Protocol of the Session on June 19, 2015

Über Jahrzehnte wurden die Mittel überwiegend für Direktzahlungen oder für Produktionsprämien genutzt. Diese Art der Subventionspolitik hat die europäische Landwirtschaft in ein Abhängigkeits

(Angelika Beer)

verhältnis geführt. Auf der anderen Seite wird seit Jahren immer wieder gefordert, dass sich die Landwirtschaft dem Markt stellen soll. Das kann auf Dauer nicht funktionieren, denn das ist eine Vermengung von freier Marktwirtschaft und Planwirtschaft.

Mit der Umsteuerung in der Förderkulisse gehen wir einen Schritt weg von marktbezogenen Ausgaben und Direktzahlung. Die Vorzeichen haben sich geändert. Wir stellen uns den Herausforderungen der Zeit. Denn mittlerweile spielen andere Kriterien und Fakten eine unheimlich wichtige Rolle, die es zu berücksichtigen gilt. Wir reden über öffentliche Gelder. Das bedeutet, dass das öffentliche Interesse in der Förderung stärker berücksichtigt werden muss als bisher.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gesellschaftliche Belange müssen stärker in den Fokus der Förderpolitik gerückt werden. Das heißt, auch die Landwirtschaft muss sich den Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltschutz, Biodiversität und Wassermanagement stellen. Aus diesem Grund sind wir mit der neuen Förderkulisse genau auf dem richtigen Weg.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Freunde, es geht mitnichten darum, eine Grundsatzdebatte anzufangen, welche Art der Landwirtschaft die richtige oder gar die bessere ist. Für den SSW sage ich ganz deutlich: Wir brauchen beide Formen der Landwirtschaft, die konventionelle ebenso wie die ökologische. Beide haben ihre Berechtigung. Daher gilt: Wer die Kriterien erfüllt, bekommt für die erbrachten Leistungen die entsprechenden Mittel.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Weiterentwicklung und Sicherstellung gleichwertiger Lebensbedingungen im ländlichen Raum gehört aber wesentlich mehr. Es geht dabei auch um Daseinsvorsorge. Hier hat sich der Breitbandausbau in den letzten Jahren zu einem echten K.o.-Kriterium entwickelt, wenn es um die Ansiedlung von Unternehmen oder die Entscheidung über einen Wohnstandort im ländlichen Raum geht.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Daher begrüßen wir ausdrücklich, dass für die kommende Förderperiode der Ansatz für den Breitbandausbau massiv erhöht wurde.

Aber auch der demografische Wandel wird künftig stärker Berücksichtigung in der Förderkulisse finden. Der ländliche Raum darf nicht ausbluten. Daher werden wir künftig auch lokale Infrastrukturmaßnahmen, Nahversorgung und Mobilität fördern.

Kommen wir nun zu einem Punkt, der für den SSW von besonderer Bedeutung ist und der für uns Vorrang hat: Das ist der Küsten- und Hochwasserschutz. Ein Teil der Programmmittel wird weiter für den Küsten- und Hochwasserschutz verwendet. Das ist richtig so. Wenn es um Küstenschutz geht, dann reden wir von der Unterhaltung und gegebenenfalls vom Neubau von Küstenschutzanlagen, von notwendigen Sicherungsmaßnahmen im Wattenmeer, Sandaufspülungen oder Vorlandarbeiten.

Um es deutlich zu sagen: Wir reden beim Küstenschutz von einer Solidaraufgabe, aus der wir uns nicht zurückziehen dürfen. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die von allen getragen werden muss. Das können wir nicht den Küstenbewohnern allein überlassen und sie zur Kasse bitten oder sie mit einer Sonderabgabe belegen. Das wäre so, als würde man die Anwohner von Bahntrassen oder Autobahnen für Lärmschutzmaßnahmen zur Kasse bitten. Das ist völlig absurd und abwegig.

Wir wissen um die Notwendigkeit von Küstenschutzanlagen. Wer dies infrage stellt, der macht ein Fass auf, das besser geschlossen bleibt. Außerdem könnte sich der Bund dann mit denselben Argumenten aus der Gemeinschaftsaufgabe Küstenschutz herausziehen und den Schutz vor Sturmfluten und dem steigenden Meeresspiegel allein den Küstenländern überlassen. Das geht nicht.

(Beifall SSW und SPD)

Das Programm für die Verwendung von ELERMitteln ist genehmigt. Wir wissen, wie und wofür das Geld bis 2020 einzusetzen ist, und das ist gut so. Ich bin überzeugt, dass wir damit einen richtigen Weg eingeschlagen haben. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

(Flemming Meyer)

Herr Präsident! Lieber Kollege Oliver Kumbartzky! In aller Kollegialität, das war ja wohl ein Schmarrn, dass wir ausschließlich die ökologische Landwirtschaft im Fokus hätten. Das Fünffache geht in die erste Säule. Wir stellen uns gern dem, was Sie sagten. Wenn wir eine Nachhaltigkeitsdebatte über Landwirtschaft führen, ist Biolandwirtschaft erst einmal nur ein Wort. Es geht darum, welcher Energieverbrauch, welcher Ressourcenverbrauch in der Landwirtschaft sich an Nachhaltigkeitskriterien messen lassen muss. Natürlich gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass der Ökolandbau bei Wasserschutz, Luftschutz und so weiter die Nase vorn hat.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Das habe ich auch gesagt!)

Wir treten in dieser Frage gern in einen Wettbewerb mit der FDP, aber wahrscheinlich brauchen wir Grünen da keine Nachhilfe von Ihnen.

