Protocol of the Session on September 16, 2015

(Beifall CDU)

Frau Ministerin, ich habe Ihr Interview, das Sie den „Kieler Nachrichten“ gegeben haben, gestern aufmerksam gelesen. Dass die Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein allen Ernstes sagt, die Investitionsquote sagt nichts über den Zustand der Infrastruktur aus, das - muss ich sagen - wundert mich wirklich.

(Lachen CDU)

(Daniel Günther)

Woran kann man das denn sonst abmessen? Natürlich ist es so: Da die Investitionsquote so niedrig ist, haben Sie in Ihrer Regierungsverantwortung weiteren Sanierungsstau aufgebaut. Das werden Sie auch in den nächsten Jahren machen, weil die Investitionsquote so niedrig ist. Sie müssen doch begreifen, dass genau das der Kardinalfehler dieser Landesregierung ist.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will schon zugestehen, dass ich Ihnen die Lebensleistung nicht abspreche, die Lebensleistung der Landesregierung Albig in diesen fünf Jahren, nämlich es geschafft zu haben, den Sanierungsstau in einer Fleißarbeit schriftlich dokumentiert zu haben.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wahnsinn!)

Diese Lebensleistung stellen wir nicht in Abrede. Es ist toll, dass die Landesregierung das geschafft hat. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass Sie es nicht der nächsten Regierung überlassen, diesen Sanierungsstau aufzulösen. Das ist doch die Verantwortung, die eine Landesregierung zu übernehmen hat, und nicht reine Dokumentation. Diese Lebensleistung spricht Ihnen keiner ab. Das andere ist viel komplizierter.

(Beifall CDU und FDP)

Ihr IMPULS-2030-Programm, Frau Ministerin Heinold, wirkt einfach schlicht zu langsam. Es erhöht überhaupt nicht die Investitionen und ist viel zu gering bemessen. Ich sagte eben schon, die Investitionsquote wird bis 2025 auf 5,5 % sinken. Wenn in einem Infrastrukturbericht, zu dem der Ministerpräsident und auch die Finanzministerin sagen, endlich sei eine Regierung einmal ehrlich, Sätze stehen wie: „Es gibt darüber hinaus weitere Bedarfe, die mangels Aussicht auf Finanzierbarkeit bisher noch nicht betrachtet wurden“, dann frage ich mich: Wofür machen Sie eigentlich einen solchen Bericht, wenn solche Sätze darin auftauchen?

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Sie investieren schlicht zu wenig Geld in Landesstraßen. Sie investieren zu wenig Geld in Krankenhäuser, in Wohnungsbau und in Breitband. Ich kann alles aufzählen. Bei den Landesstraßen - das wissen Sie ja selbst - brauchten wir jedes Jahr 90 Millionen €. Davon sind Sie meilenweit entfernt. Wir haben beim letzten Haushalt schon dargestellt, dass das ginge. Besonders verheerend finde ich, dass selbst dann, wenn der Bund den Kommunen die Möglichkeit eröffnen will, Gelder genau in diesen Bereichen zu investieren, das Land Vorgaben

macht, dass das Geld nicht in Krankenhäuser und in Breitbandversorgung gesteckt wird. Das ist wirklich schon ein merkwürdiges Verständnis von Investitionen in Infrastruktur.

(Beifall CDU und FDP)

Ich weiß, dass Sie sich unglaublich für das loben, was Sie im Bereich Hochschulen jetzt geschafft haben. Es ist auch sensibel, das Thema anzusprechen. Wir haben es immer gefordert. Jetzt hat die Landesregierung ein bisschen was gemacht. Aber ich kann Ihnen trotzdem den Hinweis nicht ersparen, dass ich weiterhin die Auffassung des Kollegen Rasmus Andresen teile, dass die Hochschulen jedes Jahr mit mindestens 20 Millionen € unterfinanziert sind. Das lösen Sie mit diesem Haushalt nicht auf. Sie beantragen 10 Millionen € und wissen, dass das deutlich zu wenig ist, um unsere Hochschulen auf den doppelten Abiturjahrgang vorzubereiten. Das wird nicht ausreichen.

