Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir schreiten nun also zur Tat. Ich schließe die Beratung und frage Sie, ob Sie über den Antrag in der Sache abstimmen oder ihn überweisen wollen.
- Es ist also beantragt worden, den Antrag Drucksache 18/3423 in der Sache abzustimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, CDU und FDP. Wer lehnt diesen Antrag ab? - Das sind die Kollegen der Piratenfraktion. - Enthaltungen gibt es keine. Dann ist dieser Antrag gegen die Stimmen der Piratenfraktion mit der Mehrheit der Stimmen aller anderen Fraktionen im Haus angenommen.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Johannes Callsen von der CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Monaten haben wir hier im Haus über die besonderen Qualitätsvoraussetzungen des Handwerks debattiert. Heute geht es um die hohen Standards für die freien Berufe. Hintergrund ist, dass die EU-Kommission die Bundesregierung aufgefordert hat, Markteintrittshindernisse und Hürden abzubauen, die der Erbringung freiberuflicher Dienstleistungen im Wege stehen. Das dabei von der Kommission eingeleitete Verfahren gegen Deutschland ist zwar im Moment im Hinblick auf die deutsche Gebührenverordnung für freie Berufe inhaltlich nicht ganz so schlimm geworden wie befürchtet; dennoch muss man sich die Frage stellen, ob mit der Einleitung dieses Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission am Ende wirklich die Wettbewerbsfähigkeit der freien Berufe in Deutschland und in den anderen Mitgliedstaaten gefördert wird ober ob nicht eher im Ergebnis Verbraucherschutzstandards abgesenkt werden sollen.
Das ist der Hintergrund dieser Debatte. Deshalb möchte ich für die CDU-Fraktion hervorheben: Nur eine gute Qualität der Dienstleistungen kann den Binnenmarkt und kann die Innovationsstärke in Europa unterstützen. Dabei ist es immer so gewesen, dass der Verbraucherschutz - das wissen wir aus vielen Diskussionen - für den Bürger das entscheidende Kriterium für die Akzeptanz europäischer Regelungen gewesen ist und ist. Deshalb ist es auch so wichtig, dass in diesem Zusammenhang die anerkannt hohe Qualität der deutschen Produkte und Dienstleistungen erhalten bleibt.
Schaut man sich die freien Berufe an, stellt man fest, es sind in Schleswig-Holstein rund 43.500 selbständige Freiberufler, die insgesamt 84.000 Mitarbeiter beschäftigen und circa 4.400 Auszubildenden eine Perspektive für einen Berufseinstieg bieten. Die freien Berufe erwirtschaften 10 % des Bruttoinlandsproduktes in Schleswig-Holstein und stellen deutschlandweit gesehen nach Industrie und Handel sowie Handwerk den drittgrößten Ausbildungsbereich.
Freiberufler also sind damit ein wichtiger Baustein unserer Wirtschaft. Sie stehen als Ärzte, Hebammen, Psychologen, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Ingenieure, Architekten, Journalisten, natürlich Wissenschaftler und viele andere Berufssparten für eine besondere Kultur von Unternehmertum. Sie stehen für gesellschaftliche Verantwortung und für Leistungsbereitschaft, und sie tragen mit ihren hohen Standards zur Wirtschaftskraft in Schleswig-Holstein, in Deutschland und in Europa bei. Gerade deshalb muss bei einer Überarbeitung der rechtlichen Grundlagen das Gemeinwohl im Blick behalten werden.
Man kann auf der einen Seite nicht nur den Fachkräftemangel - im Übrigen nicht nur bei den freien Berufen - beklagen und die freien Berufe auf der anderen Seite durch Überregulierung und hohe Standards gefährden. Deshalb fordern wir als CDU erstens, dass die angestrebte Vereinheitlichung der Systeme in Europa nicht zulasten der hohen Ausbildungs- und Dienstleistungsstandards in SchleswigHolstein und Deutschland bei den freien Berufen führen darf, dass zweitens die Beteiligung von Dritten am Geschäftsbetrieb eines Freiberuflers aus rein finanziellen Gründen nicht gleichzeitig dazu führen darf, dass berufsfremde Interessen Einfluss auf die Tätigkeiten von Freiberuflern haben. Solange dies nämlich durch den Gesetzgeber nicht sichergestellt werden kann, darf das Fremdkapitalverbot für die freien Berufe nicht infrage gestellt werden. Die Folge wäre, dass die Unabhängigkeit der freien Berufe
nicht mehr gegeben wäre und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit der freien Berufe schwer beschädigt würde. Vor diesem Hintergrund muss drittens das bestehende System der Gebühren- und Honorarordnung beziehungsweise das Vergütungssystem der freien Berufe in seiner grundsätzlichen Ausrichtung bestehen bleiben.
