Protocol of the Session on September 28, 2012

Die alte Landesregierung wollte diese demografische Rendite bei den Schulen voll abschöpfen. Die neue Regierung hält das für falsch. Wir wollen die Hälfte der Rendite im Bildungssystem belassen, teils durch Stellen, teils durch Geld statt Stellen, um damit die Bildungsqualität zu verbessern. In einem ersten Schritt geben wir den Schulen zum nächsten Schulhalbjahr 300 Lehrerstellen zurück, die Schwarz-Gelb gestrichen hatte. Außerdem nehmen wir die von CDU und FDP zusätzlich geplante Kürzung von insgesamt 72 weiteren Stellen zurück. Das ergibt rein rechnerisch 372 Stellen, die wir in den anderen Ressorts einsparen müssen.

Nun fällt nach aktuellen statistischen Daten die demografische Rendite deutlich höher aus als bisher eingeplant. Deshalb müssen wir keine 372 Stellen über die Ressorts hinweg einsparen, sondern können die Einsparvorgaben auf 191 Stellen abfedern. 191 Stellen sind die eine Hälfte der Summe, die von den Ressorts zusätzlich solidarisch eingespart werden müssen. Die zweite Hälfte ist eine schwarzgelbe Altlast.

Die alte Landesregierung hat dem Stabilitätsrat den Abbau von 10 % des gesamten Personals ge

(Ministerin Monika Heinold)

meldet; real eingeplant hat sie aber nur 9,6 %, also 197 Stellen, die CDU und FDP nach Berlin gemeldet hatten. Hier in Kiel hatte sie aber nicht die Traute, diesen Stellenabbau konkret darzustellen, 197 Stellen, die jetzt zusätzlich verteilt werden müssen, um das 10-%-Ziel beim Abbaupfad einzuhalten.

Meine Damen und Herren, das ist viel Arbeit für die Landesregierung und gleichzeitig eine große Herausforderung für die Opposition; denn ich erwarte, dass sich CDU und FDP mit konkreten und konstruktiven Vorschlägen am Stellenabbau beteiligen. Es ist Ihre Altlast, meine Damen und Herren von CDU und FDP, für bisher 197 gemeldete, aber nicht aufgelöste Stellen eine Lösung zu finden. Da das Ziel der Landesregierung, 300 neue Stellen in den Schulen zu schaffen, inzwischen doch auch von Ihnen geteilt wird - so zumindest Ihr Abstimmungsverhalten zum Nachtragshaushalt in der letzten Landtagstagung -, stehen Sie auch hier mit in der Pflicht, gemeinsam mit uns eine Kompensation an anderer Stelle zu suchen.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Koch?

Gerne.

Herr Koch, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben gerade trotz meiner wiederholten Hinweise Ihre Interpretation unseres Abstimmungsverhaltens bei der letzten Landtagstagung wiederholt. Würden Sie denn das Abstimmungsverhalten der Regierungsfraktionen zum Antrag der FDP zum Nachtragshaushalt auch so interpretieren, dass die Regierungsfraktionen die 300 Lehrerstellen abgelehnt haben?

Es gab zwei Möglichkeiten, die diskutiert worden sind. Die eine Möglichkeit bestand darin, per Nachtragshaushalt 300 Stellen zu schaffen, die andere Möglichkeit war, mit dem Haushalt ohne Nachtrag 300 Stellen zu schaffen. Diese Seite hat sich für die zweite Variante entschieden, und Sie haben für die erste Variante gestimmt. Wenn man für eine Vari

ante stimmt, muss man immer davon ausgehen, dass es auch einmal die Mehrheit dafür geben könnte. Dann hätte man die 300 Stellen gehabt. Dass Sie die Verantwortung dafür jetzt nicht tragen wollen, weil jetzt der zweite, unangenehme Teil folgt, das kann ich gut nachvollziehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, mit dem Eckwertbeschluss zum Haushalt 2013 zur mittelfristigen Finanzplanung habe ich dem Kabinett einen Vorschlag gemacht, wie zumindest die erste Hälfte der zusätzlich einzusparenden Stellen auf die einzelnen Ministerien verteilt werden könnte. Die Zahlen für alle Ressorts sind aus den Medieninformationen zu entnehmen. Da Sie in Ihrem Bericht nach Justiz und Innen noch einmal explizit gefragt haben, sage ich: Ich habe vorgeschlagen, dass das Innenministerium 75 Stellen erbringt und das Justizministerium 47. Das Kabinett hat dieses als Planungsstand zur Kenntnis genommen.

