Protocol of the Session on November 17, 2017

Ich zitiere aus dem Antrag, den Sie selbst gestellt haben und in dem Sie auf die Empfehlung der ständigen Konferenz der Kultusminister verweisen. Da steht beispielsweise: Die Träger der öffentlichen Schulen sowie der Schulen in freier Trägerschaft stellen geeignete Bedingungen für die Erteilung des Schwimmunterrichts sicher.

Klar, das ist richtig. Das ist aber auch sehr allgemein. So geht es in der gesamten Empfehlung der ständigen Konferenz weiter. Es kommt jedoch schon darauf an, dies auf die Kommunen herunterzubrechen. Landauf, landab gibt es ganz unterschiedliche Bedingungen, die den Schwimmsport betreffen. Welche Schule oder welcher Sportverein hat schon ein Hallenbad direkt um die Ecke zur Verfügung? Ich kann dazu nur sagen: Mein Sohn hat mit fünf Jahren schwimmen gelernt, und zwar Ende August in einem Freibad. Ich war froh, dass es zwei ausgesprochen sommerliche Wochen waren, in denen er zum Schwimmen angeleitet wurde. Es wäre nämlich nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen, im strömenden Regen dieses Sommers am Beckenrand zu stehen. So gibt es weitere Schwierigkeiten, die von Kommune zu Kommune unterschiedlich sind.

Auch in der Schule hatten meine Kinder Schwimmunterricht. Dort war er aber schon mit organisatorischen Hürden gespickt. Wie sollte die 3. Klasse in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen ins Schwimmbad kommen? Frau Ostmeier hat dies in ihrer Rede auch angesprochen. Wie sollte die Klasse dort sicher betreut, begleitet und angeleitet werden? - Das sind praktische Hürden des Alltagslebens, und ich habe Hochachtung vor allen Lehrern,

die sich dieser Aufgabe stellen. Ich danke ihnen an dieser Stelle deshalb noch einmal ausdrücklich.

(Vereinzelter Beifall SPD, CDU, FDP und AfD)

Mein Beispiel zeigt aber auch, dass es unterschiedliche Wege gibt, Schwimmen zu lernen: in der Schule, im Verein und im Rahmen von verschiedenen Kursangeboten.

Diese Angebote müssen zusammen betrachtet und optimiert werden. Landauf, landab gibt es immer mehr Ganztagsschulen. Die Kooperationsmöglichkeiten, die diesbezüglich zu entwickeln sind und die es teilweise schon gibt, gilt es besonders zu betrachten.

Sie haben gefragt, was die SPD ganz speziell will. Ich denke, das kommt in dem gemeinsamen Antrag aller anderen Fraktionen zum Ausdruck. Wir wollen eine tiefergehende Analyse, um daraus ableiten zu können, wie man den Schulen ganz konkret helfen kann, das eigentliche Ziel, das sie ja von sich aus haben, nämlich Schwimmunterricht zu geben, auch zu erreichen.

Ich sage es zum Abschluss auch noch einmal: Das Parlament hat in der letzten Plenarwoche eine landesweite Sportentwicklungsplanung beschlossen. Es ist durchaus sinnvoll, die grundsätzlichen Fragestellungen zum Schwimmsport, die Frau Ostmeier, aber auch ich eben noch einmal aufgeworfen haben, und die ja auch Sie mündlich benannt haben, aufzunehmen und genauer zu betrachten.

Das sind etwas unterschiedliche Herangehensweisen, die aber durchaus entscheidend sind. Wir haben deshalb Anteil an dem gemeinsamen Antrag der anderen Fraktionen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Ines Strehlau das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Schleswig-Holstein, dem Land der Horizonte und der Meere, kennen wir die Wichtigkeit des Schwimmen-Könnens. Es ist klar geworden, dass wir uns mit diesem Thema in der Vergangenheit auch parlamentarisch auseinandergesetzt haben.

(Kathrin Wagner-Bockey)

Auch wenn in den ersten acht Monaten des Jahres 2017 in deutschen Gewässern fast 30 % weniger Menschen ertrunken sind als im Vorjahr, sind fast 300 Todesopfer immer noch viel zu viele.

