Protocol of the Session on June 19, 2015

Momentan arbeiten wir daran, unter den genannten Prämissen die Ostseekooperation des Landes in einen neuen strategischen Rahmen zu gießen. Ich denke dabei an Schwerpunktthemen wie die maritime Modellregion Ostsee, den sicheren Seeverkehr und die saubere Schifffahrt, die Fortsetzung der Priorität Kultur im Rahmen der EU-Ostseestrategie oder den Aufbau eines Wissenschaftsnetzwerks Ostsee im Hochschulbereich.

Die Ostseekooperation war für Schleswig-Holstein schon immer wichtig. In aktueller und bewegter Zeit gewinnt sie aber auch über die Region hinaus an Bedeutung. So zeigen wir, dass Europa nicht nur in Brüssel oder Berlin entsteht, sondern dass Europa vor Ort in den Regionen gebaut wird. An diesem Europa vor Ort arbeiten wir gemeinsam mit den Partnern in den Regionen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Angelika Beer [PIRATEN])

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich eröffne die Aussprache und teile Ihnen zunächst mit, dass Ministerin Spoorendonk in verlässlicher und bewährter Manier die Redezeit für Sie alle etwas verlängert hat. Sie dürfen alle gut 7 Minuten sprechen.

(Ministerin Anke Spoorendonk)

Zunächst kann die Kollegin Astrid Damerow von der CDU-Fraktion dies tun.

(Zurufe)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal danke ich allen Mitarbeitern in den Ministerien für die Erstellung des Berichts, der ja sehr umfangreich ist. Es ist deutlich zu erkennen, dass das mit Sicherheit eine Menge Arbeit war. Mein ausdrücklicher Dank an die Ministerien!

(Vereinzelter Beifall)

Federführend für den Bereich Europa ist das Ministerium der Ministerin Spoorendonk. Dieser Bericht macht allerdings einmal mehr deutlich, dass das Thema die Arbeit fast aller Ministerien betrifft. Das liegt zum einen an den Fördermitteln, die nach Schleswig-Holstein fließen, aber auch an der Themenvielfalt und dem steten Zusammenwachsen in Europa. Es liegt aber auch daran, dass SchleswigHolstein Brückenkopf zwischen Mitteleuropa und Skandinavien ist und durch seine Lage zwischen den Meeren wichtiges Bindeglied der Meeresanlieger. Auch wir vertreten dort unsere Interessen seit Jahren ausgesprochen intensiv.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die ersten 20 Seiten des Gesamtberichts beschreiben die aktuellen politischen Entwicklungen und Positionen der Europapolitik in Brüssel. Das ist sicher interessant und für den einen oder anderen Punkt auch für Schleswig-Holstein relevant, im Verhältnis zum übrigen Bericht hätte es allerdings auch ein bisschen kürzer sein können.

Bei den landespolitischen Schwerpunkten steht die Zusammenarbeit mit Dänemark zu Recht an erster Stelle. Mit unserem direkten Nachbarn verbindet uns historisch, kulturell und wirtschaftlich sehr vieles. Die konkrete Ausgestaltung guter nachbarschaftlicher Beziehungen anhand konkreter Projekte bestimmte die politische Arbeit. Wichtigstes Projekt, herausgehobenes Projekt ist die Beltquerung, ein Jahrhundertprojekt, das neue Akzente setzen wird. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dies erst kürzlich bei ihrem Besuch in Kopenhagen für ganz Deutschland unterstrichen. Die feste Querung wird kommen, und das ist gut so.

Der Rahmenplan für die deutsch-dänische Zusammenarbeit ist im Januar im Landtag ausführlich besprochen worden. Es ist wichtig, dass die Zusammenarbeit beider Länder kontinuierlich fortentwickelt wird. Wie das Kind am Ende heißt, ist

unerheblich, es kommt neben den vielen Absichtserklärungen auf die konkrete und praktische Umsetzung an. Wir erwarten, dass es hier vorangeht. Natürlich wird es nach dem Ergebnis der aktuellen Wahl ein Stück weit zu neuen Gesprächen kommen müssen. Die Ministerin hat dazu einiges gesagt.

Eine weitere große Hilfestellung bietet unser Hanse-Office in Brüssel, das zusammen mit der Freien und Hansestadt Hamburg geführt wird. Die Bedeutung unseres Hanse-Office kann wirklich nicht genug unterstrichen werden.

