Protocol of the Session on September 16, 2015

Genau das ist jetzt der Fall. Wir haben nicht eine Wirtschaftskrise oder steigende Zinsen, wie man sie vielleicht befürchten konnte, sondern massive Aufwendungen für Flüchtlinge, es drohen Belastungen aus der HSH Nordbank, und nach wie vor haben wir einen ungelösten Sanierungsstau.

Wie sehr die Landesregierung dafür Vorsorge getroffen hat, das sehen wir an dem schrillen Chor von täglich neuen Forderungen nach Steuererhöhungen, nach Bundeshilfe oder nach einer Aufweichung der Vorgaben der Schuldenbremse. Frau Ministerin, das Wort „lächerlich“ bezog sich übrigens nicht auf die Forderung des Ministerpräsidenten - mehr Geld vom Bund - sondern das bezog sich auf Sie selbst und Ihre Absicht, den Bund mit der Androhung unter Druck zu setzen, die Schuldenbremse nicht einzuhalten. Dazu habe ich gesagt: Das ist lächerlich, wenn man gleichzeitig ein beitragsfreies Kitajahr einführen will.

(Zurufe Dr. Ralf Stegner [SPD] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Rasmus Andresen)

Herr Abgeordneter Koch, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Sehr gern.

Herr Kollege Koch, habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie gegen ein stärkeres Engagement des Bundes bei den Flüchtlingen sind, dass Sie dagegen sind, den mit dem Stabilitätsrat vereinbarten Stellenabbaupfad zu ändern, weil wir schlicht und ergreifend durch die Flüchtlinge jetzt mehr Kinder im Schulsystem haben, mehr Aufgaben für die Polizei? Habe ich Sie richtig, verstanden, dass Sie dagegen sind?

(Beate Raudies [SPD]: Ja! - Weitere Zurufe SPD)

- Sehen Sie, Herr Kollege Dolgner, da haben wir wieder dieses Zerrbild. Ich weiß nicht, aus welchem Satz meiner Äußerungen Sie zu dieser Ansicht gelangt sein könnten.

(Vereinzelter Beifall CDU - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Herr Abgeordneter Koch, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Wenn Herr Kollege Dolgner mich richtig zitiert, erlaube ich auch eine weitere Zwischenfrage, ja bitte.

Bitte schön.

Sie können doch den Satz vom Gejammer wiederholen oder klarstellen, wie Sie das gemeint haben.

Von einem Gejammer habe ich nicht gesprochen, Herr Kollege. Ich habe von einem schrillen Chor von täglich neuen Forderungen gesprochen.

- Also ein schriller Chor im Griechischen besteht normalerweise aus einer Gemeinschaft derjenigen, die jammern.

- Sehen Sie, Herr Kollege Dr. Dolgner. Ich glaube, so kann man einfach nicht miteinander diskutieren, indem man einfach versucht -

(Zurufe SPD - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Ja oder nein?)

- Sehr witzig. Ihre Aussage war, dass diese tolle Landesregierung für alles Vorsorge getroffen habe. Der Haushalt sei mit riesigen Risikopuffern versehen.

(Vereinzelter Beifall SPD und Beifall Lars Harms [SSW])

Das war Ihre Aussage. Tagtäglich erleben wir, dass nach Steuererhöhungen gerufen wird, bei allen möglichen Steuern.

(Beate Raudies [SPD]: Von wem?)

- Ja, man musste in der Sommerpause doch nur die Presse lesen: Ministerin fordert höhere Erbschaftsteuer, höheren Spitzensteuersatz, will den Soli nicht abbauen. Das können wir jeden Tag feststellen.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Das fordern wir seit 2008!)

Sie fordern jeden Tag mehr Hilfe aus Berlin - das ist eine Feststellung -, und Sie kündigen erneut an, die Vorgaben der Schuldenbremse aufzuweichen. Das haben Sie vor der Sommerpause schon einmal gemacht und dafür massive Kritik bekommen. Sie haben das dann ganz schnell wieder einkassiert, um sich das nicht die ganze Sommerpause über vorwerfen zu lassen. Kaum ist die Sommerpause vorbei, wird das gleiche Thema heute wieder in aller Deutlichkeit gefordert: Regelwerk der Schuldenbremse aufweichen.

(Vereinzelter Beifall CDU - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, Sie wollen keine Lehrerstellen und keine zusätz- liche Polizei? - Weitere Zurufe SPD)

So, meine Damen und Herren, was bedeutet das nun? Ihre Finanzplanung weist ab 2020 gerade einmal 80 Millionen € an Haushaltsüberschüssen auf. Wenn Sie jetzt das Regelwerk der Schuldenbremse ändern, sagen Sie ja: Das wollen wir zukünftig auch noch ausgeben, das geht nicht anders. Wir müssen das Geld ausgeben. Wir schaffen es nicht, Haushaltsüberschüsse zu erzielen.

Damit ist aber die gerade eben zumindest in einem Punkt erzielte Gemeinsamkeit, nämlich um den Investitionsstau zu beseitigen, zukünftig Haushaltsüberschüsse zu nutzen, doch gleich wieder dahin.

