Protocol of the Session on September 16, 2015

ist das Zeichen dieser Landesregierung, nachdem als PR-Gag einmal eine kleine Summe als Investition eingestellt wurde, diese wenigen Investitionen in Ihrem Haushaltsentwurf allen Ernstes auf null herunterzufahren. Sie investieren mit Blick auf die Olympischen Spiele keinen einzigen Cent in unsere kommunale Infrastruktur bei den Sportstätten. Da nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an den Plänen, die die CDU-Landtagsfraktion vorgelegt hat: In den nächsten zehn Jahren jedes Jahr 4 Millionen €, noch einmal 4 Millionen € von den Kommunen, dann hätten wir 80 Millionen € in Sportstätten gesteckt. Dann wären unsere Sportstätten wieder fit für die

Zukunft gewesen. Sie machen nichts in dem Bereich.

(Beifall CDU)

Deswegen wünsche ich mir etwas. Ich weiß, dass Sie nicht sehr detailliert auf unser Investitionsprogramm eingegangen sind, Frau Ministerin, weil es Ihnen unangenehm ist. Sie schieben ja alles auf die Zeit nach Ihrer Abwahl: Ab 2018 wird groß investiert. - Wie kommen Sie eigentlich auf die Idee, dass wir uns allen Ernstes heute in einem Gespräch darauf einlassen sollten, mit Ihnen jetzt gemeinsam zu verabreden, wie wir in Infrastruktur investieren bei den Voraussetzungen, die Sie schaffen? Erst regieren Sie fünf Jahre, dokumentieren den Investitionsstau, fahren die Investitionsquote auf ein historisch niedriges Niveau, geben alles Geld aus, sodass die nächste Regierung wieder richtig Probleme hat, die Enden zusammenzukriegen, und dann sollen wir uns noch von Ihnen verhaften lassen, miteinander zu bereden, wie wir in den nächsten zwölf Jahren den Investitionsstau abbauen? - Wie kommen Sie auf die Idee, dass wir uns auf so einen Quatsch einlassen würden?

(Beifall CDU und FDP)

Deswegen können die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner jetzt darüber entscheiden, wie es weitergeht. Geht es weiter mit einer Ausgabepolitik, die mutlos ist und unser Land nicht auf die Zukunft vorbereitet?

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das die Bewerbungsrede ge- gen Herrn Liebing?)

Oder geht es darum, dass wir den Investitionsstau nicht nur dokumentieren, sondern bis 2024 tatsächlich abbauen?

(Zuruf Peter Eichstädt [SPD] - Heiterkeit SPD - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das wird nicht funktionieren, indem Sie nur die Überschüsse verwenden. Vielmehr müssen Sie auch Mittel umschichten. Das haben wir dokumentiert. Wir werden in den nächsten Jahren jedes Jahr 70 Millionen € zusätzlich in Investitionen stecken zusätzlich zu dem Geld, das Sie zur Verfügung bekommen. Dann schaffen wir es, diesen Investitionsstau von 6 Milliarden €, der es in Wahrheit ist, aufzulösen. Es sind nicht die von Ihnen genannten 4,8 Milliarden €, es sind 6 Milliarden € Investitionsstau, die Sie der nächsten Regierung hinterlassen. Mit unserem Investitionsprogramm ist es möglich, das zu tun. Mit Ihrem mutlosen Haushaltsent

(Daniel Günther)

wurf fahren Sie dieses Land weiterhin an die Wand. Deswegen bitte ich - wir werden das hier im Landtag zur Abstimmung stellen - um Zustimmung zu unserem Investitionskurs.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was denn nun? Mutlos oder mehr Vorsorge? Ich denke, wir sollen mehr Vor- sorge treffen?)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Das Wort hat der SPD-Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politische Maßnahmen quer durch alle Schwerpunktbereiche machen normalerweise die Haushaltsberatung des Parlaments aus. In diesem Jahr ist es weniger die Anzahl der Neuerungen, die den vorliegenden Haushaltsentwurf der Landesregierung auszeichnet. Es ist zum einen die Verlässlichkeit, mit der wir auch 2016 den in den vergangenen Jahren eingeleiteten Politikwechsel fortsetzen. Die Konsolidierung des Landeshaushalts wird dank vorsorgender Finanzpolitik gelingen, ohne soziale Gerechtigkeit, Bildungspolitik und nachhaltige Investitionen in Infrastruktur infrage zu stellen. Monika Heinold, die hier vorzüglich geredet hat, hat ganz recht: Rot-Grün-Blau macht den Unterschied.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ohne Wenn und Aber Thema Nummer eins auf der politischen Tagesordnung ist unsere humanitäre Verantwortung für Schutz suchende Menschen. Keine Frage, das ist ein großer Kraftakt. Wir müssen und werden unsere Aufgaben bewältigen, die notwendigen Leistungen für Flüchtlinge bereitstellen, integrieren, Politik gestalten und die notwendigen Haushaltsentscheidungen treffen. In diesem Zusammenhang begrüße ich das Signal aus der Union, parteipolitischen Streit nicht in den Vordergrund zu stellen. Ich bin allerdings nach den Ausführungen des Herrn Oppositionsführers eben nicht sehr hoffnungsfroh.