Jetzt ist die Staatskanzlei mit ihrem zentralen Personalmanagement am Zug, anhand von Aufgabenkritik und Schwerpunktsetzung in den nächsten Monaten einen Vorschlag für den gesamten Stellenabbaupfad bis 2020 zu erarbeiten.

Relevant sind die neuen Zahlen aber erst ab 2014, denn 2013 wird es noch keine Umlage auf andere Ressorts geben. Hier gelten die ursprünglich geplanten Pfade. Das haben wir im Sinne der Planungssicherheit für die Ressorts so entschieden.

Meine Damen und Herren, der zehnprozentige Stellenabbau ist keine Wohlfühlveranstaltung, sondern erfordert den mühsamen Prozess, praktikable und umsetzbare Vorschläge zu erarbeiten, um Aufgabenabbau und Stellenabbaupfad in Übereinstimmung zu bringen.

Herr Koch, Sie wollten einen Bericht haben. Und, was habe ich gesagt?

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich wiederhole: Der zehnprozentige Stellenabbau dieser Satz scheint mir wichtig zu sein - ist keine Wohlfühlveranstaltung, sondern er erfordert den mühsamen Prozess, praktikable und umsetzbare Vorschläge zu erarbeiten, um Aufgabenabbau und Stellenabbaupfad in Übereinstimmung zu bringen. Dafür nimmt sich diese Landesregierung Zeit selbstbewusst und zielorientiert. Jeder, der aktiv und konstruktiv mitarbeiten möchte, ist herzlich willkommen.

(Ministerin Monika Heinold)

Das Konzept der Landesregierung ist noch nicht fertig. Das wird Sie nicht zufriedenstellen. Aber gerade bei einer solch sensiblen Frage wie dem Personalabbau gilt für die Landesregierung Gründlichkeit statt Schnellschuss. Seien Sie sich sicher: Die Auflösung folgt; denn wir stehen zum Konsolidierungskurs, und der beinhaltet den zehnprozentigen Abbau aller Stellen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für den Bericht, auch wenn er uns noch nicht viel schlauer gemacht hat als bisher. Weitere 190 Stellen sollen solidarisch von allen Ministerien abgebaut werden, um damit die zusätzlichen Lehrerstellen auszugleichen. Das klingt auf den ersten Blick finanzpolitisch solide.

Die eigentliche Meldung an dieser Aussage ist jedoch eine andere: Entgegen allen vollmundigen Ankündigungen von 700 und mehr Lehrerstellen so nachzulesen in der Pressemitteilung der Bildungsministerin Waldtraud Wende zum Frühjahresauftakt - rückt die Landesregierung von diesem selbsterklärten Ziel ab. Statt 3.916 Lehrerstellen sollen jetzt bis zum Jahr 2020 3.706 Lehrerstellen abgebaut werden und damit nur 190 Stellen weniger als bislang vorgesehen. 190 ist jetzt Ihre Marke.

Wenn Sie im kommenden Jahr zunächst 300 Lehrerstellen zusätzlich schaffen, am Ende jedoch nur 190 Stellen 2020 übrig bleiben, dann bedeutet das nach Adam Riese nichts anderes, als dass Sie ab 2014 sogar mehr Lehrerstellen abbauen werden als von CDU und FDP vorgesehen.

Aber nicht nur bei den Lehrerstellen klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine große Lücke bei Ihnen, sondern die Augenwischerei geht auch bei den solidarischen Stelleneinsparungen aller Ministerien weiter. Da werden dem Innenministerium einfach einmal 75 Stellen für Betreuung aufgebürdet, dem Justizministerium 47 und dem Finanzministerium 41. Wie leicht lassen sich solche Zahlen in einer Excel-Tabelle hin- und herschieben! Aber bislang fehlt - das haben Sie gerade einge

räumt - auch nur der Ansatz von einem Konzept, wie das tatsächlich umgesetzt werden soll.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach drei Monaten!)

- Ja, ich komme noch dazu, Herr Kollege Andresen. Auf genau diesen Punkt gehe ich noch ein.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da freue ich mich!)