(Vereinzelter Beifall)

In Brüssel spielt die Musik, dort müssen wir vor Ort gut vertreten sein. Ein Dank geht an alle Mitarbeiter, die wirklich gute Arbeit leisten. Wir werden das bei unserer Ausschussreise übernächste Woche wieder erfahren. Ich freue mich auch, dass sich die Personalsituation nach etlichen kritischen Nachfragen von uns dort offensichtlich deutlich verbessert hat.

Durchgängig kritische Punkte des Europaberichts sind seine Unverbindlichkeit. Er ist in vielen Bereichen gefüllt mit Absichtserklärungen und offenstehenden Wünschen. Formulierungen wie „soll ausgebaut werden“, „soll verstetigt werden“, „strebt die Landesregierung an“, „wurden Zielsetzungen definiert“ und Ähnliches finden sich auf vielen Seiten. Wir erwarten häufiger weniger Prosa und mehr Konkretes.

Zum Beispiel beim Thema deutsch-dänische Verkehrskommission. Sie sagen uns, wozu sie dienen soll. Das wissen wir. Dass sie stärker politisch ausgerichtet werden soll, das erwarten wir. Ich hätte erwartet zu erfahren, was in den Sitzungen konkret diskutiert wird, wie oft die Sitzungen stattfanden und ob irgendetwas beschlossen wurde. Ich hätte mir auch etwas Konkreteres zur weiteren Verwendung der ITI-Mittel gewünscht.

Im Bereich der Nordseekommission - das haben Sie eben angesprochen - sind unsere Ziele klar, aber der konkrete Weg zu diesen Zielen, den die Landesregierung bestreiten möchte, wird aus diesem Bericht leider nicht deutlich.

Ebenso betrifft dies den Bericht über unsere Partnerschaftsbeziehungen. Ich nenne das Beispiel der Partnerschaft mit Pays de la Loire. Wir alle wollen, dass Partnerschaften gepflegt werden. Sie leben von persönlichen Begegnungen und daraus entstehendem oder vertiefendem Engagement. Im Bericht lesen wir vom Besuch des Ministerpräsidenten und einer Delegation im März 2013 in Frankreich. Ein

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Gegenbesuch fand im April 2014 statt. Zielsetzungen werden aufgelistet. Aber was ist seitdem konkret passiert? Ein Austausch der Wirtschaftsrepräsentanten und ein Orchesterbesuch 2017 zum Schleswig-Holstein Musikfestival. Das ist als Ergebnis etwas mager.

Auch die Gesamtstruktur des Berichtes lädt in einigen Passagen durchaus zu Verbesserungen ein. Allein den Arbeitsbereich Meerespolitik finden wir in diesem Bericht in vielen Abschnitten, zum Teil mit sich wiederholenden Aussagen zum Meeresschutz.

Zweifelsohne sind der Schutz unserer Meere und der Ausbau regenerativer Energien eine besonders große Herausforderung. Die Entwicklungspotentiale, die die Meeresforschung, Meerestechnik und touristische Entwicklung für die Zukunft, gerade für Schleswig-Holstein, bieten, kommen dabei unter dem Begriff „Strategie für blaues Wachstum“ allerdings - wie ich finde - viel zu kurz.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Europabericht 2014/15 ergibt ein Gesamtbild der Aktivitäten der Landespolitik, die sich mit Europa beschäftigen. Er enthält viele Selbstläufer, an einigen wenigen Stellen konkrete Ausführungen, in vielen Passagen leider aber auch nur fromme Absichtserklärungen ohne konkrete Maßnahmen. Wie bereits bei der Jahresplanung zum Arbeitsprogramm der EU-Kommission vermisse ich eine klare und deutliche Abstimmung und Positionierung zwischen den Häusern.

Ich hielte es auch für vernünftig, wenn wir uns in Zukunft vielleicht im Ausschuss noch einmal überlegen, ob wir nicht zu einer engeren Verzahnung zwischen Jahresplanung und europapolitischen Schwerpunkten für das kommende Jahr und dem dann darauf folgenden Bericht kommen können. Aber ich denke, das werden die Beratungen im Europaausschuss vielleicht noch ergeben.

Für meine Fraktion beantrage ich die Überweisung dieses Berichtes zur abschließenden Beratung in alle Ausschüsse unseres Hauses.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Auch in den Petiti- onsausschuss?)

