sie bitte daran, dass wir im Rahmen der beschlossenen Maßnahmen vor allem die finanzielle Ausstattung der Kommunen verbessern wollen und werden. Darüber haben wir in den letzten Tagen und Wochen sehr viel gesprochen und sehr viele Beschlüsse gefasst. Wir haben sehr viele entsprechende Themen behandelt, von den Kitas über die Geburtshilfe bis

(Dr. Kai Dolgner)

hin zu Straßenausbau im Bereich der Landesstraßen.

Herr Holowaty, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Selbstverständlich.

Da Sie uns als Sozialdemokraten adressiert haben, adressiere ich Sie einmal als Freie Demokraten: Welche Gelder in Höhe von exakt 40 Millionen € hat eigentlich die FDP-Fraktion in diesem Hause Ende 2016 gesehen, die es dann wohl bei 600 Millionen € weniger Einnahmen gegeben hat? Mich würde interessieren, wie Sie das mit den Bemerkungen, die Sie eben gemacht haben, in Einklang bringen. Vor einem Jahr haben Sie 40 Millionen € an freien Mitteln gesehen, die Sie jetzt nicht mehr sehen, obwohl Sie jetzt 600 Millionen € Mehreinnahmen haben. Das finde ich spannend.

- Herr Dolgner, ich finde es gut, dass Sie das spannend finden. Ich bitte Sie aber jedes Mal: Hören Sie doch unseren Kollegen einmal zu, hören Sie zu, was wir Ihnen erzählen. Wir als Freie Demokraten haben immer gesagt, dass wir für die komplette Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mit einer Gegenfinanzierung eintreten. Wir haben genauso - ich glaube, Frau Krämer hat das mehrfach betont - gesagt, dass es unser klarer Wille war, in der Koalition, wo es ganz verschiedene Wünsche gibt, einen Kompromiss zu finden. Diese Kompromisse werden wir entsprechend auch umsetzen. Deswegen sieht es so aus, dass wir die Gelder im Verlauf im FAG bereitstellen werden. Das heißt: Wir können mit dem Geld umgehen, Sie nicht.

(Beifall FDP - Zurufe und Unruhe SPD)

Herr Abgeordneter Holowaty, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Ich freue mich über jede weitere Diskussion mit Ihnen, Herr Dr. Dolgner.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Ist aber einseitig!)

Sie haben eben gesagt: Wenn es nach der FDP gegangen wäre, würde das Geld bereitgestellt werden. Mit anderen Worten: Das Geld wäre da, wenn die FDP hier die absolute Mehrheit hätte, und es ist nur deshalb nicht da, weil Sie in einer Koalition sitzen. Das ist die Logik Ihrer Aussage.

(Zurufe SPD)

- Es ist das Schicksal, dass wir mit Ihrem Kollegen, Herrn Dr. Stegner, teilen, dass wir beide keine absolute Mehrheit haben. Sonst hätte es hier bei der letzten Landtagswahl 150 % geben müssen. Es ist doch klar, dass in einer Koalition Kompromisse getroffen werden. Wer sieht das nicht so? - So kommen wir zusammen und bringen das Land insgesamt vorwärts. Das bedeutet aber auch, dass der eine Wunsch etwas später als der andere Wunsch erfüllt wird. Deshalb ist genau richtig, darauf hinzuweisen, dass bereits ab dem nächsten Jahr die Kommunen finanziell entlastet werden. Damit ergeben sich insgesamt mehr Spielräume für die Kommunen, auch dafür, ihre Straßenausbaubeiträge zu reduzieren oder zu streichen.

Einen Punkt möchte ich ganz deutlich wiederholen: Wir haben diesen Ansatz einer Neiddebatte bereits gestern gesehen. Wir haben bereits gestern festgestellt: Wir wissen sehr wohl, dass nicht alle Kommunen gleich von der Freigabe der Straßenausbaubeiträge profitieren werden. Wir wissen aber auch, dass sehr viele davon profitieren werden. Es gibt nach wie vor keinen Grund dafür, vielen einen Vorteil nicht zu gewähren, wenn dadurch andere zumindest nicht schlechtergestellt werden. Wir stellen viele Kommunen besser und stellen keine schlechter. Das ist ein Wert, den wir dabei durchaus sehen sollten. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte zeigt uns in Gänze, welche Komplexität die Neuausrichtung des kommunalen Finanzausgleichs eigentlich hat.

(Stephan Holowaty)

Spätestens jetzt, nach Austausch der unterschiedlichen Positionen, dürfte klar sein, welches Fingerspitzengefühl wir insgesamt brauchen, um dieses zu einem guten Ganzen zusammenzufügen. Es gilt hier, Wege zu finden, die sowohl juristisch als auch kommunalpolitisch gangbar sind. Wir als Landesregierung finden es richtig, die Gemeinden angemessen finanziell auszustatten, damit sie leistungsfähig sind. Das haben ich und haben viele an dieser Stelle bereits gesagt. Ich glaube, über die Notwendigkeit brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Es ist eine zwingende Notwendigkeit.