Protocol of the Session on May 21, 2015

Der Bund hat einen Katalog der möglichen Förderbereiche aufgestellt. Die Landesregierung hat „Investitionen mit dem Schwerpunkt Bildungsinfrastruktur“ gewählt. Damit kann die energetische Sanierung von Schulen und Kitas ebenso finanziert werden wie allgemeine Baumaßnahmen von Kitas.

(Beate Raudies)

Wir Grüne finden es richtig, dass sich die Landesregierung für diesen Schwerpunkt entschieden hat. Denn unser „SchuKi-Programm“ zur energetischen Sanierung von Schulen und Kindertagestätten hat sich bewährt. Viele Kommunen haben es genutzt, und viele stehen noch auf der Warteliste. Energetische Sanierung zahlt sich mehrfach aus. Durch die Investitionen werden der Energieverbrauch gesenkt und so die Betriebskosten reduziert. Das schafft Spielraum in den kommunalen Haushalten. Die Kommunen leisten einen Beitrag zum Klimaschutz.

Die meisten Baumaßnahmen sind dringend notwendig und hätten sonst aus dem vorhandenen Budget bezahlt werden müssen. Durch die zusätzlichen Mittel werden nun auch Spielräume für Investitionen in anderen Bereichen wie beispielsweise den Krankenhäusern oder dem Breitbandausbau frei.

Vom Investitionsfonds sollen sowohl Kitas in kommunaler als auch in freier Trägerschaft profitieren können. Das ist eine richtige Erweiterung. Denn die Kommunen finanzieren alle Kitas, die eigenen genauso wie die der freien Träger.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Mit den 100 Millionen € wird der kommunale Sanierungsstau nicht aufgelöst. Aber die Mittel verschaffen den Kommunen etwas Luft zum Atmen. Wir erreichen mit unserem Schwerpunkt eine mehrfache Rendite. Wir investieren in Bildung und Klimaschutz und schaffen finanzielle Spielräume. Das ist klug und nachhaltig; das ist Küstenkoalition. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Nach dem Werbeblock für die Küstenkoalition möchte ich gern zur Realität zurückkommen.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN - Zurufe)

Frau Raudies, es ist das gute Recht einer Oppositionsfraktion, einen Antrag zu stellen, wie es die Kollegin Nicolaisen getan hat. Ihr Beitrag und der Beitrag der Kollegin Strehlau zeigen, dass es sich sehr wohl lohnt, noch einmal genau hinzugucken.

Frau Kollegin Nicolaisen, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, dass Sie den Antrag gestellt haben.

Ich will mich auf zwei Punkte beschränken. Das ist zum einen die Schwerpunktsetzung, die von den beiden Kolleginnen der Koalitionsfraktionen herausgearbeitet worden ist. Ich will für die FDP-Fraktion deutlich feststellen: Ich halte die Schwerpunktsetzung für falsch.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Ich will das begründen. Es ist nicht nur ein Eindruck, sondern offensichtlich finanzpolitische Realität, dass das Schwerpunktthema Bildung dieser Landesregierung inzwischen fast nur noch mit fremdem Geld finanziert werden kann. Das sagt sehr viel über die wahre Schwerpunktsetzung dieser Landesregierung aus. Hier setzen Sie einen Schwerpunkt und finanzieren Schulen und Kitas im Verhältnis 80 zu 20 aus Mitteln des Bundes.

Auch wenn ich inzwischen vielen auf die Nerven gehe - das interessiert mich nicht -, will ich wiederholen, dass Sie wieder nichts für die Krankenhausinfrastruktur in diesem Land tun,

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

in einem Land, das älter wird. Ich meine das sehr ernst, Frau Finanzministerin. Die Bevölkerung wird älter. Investitionen in die Gesundheitsinfrastruktur sind genauso wichtig wie Infrastrukturmaßnahmen im Bildungsbereich. Sie haben bisher nichts dazu geleistet, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Ich hätte es für richtig gehalten, dass Sie, wie es nicht nur die Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein gefordert hat, sondern heute auch der vdek, endlich die Möglichkeit nutzen, wenn Sie Mittel vom Bund bekommen - das war vor einem Dreivierteljahr in dieser Form noch nicht zu erwarten -, dass hiervon etwas in die Krankenhausinfrastruktur fließt. Sie haben in Ihrer Rede, die Sie freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben, so schön gesagt, man müsste, wenn man Schwerpunkte setzt, auf das eine oder andere verzichten, wie die Forderung der FDP, in die Krankenhausinfrastruktur zu investieren. Ich sage hier ganz deutlich: Sie setzen einen falschen Schwerpunkt.

