Protocol of the Session on October 11, 2017

Deshalb haben auch fast alle Lehrkräfte und viele Eltern, mit denen ich spreche, einen Haufen Fragen, auf die sie aber keine Antwort kriegen, zum Beispiel nach der zukünftigen Ausstattung mit Personal und Sachmitteln. Wie findet die Digitalisierung statt? Es gibt auch Fragen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Unterrichts, die sich zumindest für die Gymnasien wieder ändern wird.

Das gilt genauso für den angekündigten zusätzlichen Unterricht im Grundschulbereich. Dort soll mehr Unterricht stattfinden. Was findet da statt? Wie findet es statt? - Das sind alles Fragen, die sich die Eltern, die Schüler - die Schüler im Grundschulbereich vielleicht noch nicht - und die Schulträger stellen. Diese Fragen müssen beantwortet werden, denn die Leute brauchen gerade im Bildungsbereich. ein Mindestmaß an Sicherheit und Orientierung

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Sicherheit und Orientierung: Da ist man schnell bei der Polizei. Ich glaube, man kann bei uns im Norden Schleswig-Holsteins nur von Glück reden, dass wir unsere Reformen bei der Polizei schon abgeschlossen haben. Sie erinnern sich vielleicht noch: Als man Konzepte damals noch gemeinsam erarbeitete und umsetzte, hatte man beschlossen, die Polizeiarbeit neu aufzustellen und die Dienststellenstruktur auf den Prüfstand zu stellen. Diese Idee zog sich im Übrigen durch verschiedene Regierungen verschiedener Couleur. Da scheint etwas Wahres dran gewesen zu sein.

Die Polizeidirektionen haben dann für ihren jeweiligen Bereich eine Struktur erarbeitet und Stück für Stück eigenständig und eigenverantwortlich umgesetzt. Da sind dann in der Tat Polizeidienststellen im ländlichen Bereich weggefallen. Ich muss sagen, dass wir im Norden diese Struktur glücklicherweise schon umgesetzt haben, sodass die Polizei nun präsenter sein kann als zu Zeiten, in denen noch MiniDienststellen mit begrenzten Öffnungszeiten aufrechterhalten wurden. Andere Regionen waren da anscheinend leider langsamer und müssen nun kleine Dienststellen erhalten. Das mag zu einem unbestimmten Wohlgefühl in mancher Gemeinde führen; zu mehr Sicherheit führt dies nach 100 Tagen Jamaika allerdings nicht.

(Beifall Birte Pauls [SPD] und Jette Waldin- ger-Thiering [SSW])

Auch in der Umweltpolitik hat es bisher noch keine großen Initiativen gegeben. Wenn man eine weitere Verbesserung des Naturschutzgesetzes und des Waldgesetzes im Koalitionsvertrag allerdings schon

im Vorwege ausschließt, sehen wir fünf Jahren Stillstand in der Naturschutzpolitik entgegen. Ich sage ganz deutlich, dass dies trotz mancher Unterschiede im Detail niemals der Ansatz der vergangenen Koalition war. Wir wollten diesen Bereich immer gemeinsam weiterentwickeln.

(Beifall SSW und SPD)

Anstatt mit dem gesamten Kabinett bei Dunkelheit durch die Geltinger Birk zu irren,

(Heiterkeit SPD)

hätte man sich lieber bei Tageslicht um den Erhalt des „Preesterholt“ in Steinbergkirche kümmern sollen.

(Beifall SSW und SPD)

Zumindest kann man erwarten, dass rechtliche Regelungen geschaffen werden, die es in Zukunft erschweren, dass solche Abholzungen wie dort stattfinden können. Dazu ist das Waldgesetz zu ändern. Da der Minister derselbe wie in der letzten Wahlperiode ist, erwarten wir umso mehr, dass hier Kontinuität herrscht und das Waldgesetz entsprechend geändert wird. So ein Unfug darf nicht mehr sein, dass ein altes Wäldchen abgeholzt wird, damit dort jemand Landwirtschaft betreiben oder die eine oder andere Windmühle aufstellen kann. Das kann es nicht sein, da muss man handeln.

(Beifall SSW und SPD)

Dieses Thema hat ja, wie ich gerade eben schon sagte, mittelbar etwas mit der Windenergieplanung zu tun. Hier ist bisher nichts geschehen - und das ist gut so, weil die Ankündigungen von CDU und FDP im Wahlkampf das Schlimmste vermuten ließen. Ich deute die Ruhe in diesem Bereich so, dass man hier jetzt überlegt, wie man den Bürgerinnen und Bürgern draußen vermittelt, dass man das, was man seinerzeit vollmundig versprochen hat, nun doch nicht halten wird. Wollte man das Versprechen der wesentlich größeren Abstände halten, träfe dies eine hier erfolgreiche Branche bis ins Mark. Die Windkraftplanung müsste völlig neu aufgesetzt werden, und der Ausbau und auch das Repowering von Windenergie kämen völlig zum Erliegen. Arbeitsplätze würden massiv abgebaut werden - und das alles nur wegen unsinniger Wahlversprechen von CDU und FDP. Ich hoffe wirklich, dass es nicht so kommt.