Denn Sie sagen: Die müssen wir jetzt schon ausgeben, wir müssen das Regelwerk ändern, wir können gar keine Haushaltsüberschüsse erzielen. - Dann haben wir sie auch nicht zur Verfügung, um damit ein Investitionsprogramm zu schmieden. Ganz davon abgesehen, dass Ihr Infrastrukturbericht bei Weitem untertreibt, weil Sie auf der gesamten Zeitschiene keinerlei Preissteigerung berücksichtigt haben, weil Sie den Bereich Wohnungsbau und Breitband zwar nachrichtlich erwähnen, aber nicht einen einzigen Euro dafür vorsehen, den Investitionsstau in diesen Bereichen abzubauen.

Jetzt sollen wir uns trotzdem gleich mit Ihnen zusammensetzen - wofür ich mich übrigens bei Ihnen in Ihrem Büro angemeldet habe -, wir als Opposition, um darüber noch einmal zu beraten. Gleichzeitig bekommen wir hier heute um die Ohren gehauen: Warten Sie einmal ab, was wir als Regierung alles schon Tolles vorhaben! - Frau von Kalben. Warten Sie ab, was wir alles schon vorhaben! - Wenn das alles schon feststeht, worüber wollen Sie mit uns dann überhaupt noch verhandeln? Was soll das? Sollen wir das dann als Opposition einfach noch einmal beklatschen?

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wenn wir verhandeln wollen, dann müssen wir darüber sprechen, wie wir es bereits im nächsten Jahr schaffen, mehr Geld für Investitionen bereitzustellen und nicht erst 2018. Darüber können wir gern verhandeln. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es ist beantragt worden, die Gesetzentwürfe Drucksachen 18/3300 und 18/3301 sowie den Bericht der Landesregierung Drucksache 18/3327 dem Finanzausschuss und den Bericht der Landesregierung Drucksache 18/3267 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen - dabei die Berichte zur abschließenden Beratung. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 28:

Zukunft der HSH Nordbank

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/3351

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Danke, das ist einstimmig so beschlossen.

Ich erteile für die Landesregierung der Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit 2009 wissen wir, dass die Bank das größte Haushaltsrisiko des Landes ist. Die Bank hat nach wie vor mit hohen Altlasten in zweistelliger Milliardenhöhe zu kämpfen, und die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein müssen letztendlich für die Risiken geradestehen, denn ihnen gehört die Bank.

Die Kombination aus Garantie und 3 Milliarden € Eigenkapital, die der Landtag 2009 gewährt hat, hat nur teilweise die beabsichtigte Wirkung gezeigt. Richtig ist, dass die Gewährträgerhaftung seitdem um circa 50 Milliarden € gesunken ist. Das ist gut, und das ist wertvoll. Jedoch haben sich Schifffahrtsmärkte und der Euro-Dollar-Wechselkurs anders entwickelt, als es damals prognostiziert wurde, und das aktuelle Geschäftsmodell wird permanent von europäischen Institutionen und Ratingagenturen bewertet und geprüft.

Die Kosten aus der Garantieprämie belasten die Bank über die Jahre deutlich stärker als geplant. Durch den 2011 gemachten Fehler, als die Bank mit Zustimmung der Garantiegeber die Garantie von 10 auf 7 Milliarden € reduziert hat, sind wir in einem neuen Beihilfeverfahren.

Alle Beteiligten wussten, dass die Wiedererhöhung der Garantie im Vertragswerk ausgeschlossen ist und zu einem neuen Beihilfeverfahren führen würde, wenn man es denn brauchte. Genau da stehen wir jetzt. Die Bank erwartet von ihren Haupteigentümern, den Ländern, dass diese ihre Altlasten in Milliardenhöhe aus dem Schiffsportfolio abnehmen.

Meine Damen und Herren, auch wenn ich immer wieder betont habe, dass die Landesregierung bereit ist, alle notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung der Bank in die Wege zu leiten, wenn es denn dem Schutz des Landesvermögen dient, so möchte ich heute doch deutlich machen, dass die Entscheidungen bei den Eigentümern liegen, in ers

(Tobias Koch)

ter Linie bei den Ländern Hamburg und SchleswigHolstein. Dies gilt umso mehr, als jede Maßnahme vermutlich letztendlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers und damit der Zustimmung des Schleswig-Holsteinischen Landtages und der Hamburgischen Bürgerschaft bedarf.

Mich persönlich schmerzt jeder Euro, den Schleswig-Holstein für die Altlast der Bank zahlen muss, denn er fehlt für Bildung, er fehlt für Flüchtlinge, er fehlt für Infrastruktur, und er fehlt für soziale Sicherheit. Als Finanzministerin ist es meine Aufgabe, anstehende Entscheidungen darauf auszurichten, dass unser Landesvermögen so gut es geht verschont wird. Ja, wir stehen zu unserer Verantwortung. Wenn nötig, werde ich dazu gegenüber Dritten entsprechende Zusagen machen.

Es mag ungewöhnlich sein, aber ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei meinem Staatssekretär Dr. Nimmermann für sein exzellentes Fachwissen, für seine Beratung, für seinen Einsatz zur Schonung unseres Landesvermögens bedanken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)