Zur Frage, ob freie Träger von Kitas profitieren sollen, hat Frau Strehlau etwas gesagt. Das kann man so oder so sehen. Sie wissen es im Zweifel wesentlich besser, weil Sie zeitnäher dran sind. Wenn der Bund ein Investitionsfondsförderungsgesetz verabschiedet - das ist nach meiner Kenntnis heute mit dem Nachtragshaushalt passiert - mit dem einzigen Ziel, finanzschwache Kommunen zu entlas

(Ines Strehlau)

ten, unabhängig von der Diskussion, wie man „finanzschwache Kommunen“ definiert - die einen sagen, es sollen mehr davon profitieren, die anderen sagen, die Mittel sollen mit der Gießkanne ausgeschüttet werden -, geht es darum, finanzschwache Kommunen zu entlasten und nicht freie Träger von Kitaeinrichtungen. Ich halte diese Form der Finanzierung für nicht sachgerecht, Frau Finanzministerin, auch wenn Sie versuchen, das hübsch zu begründen.

Ich glaube, dass Mittel, die eins zu eins bei finanzschwachen Kommunen ankommen sollen, nicht eins zu eins bei ihnen ankommen werden. Damit wird der eigentliche Sinn des Gesetzes zumindest zum Teil verfehlt. Darüber kann man sich trefflich streiten; das räumen Sie ja auch ein.

Ich bleibe dabei: falsche Schwerpunktsetzung und sehr fragwürdige Interpretation beim zweiten Punkt, ob finanzschwache Kommunen tatsächlich so entlastet werden, wie es sich der Bund vorgestellt hat.

Damit ich von Ihnen nicht wieder in eine Ecke gestellt werde, in die ich nicht gehöre: Das spricht überhaupt nicht dagegen, einen Schwerpunkt im Bereich frühkindliche Bildung zu setzen. Sie haben mich heute Morgen beim Nachtragshaushalt mit Absicht missinterpretiert. Das spricht nicht dagegen, aber dann müssen Sie das Geld aus Ihrem Haushalt bereitstellen und entsprechend dokumentieren, dass Sie das können. Das haben Sie bisher nicht unter Beweis gestellt.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Für die Fraktion der PIRATEN hat jetzt der Fraktionsvorsitzende Torge Schmidt das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch möchte der CDU für diesen Antrag danken, weil er uns Gelegenheit gibt, eine inhaltliche Debatte zu führen. Leider sind die schleswig-holsteinischen Kommunen gebrannte Kinder, was ihre Entlastung anbelangt. Wir haben die Grundsicherung schon angesprochen. Daher ist es richtig, dass wir uns als Landtag zeitnah mit der Umsetzung des 3,5 Milliarden € umfassenden Sondervermögens für Investitionen in finanzschwachen Kommunen beschäftigen. So sehr ich mich über diesen Geldsegen für unsere Kommunen freue, wirft der Gesetzentwurf auf Bundesebene noch ein

paar Fragen auf. Ich glaube, das sind die offenen Fragen, die Sie klären möchten, Frau Kollegin Nicolaisen.

Im Großen und Ganzen bin ich mit Ihrem Antrag voll bei Ihnen. Ich teile Ihre Forderung an die Landesregierung, dass die rund 100 Millionen €, die nach Schleswig-Holstein fließen, möglichst schnell und unbürokratisch verteilt werden und vor allem auch bei den Kommunen ankommen. Eine enge Abstimmung mit den Kommunen ist essenziell. Das ist ein Ziel, das jeder in diesem Hause teilt.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Die große Debatte dreht sich um die Frage, was eine finanzschwache Kommune ist. Hier fängt das Hauen und Stechen an - wie auch die Debatte zeigt -, nach welchen Kriterien wir die 100 Millionen € verteilen. Man kann natürlich nur die Konsolidierungskommunen in Schleswig-Holstein nehmen. Ich glaube, dieser Kreis wäre zu eng. Daher ist die Einschätzung der Finanzministerin mit 48 Kommunen vielleicht richtig. Dass hier von der CDU Klarheit gefordert wird, ist vollkommen in Ordnung.

