Protocol of the Session on March 20, 2015

(Beifall SPD und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Herr Abgeordnete Bernd Voß das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, ich gehe zuerst darauf ein, was von den Kollegen von vor Ort hier gerade an „Gegen-die-Wand-Reden“ veranstaltet wurde. Sie laufen hier mit einem Feuerlöscher herum, versprühen Nebel und tun so, als sei es in Brunsbüttel mit der Feuerwehr ganz einfach zu regeln. Wir wissen, dass die Probleme dort riesig sind. Aber Sie wissen genauso, dass Sie einen Präzedenzfall schaffen, wenn Sie ganz einfach einmal das Feuerwehrgesetz verändern. Alle drei sind da intensiv am Basteln. Verbreiten Sie hier nicht diese Mär!

Nun zur Aussage von Staatssekretär Nägele hinsichtlich des Zenits in Brunsbüttel. Sie beiden waren ja nicht dabei. Ich war bei dem Termin in Brunsbüttel dabei.

(Zuruf FDP: Ich war dabei! Wir saßen ne- beneinander!)

Ich finde es schlicht und einfach eine Unverschämtheit, in welchen Kontext sie diese Aussage stellen. Diese Aussage des Staatssekretärs erfolgte nach dem Motto: Die alte Industriepolitik der 70er-Jahre wird nicht so fortgesetzt werden können. - Das war die Politik der CDU, die sich teilweise bis heute

fortsetzt: Milliarden in einen Standort investieren, große Industrieflächen einzelnen großen internationalen Konzernen übertragen. Dadurch haben wir heute nach wie vor eine sehr schwierige Entwicklung vor Ort. Bei dieser Aussage ging es im Grunde zugleich darum, neue Perspektiven für den Standort durch neue Investitionen zu eröffnen. Wir alle haben heute bereits gehört, dass das Land bereit ist, bis zu 60 Millionen € in eine Multi-Purpose-Pier hineinzustecken.

Der Staatssekretär ist insbesondere deswegen so laut oder, besser gesagt, sehr deutlich geworden, um Ihren Kollegen vor Ort deutlich zu machen, dass man sich um diesen Standort, um diese Perle kümmern muss. Eine Perle, muss man putzen, und diesen Standort muss man weiterentwickeln.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Von daher finde ich es ausgesprochen destruktiv, wie Sie diesen Punkt hier vergackern.

Herr Abgeordneter Voß, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Magnussen? Bitte schön, Herr Abgeordneter!

Herr Kollege Voß, wir vergackern den Punkt nicht. Aber ich möchte Ihnen zur Kenntnis geben - ich hoffe, Sie nehmen es zur Kenntnis -, dass mich aus der Industrie besorgte Anrufe erreicht haben, die mich genau auf diesen Punkt des Zenits, der überschritten sei, wie Herr Dr. Nägele gegenüber den Medien dargelegt und wahrscheinlich auch in Ihrem Beisein kundgetan hat, angesprochen haben. Es scheint ja nicht so rübergekommen zu sein, wie Sie es jetzt hier darstellen.

Es scheint nicht so rübergekommen zu sein, wie Sie es jetzt nehmen und verdrehen. Es war ausgesprochen deutlich - ansonsten holen Sie sich das Wortprotokoll der Veranstaltung -, dass man sich um diesen Standort kümmern und auch neue Techniken, neue mittelständische Industrien an den Standort holen muss - Stichworte „Schwerlast“ und „Offshore“ - und dass dafür gearbeitet wird. Von daher veranstalten Sie hier wieder eine Erbsenpulerei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

(Thomas Hölck)

Vorweg erst einmal einen herzlichen Dank an die Landesregierung für die Erstellung dieses Berichts.

Die Landesregierung hat bei ihrem Antritt sehr deutlich gemacht, dass sie sich um diese „ultraperiphere“ Region, wie es ja auf Neudeutsch heißt, sehr intensiv kümmern wird. Dabei steht vorne an, dies auch zusammen mit den Akteuren zu machen. Dies ist beim Westküstenplan so und auch mit den Betroffenen bei der Findung der Korridore für die Stromtrassen.

Nur so lassen sich letztlich die Herausforderungen des Strukturwandels, der Energiewende und der Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, der Auswirkungen des Klimawandels und des demografischen Wandels, um hier nur einige Punkte zu nennen, erfolgreich in die Entwicklung einbringen.

