Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann in den Chor der Vorredner einstimmen: Die freien Berufe nehmen zunehmend eine Schlüsselrolle in unserer modernen Dienstleistungsgesellschaft ein. Die wirtschaftliche Bedeutung und der Stellenwert, den die freien Berufe in SchleswigHolstein nicht nur generell, sondern ganz besonders im Ausbildungsbereich mittlerweile innehaben, werden in unserem gemeinsamen Antrag mit der CDU-Fraktion entsprechend deutlich. Positiv aus meiner Sicht auch hervorzuheben sind das anhaltend hohe Wachstum in diesem vielfältigen Bereich, der relativ hohe Frauenanteil und der hohe Anteil an den Neugründungen, die wir in Schleswig-Holstein haben.
Ich möchte auf einige der im Antrag genannten Punkte näher eingehen: Wir sind in Deutschland und in Schleswig-Holstein zu Recht stolz auf den Erfolg des dualen Ausbildungssystems und die vergleichsweise niedrige Jugendarbeitslosigkeit, die wir hier haben. Es gibt mittlerweile im Ausland sogar Unternehmen, die diese enge Verknüpfung von Praxis und Theorie sozusagen aus eigenem Antrieb heraus übernehmen, weil sie die duale Ausbildung als Garant für Qualität zu schätzen wissen. Wir müssen deshalb darauf achten, dass wir unsere Standards halten, und wir dürfen das hohe Ausbildungs- und Dienstleistungsniveau nicht ohne Not absenken.
Das Fremdkapitalverbot wurde angesprochen. Man kann es unterschiedlich bewerten. Aus meiner Sicht steht es in der Tat in erster Linie für Unabhängigkeit und Verbraucherschutz. Ein klares Signal in Richtung EU-Kommission wäre aus meiner Sicht daher absolut wünschenswert. Ich kann verstehen, dass die EU solche Verfahren einleitet und diese kritisch überprüft. Ich muss jedoch ehrlich sagen: Bei allem Verständnis für diese Verfahren fehlt es in der EU manchmal an Verständnis für gewachsene Strukturen und Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Mitgliedstaaten. Wir sehen dies im Sparkassen- und Genossenschaftsbereich. Dort fehlt es in der EU an Verständnis für die gewachsenen Systeme, die jedoch funktionieren.
Die Stärkung der freien Berufe liegt im Interesse unseres Bundeslandes und damit im Interesse des Allgemeinwohls. Das haben wir fest im Blick. Der Kollege Callsen hat es angesprochen, schon im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam mit der CDUFraktion eine entsprechende Initiative zur Stärkung der freien Berufe auf den Weg gebracht. Die Mehrheit des Hauses hat diese auch beschlossen.
Zu den regierungstragenden Fraktionen muss ich sagen: Ich freue mich über Ihre grundsätzlich positive Rückmeldung zu unserem Antrag. Aufseiten der regierungstragenden Fraktionen ist es in letzter Zeit beim Thema freie Berufe sehr ruhig geworden. Ich kritisiere das gar nicht, Herr Kollege Tietze. Ich finde das eigentlich ganz gut, weil sich gerade die SPD-Landtagsfraktion zumindest bis zur Landtagswahl 2012 ähnlich wie Grüne und LINKE immer wieder dadurch hervorgetan hat, dass sie die Gewerbesteuer auf die freien Berufe ausweiten wollte. Das wurde bis zur Landtagswahl 2012 wiederholt von Frau Herdejürgen und von Herrn Stegner gefordert. Herr Hölck, ich habe das heute von Ihnen nicht wahrgenommen. Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Daher beklage ich nicht, dass es bei den regierungstragenden Fraktionen zum Thema freie Berufe ruhiger geworden ist.
Meine Damen und Herren, zur Stärkung der freien Berufe gehören noch viele andere Punkte, die wir in diesem Antrag nicht explizit aufgeführt haben, die jedoch angesprochen werden sollten. Da ist zum einen die Entlastung von Bürokratie. Das ist ein zunehmendes Problem, wenn man auf die Bundesebene und auf die Landesebene schaut. Auf der Bundesebene gibt es Dokumentationspflichten. Wir haben darüber in letzter Zeit häufig diskutiert. Auf Landesebene gibt es das Tariftreue- und Vergabegesetz. Darüber habe ich gerade von der Architekten- und Ingenieurkammer einiges gehört. - Sie
- Nein, das sind nicht olle Kamellen, Herr Kollege, sondern es sind aktuelle Probleme, mit denen sich die Leute Tag für Tag herumschlagen müssen. Sie müssen sich damit ja nicht beschäftigen mit Ihrer kontraproduktiven Symbolpolitik.
