Protocol of the Session on December 15, 2017

Da war sie noch, die Sozialneiddebatte. Sie haben natürlich recht: Die Grundsteuer wird nicht auf den Mieter umgelegt. Aber ganz ehrlich: Wenn ich investiere, und ich habe meine Kosten, dann lege ich diese Kosten natürlich auf die Mieter um. Insofern sind Sie bei uns. Sie sind jetzt auch unserer Meinung, dass Straßenausbaubeiträge zu sozialen Härten führen. Sie sind intransparent. Gerade alte Leute, die nicht in der Lage sind, sich einfach bei den Banken zu refinanzieren, wenn sie älter als 50 Jahre sind, die nicht mehr so einfach Kredite bei den Banken bekommen, sind dadurch vor soziale Härten gestellt.

(Beifall FDP)

Aber das hat Sie als SPD nie interessiert. Jetzt, mit einem Mal - schwupps! - werden alle Ihre Überzeugungen kurz vor Weihnachten über den Haufen geworfen. Aber - ich zitiere noch einmal - so leicht lässt sich der Wähler nicht hinter das Licht führen. Das glaube ich jedenfalls.

Wir haben nun unseren Koalitionsvertrag geschlossen. Wir werden diesen auch einhalten. Aktuell sieht es so aus, dass wir das nicht schneller hinbekommen, dass wir das erst mit der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs hinbekommen. Wenn es dennoch früher klappen sollte, würden wir uns sehr freuen.

Aber ansonsten gilt das, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir halten unser Wort und freuen uns, dass wir gestern den ersten Schritt geschafft haben. Das Wahlrecht besteht. Wir stellen zunächst einige Menschen besser. Wir hätten natürlich gern alle bessergestellt. Aber der zweite Schritt - das werden Sie sehen - wird folgen.

Ansonsten wünsche ich uns allen frohe Weihnachten. - Danke.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, Herr Abgeordneter Jörg Nobis.

(Unruhe)

(Annabell Krämer)

- Wenn wir uns nun wieder etwas beruhigen könnten, um den Herrn Abgeordneten Nobis zu hören, dann wäre das sehr schön. - Ich danke Ihnen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Wir haben gestern die Erhebung oder Nichterhebung von Straßenausbaubeiträgen in das Ermessen der Kommunen gestellt. Das ist im Sinne der Bürger grundsätzlich eine richtige Entscheidung und hoffentlich auch der erste Schritt hin zu einer vollständigen und landesweiten Abschaffung dieser Beiträge.

Leider wird es wohl so sein, dass viele Kommunen trotzdem nicht auf die Einnahmen aus den Straßenausbaubeiträgen verzichten können, jedenfalls nicht ohne größere Haushaltsumschichtungen oder zusätzliche Mittel vom Land.

Die Redner der regierungstragenden Fraktionen haben in wohlfeilen Worten zugesichert, den kommunalen Finanzausgleich ab 2021 entsprechend anzupassen. Doch was wird wohl in finanzschwachen Kommunen bis zum Jahr 2021 oder darüber hinaus passieren? - Genau. Auch weiterhin werden einige Gemeinden Beiträge erheben müssen.

Der Vorstoß der SPD-Fraktion, das Finanzausgleichsgesetz so zu regeln, dass 40 Millionen € als Finanzausgleichsmasse für die kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden bereitgestellt werden, geht insoweit durchaus in eine richtige Richtung, und im Sinne der vielen landesweit betroffenen Bürger müsste man in der Tat darüber nachdenken, diesen Schritt letztlich auch zu gehen. Unser Credo ist dabei: Das Ziel ist wichtig. Das Ziel besteht darin, dass die Straßenausbaubeiträge für die Bürger so bald wie möglich entfallen können, auch in finanzschwachen Gemeinden und Kommunen.

(Beifall Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [AfD])

Allerdings - das ist in der Tat an Ihrem Vorschlag zu kritisieren, liebe Genossen -: Die 40 Millionen €, die dafür und für andere Infrastrukturlasten als feste Summe in das Gesetz geschrieben werden sollen, sind nicht substantiiert.

(Beifall AfD)

Es bleibt völlig offen, ob diese Summe auskömmlich ist und was passiert, sollten die 40 Millionen € ausgereizt werden. Welche Stadt, welche Gemeinde oder Kommune bliebe dann auf der Strecke, meine Damen und Herren?

Offen bleibt auch die Frage der Zuteilung. Nach welchem Prinzip soll diese erfolgen? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst? Anders ausgedrückt: Wer seinen Einnahmeausfall erst gegen Ende des Jahres beim Innenministerium einreicht, bekommt dann nichts mehr? Das kann es ja wohl nicht sein.