Wir werden in der Planung und Umsetzung ,,deutsche Flexibilität“, wie es die Bundeskanzlerin gefordert hat, walten lassen, auch wenn wir Deutsche

das nicht besonders gewöhnt sind. Uns ist sehr bewusst, dass die heute bekannten Flüchtlingszahlen ganz kurzfristig überholt sein werden. Ich bin sicher, dass wir schon mit der Nachschiebeliste der Landesregierung Anpassungen vornehmen müssen. Viele unserer Annahmen, was Stellennotwendigkeiten, Standards oder gewohnte Verfahren angeht, werden wir an der Realität ausrichten und damit verändern müssen. Das gilt wahrscheinlich auch für das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse, die nicht infrage steht. Es geht nur um die Frage, wie wir insgesamt damit umgehen. Dazu hat die Finanzministerin das Richtige gesagt.

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gedanke der Humanität bezieht sich auf die Menschenrechte, die für alle Menschen jeder Herkunft, jeden Geschlechts, jeder Religion gelten. Artikel 1 unseres Grundgesetzes lautet: „Die Menschenwürde ist unantastbar.“ Das gilt für alle Menschen. Daran messen sich auch unsere haushaltspolitischen Antworten, die wir geben müssen. Es geht um ganz konkrete Schicksale. Es geht darum, Menschen, die vor Verfolgung und Not nach Deutschland fliehen, hier aufzunehmen und zu unterstützen.

Im Detail werden wir darüber nach der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten am Freitag ausführlich debattieren. Deswegen an dieser Stelle nur einige wenige Anmerkungen dazu. Wir haben schon mit dem Haushalt 2015 und dem Nachtrag Vorsorge getroffen. Das war gut so, und das wird auch für 2016 wieder gelingen. Das erleichtert uns das Schultern der anfallenden Aufgaben deutlich, wie man im Unterschied zu anderen Ländern sehen kann.

Die Landesregierung hatte frühzeitiger als die meisten anderen eine richtige Einschätzung, dass die verschiedenen Flüchtlingsbewegungen ein Ausmaß erreichen würden, das Europa seit langer Zeit nicht mehr kannte, und dass das vielleicht länger anhalten wird, gerade weil die Bekämpfung der Fluchtursachen nicht von heute auf morgen Erfolg haben wird. Ich füge noch einmal hinzu: Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Diese Herausforderung betrifft alle Ebenen des Staates, von den Gemeinden über die Länder bis zum Bund, und sie umfasst alle politischen Handlungsfelder. Entsprechende Planungen sind im

(Daniel Günther)

Haushaltsentwurf der Landesregierung enthalten. Sieben Punkte möchte ich explizit nennen.

Erstens. Unsere Priorität Bildung gilt auch für Flüchtlinge. Es ist unsere Überzeugung, dass minderjährige Flüchtlinge unabhängig von der Länge ihres Aufenthaltsstatus einen Anspruch auf schulische Bildung haben. Für sie werden wir deshalb im nächsten Jahr 12 Millionen € bereitstellen, mit denen insgesamt 240 Lehrkräfte finanziert werden. Die SPD ist darüber hinaus der Ansicht, dass wir im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ noch werden nachsteuern müssen Wir werden es nicht zulassen, dass die Flüchtlinge zu Sündenböcken für Probleme in der Unterrichtsversorgung gemacht werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Bitte schön.

Herr Kollege Dr. Stegner, ich teile ausdrücklich Ihre Auffassung, dass man nicht die Flüchtlinge bekämpfen darf, sondern an die Fluchtursachen herangehen muss. Können Sie dem Hohen Haus und mir vielleicht erklären, wie Ihre Vorstellungen sind, weil ja eine wesentliche Flüchtlingsursache das Auftreten des IS in Syrien ist, wie man das sinnvollerweise bekämpfen kann?

