Protocol of the Session on July 17, 2015

(Heiterkeit und Beifall)

Meine Damen und Herren, wie kann eine Landtagssitzung besser enden, bevor ich Sie in die Ferien entlasse, als mit diesem fantastischen Antrag.

Ich gebe bekannt: Die nächste Sitzung beginnt am 16. September 2015, 10 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen erholsame Ferien. Bleiben Sie gesund, und kommen Sie heil wieder, damit wir die Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger des Landes SchleswigHolstein nach der Sommerpause fortsetzen können. Schönen Urlaub!

Die Sitzung ist geschlossen.

(Beifall)

Schluss: 13:45 Uhr

(Präsident Klaus Schlie)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenografischer Dienst

Anhang Reden zu Protokoll

Unabhängige Patientenberatung sicherstellen

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3219

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auslöser der heutigen Debatte über den Dringlichkeitsantrag der regierungstragenden Fraktionen war eine E-Mail der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zur kurz bevorstehenden Vergabe der unabhängigen Patientenberatung in Deutschland. Wie die bisherigen Träger - bestehend aus Sozialverband VdK, Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Verbund unabhängiger Patientenberatung - mitteilten, werden zukünftig nicht mehr sie die Beratung durchführen, sondern ein privates Unternehmen.

Doch was ist passiert? Ende 2010 lief die zehnjährigen Modellphase für eine unabhängige Patientenberatung aus. Nach einer europaweiten Ausschreibung haben die zuvor genannten Träger als Bietergemeinschaft für den Zeitraum 2011 bis 2015 den Zuschlag erhalten. Unter der Trägerschaft dieser drei Institutionen wurde die Beratung von Patientinnen und Patienten erstmals zum Regelangebot; finanziert von der gesetzlichen Krankenversicherung mit 5,2 Millionen €. Mit circa 80.000 Anfragen jährlich hat sich in den letzten Jahren dann auch gezeigt, dass eine unabhängige Beratung - die in Schleswig-Holstein von vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verbraucherzentrale wahrgenommen wird - angenommen und auch benötigt wird.

Auch der Bundestag hat sich vor zwei Jahren mit der unabhängigen Patientenberatung in Deutschland beschäftigt und ist zu dem Schluss gekommen, dass sie eine regelmäßige Ausschreibung der Leistungen beibehalten. Denn mit einem Ideenwettbewerb, der bei einer Ausschreibung angestoßen wird, kann die Patientenberatung evaluiert und kontinuierlich verbessert werden. Wettbewerb darf aber unabhängig der zukünftigen Trägerschaft - nicht dazu führen, dass die Unabhängigkeit und Qualität der Beratung von Patientinnen und Patienten leidet. Daher werden wir die von Ihnen in Ihrem ersten Absatz formulierte Forderung unterstützen.

Doch bereits im Vorwege hat der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, zugesichert, dass die Kriterien Unabhängigkeit sowie ein hohes Maß an Qualität, Regionalität und Bürgernähe ausschlaggebend für die Vergabe sind. Ich gehe davon aus, dass er auch jetzt seine eigenen Worte ernst nimmt und die Vergabe daraufhin geprüft hat, dass all diese Kriterien eingehalten werden. Immerhin handelt es sich hierbei um ein Auftragsvolumen von 66,3 Millionen € für die nächsten sieben Jahre.

Von der Entscheidung betroffen ist leider auch die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, die bisher in Kiel mit vier Mitarbeitern Betroffene berät. Ich bedaure die Entscheidung, die Patientenberatung in der jetzigen Trägerschaft nicht über das Jahr 2015 hinaus zu verlängern. Aber da ich die Ausschreibungsunterlagen nicht kenne, mag ich hier keine Bewertung darüber abgehen, ob die Bewertung oder Vergabe an ein privates Unternehmen richtig oder falsch ist.

Unsere Erwartungen an den neuen - oder alten Träger sind jedoch klar:

Wir wollen eine verbesserte telefonische Erreichbarkeit. Immerhin hat eine Untersuchung ergeben, dass im Jahr 2014 nur noch 50 % der Anrufer beim ersten Mal durchkommen.

Die bisherige Regionalität muss erhalten bleiben. Einige ziehen das persönliche Gespräch auch heutzutage der Telefonberatung vor.

Der Bekanntheitsgrad der UPD muss weiter erhöht werden.

Auch zukünftig muss eine regelmäßige Evaluierung und ein wissenschaftliches Monitoring erfolgen, damit die Beratungsqualität gesteigert und Fehlentwicklungen korrigiert werden können.