Des Weiteren bleibt festzustellen, dass es durchaus genügend andere Möglichkeiten für die Kommunen gibt, Mindereinnahmen auszugleichen. Das wäre zum Beispiel eine leichte Anhebung der Grundsteuer. Dadurch würden sich alle Bürger mit einem geringen Mehrbetrag im Jahr zu der Finanzierung erneuerter Straßen beteiligen.

Dasselbe gilt für wiederkehrende Beiträge nach dem Kommunalabgabengesetz oder neu zugeschnittene Ausbaubeiträge, die die Bürger gerechter belasten. Hinzu kommt, dass somit wieder ein kleines Verwaltungsmonster geschaffen werden würde. Um Mittel aus der Finanzausgleichsmasse zu erhalten, müssen die Kommunen gemäß Ihrem Antrag, liebe SPD, ihre Einnahmeausfälle aus den weggefallenen Straßenausbaubeiträgen nachweisen. Das Innenministerium soll dann über die Bewilligung entscheiden. Das wäre wieder einmal eine typisch deutsche Bürokratie, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD - Zuruf SPD: Das mögen Sie doch: deutsch!)

Sie haben keinen Mut, etwas völlig abzuschaffen. Stattdessen drehen Sie nur an winzigen Stellschrauben und schaffen mehr Bürokratie. Das ist Ihr Credo, liebe SPD.

Selbst im chronisch überschuldeten Berlin - Stichwort „arm aber sexy“ - wurden die Straßenausbaubeiträge wie auch in Baden-Württemberg bereits 2012 vollständig abgeschafft. Auch bei unserem finanzschwachen Nachbarn Hamburg werden seit einem Jahr keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben.

Es hätte also ein kraftvolles Signal von Jamaika ausgehen können, die Bürger, die schon länger hier leben, an den Mehreinnahmen in Millionenhöhe teilhaben zu lassen. Am Geld kann es also nicht wirklich gelegen haben; denn immerhin leisten wir uns eine über 16-mal so teure Migrationskrise in unserem Land,

(Zurufe: Ah!)

ohne dass irgendjemand in diesem Haus auch nur ansatzweise bereit wäre, sachlich über die baldige Rückkehr von geflüchteten Menschen in ihre Heimatländer zu diskutieren, wie wir gestern erfahren haben.

(Präsident Klaus Schlie)

(Beifall AfD)

Aber der Antrag der SPD ist leider viel zu unkonkret, und die 40 Millionen € sind völlig aus der Luft gegriffen. Daher lehnen wir ihn ab und sind gleichzeitig sehr gespannt auf die Vorschläge aus Jamaika für den neuen Finanzausgleich. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Straßenausbaubeiträge, kein anderes Thema scheint Schleswig-Holstein derzeit so viel zu beschäftigen wie genau diese Beiträge. Zu Recht; denn die Rechnungen, die die Anlieger in der Vergangenheit erreicht haben, waren zum Teil saftig. Wie soll man solche Summen als Privathaushalt überhaupt stemmen können? Der Unmut war und ist also groß, und dazu reden sich die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter auch noch quer durchs Land die Köpfe heiß. Am Ende sind die Köpfe so heiß geworden, dass die Zusammenarbeit darunter leiden muss. Einen solchen Zustand gilt es natürlich auch für uns zu vermeiden.

Es ist aus unserer Sicht sicherlich richtig, über die Art und Weise, wie Städte und Gemeinden ihren Straßenbau finanzieren wollen, vor Ort entscheiden zu lassen. Wir haben gestern einen entsprechenden Beschluss gefasst. Selbstverständlich gibt es auch in Zukunft unterschiedliche Handlungsoptionen. Die Kommunen können die Beiträge aus eigener Kasse begleichen; das haben wir ja gestern beschlossen. Es können wiederkehrende Ausbaubeiträge vereinbart werden. Dabei gibt es sicherlich auch noch andere Wege, um Vorsorge dafür treffen, dass die finanzielle Ausgangslage der Kommunen für eine solche Aufgabe auch standfest ist. Es ist eigentlich immer das Entscheidende, dass die Straßen gepflegt werden, damit Ausbaubeiträge möglichst gar nicht notwendig sind.

Wenn man sich die finanzielle Ausgangslage einiger Kommunen genauer ansieht, dann erkennt man schnell, dass im Land deutliche Unterschiede herrschen. Einige Kommunen, gar nicht mal so wenige, stehen finanziell gut da. Doch schon in den Nachbargemeinden kann es völlig anders aussehen. Die Aufgaben, die diese Kommunen zu leisten haben,

sind jedoch sehr ähnlich. Sie alle müssen und wollen für gute Lebensbedingungen in ihren Orten sorgen. Natürlich spielt da auch die Straßeninfrastruktur eine Rolle. Von daher stellt sich doch die Frage: Wie kann man den Kommunen unter die Arme greifen, die in dieser Hinsicht Hilfe benötigen?

