Die Bedingungen in der Fleischwirtschaft zu überprüfen und zu verbessern, ist ein Kernanliegen dieser Landesregierung. Es ist gut, und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass jetzt auch der Bund die Initiative ergriffen hat. Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz hat er einen Gesetzentwurf vorgelegt, der entscheidend dazu beitragen kann, die Probleme in der Fleischindustrie zu beseitigen.
Ich habe es schon mehrmals betont und sage auch heute noch einmal sehr deutlich, dass der Bund dabei grundsätzlich meine Unterstützung hat. Das weiß auch der Kollege Hubertus Heil.
Denn wesentliche Punkte dieses Gesetzes finden sich bereits in der ASMK-Initiative von 2019 wieder. Ich hoffe, dass niemand im Ernst glaubt, dass ich nicht mehr hinter der Initiative stehe und für ihre Durchsetzung mit demselben Engagement kämpfe.
Aktuell ist in der Berliner Koalition offensichtlich noch keine Einigkeit über den Gesetzentwurf erzielt worden. Ich habe es so verstanden - ich bin offen, wenn ich hier einem Missverständnis aufgesessen bin -, dass in Berlin im Moment heftig darüber gestritten wird, ob mit dem Verbot von Werkverträgen gleichzeitig ein Verbot von Leiharbeit einhergehen soll. Das ist aus meiner Wahrnehmung der Kernstreit, der in Berlin gerade ausgefochten wird.
Da will ich Ihnen sagen, dass in der Tat auch das Konstrukt der Leiharbeit in der Vergangenheit bedauerlicherweise von der fleischverarbeitenden Industrie missbraucht wurde, um festangestellte Beschäftigte sukzessive aus den Betrieben zu verdrängen.
Andererseits - deswegen verstehe ich zumindest, dass man in Berlin hart ringt - gibt es selbstverständlich auch in der fleischverarbeitenden Industrie Auftragsspitzen. Die mögen weniger steil aus
fallen als in anderen Bereichen, aber es gibt sie. Ursprünglich war das Konstrukt der Leiharbeit darauf angelegt, Auftragsspitzen in Unternehmen abarbeiten zu können. Das ist grundsätzlich ein richtiger und nach wie vor guter Gedanke. Wenn dieses Instrument allerdings so missbraucht wird, dass sukzessive Stammbelegschaften einfach aus den Betrieben verdrängt werden, dann liegt es nicht originär am Instrument selbst, sondern am Missbrauch dieses Instruments.
Deswegen glaube ich auch, dass das, was gerade in Berlin passiert, also das Eintreten von bestimmten Gruppen dafür, weiterhin unbeschränkt Leiharbeit zuzulassen, nicht die Lösung sein kann, denn dann würde man lediglich all diejenigen, die heute über Werkverträge beschäftigt werden, als Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer wiederfinden. Vor dem Hintergrund hätte ich jedenfalls aus Schleswig-Holstein einen Vorschlag, wie man das Problem in Berlin lösen könnte, um diesen Gesetzentwurf vielleicht dann doch relativ zügig zu verabschieden.
Warum überlegt man nicht, dass man gerade an diesem Feld beispielshaft festmacht, wozu das Instrument der Leiharbeit eigentlich einmal gut war, nämlich zum Abarbeiten von Auftragsspitzen? Man sollte sich überlegen, wie man Leiharbeit in diesem Bereich intelligent begrenzt, beispielsweise, indem man sagt: Nur noch maximal zwischen 10 % und 20 % der Gesamtjahresarbeitszeit in einem solchen Betrieb darf durch Leiharbeit abgedeckt werden. Oder: Nur ein bestimmter Prozentsatz an der Gesamtbelegschaft dürfen noch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer sein, und zwar genau, um Produktionsspitzen abzuarbeiten, aber nicht, um Stammbelegschaften zu verdrängen.
Ich kann nur davon abraten, einen an sich schlüssigen und aus meiner Sicht durchaus konstruktiven Gesetzentwurf dadurch auf die lange Bank zu schieben, dass man sich in dieser Frage nicht einig wird. Ich gebe die Anregung, hier einmal mit positivem Beispiel voranzugehen - auch aus SchleswigHolstein.
Ich wünsche mir das übrigens auch für den Bereich der Pflege, wenn ich das sagen darf, denn auch dort ist es ein Problem, wenn Pflegetätigkeiten zunehmend durch Leiharbeit, nicht mehr durch Stammbelegschaften erledigt werden. Ich glaube, durch ein sinnvolles Instrument der Begrenzung - man muss
es nicht gleich abschaffen - trägt man zur Problemlösung bei. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Werner Kalinka [CDU]: Jetzt klatscht die SPD! Das ist doch herrlich! - Wolfgang Baasch [SPD]: Hättest du mal so geredet!)