Der Bundesgesetzgeber hat uns einen Katalog mitgegeben, wie diese Mittel verteilt werden. Liebe Kollegen von CDU und FDP, es wird Sie enttäuschen: Marode Straße gehören leider nicht dazu - es sei denn, es geht um Lärmschutzmaßnahmen.

(Zurufe)

- Das war eine rhetorische Anmerkung zu Ihrer Forderung, die Sie regelmäßig bringen: kommunale Investitionen, Investitionspakete, Investitionsquoten. Wir sind uns wohl alle einig, dass auch in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden muss, die gerade auch im kommunalen Bereich marode ist.

Die große Debatte, die losgeht, ist, wie wir die 100 Millionen € verteilen. Liebe CDU, leider sagt Ihr Antrag nichts dazu. Die Debatte halte ich für spannend, weil es im Kern um die Finanzbeziehungen der Kommunen geht. Wenn ich mir den Katalog der Bundesregierung anschaue, muss ich als PIRAT sagen - das wird Sie nicht wundern -, dass der Schwerpunkt der Breitbandausbau im ländlichen Raum ist. Das ist eine der vorgeschlagenen Maßnahmen.

(Beifall PIRATEN - Unruhe)

Ohne Breitbandausbau wird der ländliche Raum wirtschaftlich und kulturell abgehängt. Die Frage ist, wie sich finanzschwache Kommunen ohne wirt

(Dr. Heiner Garg)

schaftliche Zukunft - die werden sie ohne einen Breitbandausbau nicht haben - selbst aus der finanziellen Not retten sollen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Im Finanzausschuss noch zu klären ist die Frage, ob es im ländlichen Raum finanziell notleidende Kommunen gibt, die noch keinen Breitbandausbau haben.

(Beifall PIRATEN)

Das ist eine Frage, die ich aus dem Stegreif nicht beantworten kann.

Ein anderer Schwerpunkt, über den wir bei dem Programm nachdenken müssen - das hat der Kollege Garg richtig angesprochen -, sind Investitionen in unsere Krankenhäuser. Die Debatte, wie wir die Krankenhausfinanzierung langfristig aufstellen, führen wir schon seit Längerem. Das können wir mit diesem Sonderprogramm nicht machen. Nichtsdestotrotz sagt der Infrastrukturbericht, dass wir eine Deckungslücke von knapp 554 Millionen € haben, einen Sanierungsbedarf in den Krankenhäusern. Mit 100 Millionen € könnte man an dieser Stelle schon ein paar Tropfen auf den heißen Stein gießen.

Natürlich stellt sich auch die Frage, wie wir mit unserer Schulinfrastruktur umgehen. Die energetische Sanierung unserer Bildungsinfrastruktur ist wichtig. Das möchte ich nicht bestreiten. Es geht darum, wo wir Prioritäten setzen.

(Anhaltende Unruhe)

Mich interessiert, wie hoch der Bedarf an energetischer Sanierung unserer Bildungsinfrastruktur in den Kommunen tatsächlich ist. Wo der Bedarf am größten ist, da muss man Prioritäten setzen.

Sie sehen, es geht um die Frage der Prioritäten. Der Bund gibt uns Vorgaben, die leider ein bisschen an der Realität in Schleswig-Holstein und seinen Kommunen vorbeigehen. Als Beispiel nenne ich die Kommunalstraßen.

Ich freue mich darauf, die Debatte, wie wir das Geld verteilen wollen, welche Prioritäten wir setzen wollen, im Ausschuss genauso zu führen wie die Debatte über die Frage, die die CDU in ihrem Antrag aufwirft, ob die Kommunen den 10-prozentigen Eigenanteil leisten können.

Kommen Sie bitte zum Schluss.