Es wirkt schon ein bisschen wie verkehrte Welt: Ständig ändern sich die Positionen der Regierungsparteien. Erst ist die CDU für G 8, dann wieder für G 9. Grüne wollen erst Umweltstandards bei Ver

(Lars Harms)

gaben, dann kann das doch alles wieder weg. Nur die FDP bleibt sich treu, das muss man wirklich sagen: Vernünftige Löhne sind Käse, und dabei bleibt es. - Das ist wirklich das einzig Verlässliche an dieser Koalition.

(Beifall SPD und SSW - Zurufe FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben aber trotz all der Gegensätze, die sich mit der Koalition ergeben, gesagt, dass wir eine konstruktive Oppositionsarbeit leisten wollen. Wir betreiben hier keine Kritik nur um der Kritik wegen.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] - Zurufe)

Deshalb wiegen unsere Anmerkungen umso schwerer. Man weiß eben: Sie kommen nicht nur wegen der Kritik, sondern weil wir uns tatsächlich darüber Gedanken gemacht haben.

Ich sage auch ganz ehrlich: Es gab den einen oder anderen Lichtblick in der 100-Tage-Bilanz. Ich finde, so ehrlich muss man sein. Da ist zunächst natürlich das Bekenntnis zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Dänemark. Ich war selbst beim ersten Besuch des Ministerpräsidenten in Dänemark dabei. Auch die dänische Seite sieht, dass der schleswig-holsteinischen Regierung ehrlich daran gelegen ist, die schon gute Zusammenarbeit fortzuführen. Das ist beileibe kein Selbstgänger. Die Regierung Carstensen war seinerzeit für den absoluten Tiefpunkt in den deutsch-dänischen Beziehungen verantwortlich.

(Beifall SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist wahr! Das ist sehr wahr!)

Das hat man in Dänemark nicht vergessen. Deswegen waren unsere dänischen Gesprächspartner schon sehr gespannt, was auf sie zukommt.

Die letzte Regierung hat viel zur Normalisierung des Verhältnisses beigetragen. Die jetzige Regierung will dies fortführen; das begrüßen wir ausdrücklich. Wir wollen in diesem Feld auf keinen Fall Rückschritte, sondern wir sehen Dänemark als einen strategischen Partner, mit dem wir gemeinsam für die Interessen unserer gemeinsamen Region arbeiten können. Dazu zählt insbesondere auch die Fehmarnbelt-Querung, die für die dänische Seite von überragender Bedeutung ist. Nach unserer Auffassung muss das Land alles tun, um die Planungen schnellstmöglich voranzutreiben und dafür Sorge zu tragen, dass die Umsetzung der Querung so schadlos wie möglich für die betroffene Bevölkerung ist. Ich glaube, wenn man sich auf das Projekt einlässt, bestehen für uns an der einen oder an

deren Stelle wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten.

Bei aller Euphorie darf man aber nicht die nördliche Region unseres Landes vernachlässigen. Hier müssen wir wie beim Fehmarnbelt für eine vernünftige Verkehrsanbindung und eine gute wirtschaftliche Entwicklung auf beiden Seiten der Grenze arbeiten.

Wenn wir beim Thema der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind, sind wir natürlich schnell bei der Minderheitenpolitik nördlich und südlich der Grenze. Wir begrüßen es, dass der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung angekündigt hat, dass er die überaus erfolgreiche Minderheitenpolitik der Vorgängerkoalition weiterführen will. Ich sage ganz deutlich, dass dies ein hoher Anspruch ist, weil wir in den letzten fünf Jahren eine Vielzahl von Verbesserungen für die Minderheiten auf den Weg gebracht haben.

(Beifall SSW und SPD)

Nun ist in den ersten 100 Tagen im Minderheitenbereich noch nicht viel geschehen. Das mag daran liegen, dass es nicht ganz einfach ist, das habe ich schon geschildert. Ich möchte trotzdem die Gelegenheit nutzen und Projekte nennen, die bisher noch nicht vollständig abgeschlossen sind und die die Landesregierung entsprechend engagiert weiterführen kann.

Da ist zum einen die Umsetzung von weiteren Zielund Leistungsvereinbarungen für die Minderheitenorganisationen. Im Koalitionsvertrag ist hierzu auch schon etwas Positives gesagt worden. Die entsprechenden Vereinbarungen für das Nordfriesische Institut sind in Arbeit, was die Kontinuität der Arbeit dort positiv beeinflussen wird. Wir brauchen aber auch erstmals eine entsprechende Vereinbarung für die dänische Kulturarbeit. Auch der dänische SSF benötigt eine Ziel- und Leistungsvereinbarung, und auch dort muss es markante Steigerungen bei der finanziellen Unterstützung geben.