(Beifall)

Zu Recht ist die Schwimmausbildung deshalb an unseren Schulen integraler und verbindlicher Bestandteil im Lehrplan Sport. Die Tatsache, dass an 25 % der Grundschulen kein Schwimmunterricht angeboten werden kann, ist ein echtes Problem.

Woran liegt es? - Aus der Großen Anfrage zur Situation und Förderung der vereinsgebundenen Schwimmausbildung und des Schwimmsports in Schleswig-Holstein aus der letzten Wahlperiode wissen wir, dass die Gründe hierfür sehr vielfältig sind: zu wenig oder zu weit entfernte Schwimmsportstätten, fehlende Transportmöglichkeiten, aber auch zu wenig ausgebildete Schwimmlehrkräfte.

Was können wir als Land machen? Zum einen benötigen wir ausreichend Schwimmsportstätten. In Schleswig-Holstein sind die Schwimmbaddichte und damit auch die Möglichkeiten des Schwimmens und des Schwimmenlernens immerhin schon besser als im bundesweiten Durchschnitt. Die Hälfte aller Schwimmbecken Schleswig-Holsteins sind ausgewiesene Lehrschwimmbecken. Aber dies ist offensichtlich nicht ausreichend.

Viele Schwimmsportstätten sind außerdem sanierungsbedürftig. Die Kommunen als Betreiber der Schwimmstätten werden deshalb vom Land seit 2015 mit der Sanierungsförderung unterstützt.

Die Landesregierung ist im Oktober des vergangenen Jahres vom Landtag beauftragt worden, eine Sportentwicklungsplanung durchzuführen. Das Thema - davon ist natürlich auch das Schwimmen betroffen - ist also schon in Arbeit. Es ist wichtig, dass im Rahmen der Sportentwicklungsplanung auch die bedarfsgerechte Versorgung mit Lehrschwimmbecken berücksichtigt wird. Allerdings ist auch klar, dass nicht in jeder Gemeinde Lehrschwimmbecken gebaut werden können, sondern dass es eher darum geht, wie Schülerinnen und Schüler zu den vorhandenen Lehrschwimmbecken kommen können beziehungsweise diese nutzen können.

Ohne qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer helfen auch die bestehenden Schwimmsportsstätten nicht weiter. Da nicht alle Schulen über entsprechend qualifizierte Lehrerkräfte verfügen, ist die Kooperation mit außerschulischen Partnern wie dem Schwimmverband Schleswig-Holstein und der

DLRG essenziell. Auch wird über Lösungen außerhalb des wöchentlichen Sportunterrichts, zum Beispiel über Schwimmen im Rahmen von Projektwochen, nachzudenken sein.

Wir sind gespannt auf die Vorschläge der Landesregierung im Zusammenhang mit der Sportentwicklungsplanung. Die Landesregierung erarbeitet diese Planung ja in Zusammenarbeit mit den Akteuren. Deshalb wird es sicherlich auch gute Ergebnisse geben.

Nur gemeinsam wird es uns gelingen, dass möglichst viele das Schwimmen lernen. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anita Klahn das Wort.

In der 18. Wahlperiode haben die Kolleginnen Ostmeier, Franzen und Rathje-Hoffmann von der CDU erkenntnisreiche Kleine Anfragen zum Schwimmunterricht an Schulen gestellt. Im aktuellen Koalitionsvertrag finden Sie auf Seite 95 nicht nur eine ganz klare Position der Jamaika-Koalitionäre zur Schwimmausbildung, sondern auch ganz konkrete Maßnahmen.

(Wortmeldung Dr. Frank Brodehl [AfD])

Frau Kollegin!

Nein, ich möchte meine Gedanken zu Ende führen. - Meine Damen und Herren der AfD, Sie behaupten, wir verschlafen Themen, aber Sie haben keine

(Ines Strehlau)

neuen Erkenntnisse aus unseren Unterlagen gewonnen, Sie haben keine neuen Ideen, und Sie haben vor allen Dingen keine neuen Lösungen. Sie haben nach dem Vorbild der AfD Mecklenburg-Vorpommern ein Thema aufgegriffen, um nicht zu sagen abgekupfert, ohne die schleswig-holsteinische Situation ernsthaft zu hinterfragen.