- Sehr geehrter Herr Kollege Kubicki, ich werde dazu in der Debatte Freitag ein paar Sätze sagen und in meiner heutigen Haushaltsrede nur wenige Anmerkungen dazu machen. Ein Teil wird auch sein, dass wir die Lehre des kürzlich verstorbenen Egon Bahr berücksichtigen sollten, nämlich dass man Frieden mit denen schließen muss, die nicht die eigenen Auffassungen teilen. Es wird nur eine gemeinsame Lösung geben, wenn wir zusammen mit den Russen und den Amerikanern an der Lösung der Probleme arbeiten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das ist für mich eine der Schlussfolgerungen, die man ziehen muss. Da gibt es keine angenehmen Alternativen. - Dazu ein bisschen mehr am Freitag.

Es bleibt bei dem nun schon mehrmals reduzierten Stellenabbaupfad, der zur Haushaltskonsolidierung unerlässlich ist, der aber auch regelmäßig an die tatsächliche demografische Entwicklung angepasst werden muss. Hier ergeben sich auch Aufgaben für die nächste Legislaturperiode.

Zweitens. Wir unterstützen die Kommunen bei der Aufnahme und Integration: 2 Millionen € für circa 30 Koordinatorenstellen sollen die integrationsorientierte Aufnahme von Flüchtlingen in den Kreisen und kreisfreien Städten erleichtern. Es ist dringend nötig, das Ehrenamt zu unterstützen. 900 € Integrationspauschale erhalten die Kommunen pro Flüchtling. Auch das ist eine Verbesserung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Drittens. Wir wollen zügige Verfahren ermöglichen, die allen Beteiligten Verlässlichkeit gewähren. Wir schaffen deshalb 33 zusätzliche Stellen für das Landesamt für Ausländerangelegenheiten zum Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen. An dieser Stelle richte ich noch einmal einen eindringlichen Appell an den Bund. Wir sagen seit Monaten: Das Personal des Bundesamtes reicht nicht aus. Wir müssen etwas tun, um die Verfahren zu beschleunigen, damit wir die Menschen auf die Kommunen verteilen können. Hier muss dringend Hilfe geleistet werden. Ich finde es enttäuschend, wie lange das dauert. Wie oft hat der Bundesinnenminister schon gesagt, wir bekämen mehr Leute. Wo bleiben sie eigentlich? Wir warten darauf. Alle brauchen das. Sonst werden wir die Aufgaben schlecht bewältigen können.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Viertens. Sprachkenntnisse bleiben zentraler Bestandteil einer erfolgreichen Integration. Wir wollen Teilhabe ermöglichen. Deshalb haben wir die Fördermittel für Sprach- und Integrationskurse auf 4 Millionen € verdoppelt. Des Weiteren sind 2,9 Millionen € für Maßnahmen der Weiterbildung eingestellt, um eine Qualifizierung von Flüchtlingen zu ermöglichen.

Fünftens. Unser besonderes Augenmerk gilt auch den Jüngsten, die nach einer langen Flucht zu uns kommen. Der Ansatz bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen steigt von 25,5 Millionen € auf 38 Millionen € im Haushalt. Auch das ist eine richtige und wichtige Maßnahme, denn die sind am schlimmsten dran, sie leiden am meisten unter dem, was wir auf der Welt sehen.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

(Dr. Ralf Stegner)

Sechstens. Wir haben im Juni im Landtag beschlossen, dass der vorgesehene Stellenabbau bei der Landespolizei zur Erfüllung der Vorgaben des Stabilitätsrats auf 122 Stellen begrenzt wird, was jedoch nicht zulasten des operativen Bereichs gehen darf. Das beinhaltet auch das klare Bekenntnis dazu, dass zusätzliche Aufgaben der Landespolizei nur mit zusätzlichem Personal erledigt werden können. Der Schutz der neuen Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge ist aus unserer Sicht eine neue Aufgabe, die bereits aufgrund ihrer Dimension nicht mit vorhandenem Personal abgedeckt werden kann.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Herr Kollege Günther oder Ihr neu ausgerufener Spitzenkandidat - oder wer auch immer - versucht, mit der Forderung nach mehr Polizeistellen im Wahlkampffrühstart Punkte zu sammeln. Sie wissen doch, wie das mit Hase und Igel ausgeht. Wir werden das für die Polizei regeln. Das sage ich hier ausdrücklich zu.

(Beifall SPD, Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Lieber Herr Kollege Günther, ich lese, dass viele aus Ihrer Partei und auch Ihr Freund von der FDP sagen, Sie seien eigentlich der bessere als der gerade frühzeitig ausgerufene Spitzenkandidat der Union. Ich halte mich aus dieser Debatte völlig heraus.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist auch besser so!)