„Wir werden die Kommunen so unterstützen, dass sie sich das Geld nicht von den Bürgern holen müssen und sich Straßenbau wieder leisten können.“

So hat es der damalige Spitzenkandidat der Union im April 2017 verkündet. Derzeit steht allerdings nichts im Haushaltsentwurf; das muss man ehrlich gestehen. Es liegt auch kein Gesetzentwurf der Regierung vor. Da fehlt also etwas, um dieses Versprechen aus dem Wahlkampf erfüllen zu können.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Fakt ist: Es fehlt aktuell eine tragbare Lösung für alle Beteiligten. Dabei liegen selbst in der Union das muss man ehrlich sagen - die Meinungen weit auseinander. Hans-Jörn Arp, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, ganz knallhart, meint etwa: Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass die Gemeinden auf die Möglichkeit zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten, um sich anschließend die Gelder vom Land zu holen. - Also, er will die Kohle nicht herausrücken; das haben wir schon mal verstanden.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Da könnt ihr ruhig mal klatschen! - Vereinzelter Beifall BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Innenminister Hans-Joachim Grote will die Kommunen durch die Reform des kommunalen Finanzausgleichs besserstellen. Auf kommunaler Ebene stimmt die CDU etwa gegen den Vorschlag, keine Beiträge mehr von den Anliegern einzustreichen, wie etwa in Schleswig. Da wart ihr dagegen, die Leute zu entlasten. Es gibt also eine wilde Gemengelage. Das will ich auch gar nicht kritisieren, meine Damen und Herren. Aber unsere Landesregierung müsste eigentlich am besten wissen, was jetzt auf sie zukommt, nämlich wildeste Diskussionen, gerade auch mit der kommunalen Ebene. Die aktuelle Diskussion war natürlich im Vorwege schon absehbar. Wenn man eine solche Möglichkeit eröffnet, dann gibt es natürlich Diskussionen. Wir brauchen trotzdem eine tragbare Lösung. Die eine Hälfte haben wir gestern geschaffen. Die andere Hälfte ist meines Erachtens - das betone ich noch einmal nur durch die angekündigte Entlastung für die Kommunen zu stemmen.

(Jörg Nobis)

(Beifall SSW und SPD)

Deshalb kann ich ganz deutlich sagen: Ich glaube, es ist nicht der richtige Weg, Gelder zu nehmen und sie irgendwo im FAG zu reservieren, um sie dann einzelnen Kommunen zu geben, die entweder ganz oder teilweise auf die Ausbaubeiträge verzichten; denn wir müssen dann auch darüber reden, welche Kommune möglicherweise den möglichen Höchstsatz nimmt. Aber es gibt auch Kommunen, die nicht ganz so viel nehmen. Was ist denn mit denen? Also, auch die müssten diese Gelder in irgendeiner Form erstattet kriegen. Ich glaube, das wird eine wilde Geschichte werden, und zwar auch vor dem Hintergrund, dass es natürlich auch Kommunen gibt, die perspektivisch in ihre Straßen investieren, um genau solche Beiträge nicht erheben zu müssen. Also, auch das funktioniert irgendwie nicht. Wir brauchen eine allgemeine Lösung, indem im FAG den Kommunen in ihrer Gesamtheit Gelder für den Straßenbau zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall SSW, CDU, vereinzelt SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Volker Schnurrbusch [AfD])

Deshalb können wir als SSW eine Änderung des FAG als hilfreiche Handlungsmöglichkeit durchaus unterstützen. Damit - das ist eigentlich der Kern und das Wichtige - dürfen wir nicht bis zum SanktNimmerleins-Tag warten. Wir müssen das jetzt oder zumindest in naher Zukunft machen. Ich glaube wirklich, wir dürfen das nicht erst 2021 machen. Vielleicht kann man dieses Element des neuen kommunalen Finanzausgleichs auch vorziehen. Das würden wir zumindest empfehlen.

(Beifall SSW und SPD - Tobias Koch [CDU]: Empfehlen kann man das!)

Herr Abgeordneter Koch, Herr Abgeordneter Dr. Dolgner hat Ihren Ruf erhört. Er hat nunmehr das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe Kollegin Strehlau, auch bei Ausreden würde ich mir, ehrlich gesagt, zukünftig ein schönes Niveau wünschen.