Aber die Leute müssen jeden Tag mit diesem Unsinn fertig werden, ohne dass es irgendjemandem hilft. Ich glaube, dies sollte man immer und immer wieder ansprechen, damit auch Sie das vielleicht irgendwann einmal verinnerlicht haben.
- Herr Kollege Dr. Tietze, das ist nicht Polemik. Sprechen Sie doch einmal mit der Architekten- und Ingenieurkammer, um zu erfahren, welchen unnötigen Aufwand diese oftmals Einzelkämpfer oder die Beschäftigten jeden Tag haben, die sich wirklich mit einer Unzahl von Unsinn herumschlagen müssen, ohne dass dies auch nur einem einzigen Menschen in unserem Land hilft.
Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Das Thema Breitbandausbau ist besonders für die freien Berufe wichtig. Auch das Thema Nachwuchsprobleme ist ein Thema, über das man sprechen muss. In einigen freien Berufen fehlen Studienplätze, gerade im medizinischen Bereich in Schleswig-Holstein. In anderen Bereichen ist der zunehmende Drang zur Akademisierung ein Problem, weil es an Bewerbern für die Ausbildungsplätze und die Arbeitsplätze fehlt.
Herr Kollege Dr. Tietze, aus meiner Sicht bedarf es eigentlich keiner Ausschussberatung. Wir können diese aber gern machen. Auf jeden Fall sollten auch Sie sich einmal bekennen. Meinetwegen können wir jetzt auch gern in der Sache abstimmen. Vielleicht können wir aber in einer Ausschussberatung auch Ihnen das eine oder andere Problem der freien Berufe noch einmal deutlich machen, damit das dann auch Sie verinnerlichen können. - Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir an dieser Stelle über den Meisterzwang debattiert. Die EU-Kommission wollte in einer Transparenzinitiative überprüfen lassen, ob im deutschen Handwerk der Meisterzwang auch heute noch seine Berechtigung hat. Alleine die Intention wurde geradezu als Ketzerei an der Zunft und ihrer im Jahre 1953 eingeführten Handwerksordnung empfunden.
Diese versuchte Häresie veranlasste die anderen Fraktionen, sich ohne Wenn und Aber in einem Antrag schützend vor den Meisterzwang zu stellen: Veränderungen abwehren, Status quo bewahren. Diese Absicht gefiel dem Handwerksverband so gut, dass die beteiligten Abgeordneten mit dem Slogan und dem Schild „Ja zum Meister“ abgelichtet wurden.
Heute beraten wir eine ähnliche Fragestellung. Diesmal hat die EU-Kommission empfohlen, die Hemmnisse und Hürden von freiberuflichen Dienstleistungen in Deutschland zu überprüfen, und ein Vertragsverletzungsverfahren wegen zwingender Mindestgebühren eingeleitet.
Keine Frage: Die freien Berufe sind nicht irgendwelche x-beliebigen Wirtschaftsbranchen, sondern sie gehören durch ihre Organisation in berufsständischen Körperschaften zur sogenannten mittelbaren Staatsverwaltung. Damit einher geht eine Zwangsmitgliedschaft in Kammern. Festgelegte Kosten und Honorarordnungen und weitere Besonderheiten treten hinzu.
Ich bin der Meinung, wir sollten uns dieser Debatte stellen. Es tut nicht weh, wenn wir gefragt werden, ob die derzeitige Ausgestaltung der berufsständischen Regulierung in Deutschland noch zeitgemäß ist oder ob sie vielleicht modernisiert werden muss. Denn der EU-Kommission geht es ja eben nicht um eine komplette Abschaffung des bestehenden Systems oder um eine Absenkung von Standards, sondern es geht ihr um eine graduelle Verbesserung. Ist das wirklich so schlimm, meine sehr verehrten Damen und Herren?
in Konservativismus verfallen, der nur auf das krampfhafte Bewahren der etablierten Ordnung abzielt. Und genau diesen Eindruck - da bin ich mit dem Herrn Kollegen Dr. Tietze einer Meinung - erweckt Ihr Antrag gerade in dem ersten Punkt.
In dem zweiten Punkt sprechen Sie das Fremdkapitalverbot an. Das hat durchaus gute Gründe; denn es soll einen Interessenkonflikt zwischen der sachgemäßen Leistungserbringung und der Gewinnerwartung der Kapitalgeber vermeiden. Hier wird man sich kritisch ansehen müssen, welche Gegenargumente die EU-Kommission anbringt.