Wie wir ja alle wissen, hat die Bietergemeinschaft das bisherige Verfahren gerügt. Es bleibt daher abzuwarten, ob am Montag eine Vergabe erfolgt oder ob die Vergabekammer des Bundes eingeschaltet wird.

So oder so ist für unser aber klar: Unabhängigkeit und Regionalität der Patientenberatung muss weiterhin oberste Priorität haben. - Vielen Dank!

Herr Präsident! Mit einem Eilantrag wollen wir versuchen sicherzustellen, dass die unabhängige Patientenberatung in Deutschland und damit in Schleswig-Holstein auch direkt und unmittelbar weiterhin erreichbar und auch wirklich unabhängig bleibt. Der Sozialverband Deutschland und die Verbraucherzentrale haben mit anderen Expertinnen und Experten ein hervorragendes Projekt entwickelt, das sich über ein Jahrzehnt bewährt hat.

Mit einer Länderinitiative möchten wir sowohl dem Patientenbeauftragten, Herrn Laumann, wie auch den gesetzlichen Krankenkassen deutlich machen, wie wichtig uns diese persönliche Beratung zu individuellen Krankheitsschicksalen ist. Gerade die Fragen, die sich aus einer Krankenkassenfinanzierung ergeben und die Gesundheit unmittelbar betreffen, verlangen nach besonders krankenkassenunabhängiger Beantwortung, insbesondere, wenn diese möglicherweise ganz andere Interessen haben.

Die Verantwortung gegenüber der Versichertengemeinschaft für eine leistungsfähige Krankenkasse steht eben manchmal durchaus im Widerspruch zu einer Einzelfallbetrachtung eines einzelnen Patienten oder einer Patientin. Dieser Abgleich und die richtige, dann folgende Entscheidung lässt sich auch nicht durch Widerspruchsausschüsse der Krankenkassen kompensieren.

Es geht uns schlicht um die Chance der Menschen, unabhängig und frei guten Rat zu erhalten, und zwar in hoher fachlicher Kompetenz, gegebenenfalls auch im persönlichen Gespräch. Ein Callcenter mag in vielen Fällen dafür ausreichen, besonders wenn es hochqualifiziert und unabhängig ist. Hier gebe ich dem Präsidenten der Bundesärztekammer ausdrücklich Recht.

Wir Sozialdemokraten sehen dieses hohe Gut in der aktuellen Vergabepraxis als gefährdet an und bitten daher, dass wir gemeinsam hier im Hohen Hause den Patientenbeauftragten, aber auch die Krankenkassen auffordern, uns diese Unabhängigkeit zu bewahren.

Schon Montag früh muss unsere Mahnung den Patientenbeauftragten erreichen, dann soll er seine Zustimmung zu dem aus unserer Sicht merkwürdigen Vergabeverfahren geben, und darum geht es heute.

Die niedrigschwellige Zugänglichkeit für die Patienten vor Ort ist, ebenso wie die Unabhängigkeit, ein wichtiges Gut.

Einen ausgegliederten Krankenkassenpartner, der als Callcenter im Ruhrpott daherkommt, können wir uns als patientengerechte Beratungsstelle schlicht nicht vorstellen.

Herr Präsident! „Lobby-Verdacht bei Patientenberatung“, titelte die „Landeszeitung“ am Montag. Sie haben es vermutlich alle gelesen, zumindest die Kolleginnen und Kollegen, die mit Gesundheitspolitik oder Verbraucherschutz befasst sind.

Mit Erschrecken haben wir zur Kenntnis genommen, dass offenbar die Auftragsvergabe für die Patientenberatung an eine private Callcenter-GmbH unmittelbar bevor steht. Diese Firma ist als Dienstleister für Krankenkassen tätig. Ein Drittel aller Menschen, die bei ihrer Krankenkasse anrufen und glauben, mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter ihrer oder seiner Kasse zu sprechen, landen bei einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter dieses Callcenters.

Menschen, die die unabhängige Patientenberatung in Anspruch nehmen, tun dies aber häufig deswegen, weil sie sich nicht sicher sind, ob die Auskünfte, die sie von ihrer Krankenkasse bekommen haben, verlässlich sind. Es ist daher für mich nicht vorstellbar, wie eine unabhängige Patientenberatung da noch stattfinden soll. Das ist, als würden Aldi, Liedl und Co. eine Tochterfirma gründen, die dann unabhängige Ernährungsberatung anbieten soll.