Das sind die Eckpunkte, die wir in unserem Antrag gemeinsam mit der FDP formuliert haben, über die wir gern im Ausschuss miteinander reden können. Wir wären allerdings auch bereit, heute in der Sache darüber abzustimmen. Ich freue mich auf eine anregende Diskussion. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die freien Berufe sind ein wichtiger Faktor der wirtschaftlichen Struktur in Schleswig-Holstein. Kompetenz, berufliches Engagement und hohe Qualitätsstandards zeichnen die freien Berufe aus. Die Qualität basiert auf guter Ausbildung und permanenter Weiterbildung. Für Wachstum und Beschäftigung sind sie in Schleswig-Holstein eine starke Säule. Im Rahmen des dualen Ausbildungssystems stellen sie nach Industrie, Handel und Handwerk den drittgrößten Ausbildungsbereich.
Derzeit läuft vonseiten der EU-Kommission eine Evaluierung der Ausbildungs- und sonstigen Zugangsvoraussetzungen für freie Berufe in den Mitgliedstaaten. Ziel ist es, die Verhältnismäßigkeit von Zugangsbeschränkungen zu überprüfen. Dies wird derzeit ausgewertet.
Es ist im Sinne der Transparenz grundsätzlich sinnvoll, innerhalb der EU Vergleiche und Vereinheitlichungen bei der Reglementierung von Berufszugängen anzustellen. Aber: Gute Arbeit in den freien Berufen lässt sich nicht durch Deregulierung und Liberalisierung erreichen, sondern nur durch konsequente qualitätssichernde Maßnahmen.
Vereinheitlichungen innerhalb der EU dürfen nicht zur Absenkung von Qualitätsstandards führen. Qualitätssicherung ist nicht nur Basis für gute Arbeit in den freien Berufen, sondern kommt vor allem den Kunden zugute.
Außerdem profitiert die deutsche Wirtschaft vom hohen Ausbildungs- und Qualitätsstandard in den freien Berufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Fremdkapitalverbot in den freien Berufen untersagt eine reine Kapitalbeteiligung Dritter an der Tätigkeit von Freiberuflern. Das bedeutet, dass sich nur andere Freiberufler zum Zweck der Ausübung ihres Berufes finanziell beteiligen dürfen. Berufsfremde und juristische Personen sind von der Beteiligung ausgeschlossen. Das Fremdkapitalverbot sichert die Unabhängigkeit der Berufsausübung gegenüber sachfremden und rein wirtschaftlichen Interessen, und das ist auch gut so.
Es verhindert Interessenskonflikte zwischen Gewinnerwartungen von Kapitalgebern und den Interessen der Kunden. Somit stellt das Fremdkapitalverbot eine wichtige Form des Verbraucherschutzes dar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können nicht ernsthaft wollen, dass zum Beispiel Steuerberatungs- oder Anwaltskanzleien für Finanzinvestoren geöffnet werden oder dass sich Pharmakonzerne an Arztpraxen beteiligen. Die bestehenden Honorarordnungen stellen Rechtssicherheit und Transparenz für den Dienstleister und für den Auftraggeber her. Sie verhindern einen Preis- und Verdrängungswettbewerb auf Kosten der Qualität und zulasten kleiner Büros.
Am 18. Juni hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und mehrere andere Mitgliedstaaten eingeleitet. Nach Auffassung der Kommission verstoßen die Honorarordnungen für Architekten, Ingenieure und Steuerberater gegen die Dienstleistungsrichtlinie. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof schon 2006 - zu Recht - entschieden, dass Gebührenordnungen für bestimmte Berufe und Dienstleistungen grundsätzlich erlaubt sind, wenn sie verhältnismäßig sind und dem Schutz des Verbrauchers dienen. Sie sichern die Unabhängigkeit der Freiberufler durch angemessene Vergütung, und sie sichern eine am Gemeinwohl orientierte Leistungserbringung.
Harmonisierungen zwischen den EU-Staaten müssen sinnvoll sein und dürfen die freien Berufe im Kern nicht gefährden.
Europa gleichberechtigt Zugang zu den freien Berufen erhalten. Dort, wo Hemmnisse bestehen, müssen diese so weit wie möglich abgebaut werden. Aber lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Leistungen der Freiberufler auch zukünftig mit hohen Qualitätsstandards fach- und sachgerecht erbracht werden können.