Besonders schlimm finde ich die nicht vorhandene Verlässlichkeit in diesem Bereich. Das Geld ist jetzt beantragt worden. Aber wenn der Bund BAföG-Millionen zur Verfügung stellt und eine Landesregierung - wie die in Schleswig-Holstein eine Chance für die Hochschulen verstreichen lässt, dann werden wir nicht nur im norddeutschen Vergleich immer weiter abgehängt; denn gucken Sie sich einmal an, was andere - auch grün regierte Länder mit den BAföG-Millionen im Hochschulbereich angestellt haben.

Sehen Sie sich Baden-Württemberg an: 116 Millionen €, davon landen 60 Millionen € in den Hochschulen. In Bayern werden komplett 100 % in die Hochschulen gesteckt. Hessen - schwarz-grün regiert - steckt das gesamte Geld in die Hochschulen. Das klamme Saarland schafft es, zumindest die Hälfte der BAföG-Millionen in die Hochschulen zu stecken. Sie schaffen das nicht. Sie hängen die Hochschulen im internationalen Wettbewerb und auch im Wettbewerb in Deutschland weiter ab. Das bleibt auch ein historisches Versagen dieser Regierung.

(Beifall CDU, PIRATEN und vereinzelt FDP)

Ich weiß, dass Sie sich auch im Bildungsbereich immer wieder loben. Wir haben eben schon über die Stellen in den Plänen gesprochen. Ich bin immer wieder erheblich irritiert, wenn ich mir die Universität in Flensburg ansehe und sehe, wie Sie dort eine Zugangsbeschränkung für Sonderpädagogen einführen. Da wollen eigentlich dreimal so viele Menschen Sonderpädagogik studieren, aber

(Daniel Günther)

die Plätze werden schlicht nicht zur Verfügung gestellt, obwohl wir wissen, dass die in den Schulen gebraucht werden.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Überlegen Sie einmal: Die müssen noch fünf Jahre studieren, bis sie überhaupt an den Schulen ankommen. Was für eine Versündigung an der Zukunft, wenn wir das Thema Inklusion bewältigen wollen, dass wir uns jetzt nicht um mehr Sonderpädagogen kümmern!

(Beifall CDU und vereinzelt PIRATEN)

Ich hätte mir zumindest von der zuständigen Bildungsministerin gewünscht - ich weiß, Ihren Anspruch haben Sie erfüllt, nach Frau Wende möglichst nicht aufzufallen; das hat geklappt -, dass Sie zumindest bei dem Thema Inklusion einmal auf die Bremse getreten und gesagt hätten: Wir müssen ein vernünftiges Konzept entwickeln. - Ich befürchte: Wenn diese Landesregierung noch bis 2017 Zeit hat, werden wir im Bereich Inklusion nicht nur über Schulsozialarbeiter reden, nicht nur über Schulassistenten, nicht nur über Schulbegleiter, sondern dann werden wir irgendwann auch noch Mentoren einstellen, die die Arbeit dieser unterschiedlichen Gruppen miteinander koordinieren sollen. Das funktioniert einfach überhaupt nicht. Wir brauchen hier eine klare Lösung, damit den Schulen in diesen Bereichen wirklich geholfen wird und nicht dieses Stückwerk, das die Landesregierung schon seit Monaten und Jahren macht.

(Beifall CDU - Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Wunsch der Schulen!)

Rufen Sie nicht immer nur nach dem Bund. Ich kann das beim Thema Investition in Straßen darstellen. Der Schrei nach mehr Geldern würde nutzlos verhallen, weil jeder weiß: Auch wenn mehr Geld vom Bund kommen würde, hätten Sie überhaupt keine Planungsreife bei den Projekten geschaffen. Das ist der Grund, warum das Geld in andere Bundesländer fließt, warum so wenig Geld hier bei uns ankommt.

Aber das Gleiche gilt natürlich auch, wenn wir uns den Bereich innere Sicherheit ansehen. Der Bund stellt 3.000 zusätzliche Polizisten bei der Bundespolizei zur Verfügung. Die historische Leistung der Landesregierung ist, dass man den Stellenabbau im Wesentlichen eins zu eins so fortführt, wie er bisher geplant ist, obwohl man weiß, dass die Herausforderungen für die Polizei im Moment viel größer sind, obwohl man weiß, dass Polizisten abgezogen

werden, um sich um das Thema Flüchtlinge zu kümmern.

(Lars Winter [SPD]: Hast du gehört, was die Ministerin gesagt hat?)

