Protocol of the Session on October 12, 2017

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Während der Netzausbau an Land und in der nordeuropäischen Vernetzung gute Fortschritte macht, braucht die Überarbeitung der Landesplanung Wind noch Zeit. Wir wissen das. Die Verzögerungen durch das OVG-Urteil und die Überprüfung von Kriterien machen der Energiewende und allen Beteiligten, auch in der Landesplanung und auch bei uns in den Fraktionen, schwer zu schaffen. 693 Anträge - wir haben es bereits gehört - für neue Windkraftanlagen hängen teilweise seit Jahren in der Warteschleife. Das bedeutet, hier im Land gibt es einen Investitionsstau von 3 Milliarden €. Diese Situation stellt Arbeitsplätze und kleine und mittelständische Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette vor eine echte Belastungsprobe. Kurzarbeit bei Bögl und Unternehmensverlagerungen sind nur einige Folgen dieser Entwicklung. Dabei ist gerade die Windkraft das Zugpferd oder das „Zugpony“ - vielleicht mit oder ohne Pferdesteuer.

(Zurufe - Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Das machen wir ohne! - Ziel dieser Koalition ist es, bis Mitte des Jahrhunderts die Energieerzeugung auf erneuerbare Energien umzustellen. Bis Mitte des Jahrhunderts! Je umfangreicher wir den Umstieg auf Erneuerbare schnell schaffen, desto mehr Zeit haben wir am Ende der noch verbleibenden drei Jahrzehnte für die letzten Prozente, um in den schwierigen Bereichen wirklich Lösungen zu finden.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich will dabei nur den Flugverkehr nennen.

Zu Recht haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, 2 % der Fläche bereitzustellen, um das Zwischenziel - mehr ist es ja nicht - von 10 GW installierter Wind-Onshore-Leistung bis 2025 wirklich zu erreichen.

Mit aktuell 6,5 GW sind wir auf einem ganz guten Weg, aber eben noch lange nicht angekommen. In nicht allzu ferner Zeit, 2020, werden wir mit der Fertigstellung von NordLink, mit der Fertigstellung der Mittelachse und der Fertigstellung der Westkü

(Petra Nicolaisen)

stenleitung 2021 wichtige Meilensteine im Netzausbau bei uns im Land haben. Wir werden sie wieder groß feiern, wir werden sie erreichen. Diese Großprojekte tragen dazu bei, dass erneuerbarer Strom noch gleichmäßiger und noch bedarfsgerechter fließt als jetzt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Es macht keinen Sinn, den Bau von Windkraftanlagen auf die Zeit nach der Fertigstellung der Übertragungsleitung zu verschieben. Dann würden die Anlagen fehlen, um diese Netze mit sauberem Strom zu füllen.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist es!)

Es ist richtig, wichtig und unverzichtbar, die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Kriterien für eine bessere Akzeptanz in der Bevölkerung und die eingegangenen 6.500 Einwendungen sorgfältig zu prüfen. Ich warne ein bisschen davor, hier den großen Popanz zu machen, weil die Einwendungszahlen im Tausenderbereich liegen. Auch in der Vergangenheit, als noch erheblich mehr geübt werden musste, hatten wir, meine ich, 2.000 bis 2.500 Einwendungen. Die Zahl hat immer im Tausenderbereich gelegen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass der ganze Prozess der Planung nicht unnötig verzögert werden darf. Auch die Vorgängerregierungen haben sich bemüht, die Abstände zur Wohnbebauung so weit wie möglich zu halten.

Die Prüfung der im Koalitionsvertrag zusätzlich vereinbarten Kriterien zur Entlastung von Siedlungsgebieten reizt das Potenzial an Kreativität wirklich aus. Hier sind schon einige Zahlen genannt worden. Man muss die Abstände nur um wenige hundert Meter verändern, und es bleiben in diesem zum Glück vielfältig bevölkerten Land kaum noch Flächen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Ausbau der Erneuerbaren darf nicht aus politischen Ambitionen infrage gestellt werden. Ich denke, das sollten wir uns jetzt, nach dem Wahlkampf, immer wieder hinter die Ohren schreiben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Das Moratorium wurde von der damaligen Koalition gemeinsam mit der CDU-Landtagsfraktion nach dem OVG-Urteil beschlossen. Ich hoffe, dass wir diese gemeinsamen Beschlusslagen in diesen Fra

gen auch weitgehend behalten. Es kann nicht beliebig verlängert werden. Das wissen wir. Das weiß auch die SPD, das weiß die CDU, das weiß die FDP. Es werden zügig Ergebnisse geliefert werden müssen, sonst wird die Situation in den Gemeinden richtig schwierig.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Der SSW weiß es auch!)

- Ich habe den SSW vergessen, um Gottes willen! Er sitzt immer zwischen uns.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir bitten die Landesregierung, die Überarbeitung der Landesplanung für die Windenergie zügig voranzubringen, um Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinden und Unternehmen landesweit einen verlässlichen Rechtsrahmen anzubieten.

Die Fertigstellung des verbindlichen Rechtsrahmens bedeutet auch für die Einwohnerinnen und Einwohner Schleswig-Holsteins eine wesentliche Entlastung. Endlich ist Schluss mit den Märchen. Endlich ist Schluss mit der Unsicherheit und den Spekulationen, und es kann endlich mit Verlässlichkeit und Klarheit vorangegangen werden.

