Protocol of the Session on October 12, 2017

Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 11. Sitzung - Donnerstag, 12. Oktober 2017 625

(Thomas Hölck)

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir doch gar nicht!)

Das hätte aber zur Folge, dass im Land unterschiedliche Kriterien gelten würden. Das kann und das wird nicht rechtssicher sein.

Die Jamaikaner kamen, und sie machten sich Hoffnung. Die vage Hoffnung der Koalitionäre ist doch, der Landtag könnte das Moratorium noch einmal rechtssicher verlängern. Woher nehmen Sie eigentlich diese Hoffnung? Das Moratorium ist im Planungsrecht ein Unikat. Es gibt keine vergleichbaren Instrumente. Es gibt keine Rechtsprechung, auf die man sich beziehen kann. Ich sage Ihnen voraus: Sollten Sie das Moratorium verlängern, wird es beklagt werden. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, und es ist höchst ungewiss, dass eine Verlängerung vor Gericht Bestand haben wird; denn man wird sich an die Bauleitplanung erinnern. Dort gibt es das Instrument der Veränderungssperre. Diese kann für zwei Jahre erlassen werden. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Frist um ein Jahr verlängert werden. In diesem Punkt wird eine Weiterverlängerung des Moratoriums die Bauleitplanung, die Grundlage, überschritten haben. Während Sie die Hände in den Schoß legen und aus taktischen Gründen -

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

- Ein bisschen müssen Sie schon aushalten, Herr Arp! Wenn es Ihnen nicht gefällt, wird es immer schwierig. Das stimmt.

(Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Während Sie die Hände in den Schoß legen und das Problem aus taktischen Gründen aussitzen wollen, geraten die Anlagenbauer unter Druck. Die Aufstellungspflicht für neue Windparks und die Begrenzung des Zubaus in Engpassgebieten hinterlassen Spuren. Das kann man und darf man nicht bestreiten.

Aber Spuren hinterlassen auch die Koalitionäre. Laut Bundesverband Windenergie warten 693 Anlagen auf eine Ausnahmegenehmigung. Nichts tut sich. 3 Milliarden € Investitionen liegen auf Halde. Entlassungen und Kurzarbeit sind die Folge auch Ihrer Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD - Zuruf Werner Kalinka [CDU])

Das trifft vor allem den Mittelstand. Ich frage mich: Wo ist da eigentlich der Wirtschaftsminister? Wenn

es darum geht, Löhne zu drücken, hat er eine klare Meinung.

(Zuruf CDU: So ein Quatsch!)

Den Vergabemindestlohn abzuschaffen, da ist er dabei. Wenn es aber um Milliarden von Investitionen, die auf Eis liegen, wenn es darum geht, Arbeitsplätze zu schützen, geht

(Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

das große Schweigen.

(Beifall SPD)

Es sind nicht nur die Anlagenbauer, die in Schwierigkeiten geraten. Es sind die vielen kleinen mittelständischen Planungsbüros, die gefährdet sind. Das sind auch häufig Arbeitsplätze im ländlichen Raum.

(Zuruf Werner Kalinka [CDU]: Haben Sie mal mit den Leuten vor Ort gesprochen?)

Schleswig-Holstein soll das mittelstandsfreundlichste Bundesland werden, so die Absicht der Koalition.

(Zuruf CDU: Jawohl! - Beifall CDU und FDP)

Aber was für ein Hohn für die Planungsbüros, für die Hersteller und für die Servicefirmen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was für ein Hohn!

(Beifall SPD)

Die Koalition der selbsternannten Brückenbauer ist gerade dabei, Brücken einzureißen und sie durch morsche Stege zu ersetzen.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Jamaika hat den Bürgern so ziemlich alles versprochen, und wer jedem jedes verspricht, ist zum Scheitern verurteilt. So fahren Sie die Energiewende an die Wand. Kehren Sie um, noch ist es Zeit. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD - Zurufe CDU)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Petra Nicolaisen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Energiewende, die nach den Ereignissen von Fukushima eingeläutet wurde, ist ein gemeinsames Projekt von Politik und Bevölkerung, und nur eine

(Thomas Hölck)

gemeinsame Basis wird dieses große Projekt auch zum Erfolg führen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wie bekennen uns zu den völkerrechtlichen Verträgen des Pariser Klimaschutzabkommens. Um diese Klimaziele zu erreichen, haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt. Das ist richtig. Die Windenergie spielt hierbei in Schleswig-Holstein eine ganz erhebliche Rolle. Ziel ist es und muss es sein, bis Mitte des Jahrhunderts eine Energieerzeugung auf Basis der erneuerbaren Energien umzusetzen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Energiewende ist eines der zentralen Zukunftsprojekte, vor allem ein wichtiger Wirtschaftsfaktor hier bei uns in Schleswig-Holstein in strukturschwächeren Regionen. Die Wertschöpfung bleibt an der Stelle in der Region und in Schleswig-Holstein. Menschen profitieren von dieser Entwicklung, gestalten sie mit und verdienen daran, daher der Weg des Ausbaus der Windenergie. Das steigert ebenfalls die Akzeptanz derjenigen, die Windenergie produzieren, aber auch derjenigen, die befürchten, durch Windenergie ein Stück Lebensqualität zu verlieren. Das ist ein sensibles Thema, wie wir alle wissen.

Daher brauchen wir eine berechenbare Politik. Das ist bei der Umsetzung der Energiewende ein wirklich hohes Gut, um auf der einen Seite Vertrauen für mehr Akzeptanz für Windenergie zu schaffen, und auf der anderen Seite alles daran zu setzen, die Abstände zur Wohnbebauung nach Möglichkeit zu erhöhen.

(Beifall CDU und FDP)

Daher wird die Landesregierung gebeten, die Regionalpläne Wind auf der Grundlage der Stellungnahmen der Kommunen, der Träger der öffentlichen Belange und der allgemeinen Öffentlichkeit grundlegend - das ist uns wichtig - zu überarbeiten. Es sind 6.500 Stellungnahmen eingegangen. Diese Stellungnahmen - darauf möchte ich noch einmal hinweisen - sind nicht aufgrund unserer Änderungen eingegangen, sondern aufgrund der alten Pläne.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zurufe SPD)

Es bedarf also einer gründlichen Prüfung,

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

damit ein Planentwurf entsteht, der einerseits eine breite Akzeptanz und dazu auch eine hohe Rechtssicherheit aufweist.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]: Genau!)

Lieber Kollege Hölck, ich sage Ihnen dazu jetzt einmal etwas ganz deutlich: Sie sind als Küstenkoalition unter anderem deshalb abgewählt worden, weil Sie die Ängste und Sorgen der Menschen in Bezug auf Windkraft nicht wahrgenommen haben.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe SPD)

Die Verunsicherung der Bevölkerung war doch schon seit Langem, seit der Veröffentlichung der sogenannten Goldgräberkarte, spürbar.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]: Der Energie- minister hieß Habeck in der letzten Regie- rung!)

- Ach, Herr Kollege Stegner!

(Zurufe CDU)

Wer solch eine Informationspolitik betreibt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Akzeptanz der Menschen für Windenergie schwindet.