Von den Förderinstrumenten des Landes werde ich hier nur drei Beispiele aufführen. Das ist erstens das bereits mehrfach genannte Programm ITI, das sich ja gerade dadurch auszeichnet, dass es zusammen mit Akteuren der Region gemacht wird. Es ist völlig klar, dass das den Prozess nicht vereinfacht. Wir alle wissen, wie viele Anträge vorliegen. Wir wissen aber zugleich auch, dass wir ganz klare Schwerpunkte haben. Sie liegen im Bereich Tourismus, Energie, Umwelt und Entwicklung. Ich denke, das ist gut so.

Beim Landesprogramm für die ländlichen Räume wird das erfolgreiche LEADER-Programm fortgesetzt. Schwerpunkte sind Klimawandel und Energie, nachhaltige Daseinsvorsorge und auch Bildung.

An dieser Stelle - das betrifft auch Dithmarschen, obwohl wir mit Sicherheit weitere Schulschließungen aufgrund des demografischen Wandels bekommen werden - haben wir ein Programm für kleine Grundschulen eingebaut. Sie sind einfach wichtig, ein wichtiger Standortfaktor, gerade auch für junge Familien im ländlichen Raum.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Barbara Ostmeier [CDU] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Mit der Unterstützung der Weiterentwicklung des Krankenhauses Brunsbüttel zu einem Modellprojekt für die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum wird durch das Land mit im Grunde ausgesprochen knappen Fördermitteln - wir alle wissen, dass wir im Bereich Krankenhausfinanzierung mit rund 350 Millionen € im Rückstand sind - ein Zukunftsmodell gefördert. Ich denke, das macht sehr deutlich, welche Bedeutung die Westküste hat.

Ich will an dieser Stelle mit den Förderprogrammen erst einmal aufhören.

Zur Infrastruktur Straße muss man, denke ich, einfach feststellen, dass wir im Koalitionsvertrag eine Priorisierung der Projekte an der Westküste vorgenommen haben. Vorne an steht dabei die Anbindung des Industriegebiets Brunsbüttel durch den dreispurigen Ausbau. Dass das in Teilen schon erfolgt ist, indem man angefangen hat, Teile der Straße zu sanieren, können Sie nicht ignorieren. Sie wissen, welche Verfahren laufen.

Auf der Schiene ist die für eine Sicherung der Anforderungen des Industrie- und Hafenstandortes Brunsbüttel wichtige Elektrifizierung, aber insbesondere auch die Ertüchtigung der ganzen Infrastruktur, mehr als überfällig. Ich denke, das ist von der Opposition sehr deutlich gesagt worden. Zugleich ist die Landesregierung, denke ich, sehr klar dabei. Vor dem Hintergrund der guten Perspektiven bei der Entwicklung des Hafenstandorts sollte die Entwicklung zu einem Standort für LNG-Flüssiggas vorangebracht werden. Gerade weil hier Verbraucher und sehr viele Schiffe sind, weil das ein Knotenpunkt ist, tut sich, denke ich, hier eine neue Perspektive für den Standort auf.

Das gilt im Grunde auch für die Nutzung der erneuerbaren Energien als Windgas, als Speicher für die stoffliche Nutzung bei industriellen Prozessen im Industrieraum Brunsbüttel. Die stärkere Energiekooperation der großen Unternehmen dort wird intensiv verfolgt werden müssen. Wir wissen, dass dort bereits einige Bausteine gelegt worden sind und dass die Steuerung der Unternehmen aus weltweiten Zentralen heraus dabei immer wieder ein Problem ist.

Wir sind auch davon überzeugt, dass mit einer privatwirtschaftlich finanzierten Elbfähre in Brunsbüttel eine flexible und schnelle Realisierung einer Elbquerung westlich von Hamburg umgesetzt werden kann,

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

auch wenn immer und immer wieder von den Kollegen hier erklärt wird, was nicht geht und dass gar nichts geht. Ich denke, wir sollten da einmal die Unternehmer handeln lassen, die an der Geschichte dran sind.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

Zum Hafen Brunsbüttel will ich an dieser Stelle betonen, dass das Vorhalten von Infrastruktur auch

(Bernd Voß)

öffentliche Aufgabe ist. Das Land hat sehr deutlich signalisiert, dass wir mit den knappen GRW-Mitteln in die Finanzierung dieses kommunalen Hafens hineingehen werden. Das bedarf im Moment der Prüfung der Wirtschaftlichkeit. Es bleibt mit Sicherheit ein Restrisiko.

Trotzdem sollte, denke ich, bei der Entscheidung berücksichtigt werden, dass wir hier neue Unternehmen brauchen und neue Unternehmen herangeholt werden müssen und wir uns nicht immer wieder auf die negativen Erfahrungen mit den Investitionen und Subventionen, die gerade in Ihren vergangenen Jahrzehnten getätigt wurden, zurückziehen dürfen.

Nirgends wird so deutlich wie an der Westküste, dass die Naturlandschaft sowohl für den Tourismus als auch für die Attraktivität unheimlich wichtig ist. Sie ist einzigartig. Wir haben eine positive Umweltentwicklung, die wichtig ist. Wir haben auch überzeugende Zahlen über die Wertschöpfung des Tourismus, getragen von der Perle hier im Raum, dem Naturpark Wattenmeer. Hier liegen die Perspektiven, beflügelt mit Leitprojekten wie der Nachhaltigkeit in der Tourismusstrategie 2025. Ich sage auch sehr deutlich: Hierfür steht auch die Novellierung des Naturschutzgesetzes, um hier Natur und Umwelt vor Ort zu sichern.

Der demografische Wandel wird insbesondere in den Westküstenkreisen zu einer Verschiebung der Altersstruktur der Bevölkerung führen. Hier gibt es ganz viele verschiedene Entwicklungsperspektiven, auf die ich hier nicht eingehen muss. Einzige Perspektive ist aber, den demografischen Wandel wirklich positiv anzugehen und ihn positiv zu gestalten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir alle kennen die kulturellen Highlights der Westküste. Kein kulturelles Highlight, aber von sehr großer Bedeutung an der Westküste, ist die Neulandhalle. Die Situation ist klar: Geld kommt nicht von allein. Wir werden intensiv weiter über das Konzept hinaus, das jetzt besteht, schauen müssen, wie wir diese für die Geschichte unseres Landes wichtige Gedenkstätte werden erhalten und weiterentwickeln können.

Es ließen sich noch viele Punkte aufführen: Welche Perspektiven ergeben sich durch die neu hinzuziehenden Flüchtlinge an der Westküste? Wie kann auf regionale große Arbeitsplatzverluste unter anderem in Itzehoe reagiert werden? Wie können höhere regionale Wertschöpfungen aus der Land- und Ernährungswirtschaft generiert werden?

Aber ich sage zum Schluss: Ob als Pionier bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien in den letzten Jahrzehnten oder bei der Etablierung von Bürgerbussen in den letzten Monaten,

Kommen Sie bitte zum Schluss.

- die Bürgerinnen und Bürger an der Westküste haben es immer wieder sehr gut verstanden, frühzeitig sowohl auf weltweite Entwicklungen - ich nenne den Klimawandel -, aber auch auf lokale Herausforderungen Antworten zu finden. Ich glaube, das ist wirklich die Stärke der Westküste. Darauf sollten wir setzen und nicht auf das Gequengel der Oppositionskollegen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die Piratenfraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Patrick Breyer das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Minister Meyer, ich wollte mit einem positiven Ausblick zu Ihrem schriftlichen Bericht einsteigen, muss aber jetzt nach Ihren mündlichen Einlassungen voranschicken: Wenn Sie Streit um den richtigen Weg als Genöle diffamieren, so halte ich das für respektlos und für den falschen Umgangston.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Ihr schriftlicher Bericht gibt einen durchaus guten Überblick über die von der Landesregierung an der Westküste unterstützten Projekte und Vorhaben, was die Perspektiven für die Westküste angeht. Allerdings schmücken Sie sich zum Teil mit fremden Federn; denn die Initiativen für ein regionales Entwicklungskonzept oder auch für das Zukunftsmodell des Krankenhauses Brunsbüttel sind aus der Region heraus gekommen, und eine finanzielle Unterstützung durch das Land musste von der Region erst hart erkämpft werden. Das kann sich das Land also kaum auf die Fahnen schreiben.

Wo von unten entschieden wird - da haben Sie Recht, Herr Kollege Voß -, da funktioniert es. Deswegen ist es auch gut, dass mit dem Sonderpro

(Bernd Voß)

gramm ITI Verantwortung an die Region abgegeben wird.