Protocol of the Session on December 10, 2020

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Endlich ist es so weit: ein Krankenhausgesetz für Schleswig-Holstein - so, wie es im Jamaika-Koalitionsvertrag vereinbart war. Im März 2020 hat die Landesregierung den Gesetzentwurf vorgelegt. Mein Dank geht an den Sozialminister und das ganze Haus für die Arbeit, die dort geleistet wurde.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Nach einer schriftlichen Anhörung und einer sehr intensiven mündlichen Anhörung im Sozialausschuss stehen wir heute vor der Verabschiedung des Gesetzes. Die bisherigen Regeln waren schon länger nicht mehr ausreichend. Mit dem Gesetz zur Ausführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes wurde im Grunde genommen nur die Verteilung der Mittel geregelt. Diese sehr fiskalische Betrachtung war schon länger nicht mehr zeitgemäß. Insofern war ein Krankenhausgesetz überfällig, und damit sind wir nun am Ziel. In § 3 wird der Sicherstellungsauftrag für die Krankenhausversorgung in Schleswig-Holstein beschrieben. Ich zitiere:

„Das Land, die Kreise und kreisfreien Städte stellen die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern … in öffentlich-rechtlicher, freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft sicher.“

Damit ist klar, dass eine Verantwortung auch bei den Kreisen und kreisfreien Städten liegt. Die Dreigliedrigkeit der Trägerlandschaft in Schleswig-Holstein hat sich über die letzten Jahrzehnte bewährt. Aber: Ein Trägerwechsel unterliegt nach dem neuen Gesetz erstmals gewissen Anforderungen.

In dem neuen Krankenhausgesetz werden die Patientenrechte besonders hervorgehoben. Die Krankenhäuser werden in die Lage versetzt, die Patientensicherheit zu gewährleisten und zu stärken.

Krankenhäuser sind zur Sicherstellung eines Sozialdienstes verpflichtet. Der Sozialdienst spielt beim Entlassmanagement eine entscheidende Rolle. Der

Sozialdienst kann krankenhausintern organisiert, aber auch an externe Anbieter übertragen werden. Der Sozialdienst ist eine unverzichtbare Hilfe für Patienten, die nach der Entlassung eine häusliche Krankenpflege oder eine Haushaltshilfe benötigen, oder bei der Organisation einer anschließenden ambulanten oder stationären Rehabilitation.

Meine Damen und Herren, eine sogenannte „blutige Entlassung“, die es vielleicht hier und da in der Vergangenheit gegeben hat, darf es in Zukunft nicht mehr geben.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

In § 28 finden sich die Regelungen für Patientinnen und Patienten mit besonderem Betreuungsbedarf. Hierunter sind Kinder und Jugendliche zu verstehen genauso wie Menschen mit Behinderung, Menschen mit Demenz und auch sterbende Menschen. Die Intensität der Betreuung und die Anpassung der Besuchszeiten richten sich nach dem individuellen Bedarf der betroffenen Patientinnen und Patienten. Hier muss das Krankenhaus für eine flexible Handhabung Sorge tragen.

Breiten Raum in der Diskussion, auch in der Anhörung, hat die Mitnahme von Begleitpersonen eingenommen. Bei Kindern und Jugendlichen ist die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson vom Krankenhaus sicherzustellen. Gleiches gilt bei Patientinnen und Patienten mit Behinderung, hier aber mit der Einschränkung: „… soweit es sich bei der Begleitperson um eine besondere Pflegekraft im Sinne des … Zwölften Buches Sozialgesetzbuch handelt.“ Ansonsten ist die Mitaufnahme von Begleitpersonen für diesen Personenkreis zu ermöglichen, nicht zwingend. Aber hier versuchen wir natürlich, auch noch weiterzukommen; denn wir bemühen uns um eine weitergehende Finanzierung von Begleitpersonen auch auf Bundesebene. Dafür setzen wir uns ein; denn das lag uns besonders am Herzen. Aber hier ist, wie gesagt, die Bundesebene die Ebene, auf der wir die entsprechenden Weichen stellen können.

Ebenso spielt der Patientendatenschutz im Gesetz eine große Rolle. Es geht nun mal um sensible Daten. Aber diese sensiblen Daten können für die Forschung sehr wichtig sein. Insofern wird beiden Bereichen, dem Bereich Persönlichkeitsrechte und dem Bereich der Forschung, Rechnung getragen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

- Danke schön.