Ich glaube, auch mit dem Landesverband der Sinti und Roma sollten wir auf einer solchen Basis in Zukunft weiter gut zusammenarbeiten.

(Beifall SSW)

Zwei weitere, noch nicht beendete Projekte sind einerseits die zweisprachige wegweisende Beschilderung in Nordfriesland. Hier ist man derzeit über die Anfänge noch nicht hinausgekommen. Deshalb ist es notwendig, die im Friesisch-Gesetz vorgesehenen Maßnahmen mit Elan weiterzuverfolgen. Andererseits hat schon die alte Landesregierung Vor

(Lars Harms)

arbeiten für die Gründung einer Stiftung für das friesische Volk in Gang gesetzt. Auch hier sollten wir zu Lösungen kommen, die eine Gründung der immerhin seit 1990 gewünschten Stiftung im Jahr 2018 ermöglicht.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, dass Sie die Minderheitenpolitik wie bisher fortführen wollen. An den eben genannten Projekten werden die Minderheiten Sie messen, ehrlich messen. Schauen wir einmal, was im nächsten Jahr nach knapp 500 Tagen herausgekommen ist. Ich glaube, dann kann man Näheres sehen und auch bewerten, wie die Minderheitenpolitik läuft. Aber erst mal gibt es natürlich ein paar Vorschusslorbeeren von uns.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags ist ein wichtiger Bereich, der von der Koalition umgehend angegangen wurde.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Wir als SSW haben dieses Ansinnen im gemeinsamen Antrag mit der Koalition in der letzten Landtagstagung gern mit angeschoben, weil wir glauben, dass es unverantwortlich wäre, wenn es weiterhin Bereiche des Glücksspiels gäbe, die völlig ohne Regulierung wären.

(Beifall Tobias Koch [CDU], Dennys Born- höft [FDP] und Christopher Vogt [FDP] - Christopher Vogt [FDP]: Sehr gut!)

Deswegen ist es richtig, dass wir einen Staatsvertrag brauchen, der einheitliche Richtlinien für das gesamte Online-Glücksspiel festschreibt und der sicherstellt, dass auch die Einnahmen aus diesem Glücksspiel in Suchtprävention, Spielerschutz, soziale Projekte und in den Kulturbereich fließen können.

Es ist gut, dass der Versuch gemacht wird, hier eine Lösung für alle Bundesländer zu finden. Dafür muss man auch ein wenig Druck machen. Dies geschieht nun dadurch, dass wir den vorliegenden Staatsvertrag nicht unterschreiben. Es muss uns allerdings auch klar sein - das sage ich hier wirklich auch rechtzeitig -, dass, sollte es nicht möglich sein, die Bundesländer für einen neuen Staatsvertrag zu einen, das kann ja passieren, die letzte Option ist, dass wir im Land Schleswig-Holstein wieder selbst gesetzgeberisch tätig werden müssen. Wie gesagt: Es kann nicht sein, dass wir hier unreguliertes Online-Glücksspiel haben. Es ist unsere politische Auf

gabe, hier für Regeln zu sorgen. Ich glaube, das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.

Meine Damen und Herren, kommen wir nun zu dem letzten relativ konkreten Punkt, den die Landesregierung angestoßen hat, den Straßenausbaubeiträgen. Dass den Kommunen hier wieder die Möglichkeit gegeben wird, auf diese Ausbaubeiträge verzichten zu können, ist positiv zu sehen. Es gibt so ein Mehr an kommunaler Eigenverantwortlichkeit. Ich glaube, damit können die Kommunen auch ganz gut umgehen. Es ist wichtig gewesen, hier ein neues Recht zu schaffen.

(Vereinzelter Beifall FDP, Beifall Tobias Koch [CDU] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Kommen wir nun zu dem Wichtigsten einer heutigen Rede, das ist ja die Notengebung. Wir haben schon gehört, dass der Kollege Koch eine Zwei gibt, der Kollege Stegner gibt eine Sechs. Jeder hat es auf eine Art und Weise begründet. Ich habe auch ein bisschen den Hang dazu, Noten zu verteilen, klar. Ich hangele mich da ein bisschen an dem System entlang, das ich als Schüler selbst erdulden musste. Bei den Kindern ging es immer erst einmal um die Beteiligung am Unterricht. Bei Ihnen geht es dann eher um die Beteiligung am Regieren, und da würde ich sagen: Na ja, eine Vier. Es konnte noch nicht viel passieren, und es ist auch noch nicht viel passiert. Aber mal sehen, was da noch auf uns zukommt. Das Gleiche gilt natürlich für den Inhalt: Wenn man nicht viel tun konnte oder nicht viel getan hat, dann kann dabei auch nicht so fürchterlich viel Inhalt herauskommen. Ich glaube, das ist ziemlich klar. Aber der Ausdruck ist natürlich schon deutlich sichtbar. Da gibt es von mir eine Zwei. Der Wirtschaftsminister zeigt zumindest klare Kante, gerade auch gegenüber den Grünen.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])