Ich möchte etwas zum Beitrag der CDU sagen. Herr Kollege Voß hat das ausgeführt. Woher kommt eigentlich die Agrarförderpolitik? Zu Zeiten von Sicco Mansholt war fast die Hälfte der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, die Produktion war gering, die wachsende Industrie hatte Nachfrage nach Arbeitskräften, und die Ernährung der Bevölkerung nach dem Krieg war zu sichern. Dem diente eine Förderpolitik, wie wir sie kennen, mit der Folge: wachsen oder weichen. Herr Rickers, konservativ heißt nicht, dass ich an Förderinstrumenten festhalte, die ihre gesellschaftliche Aufgabe erledigt haben.

Der Minister hat einen dreistelligen Millionenbetrag mehr ins Land geholt, als zu erwarten war. Das ist eine Leistung für sich. Auch Tobias Koch wird unterschreiben, dass das gut fürs Land SchleswigHolstein ist.

(Vereinzelter Beifall)

Wir streiten uns über die Art, wie wir mit diesen Mitteln für den ländlichen Raum und für die Landwirtschaft umgehen. Die Landwirtschaft muss Gemeinwohlleistungen erbringen Wasser, Luft, Landschaft, Tierwohl. Tierwohl ist das Skurrilste, wenn man das wirtschaftlich misst. Der Produktionsfaktor Tier soll sich wohlfühlen - das passt nicht zusammen. Daher muss darüber nachgedacht werden, wie wir den gesellschaftlichen Anspruch mit der Wirtschaftsform verbinden können.

Wo sind die Grenzen des Wachstums? Um diese Frage drückt sich der Bauernverband, drückt sich die CDU. Wie wenig Bauern verträgt das Land? Einen in einer Dreihundert-Einwohner-Gemeinde oder einen halben? Oder nur einen pro Amt? Ich sage Ihnen zum Landgrabbing: In den mittel- und osteuropäischen Ländern gehört inzwischen ein Viertel des Landes Kapitalgesellschaften, die mit Landwirtschaft nichts zu tun haben. Herr Rickers, Sie werden die Grünen noch anbetteln und sagen: Bitte verbündet euch mit uns! Mein inneres Bild ist, dass wir hier irgendwann einmal den stellvertretenden CEO eines internationalen Hedgefonds als Präsidenten des Bauernverbandes Schleswig-Holstein haben werden, und der sagt immer noch: Wir müssen die kleinen Bauern im Lande retten, macht bitte keine Politik zugunsten der gesellschaftlichen Ansprüche an die landwirtschaftliche Produktion.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Sie schüren Ängste!)

Meine Damen und Herren, wir Grüne setzen uns dafür ein, dass es viele grüne Bauern in SchleswigHolstein gibt. Das brauchen wir: Power-to-the-Bauer - und nicht immer Wachstum ohne Grenzen. Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Tagesordnungspunkt 2 ist mit der Regierungserklärung und der Aussprache erledigt.

Zu Tagesordnungspunkt 35 schlage ich nach einer Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung über die Behandlung von Vorlagen der Landesregierung nach den Gesetzen über die Gemeinschaftsaufgaben aus der 14. Wahlperiode vor, den vorgelegten Bericht in den Fachausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Veröffentlichung der Bezüge der Mitglieder von Geschäftsführungsorganen und Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen im Land Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/2234

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 18/3062

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/3119

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/3120

Ich erteile dem Berichterstatter des Finanzausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Vertrauen auf Ihre Lesekompetenz verweise ich auf die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, insbesondere auf den dritten Absatz. - Vielen Dank.

Vielen Dank für den umfassenden Bericht. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Tobias Koch von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchertribüne! Die CDU-Fraktion steht für Transparenz bei der Veröffentlichung von Bezügen, und zwar zu 100 % und nicht nur zu 50 %, wie uns die Finanzministerin meinte, vorwerfen zu müssen. Oder würden Sie, Frau Heinold, auch Ihren Parteifreunden in Rheinland-Pfalz den Vorwurf machen, nur zu 50 % für Transparenz zu sorgen?

Der Gesetzentwurf der dortigen rot-grünen Landesregierung sieht nämlich vor, bei Beteiligung des Landes an privatrechtlichen Unternehmen die Vergütung offenzulegen. Regelungen für den kommunalen Bereich enthält das Gesetz in Rheinland-Pfalz hingegen nicht. Die Sparkassen sind in RheinlandPfalz nach § 3 des Gesetzes von der Veröffentlichung der Bezüge explizit ausgenommen. Die Kommunen sind nämlich Träger der Sparkassen, haften aber nicht für sie; und somit ist auch gar keine Gefahr gegeben, dass der Steuerzahler für Verluste der Sparkassen aufkommen muss, wie es in der Gesetzesbegründung der Landesregierung für die Veröffentlichung der Bezüge heißt.

Das rheinland-pfälzische Transparenzgesetz enthält damit genau die Position, die die CDU in Schleswig-Holstein vertritt: Ja zu einer gesetzlichen Regelung auf Landesebene, aber nicht von oben herab den Kommunen etwas vorschreiben, was diese in eigener Entscheidungskompetenz genauso gut selber regeln können.

Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder -frage des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

Immer gern.

Bitte schön.

Herr Kollege Koch, wenn Sie schon die Praxis von Rot-Grün in anderen Ländern zum Vorbild nehmen, würden Sie den Kolleginnen und Kollegen, die mit der Materie nicht so vertraut sind, bestätigen, dass der ebenfalls rotgrüne Entwurf in Nordrhein-Westfalen, das rote Gesetz in Hamburg - so sage ich einmal -, das Gesetz in Berlin allesamt Sparkassen und die kommunale beziehungsweise städtische Ebene umfassen?