Besonders erfreut bin ich auch darüber, dass die Organ- und Gewebespende in diesem Gesetz eine besondere Erwähnung findet. Sie gehört untrennbar mit dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses zusammen. Die Diskussionen über Organspende haben wir ja auch in der Vergangenheit schon geführt. Nun ist das auch im schleswig-holsteinischen Gesetz festgeschrieben.

In der Anhörung wurde eine lange Liste von Wünschen geäußert. Nicht alles ist umsetzbar, was dort gesagt wurde. Aber wir haben durchaus viele Änderungen und Klarstellungen aus der Anhörung mitgenommen und als Änderungsvorschlag zum Gesetzentwurf eingebracht.

Wir waren uns aber auch einig darüber, dass wir die Umsetzung in der Praxis sehr genau im Blick behalten müssen, um eventuelle Nachbesserungen vornehmen zu können. Einiges wird sich vielleicht in Luft auflösen. Aber da, wo es Probleme gibt, müssen wir zwingend tätig werden, wenn wir erkennen, das Nachbesserungsbedarf besteht.

Heute bitte ich um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf in geänderter Fassung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Bernd Heinemann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst auch von uns herzlichen Dank an das Team des Gesundheitsministers für die Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs. Eine Never-EndingStory endet mit einem Gesetz. Ich möchte mich bei Herrn Minister Garg dafür bedanken, dass er unsere Bemühungen für ein Krankenhausgesetz des Landes aus der letzten Legislaturperiode fortgesetzt hat, sodass wir nun als eines der letzten Bundesländer ein eigenes Landeskrankenhausgesetz erhalten.

Bedanken möchte ich mich in einem Punkt auch noch bei der Jamaika-Koalition, die die besondere Situation der Inseln und Halligen in das Gesetz aufgenommen hat. - Immerhin, das war ein wichtiger Schritt.

Aber jetzt möchte ich nach dem Sonnenschein von Herrn Neve einen oppositionellen Scheinwerfer anwerfen und einen anderen Blick auf diesen Gesetzentwurf werfen.

Leider wurde die Chance nicht genutzt, die Patientenrechte nachhaltig zu stärken und den Menschen in den Krankenhäusern, also den Patientinnen und Patienten und dem Personal, eine bessere Perspektive zu bieten. Selbst die aktuelle Coronapandemie konnte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, nicht überzeugen, ein qualifiziertes Hygienekonzept für die Krankenhäuser zu installieren. Sowohl Personal als auch Patientinnen und Patienten sollten eine Konzeption öffentlich vorfinden, die in den Krankenhäusern nachvollziehbar und überall einsehbar ist, am besten auf jedem Flur.

Sie begnügen sich mit Maßnahmen der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen, sagen aber nichts über die Kommunikation und Umsetzung, verlangen auch kein krankenhausöffentliches Konzept dazu. Haben wir denn wirklich nichts gelernt? Eine ständige Kampagne, zum Beispiel eine Plakatkampagne, wäre doch das Mindeste gewesen. Jetzt können wir das doch auch überall, warum also nicht auch gesetzlich konkret einfordern? Warum keine Keimschleusen? - Das kann doch nicht nur am Geld liegen. Wir wissen doch alle, dass es die berühmten Krankenhauskeime in unseren Krankenhäusern sind, die viele Menschenleben auf dem Gewissen haben, viel mehr als in Ländern wie den Niederlanden oder anderen Ländern. Das geht besser, meine Damen und Herren!

(Beifall SPD und Christian Dirschauer [SSW])

Trotz intensiver Diskussion ist es der Jamaika-Koalition offensichtlich auch nicht möglich gewesen, die Rechte der Patientinnen und Patienten mit besonderem Betreuungsbedarf ausdrücklich zu stärken. Was fehlt, ist ein Kinderschutz-, Inklusionsoder qualifiziertes Demenzkonzept. Warum nicht in dieses Gesetz hineinschreiben?

(Beifall SPD und Christian Dirschauer [SSW])

Was wir auch brauchen, ist ein gut geregeltes Entlassmanagement in unseren Krankenhäusern. Obwohl wir gemeinsam die Haushaltsmittel für den Ausbau der solitären Kurzzeitpflege eingestellt haben, ist diese Perspektive für Menschen, die trotz abgeschlossener medizinischer Behandlung bei der Entlassung einer vorübergehenden Kurzzeitpflege bedürfen, nicht klar geregelt.