- In den Petitionsausschuss nicht. Danke für den Hinweis.

(Uli König [PIRATEN]: Juhu! - Heiterkeit)

Aber ich finde, es ist deutlich geworden: Europa ist Querschnitt und betrifft viele Bereiche unserer schleswig-holsteinischen Politik. Ich lege deshalb

den Kollegen in den anderen Ausschüssen durchaus ans Herz, sich einmal mit diesem Bericht zu beschäftigen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Regine Poersch das Wort.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der diesjährige Europabericht der Landesregierung gibt einen wirklich guten Überblick über die europapolitischen Aktivitäten aller Ressorts. Dafür darf ich mich für meine Fraktion sehr herzlich bedanken.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Man kann jetzt - wie meine Vorrednerin es getan hat - ein bisschen das eigene Licht unter den Scheffel stellen und darauf gucken, was vielleicht alles nicht im Bericht steht. Ich möchte aber gern etwas dazu sagen, welchen Beitrag wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier leisten, um Europa auszugestalten, der nämlich genau hier stattfindet.

Unsere gemeinsame Aufgabe von Landesregierung und Landtag ist es, dafür zu sorgen, dass Europa unserem Land zugutekommt, und zwar gilt das bei der Infrastrukturfinanzierung genauso wie in der Agrar- und in der Sozialpolitik. Wir mischen uns ein, damit ein Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigten bei uns, die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Daseinsvorsorge oder die Betriebe in unserem Land haben.

(Beifall Lars Winter [SPD] und Olaf Schulze [SPD])

Dazu haben wir in diesem Hohen Haus drei ganz wichtige Beschlüsse gefasst.

Ich möchte mich an dieser Stelle für die wirklich konstruktive Zusammenarbeit im Europaausschuss bedanken. Wir haben beim Europäischen Jahr der Entwicklung oder bei der Nordseestrategie und selbst bei der europäischen Flüchtlingspolitik manchmal kontrovers, aber immer zielführend zusammengearbeitet. So wünsche ich mir das, das mach Spaß. Herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

(Astrid Damerow)

Eine unserer Hauptaufgaben bleibt die Verzahnung und Vernetzung. Wir verzahnen Europapolitik und Landespolitik. Als Beispiel will ich aktuell den Fonds für strategische Investitionen nennen, aber auch im laufenden Europäischen Jahr der Entwicklung Fair Trade. Wir sind Mittler, Vermittler zwischen der EU und den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Angesichts einer steigenden Zahl von Europaskeptikern und Rechtspopulisten, die in immer mehr Parlamenten Oberwasser bekommen - das haben wir gerade gestern schmerzlich erleben müssen -, ist das ganz, ganz wichtig.

Wenn ich sehe, dass sogar im Europäischen Parlament und im Ausschuss der Regionen Europaskeptiker auf dem Vormarsch sind, frage ich mich wirklich, was die in den Institutionen wollen, die sie eigentlich ablehnen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Angelika Beer [PIRATEN])

Lassen Sie mich an dieser Stelle betonen, dass angesichts der vielfältigen Problemlagen, vor denen Europa heute steht, Solidarität gefragt ist und nicht nationale Egoismen, neue Schlagbäume oder Spaltung.

Die Griechenlandfrage und das immer drängender werdende Flüchtlingsproblem lassen sich eben nur gemeinsam lösen. Das ist vor allem auch eine Frage unserer gemeinsamen europäischen Grundwerte, wie wir sie im Vertrag von Lissabon formuliert haben. Das sind Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Gerechtigkeit und Solidarität.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Europafähigkeit des Landes ist das erklärte Ziel der Küstenkoalition. Im Bericht ist eindrucksvoll beschrieben, welchen großen Beitrag beispielsweise die allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen hier leisten. Ich finde das großartig. Lesen Sie das einfach mal im Bericht nach. Diese Europafähigkeit braucht natürlich gerade ein Land wie SchleswigHolstein als Land zwischen den Meeren.

Um die wichtige Kooperation von Jugendlichen für die Zukunft abzusichern, lassen wir nicht nach und stellen weiterhin Geld für unser Ostseejugendforum zur Kieler Woche zur Verfügung. Wir stellen ein tolles Forum auf die Beine. Auch wenn wir gegenüber unseren Partnern in der Ostseeregion noch Überzeugungsarbeit leisten müssen: Ich freue mich auf unsere Gäste in der kommenden Woche.