- Ich hoffe, dass das dann wirklich auch mit konkreten Maßnahmen unterfüttert wird und nicht immer nur Ankündigungen gemacht werden. Davon, dass Sie immer nur Ankündigungen machen

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und im Bereich innere Sicherheit schlicht und ergreifend dafür sorgen, dass sich nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl ändert, können sich unsere Polizisten nämlich nichts kaufen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Macht mal einen Sprecherwechsel! - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn man sich die Einbruchskriminalität ansieht, sieht man: Die Aufklärungsquote ist um 8,8 % eingebrochen. Das kommt doch nicht von ungefähr. Das liegt doch daran, dass wir immer weniger Polizei und insbesondere immer weniger Polizei in der Fläche haben. Da müssen wir dringend umsteuern. Das machen Sie mit Ihrem Haushaltsentwurf nicht.

(Beifall CDU und Anita Klahn [FDP] - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ich weiß, dass das Thema Krippengeld eines ist, das Sie sich auf die Fahnen geschrieben haben. Ich wundere mich manchmal über die Veränderung in Ihrer Argumentationsstrategie. Ich habe ja verstanden, dass Sie damals, als der Bund das Betreuungsgeld eingeführt hat, argumentiert haben, dass Sie fänden, das Betreuungsgeld setze falsche Anreize. Aber wie konnte man damals argumentieren, dass die 2 Milliarden € für Betreuungsgeld herausgeschmissenes Geld wären, weil das Geld besser in der Infrastruktur der Kitas aufgehoben wäre, und dann selbst 23 Millionen € zur Verfügung stellen, von denen nicht ein Cent bei der Verbesserung der Qualität in den Kitas ankommen wird? - Diese Argumentation müssen Sie mir wirklich einmal erklären.

(Beifall CDU - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir können die Themen weiter durchdeklinieren. Ich will zum Thema Landwirtschaft nur so viel sagen:

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

(Daniel Günther)

Ich weiß, dass Sie ein besonderes Herz für die Stiftung Naturschutz haben. Ich würde mir umgekehrt wünschen, dass Sie auch da die Mittel stärker dafür nutzen würden, unsere landwirtschaftlichen Betriebe besser auf die Zukunft vorzubereiten, indem Sie den Betrieben helfen, über die zweite Säule ihre wirtschaftliche Kompetenz zu erhöhen und nicht alles Geld immer nur in ökologischen Landbau zu stecken. Wir haben Möglichkeiten, auch unsere konventionell wirtschaftenden Betriebe zu unterstützen.

(Beifall CDU - Zuruf Lars Winter [SPD])

Sie spielen die nämlich immer gegeneinander aus.

(Lars Winter [SPD]: Überhaupt kein Geld fließt dahin! - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kriegen mehr Geld als unter Ihrer Regierung! - Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Von der Europäischen Union gibt es mehr Geld in der Förderperiode. Die Frage ist bloß, wo das ankommt. Sie steuern das sehr eindeutig, weil Sie alle gegeneinander ausspielen wollen. Wir machen eine Politik für beide Zweige in der Landwirtschaft und nicht nur für einen.

(Beifall CDU - Zuruf Kirsten Eickhoff-We- ber [SPD] - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was steht denn in Ihrem Haushaltsantrag?)

Besonders entsetzt bin ich, ehrlich gesagt, über die Vorlage des Nachtragshaushalts, was das Thema Sportpolitik angeht. In einem Land, in dem wir uns darauf freuen, im Jahr 2024 die Olympischen Spiele in Hamburg und Kiel - in unserer Region ausrichten zu können,

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Hat er seinen eigenen Haushaltsantrag gelesen?)

ist das Zeichen dieser Landesregierung, nachdem als PR-Gag einmal eine kleine Summe als Investition eingestellt wurde, diese wenigen Investitionen in Ihrem Haushaltsentwurf allen Ernstes auf null herunterzufahren. Sie investieren mit Blick auf die Olympischen Spiele keinen einzigen Cent in unsere kommunale Infrastruktur bei den Sportstätten. Da nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an den Plänen, die die CDU-Landtagsfraktion vorgelegt hat: In den nächsten zehn Jahren jedes Jahr 4 Millionen €, noch einmal 4 Millionen € von den Kommunen, dann hätten wir 80 Millionen € in Sportstätten gesteckt. Dann wären unsere Sportstätten wieder fit für die