Eine im Koalitionsvertrag vorgesehene Clearingstelle auf Landesebene könnte bei Konflikten vermitteln, beraten und Verwaltungen entlasten, aber auch eine effiziente Umsetzung und eventuell auch Umgestaltung der Planungen ermöglichen.

Wer sagt - das werden wir immer wieder hören -, die Emissionen Schleswig-Holsteins spielten global gesehen überhaupt keine Rolle, verkennt, dass nicht nur wegen der Jamaika-Koalition nach SchleswigHolstein geguckt wird. Was wir bei der Energiewende schaffen, streben auch andere an. Zum Teil sind sie dabei schon erheblich weiter und überholen uns. Wollen wir mit den erneuerbaren Technologien führend sein oder anderen hinterherlaufen und diese Techniken weltweit teuer einkaufen müssen?

Auch wenn ich der SPD Respekt zolle, dass sie dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt hat, ist mir an dieser Stelle wohl ein Hinweis erlaubt. Ich habe ihn schon in der letzten Landtagstagung etwas verändert gebracht. Immer wenn die SPD auf Bundesebene - seit der letzten rot-grünen Bundesregierung 2005 - Regierungsverantwortung für die Energiewirtschaft hatte, wird es schwierig für die Energiewende, wird es schwierig fürs Klima.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

(Bernd Voß)

Das ist mit einzelnen Namen verbunden; das wissen wir. Sie geht dabei anderen Interessen aus den Monopolen der Energiewirtschaft auf den Leim. Das sehen wir beim Deckel für Sonne, das sehen wir beim Deckel für Offshore, das sehen wir bei der Kohle, das sehen wir bei den neuen Ausschreibungsverfahren für Windenergie. Sie sind so gestaltet, dass fast nichts an Investitionen umgesetzt werden kann. So ist die SPD auch an der Abwicklung und Rückabwicklung der Energiewende in Deutschland beteiligt.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Daraus ergibt sich für uns alle - egal wie die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene ausgehen -, dass wir gerade in der Frage der Energiewirtschaft ziemlich werden lobbyieren müssen, um kluge Dinge in den Koalitionsvertrag hineinzubekommen.

Herr Kollege Voß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Dolgner?

Selbstverständlich.

Herr Kollege Voß, da die böse SPD an der künftigen Koalition auf Bundesebene nicht beteiligt sein wird,

(Zurufe)

aber die gute Energiewende-CDU/CSU, die ja gerade geklatscht hat, gehe ich davon aus, dass Sie diesem Hohen Haus hier und heute versichern können, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Energiewende nach Ihrer Auffassung stören, im nächsten Jamaika-Koalitionsvertrag nicht mehr enthalten sein werden. Denn wir sind nicht mehr dabei.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich kann auch Sie gern fragen, wenn Sie vorn stehen. Genau das wollte ich ja wissen. Ist das so, können Sie das diesem Hohen Haus versichern? Dann können wir in einem Jahr noch einmal darüber reden.

- Sie wissen, dass auf Bundesebene einige Konstellationen möglich sind. Gerade bei den Fragen der Regularien rund um die Sektorkopplung, der Regularien der Energiewirtschaft, der Regularien zum Fortgang des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gibt

es massive Landesinteressen, weil wir in der Energiewende vorangehen. Daher gilt es für Sie genauso wie für die anderen Parteien, die an den Verhandlungen aktuell beteiligt sind, diese Punkte einfließen zu lassen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich werde einen Deubel tun, jetzt zu sagen: Das wird da eins zu eins auftauchen. Das wissen wir nicht. Das war genauso, als wir Koalitionen verhandelt haben.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Ge- nau!)

Es ist auch wichtig, dass Bürgerenergie endlich vernünftig definiert wird. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag einen Risikofonds dafür vorgesehen. Es ist wichtig, dass die Ausschreibungsmengen wieder freigegeben werden, wenn nicht gebaut wird, und erhöht werden. Netzausbaugebiete ist hier das nächste Stichwort.

Zum Schluss danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesplanung. Sie begleiten, sie erarbeiten unermüdlich - inzwischen seit Jahrzehnten - diesen komplexen Prozess der Energieplanung für unser Land. Das ist immer wieder eine schwierige Herausforderung. Ich gehe davon aus, dass die Gemeinden hier gut mitspielen. Gerade ihnen werden wichtige, komplizierte Entscheidungen abgenommen.

Unterstützen Sie unseren Antrag, stimmen Sie ihm zu! Er vereint ein einendes Ziel der Jamaika-Koalition: Keine karibischen Temperaturen und besonders keine Jamaika-Extremwetterereignisse in Schleswig-Holstein - darum eine schnelle, verlässliche Energiewende sichern!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort hat nun für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Oliver Kumbartzky.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPD-Fraktion, ich bin Ihnen ehrlich dankbar für Ihren Antrag, weil wir dadurch die Gelegenheit bekommen, noch einmal darzustellen, was wir uns als Koalition in Sachen Windenergie in Zukunft vorstellen. Dazu komme ich gleich. Ich bin Ihnen