Die unabhängige Patientenberatung ist in Gefahr, wenn hier nicht noch eine Revidierung der Entscheidung in letzter Minute stattfindet. Wie wir hören, ist der Zuschlag noch nicht erteilt. Dies soll aber in wenigen Tagen erfolgen.

Ich denke, die Dringlichkeit dieser Angelegenheit ist allen Fraktionen klar geworden.

Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, Staatsekretär Laumann, kann diese in meinen Augen eklatante Fehlentscheidung vielleicht noch abwenden, wenn er einsichtig ist, denn sie kann nur mit seinem Einvernehmen getroffen werden.

Daher unser Appell an dieser Stelle an Herrn Laumann, dass er von seinem Vetorecht Gebrauch macht und sich für eine unabhängige Patientenberatung einsetzt, die diesen Namen auch verdient.

Es ist für die Finanzierung von unabhängiger Verbraucherberatung eine gute Lösung, wenn von den jährlichen Beiträgen in den Kassen der öffentlichen

und privaten Krankenkassen, 228 Milliarden €, gesetzlich Mittel für eine unabhängige Beratung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler vorgesehen sind. Die Mittel haben den Umfang von grade einmal 10 ct pro Jahr für jede Bundesbürgerin und jeden Bundesbürger. Nicht viel, wenn durch das Angebot einer wirklich neutralen, unabhängigen und fachlich versierten Beratung ein guter Einsatz der Mittel erfolgt.

In der Rechtsnorm, in der die Vergabekriterien festgelegt sind - Sozialgesetzbuch V Paragraf 65 b, Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung - heißt es in Absatz 1 Satz 3:

„Die Förderung einer Einrichtung zur Verbraucher- und Patientenberatung setzt deren Nachweis über ihre Neutralität und Unabhängigkeit voraus.“

Die Vergabe der Beratung an eine Firma, die enge Arbeitskontakte zu den Krankenkassen hat, erfüllt beide Kriterien eindeutig nicht. Damit würde der Bock zum Gärtner gemacht.

Wir haben uns diese Regelung in Paragraf 65 b einmal genauer angeschaut. Dabei sind wir der Meinung, dass vielleicht hier noch nicht der Weisheit letzter Schluss gefunden wurde und diese Regelung überarbeitet werden sollte.

Vielleicht ist es ein Webfehler dieses Gesetzes, dass den Krankenkassen eine so zentrale Rolle bei der Vergabe zugestanden wird. Wir bitten daher die Landesregierung, zu überprüfen, ob im Verbund mit anderen Landesregierungen ein Vorstoß möglich ist. Das ist aber eher als langfristige oder mittelfristige Maßnahme zu sehen.

Zurück zur aktuellen Lage: Ich habe die ernste Befürchtung, dass das bisher sehr bürgernahe, sehr fachkompetente und mit 21 Regionalstellen bundesweit vergleichsweise gut in der Fläche vertretene Beratungsangebot für Patientinnen und Patienten erheblich an Qualität einbüßen wird, wenn es nur noch Callcenterberatung gibt. Die persönliche Beratung vor Ort ist für Patientinnen und Patienten und Versicherte enorm wichtig.

In unserer immer älter werdenden Gesellschaft wird die Nachfrage nach kompetenter, unabhängiger Beratung nicht weniger, sondern mehr. Ich verstehe nicht, warum einem guten, funktionierenden Angebot mit jeder Menge Know-how und Erfahrung völlig unnötig der Garaus gemacht werden soll.

„Never change a winnig team“, heißt es doch! In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

Herr Präsident! Oberstes Ziel muss die Stärkung der Rechte der Verbraucher sein. Die unabhängige Patientenberatung hat den Patienten neutral, inhaltlich richtig, angemessen und zuverlässig zu beraten. Der Verbraucherschutz muss im Vordergrund stehen.

Bei einer Laufzeit von sieben Jahren hat der Auftrag ein Gesamtvolumen von 61,9 Millionen €. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Aufträge von dieser Größe europaweit auszuschreiben sind. Das wird von uns nicht kritisiert. Mir sind dabei aber keine Details über die Ausschreibungskriterien und natürlich auch nichts zu den eingereichten Angeboten bekannt. Deswegen werde ich darüber nicht spekulieren. Ich gehe aber davon aus, dass sich die Ausschreibung an die gesetzlichen Vorgaben hält.

Öffentlich bekannt ist aber die externe Evaluation zur Arbeit der UPD. Die Arbeit wird, wie folgt, bewertet: