Protocol of the Session on March 20, 2015

gramm ITI Verantwortung an die Region abgegeben wird.

Der Bericht beschreibt korrekt, was die Stärken der Westküste und die Entwicklungsziele der Region sind. Aber in großen Teilen bleibt er eine Bestandsaufnahme und weniger ein perspektivischer Bericht. Im Übrigen fehlen auch diverse Projekte, die ohne Hilfe des Landes aus der Region selbst vorangebracht werden. So planen die Westküstenkreise zum Beispiel - wir haben es schon gehört - gerade eine flächendeckende Ausstattung mit Schnellladestationen für Elektroautos sowohl für Touristen als auch für Einheimische. Ein solches Projekt in Deutschland wäre doch einer Erwähnung durchaus wert gewesen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN und CDU)

Besondere Stärken der Region liegen vor dem Hintergrund der Natur an der Westküste sicherlich unter anderem in den Bereichen erneuerbare Energien und Tourismus. Zu Recht beschreibt der Bericht, dass eine Strukturschwäche der Westküste in der unterdurchschnittlichen Präsenz der Bereiche Forschung und Entwicklung liegt. Umso wichtiger wäre es meiner Meinung nach, wenn die FH Westküste in die Lage versetzt würde, die Zusammenarbeit mit den Unternehmen der Region wirklich aktiv voranzutreiben.

Mich wundert auch, Herr Minister, dass bei der Aufzählung der Forschungseinrichtungen an der Westküste sowohl im schriftlichen Bericht als auch in Ihren mündlichen Ausführungen das Forschungs- und Technologiezentrum in Büsum gefehlt hat. Können Sie erklären, warum das so ist? Wir hoffen nicht, dass die Uni Kiel dieses Zentrum mittelfristig loswerden will. Vielleicht können Sie im Nachgang noch einmal klarstellen, auf welchen Ursachen das beruht.

Richtig ist, den Fokus auf erneuerbare Energien in der Region zu legen. Die Westküste SchleswigHolsteins entwickelt sich zu einer Energiekompetenzregion mit bundesweiter Bedeutung. Große Potenziale gibt es zum Beispiel noch im Bereich der Energiespeicherung.

Da Sie das Projekt „Schaufenster Intelligente Energie - Wind“ angesprochen haben, Herr Minister: Ich hoffe, dass wir im Rahmen dieses Modellprojekts nicht die Chance vertun, eine solche Modellregion zu entwickeln, ohne haushaltsbezogen und individuell den Energieverbrauch zu erfassen, weil das mit enormen Gefahren für die Privatsphäre verbunden wäre. Ich würde mir wünschen, dass im Rahmen dieses Pilotprojekts geprüft wird, ob man

aggregieren und Verbrauchseinheiten zusammenfassen kann, um den Energieverbrauch und die Energieerzeugung zu steuern.

Zu begrüßen ist, dass die Etablierung eines Innovatoriums für erneuerbare Energien am IZET geprüft wird. Das zu fördern, wäre sicherlich sinnvoller, als einen Vielzweckhafen voranzutreiben und zweistellige Millionenbeträge in Aussicht zu stellen, bevor überhaupt annäherungsweise ein tragfähiges Konzept für einen wirtschaftlichen Betrieb vorliegt oder irgendein Investor gefunden wäre. Mit diesem Projekt, so wie es jetzt durchgeführt wird, drohen Sie sich nahtlos in die Serie von Investitionsruinen von Regionalfürsten im gesamten Bundesgebiet einzufügen, Herr Minister. Ich finde es auch bemerkenswert, Herr Minister, dass bei diesem Hafen in Brunsbüttel der Aufbau von Doppelkapazitäten in Konkurrenz zu anderen Ländern völlig okay sein soll, dass aber der Aufbau einer öffentlichen Fährverbindung nach Cuxhaven wegen der angeblichen Konkurrenz zu Glückstadt nicht förderfähig sein soll.

(Unruhe - Glocke Präsident)

In Niedersachsen gilt doch dasselbe EU-Recht, und dort ist eine Förderung möglich. Deswegen bitte ich Sie: Überdenken Sie Ihre Position zu der Frage noch einmal; denn eine solche Fährverbindung würde zwei Regionen verbinden und wäre wirklich eine Entwicklungsperspektive für die Region.

Zur Schließung des Landeshafens Friedrichskoog haben wir an anderer Stelle schon genug gesagt. Da Sie in Ihrer Rede das Thema der westlichen Elbquerung angesprochen haben, muss ich sagen: Ich finde es unglaublich, dass Sie die Einigungs- und Vergleichsbereitschaft des Kreises an dieser Stelle so interpretieren, als sei das ein Zeichen des Verständnisses für die Notwendigkeit der A 20. Der Kreis Steinburg hat nie gesagt, dass er gegen dieses Querungsprojekt ist. Das ist immer eindeutig klargestellt worden. Die Klage ist allein deswegen eingereicht worden, weil Sie Gesprächsangebote in Sachen Feuerwehr abgelehnt haben, die letzten Endes die westliche Erbquerung abdecken und die Versorgung sicherstellen soll. Das Land ist daran schuld, und für diese missliche Situation lässt sich die Region auch nicht die Schuld zuweisen. Ich hoffe, dass das Land jetzt endlich bereit ist, da zu einer Klärung zu kommen. Es ist selbstverständlich, dass da nach wie vor Vergleichsbereitschaft besteht, die von Anfang an vorhanden gewesen ist.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN und CDU)

(Dr. Patrick Breyer)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als PIRAT muss ich natürlich auch sagen, dass ich es erschreckend finde, in wie vielen Gemeinden an der Westküste nicht einmal 50 % der Haushalte einen Breitbandanschluss über DSL bekommen können. Wenn Sie sich den Breitbandatlas angucken, dann stellen Sie fest, dass da weite Teile der Region völlig unterversorgt sind. Da muss ich schon die Frage stellen, Herr Minister: Ist es richtig, wenn das Land teure Hochgeschwindigkeitsanbindungen in den kleinsten Gemeinden des Landes fördert, während vielerorts nicht einmal eine Basisanbindung über DSL verfügbar ist? Ich bin der Überzeugung, wir brauchen in Deutschland endlich eine Universaldienstverpflichtung Internet, das heißt, dass jeder nicht nur einen Anspruch hat, einen Telefonanschluss zu bekommen, sondern auch einen Internetanschluss. Dieser ist heute viel wichtiger als ein Telefonanschluss geworden. Dass wir das immer noch nicht haben, macht Deutschland im Vergleich zu anderen Regionen in Europa hier wirklich zum Entwicklungsland.

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Unerhört!)

Mein Fazit zu diesem Bericht ist, dass die Westküste sich vor allem selbst voranbringt. Alle Projekte, die aus der Region heraus entstehen, verdienen die Anerkennung und die Unterstützung des Landes.

Abschließend will ich noch auf den Kollegen Magnussen eingehen, der davon gesprochen hat, dass die Region einen Wahlkreis zu verlieren droht. Ich darf ja nicht aus den Beratungen des entsprechenden Gremiums berichten. Aber wenden Sie sich einmal an die Kolleginnen und Kollegen Ihrer eigenen Fraktion, die dafür zuständig sind, und setzen Sie sich bei denen dafür ein, dass das nicht passiert. Es gibt Lösungen und Modelle, wie man die Wahlkreise zuschneiden kann, ohne Wahlkreise komplett zu verschieben. Wir sind natürlich gern an Ihrer Seite, um das zu vermeiden; denn das wäre in der Tat eine deutliche Schwächung der Region und tut keine Not. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Herr Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Als der Landtag am 11. November

2005 schon einmal über die Perspektive der Westküste debattierte, musste mein Kollege Lars Harms die damalige Landesregierung erst auf vorbildliche regionale Kultur- und Tourismusprojekte in anderen Gegenden Europas hinweisen. Die Landesregierung hatte damals, also vor ungefähr zehn Jahren, die Idee des kulturellen Tourismus in den Minderheitenregionen überhaupt noch nicht auf dem Radar. Ob das nun damals Ignoranz oder Borniertheit entsprang, vermag ich nicht zu beurteilen. Tatsache ist, dass unsere Landesregierung nicht nur den Wert des Kulturtourismus erkennt, sondern auch aktiv fördert. Die Landesregierung hat erkannt, dass sprachliche Vielfalt ein prägendes Alleinstellungsmerkmal des Kreises Nordfriesland ist, und damit kann richtig Geld verdient werden.

(Beifall SSW)

Ich spreche unter anderem vom Biikebrennen, das inzwischen als Weltkulturerbe anerkannt ist und das das friesische Erbe feiert und gleichzeitig die Saison verlängert. Immer mehr Veranstalter nehmen dieses Volksfest in ihr Programm auf und locken Gäste nach Nordfriesland. Der Februar galt bislang an der Küste als ein umsatzschwacher Monat. In Friesland ändert sich das gerade.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch jenseits des Biikebrennens zieht die kulturelle Vielfalt. So vermittelt die zweisprachige Beschilderung den Touristen das Gefühl, in einer ganz besonderen Region Urlaub zu machen. Das ist kein gering zu schätzender Vorteil in der Konkurrenz der Regionen um zahlungswillige Urlauber. Die Westküste profitiert inzwischen von ihrer Einzigartigkeit, die sie jahrelang nicht aktiv beworben hat. Das findet natürlich die besondere Unterstützung des SSW als Partei zweier nationaler Minderheiten.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Berücksichtigung des Kulturtourismus in der Mehrsprachenregion Nordfriesland ist aber nur einer von mehreren Unterschieden zwischen dem aktuellen und dem vergangenem Westküstenbericht. 2005 wurde erstmals der Kreis Steinburg in die Strukturförderung der Westküste einbezogen. Wie sich aus heutiger Sicht zeigt, war das eine richtige Entscheidung. Man kann Regionen nicht isoliert betrachten, man provoziert sonst massive Strukturfehler. Dass beherzigt die Landeregierung ausdrücklich, indem sie beispielsweise Dänemark nicht nur als Verkehrspartner und Nachbarland in

(Dr. Patrick Breyer)

die Planungen einbezieht, sondern auch beim Ausbau des Stromnetzes einplant. So muss Regionalpolitik aussehen, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und Beifall Sven Krumbeck [PIRATEN])

Vernetzte Regionalpolitik bedeutet gleichzeitig, die Zusammenarbeit an der Westküste, beispielsweise zwischen den Kommunen, zu unterstützen. Auch das macht die Landesregierung in vorbildlicher Art und Weise.

Wie nicht erst seit diesem Bericht zur Entwicklung der Westküste feststeht, hat die Landesregierung einen vollständigen Perspektivwechsel in der Regionalpolitik vollzogen. Die Landesregierung legt besonderen Wert darauf, die Region nicht von oben nach unten zu entwickeln, sondern ausschließlich im Dialog. So steht wörtlich im Bericht:

„Die anstehenden Herausforderungen können nur gemeinsam vom Land und den regionalen Akteuren bewältigt werden.“

Damit wird klar, dass die Landespolitik nicht länger auf Konfrontation, sondern auf Kooperation setzt. Was sich in Kiel am Schreibtisch vielleicht ganz plausibel liest, muss eben nicht zwangsläufig auch an der Westküste tatsächlich funktionieren. Hier spart die Abstimmung vor Ort bares Geld. Das könnte im Grunde genauso für Brüssel gelten. Leider müssen sich viele Projektentwickler der Logik europäischer Förderinstrumente unterwerfen. Ich würde mir wünschen, dass die europäische Förderpolitik mehr Rücksicht auf die Gegebenheiten vor Ort nehmen würde. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Neu ist auch, dass die Landesregierung anerkennt, wie groß die Kreativität an der Westküste tatsächlich ist. Die Akteure haben zum Beispiel mit dem Versorgungszentrum in Brunsbüttel gezeigt, dass sie etwas in Gang bringen können. Hier sollten wir weiterhin immer genau hinhören, damit uns ja nichts durch die Lappen geht.

Die Westküste ist aber auch Heimat. Bis zu einem gewissen Grad sind die Menschen an der Küste zu Kompromissen bereit, zum Beispiel beim Einkommen. Am Jahresende meldeten die Zeitungen, dass das Durchschnittseinkommen in Dithmarschen am Ende aller schleswig-holsteinischen Kreise lag, nämlich bei knapp 30.000 €. Das ist ein wirkliches Alarmzeichen, denn wir wissen doch alle, dass die Menschen dem Einkommen folgen. Dithmarschen hat - wie die gesamte Westküste - ein Defizit an akademischen Arbeitsplätzen. Da müssen wir wirk

lich am Ball bleiben. Die Landesregierung bemüht sich, diese Entwicklung zu steuern. Aber Arbeitsund Ausbildungsplätze kann selbst die beste Landesregierung nicht einfach von oben verordnen. Sie kann nichts anderes tun, als die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Das Landesprogramm Arbeit ist dafür ein wichtiger und richtiger Baustein. Auskömmliche Arbeitsplätze bilden nämlich die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung. Die müssen nicht immer direkt vor Ort sein, aber zumindest gut zu erreichen. Mobilität in Verbindung mit ausreichenden Angeboten in den Bereichen Kindergarten, Schule, Weiterbildung und Gesundheitsfürsorge sind die Ecksteine, die für eine gute Entwicklung sorgen. Das sind genau die Ecksteine, die wir auch an der Westküste weiterentwickeln. Hier sind wir auf einem unheimlich guten Weg. - Jo tak.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal aufgrund des Wortbeitrags des Kollegen Kumbartzky gemeldet. Heute ist nicht nur Sonnenfinsternis über Deutschland, sondern auch Sonnenfinsternis bei der FDP, wahrscheinlich gibt es negative Strahlung. Sie haben alles heruntergezogen. Für Sie war in diesem Bericht nicht ein einziger Punkt, der Ihnen gefallen hat.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Das tut mir leid!)

Sie haben aber auch keine einzige Idee genannt. Ich lasse Ihnen das nicht durchgehen. Für eine ehemalige Wirtschaftspartei war das, was Sie hier vorgetragen haben, eine „dünne Suppe“.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Ich möchte richtigstellen, was Sie zu Staatssekretär Nägele gesagt haben. Man muss so ein Zitat im Zusammenhang lesen. Er hat nämlich gesagt: Klassische Chemie gilt nicht mehr als alleinseligmachend. Wir brauchen neue Schwerpunkte. Dann hat er sich, ausgehend von diesem Zitat, auf die Multi Purpose

(Flemming Meyer)

Pier in Brunsbüttel ausgerichtet. Er hat recht. Wir können mit der klassischen alten Ökonomie in Brunsbüttel keinen Blumentopf mehr gewinnen. Wir brauchen neue Ideen, aber die muss man auch liefern. Das Thema des Lieferns haben Sie heute in Ihrer Rede überhaupt nicht angesprochen.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Liefern Sie doch einmal!)

- Lieber Herr Kollege Kumbartzky, ich möchte auch etwas zum Thema Neulandhalle sagen. Die Ministerin ist jetzt nicht da. Als Mitglied der Kirchenleitung ist mir aber bekannt, dass die Ministerin die Kirche frühzeitig über die Situation unterrichtet hat. Sie unterstellen ihr jetzt, dass hier nicht kommuniziert wird und dass sie das aus der Zeitung erfahren hat. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen: Hier ist umfassend informiert worden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW und vereinzelt SPD)