Das einzig Neue, was wir bislang von Ihnen gehört haben, ist, dass die Schließung der JVA Flensburg und die damit verbundenen Personaleinsparungen von der Dänen-Ampel nicht weiterverfolgt werden. Man kann gespannt sein, wie Ministerin Spoorendonk die Stelleneinsparungen ihres Hauses an anderer Stelle vollziehen will, wenn jetzt sogar noch einmal 47 Stellen dazukommen.

(Beifall CDU und FDP)

Schon die Vorgaben der alten Landesregierung waren äußerst ambitioniert, und gerade in den sensiblen Bereichen von Polizei, Justiz und Steuerverwaltung waren sie schwer genug in der Umsetzung.

(Beifall CDU und FDP)

Jetzt wird einfach noch einmal obendrauf gesattelt und man hat nicht den geringsten Schimmer davon, wie das gelingen soll.

Das war vermutlich auch der Grund dafür, weshalb diese geänderte Personalabbauplanung vom Kabinett gar nicht beschlossen, sondern lediglich zur Kenntnis genommen worden ist. Das hatten Sie sich sicherlich anders vorgestellt, Frau Ministerin. Da scheint es mit der Solidarität doch nicht ganz so weit her zu sein. Ich fürchte, es stehen Ihnen noch ganz harte Nachverhandlungen mit den einzelnen Häusern ins Haus.

Im Grunde zeichnen sich jetzt zwei Möglichkeiten ab, die allerdings gleichermaßen schlecht sind. Entweder sind diese zusätzlichen Stellenstreichungen bei Polizei, Justiz und Steuerverwaltung reine Luftbuchungen, die die jetzt vorgesehenen zusätzlichen Lehrerstellen optisch erst einmal ausgleichen sollen. Dann wird die Landesregierung in ein paar Jahren kleinlaut einräumen müssen, dass es leider nicht gelungen ist, die Stelleneinsparungen an anderer Stelle zu realisieren. Das wäre dann allerdings katastrophal für den Landeshaushalt. Denn damit wäre der Konsolidierungspfad nicht eingehalten und die Schuldenbremse verletzt.

Die andere Möglichkeit besteht darin, dass die Finanzministerin die Personalbudgets der Ministerien

(Ministerin Monika Heinold)

einfach entsprechend kürzt, um den Personalabbau auf diesem Weg durchzusetzen. In diesem Fall ist jedoch zu befürchten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die eigentlich Leidtragenden sind, zum Beispiel, indem frei werdende Stellen nach einem längeren Zeitraum nicht nachbesetzt werden und die vorhandenen Mitarbeiter das in Form von Mehrarbeit ausbaden müssen oder indem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Beförderungen verzichten müssen, weil auch dafür dann kein Platz mehr in den gekürzten Personalbudgets ist.

Schon jetzt ist zu hören, dass die Landesregierung ernsthaft überlegt hat, den turnusgemäßen Beförderungstermin bei der Polizei zum 1. Januar 2013 ausfallen zu lassen. Hört, hört!

Meine Damen und Herren, das sind genau die Befürchtungen und Sorgen, die bereits jetzt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von den Gewerkschaften getragen werden. Mit ihrer Ankündigung hat die Landesregierung für erhebliche Verunsicherung bei Polizei, Justiz und Steuerverwaltung gesorgt.

Jetzt zu Ihnen, Herr Andresen, und zu dem kurzen Zeitraum, den Sie zur Verfügung haben.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Bevor Sie zusätzliche Lehrerstellen schaffen und damit den Landeshaushalt für die nächsten Jahrzehnte strukturell belasten, hätten Sie zunächst einmal Ihre eigenen Hausaufgaben machen und ermitteln sollen, auf welchem Weg und wie Sie zusätzliche Stelleneinsparungen erreichen können. Sie machen den zweiten vor dem ersten Schritt. Sie geben erst das Geld für zusätzliche Stellen aus und schauen hinterher, wie die Rechnung irgendwie aufgeht. Mit Ihrer Politik stellen Sie einen weiteren ungedeckten Scheck für die Zukunft aus.

(Beifall CDU und FDP)

Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei, Justiz und Steuerverwaltung werden die Leidtragenden dieser Politik sein. Deswegen sage ich an dieser Stelle: Gutes Regieren sieht anders aus!

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Winter das Wort.