Der Minister hat die vorgesehene Redezeit um 5 Minuten erweitert. Das stünde jetzt theoretisch allen Fraktionen auch zu. Aber ich sehe, dass auch der Kollege Rickers davon keinen Gebrauch machen möchte. Insofern schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Abstimmung zu a), Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2555, und Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2589. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen.
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2555, abstimmen. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU, des Zusammenschlusses der AfD, des Abgeordneten Dr. Brodehl, der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein gegen die Stimmen von SPD und SSW abgelehnt.
Ich lasse über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2589, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig.
Ich lasse über den Antrag des Abgeordneten Volker Schnurrbusch, Drucksache 19/2557, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen?
Damit ist der Antrag des Abgeordneten mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU gegen die Stimmen des Zusammenschlusses der AfD-Abgeordneten und des
Nein, Frau Präsidentin. Ich habe keine Einwendung, aber ich möchte eine Erklärung zum Stimmverhalten der SPD-Fraktion abgeben. Wir haben vor der Debatte vereinbart, dass wir, auch wenn Sie unserem guten Antrag nicht zustimmen, Ihrem Antrag zustimmen werden, den wir zwar nicht so gut finden wie unseren, aber wir sind eben großmütiger als andere und halten nicht nur parteipolitische Reden. - Vielen herzlichen Dank.
(Martin Habersaat [SPD]: Wenn sie doch ei- nen Grund hätte! Aber, Herr Kalinka, manch- mal fängt man auch grundlos an zu kichern im Alter! - Zurufe)
- Ich freue mich, dass die Stimmung heute Vormittag so gut ist. Wer der Sitzung weiter beiwohnen möchte, setzt sich bitte wieder.
Maßnahmen und Ziele für eine effiziente Energiewende und Klimaschutzpolitik - Evaluierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes
Hierfür erteile ich für die Landesregierung dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 - was haben alle diese Jahre gemeinsam? - Sie sind die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1880. Das ist ein Fakt, und Sie alle kennen den.
Und es ist ein Fakt, der uns beispielhaft vor Augen führt, wie akut die Klimakrise ist. Erst vor zwei Tagen wurde dies wieder durch die Ergebnisse einer mehrjährigen Untersuchung von Grönlandgletschern deutlich: Das Abschmelzen der arktischen Eismassen geschieht etwa drei- bis viermal schneller, als der Weltklimarat bislang selbst im schlechtesten Szenario angenommen hat. Die Wissenschaft macht uns deutlich: Um die Auswirkungen des Klimawandels im Sinne des Pariser Klimaabkommens im Rahmen zu halten, müssen wir noch ambitionierter werden.
2017 hat dieses Haus ein wegweisendes Energiewende- und Klimaschutzgesetz beschlossen. Schleswig-Holstein hat sich als eines der ersten Länder kurzfristig überprüfbare Ziele gesetzt. Sie gehören bundesweit zu den ambitioniertesten Zielen und legen konkret fest, welche elektrische Leistung und wie viel Wärme bereits 2025 aus erneuerbaren Energien kommen muss. Unsere Evaluation stellt heraus, dass dennoch zusätzliche Vorgaben und Maßnahmen notwendig sind, um diese Ziele zu erreichen. Auch die Ziele selbst müssen wir einer ständigen Überprüfung unterziehen.
Ich bin froh und stolz, dass sich die Umweltministerinnen und Umweltminister der Länder vergangenen Freitag einstimmig auf meinen Antrag hin dafür ausgesprochen haben, das EU-weite Reduktionsziel für 2030 auf 60 % anzuheben.
Mit der Novelle des EWKG werden wir nachgeschärfte Ziele auf EU- und Bundesebene automatisch in unser Landesrecht übernehmen. Wir wollen bei der sektoralen Betrachtung der Treibhausgasemissionen künftig alle relevanten Sektoren in die Pflicht nehmen. Dafür werden wir etwa bei der Landnutzung und im Verkehrssektor im Gesetz deutlicher den Pfad benennen, denn hier müssen wir beim Klimaschutz deutlich besser werden. Wir werden auch die Vorbildfunktion der Landesverwaltung weiter konkretisieren.
Meine Damen und Herren, wir brauchen ambitionierte, überprüfbare Ziele, aber wir brauchen auch die passenden Maßnahmen dazu.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat hier weiter Priorität - und das, obwohl wir in SchleswigHolstein bereits heute über 150 % unseres eigenen Stromverbrauchs mit regenerativer Energie aus dem echten Norden decken. Bis 2025 wollen wir ganze