(Lachen AfD)

Sie fordern einfach pauschal, Schwimmunterricht in ausreichendem Umfang zu erteilen.

Ich kenne keinen in diesem Haus, der das nicht möchte. Der Unterschied zur AfD ist allerdings, dass wir von den Schulen keine bürokratischen Rechtfertigungen verlangen, warum es nicht klappt. Wir setzen uns seit Jahren ernsthaft damit auseinander, warum es für die Schulen so schwierig ist, den im Lehrplan verankerten Schwimmunterricht in vollem Umfang anzubieten.

(Beifall FDP - Zuruf AfD: Das nützt ja nichts!)

Ein ganz wichtiger Grund ist die Schließung von vielen Schwimmhallen, weil die Kommunen schlicht und einfach finanziell nicht mehr in der Lage waren, die Betriebskosten und die hohen Sanierungskosten zu tragen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Da ist das Land gefragt!)

Hinzu kam der Trend, eher in ein Erlebnisbad als in ein Schwimmbad zu gehen, was auch so manchen Kommunalpolitiker bei der Entscheidung zur Schließung einer Einrichtung vielleicht negativ beeinflusst hat.

(Wortmeldung Jörg Nobis [AfD])

Frau Kollegin!

Nein, ich lasse keine Fragen zu!

Okay. Sie gestatten also keine Zwischenfrage des Kollegen Nobis.

Nein. - Ich möchte damit deutlich machen, dass nicht nur das Land, sondern auch die Kommunen

und die dortige Politik in der Verantwortung stehen.

Ergebnis ist, dass Lehrkräfte heute deutlich längere Wege als noch vor 20 Jahren zurücklegen müssen, um zu einer für den Schwimmsport geeigneten Schwimmhalle zu gelangen. Vielfach muss dafür heute ein aufwendiger Fahrdienst organisiert werden. Es entstehen zusätzliche Kosten für die Schulen, für die Eltern. Wir diskutieren über das BuT, das zu niedrig ist. Auch ist zusätzliches Begleitpersonal erforderlich. Das haben die Schulen nicht.

Ein weiterer Grund, warum Schwimmunterricht häufig nicht angeboten werden kann, besteht darin, dass er zugunsten wissensvermittelnder Fächer ausfallen muss, weil wir zu wenig Fachlehrer an den Grundschulen haben, dass die Lehrkräfte durch zusätzliche Aufgaben in den letzten Jahren häufig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gekommen sind. Zudem gibt es weniger Eltern, die bereit sind oder die Zeit haben, ehrenamtlich zu unterstützen, weil sie einer Berufstätigkeit nachgehen, was wir auch dringend fordern.

Um hier Abhilfe zu schaffen, sorgen wir für eine bessere Unterrichtsversorgung. Das hat, um ehrlich zu sein, die Küstenkoalition schon angefangen; wir setzen es fort. Auch hat die Küstenkoalition, was wir fortsetzen werden, bereits eine Sportentwicklungsplanung auf dem Zettel gehabt. Dazu gehört ein bedarfsgerechtes Schwimmsportstättenangebot. Zur Umsetzung hat sich diese Landesregierung verpflichtet, 7,5 Millionen € zu investieren. Das mag auf den ersten Blick wenig sein, aber dies ist ein zielführender Schritt. So etwas hat die AfD nicht auf dem Zettel.

(Beifall FDP und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch plädiere ich dafür, dass wir das Thema Schwimmenlernen stärker als bisher als Querschnittsaufgabe verstehen und dass wir es als eine gemeinsame Verantwortung begreifen. Damit sind nicht nur die Schulen in der Pflicht, sondern letztendlich auch Eltern und Familie. Wir brauchen das gesellschaftliche Engagement, den Schleswig-Holsteinischen Schwimmverband genauso wie die DLRG, wenn es darum geht, Konzepte zu erarbeiten, die unsere Kinder zu besseren und sichereren Schwimmern machen. Das bedeutet im Endeffekt mehr, als eine 25-m-Bahn zu ziehen.