Diese Leistungen nutzen dem Gemeinwohl unserer Gesellschaft. Lassen Sie uns im Wirtschaftsausschuss noch einmal intensiv darüber beraten. Ich freue mich auf die Beratungen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich beginne mit einem Credo auf die freien Berufe. Sie sind eine Stärke unserer Wirtschaft in Schleswig-Holstein. Sie leisten einen deutlichen Beitrag zu unserer Wirtschaftlichkeit. Von der EU-Kommission wird seit Jahren eine Liberalisierung eingefordert, und mittlerweile läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der starren Gebührenordnung.
Gemeinsam mit dem Thema Handwerk haben wir uns auch in diesem Hause schon mit der Qualität der Arbeit der freien Berufe beschäftigt. Wie viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus wollen auch wir kein Downgrading, das heißt, ein Absenken von Standards. Ganz im Gegenteil: In vielen Berufen muss das hohe Niveau eher ausgebaut werden, denken wir zum Beispiel an die Architekten bei der energie- und klimaschonenden Bauweise. Wir lehnen ebenso ab, dass Kapitalgeber Einfluss auf die Arbeit der Freiberufler nehmen. Geradezu katastrophal, der Kollege hat es schon gesagt, wäre die Verquickung der wirtschaftlichen Interessen, wenn beispielsweise Baukonzerne bei Architekten einsteigen oder die Pharmaindustrie bei Apotheken.
Andererseits darf man an dieser Stelle hinterfragen, ob wirklich alle Regelungen noch zeitgemäß sind. Es darf nicht um Besitzstandswahrung gehen. Ich will ein Beispiel nennen. Übernimmt nicht moderne
Nehmen wir zum Beispiel den Beruf der Steuerberater. Sie haben das Recht, Umsatzsteuervoranmeldungen für ihre Mandantinnen und Mandanten zu erstellen und abzugeben. Dieses Recht haben selbstständige Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter nicht. Sie dürfen zwar die Umsätze in ein Programm buchen, und dieses Programm errechnet dann automatisch die Umsatzsteuervoranmeldung, aber auf den Knopf zum Abschicken der Voranmeldung an das Finanzamt dürfen die Buchhalter nicht drücken. Wir finden, das ist eine völlig praxisferne Regelung und nichts weiter als eine Reglementierung zum Schutz einer Berufsgruppe vor Wettbewerb.
Sie bedeutet einen unnötigen Verwaltungsvorgang, das heißt unnötige Bürokratie. Weil diese Regelung durch die Digitalisierung schlicht lebensfremd und überholt ist, sehen wir zum Beispiel hier einen Verbesserungsbedarf. Hier müssen sich die freien Berufe vor einem stärkeren Wettbewerb nicht fürchten.
Nehmen wir den gerade in der heutigen Zeit immer wieder beschriebenen Fachkräftemangel. Wenn sich auch unsere neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger schnell integrieren wollen, dann brauchen wir bei der Anerkennung der Berufsabschlüsse flexiblere Lösungen. Es geht darum, Hemmnisse schnell abzubauen.
Wie aber wollen wir gleichzeitig für mehr Europa und für mehr wirtschaftspolitische Kooperation auch über Europas Grenzen hinaus sein, wenn wir uns als Deutschland in diesem Bereich so hermetisch abschotten, wie es der Geist Ihres Antrags ist, Herr Kollege Callsen? Freie Berufe haben - wie der Name sagt - viel mit Freiheit zu tun. Man muss sich mit neuen Entwicklungen auseinandersetzen und nicht den Stillstand als Fortschritt preisen. Darauf geben Sie in Ihrem Antrag leider keine Antwort. Wir brauchen aber eine Antwort auf die Frage, wie wir die Dienstleistungsfreiheit in der EU als eine der vier Grundfreiheiten so ausgestalten, dass nationale Standards einerseits hoch bleiben und andererseits Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb Europas mobiler werden.
Fazit: Wir sehen Reformbedarf bei den Rahmengesetzgebungen für freie Berufe. Wir wollen effiziente, zeitgemäße Regulierungsrahmen. Diese hätten positive Auswirkungen auf den Wettbewerb, auf
das Angebot und auf die Qualität der Dienstleistungen. Es geht im Kern um den Wettbewerb der besten Ideen, der gerade für die Kreativität und die Innovation wichtig ist.
Klar ist auch: Wir dürfen die Standards nicht aushöhlen, das habe ich bereits gesagt. Gute Arbeit muss auch gut entlohnt werden. All das muss jedoch branchenspezifisch gegeneinander abgewogen werden. Die Stichworte lauten auch hier die Möglichkeit der interprofessionellen Zusammenarbeit und die Harmonisierung von unterschiedlichen berufsspezifischen Regelungen. Das sind Themen, über die wir im Ausschuss beraten sollten. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Ich bin sicher, da geht noch was. - Vielen Dank.