Nicht einmal die Qualitätsstandards des Sozialdienstes der Krankenhäuser selbst konnten wir ein

(Hans Hinrich Neve)

werben. Welche Berufsqualifikationen sollen hier festgeschrieben werden?

In der Anhörung ist uns dies alles klar geworden. Es ist uns ganz klar gesagt worden, was fehlt und was wir brauchen. Nichts davon! Geblieben ist nur ein Rumpfgesetz, in weiten Teilen mit Selbstverständlichkeiten und Verweisen.

Gerne verweist die Koalition zum Beispiel auf mögliche Bundesratsinitiativen. Dabei haben wir es doch selbst in der Hand, Initiativen für unser eigenes Bundesland zu ergreifen.

(Beifall SPD)

Eine großartige Chance ist vertan worden. Andere Bundesländer haben in ihren Krankenhausgesetzen ihre Länderkompetenz genutzt. Daher hatten wir auch für unsere Änderungsanträge, die ja kein Teufelszeug sind, einfach nur das, was andere Länder in ihr Krankenhausgesetz hineingeschrieben haben, übernommen und haben es Ihnen vorgestellt. Dieses wurde leider komplett abgelehnt.

Die vielen Anregungen aus einer umfassenden Anhörung haben nur wenig Früchte getragen.

Diesen vertanen Chancen können wir nicht zustimmen, meine Damen und Herren. Wir werden in Zukunft sicher die Gelegenheit haben und nutzen, die Patientenrechte deutlich zu stärken und konkrete Maßnahmen in dieses Gesetz einzuführen. In dieser Legislaturperiode ist das leider nicht mehr möglich.

Wir Sozialdemokraten wollen eine gute und flächendeckende medizinische und pflegerische Versorgung unabhängig vom Einkommen und vom Wohnort. Dies muss sich auch in der Reform der Krankenhausfinanzierung widerspiegeln. Für uns ist die medizinische Versorgung keine Branche, die hohe Renditen für Aktionäre abwirft. Sie ist schlicht Daseinsvorsorge.

Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung müssen auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen können. Um eine gute stationäre Versorgung sicherzustellen, sind Investitionen in neue Technologien und Digitalisierung nötig.

Wir brauchen heute mehr denn je eine Qualitätsoffensive für Krankenhäuser um die ambulante Versorgung. Kommunen, die sich schon auf den Weg gemacht haben, verdienen unsere volle Unterstützung. Die Überwindung der Sektorengrenzen zugunsten einer qualifizierten Versorgung nahe bei den Menschen muss unser Ziel bleiben.

Zusammengefasst bleibt das Gesetz weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Wie gesagt, wir lehnen es ab. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und Christian Dirschauer [SSW])

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort die Abgeordnete Dr. Marret Bohn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Draußen wird es dunkel. Wir sind mitten in der Coronapandemie, und es gibt sie noch, die guten Nachrichten: Wir bekommen heute endlich ein Krankenhausgesetz für Schleswig-Holstein. Und das freut mich sehr.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, andere Bundesländer haben das schon längst.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei all denen bedanken, die uns einen Entwurf geschickt und die uns bei den Beratungen geholfen haben, sowie bei den vielen Angehörten, die mit ihren Stellungnahmen ausführlich dazu beigetragen haben, dass wir als Abgeordnete den Gesetzentwurf nachbessern und gucken konnten, in welchem Bereich wir noch besser werden können.

Wir haben, ähnlich wie beim Maßregelvollzugsgesetz und beim PsychHG, nicht nur eine ausführliche schriftliche, sondern auch eine sehr, sehr ausführliche mündliche Anhörung durchgeführt, an der ich krankheitsbedingt leider nicht persönlich teilnehmen konnte. Deshalb gilt mein Dank dem Kollegen Andreas Tietze, der als Vertreter der Grünen-Fraktion an der Anhörung teilgenommen hat. Wir haben das alles ausgewertet.

Ich möchte noch einmal auf die Punkte zu sprechen kommen, die bei der Beratung eine besondere Rolle gespielt haben. In diesem Zusammenhang ein besonderer Dank an die Koalitionspartner von CDU und FDP, dass wir zueinanderfinden konnten. Es gab einige Punkte, die uns und die mir persönlich sehr wichtig waren.