Was im dritten Punkt die Gebührenordnung angeht, ist es tatsächlich so, dass am 18. Juni die EUKommission wegen der deutschen Gebührenordnungen für Architekten, Ingenieure und Steuerberater ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Sie fordert die Bundesregierung auf, die gesetzlichen Mindestgebühren für diese drei Berufsgruppen abzuschaffen. Denn es gebe keinen Beleg dafür, dass Mindestgebühren einen Beitrag dazu leisteten, einen hohen Qualitätsstandard sicherzustellen. Solche Mindestsätze gebe es auch in der großen Mehrzahl der EU-Staaten nicht, und sie behinderten eindeutig den Wettbewerb und machten die erbrachten Leistungen für den Verbraucher unnötig teuer. - So viel zum Thema Verbraucherschutz.
Übrigens können Architekten und Ingenieure aus anderen EU-Ländern ja schon heute in Deutschland zu anderen Sätzen anbieten.
Natürlich sind Gebührenordnungen zunächst einmal transparent. Aber hilft es dem Verbraucher, wenn eine Leistung überall gleich teuer ist?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, kein anderer als der Deutsche Städte- und Gemeindetag schreibt dazu, dass Deutschland mit seiner Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure in den 28 Mitgliedstaaten der EU nahezu allein dasteht und umgekehrt nicht gerade behauptet werden kann, dass etwa in den skandinavischen Ländern oder den Benelux-Staaten schlechter oder mit geringerer Qualität geplant oder gebaut wird.
Das finde ich richtig, und das sollten wir im Hinterkopf behalten im Hinblick auf unsere dänischen Nachbarn, wenn wir hier so tun, als ob unsere Regulierungen die einzig wahren wären. Damit setzen wir nämlich zugleich andere EU-Staaten herab.
regulierte Honorarordnung von Freiberuflern sind ja nicht in Stein gemeißelt vom Himmel gefallen. Behutsame Veränderungen, die nicht zulasten des Verbraucherschutzes gehen, könnten durchaus im Nutzen und im Interesse von uns allen liegen. Sich von vornherein jeder Veränderung zu verschließen, wie dies der Antrag fordert und wie dies übrigens nicht einmal die Bundesregierung in den Verhandlungen mit der EU-Kommission tut, das machen wir PIRATEN nicht mit. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Eckernförde und des Arbeiter-SamariterBundes in Lübeck. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, nationale Reglementierungen des Berufszugangs im Rahmen einer Bewertung zu evaluieren. Damit ist gemeint zu prüfen, ob einzelne Regulierungen nicht diskriminierend sowie erforderlich und angemessen sind. Das verfolgte Ziel der EU ist es, rechtliche und bürokratische Hindernisse abzubauen, um grenzüberschreitende Dienstleistungen zu ermöglichen und zu vereinfachen. Gegen diese Intention kann niemand etwas haben.
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung macht sich der Fachkräftemangel bereits bemerkbar. Daher wird die Mobilität innerhalb des EU-Binnenmarktes in Zukunft von größter Bedeutung sein. Dies sind Potenziale, von denen Deutschland und Schleswig-Holstein auch ihre Vorteile haben werden.
Nach der Evaluierung soll jeder Mitgliedstaat einen Aktionsplan formulieren in Eigenverantwortung für den jeweiligen Inhalt. Mit einer entsprechenden Begründung kann ein Mitgliedstaat dann auch zu dem Ergebnis kommen, dass kein Anlass für die Absenkung von Regulierungen gesehen wird. So ist es aus der Feststellung im Antrag der Großen Koalition in Berlin zu entnehmen.
Die freien Berufe in Schleswig-Holstein - so geht es aus der Begründung des vorliegenden Antrags hervor - sind eine wichtige wirtschaftliche Säule nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern bundesweit.
Die in Deutschland und in Schleswig-Holstein geltenden Regularien und Voraussetzungen sind in weiten Teilen notwendig, um die anerkannte und hohe Qualität der freien Berufe zu erhalten. Dies wiederum ist die Voraussetzung für die qualitativ hohen Standards, die auch in der Bevölkerung anerkannt sind. Das hohe Qualitätsniveau und das berechtigte Vertrauen in Qualitätsstandards müssen aufrechterhalten und weiter verbessert werden. Eine Absenkung und Schwächung der Qualität darf es nicht geben. Auch dies möchte ich für den SSW klarstellen.
Wenn es um EU-weite Regelungen geht, ist die Gefahr immer groß, dass man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen kann. Zugegeben, damit wären die hohe Qualität und die Standards gefährdet, und darum kann und darf es bei dieser Regulierung von Berufszugängen nicht gehen.