Ihr Bekenntnis zum Hafen Brunsbüttel habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen. Ich hoffe, dass das weiterhin Bestand hat, trotz der Situation, die sich jetzt vor Ort eingestellt hat. Aber das werden Sie wahrscheinlich genauso gut wissen wie ich auch. Ich hoffe, dass das keine leere Versprechung bleibt.
Die Akteure an der Westküste machen ihre Hausaufgaben, Herr Minister. Exemplarisch nenne ich das Logistikunternehmen, die Spedition Kruse, bei Ihnen vielleicht als Ökoliner bekannt. Es organisiert den zentralen Weltumschlag der Windtechnikkomponenten von Senvion. Das ist ein super Projekt für die Region.
Aber mit großer Sorge habe ich ebenso wie der Kollege Kumbartzky die Aussagen des Staatssekretärs Nägele in der „Dithmarscher Landeszeitung“ am 30. Januar 2015 zur Kenntnis nehmen müssen.
Das ist für einen Aufsichtsratsvorsitzenden der Wirtschaftsförderung Unterelbe eine bemerkenswerte Feststellung, Herr Minister, die Herr Dr. Nägele über Ihre persönliche Perle Schleswig-Holsteins dargeboten hat. Aber seit Sonntag wissen wir ja alle, dass der Ministerpräsident nun aber verstärkt antreten wird, um den Industrieraum Brunsbüttel mit Ansiedelungen zu beglücken. Da kann man nur festhalten: Endlich angekommen, das Problem ist angekommen. Herr Ministerpräsident und Herr Minister, Sie können insoweit mit Sicherheit auch auf mich und die ganze Region zählen.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf den Abschnitt 6.1 des Berichts zur Industriepolitik Ihrer Regierung: viele warme Worte und reichlich
Prosa. Wichtig ist: Neben Neuansiedlungen sollte für eine Landesregierung der Substanzerhalt, die Bestandspflege vorrangig mit im Fokus stehen. Am Standort Brunsbüttel ist das leider nicht der Fall; wir haben dort abgängige Industriebetriebe.
Auch wenn der Energieminister heute nicht hier ist - aber das betrifft ja auch den Wirtschaftsminister -, möchte ich noch etwas zum Stichwort Energiewende sagen. NordLink wird gebaut, und das ist gut so. Wir haben gestern über SuedLink rauf- und runterdiskutiert. Meine Information dazu ist: Es liegt ein Planfeststellungsbeschluss vor, aber ohne Wegekonzept. Das geht überhaupt nicht und verunsichert die Akteure an der Westküste gerade vor dem Hintergrund der Folgen und Nachwehen der Flurschäden durch die bislang durchgeführten Trassenarbeiten immens. Herr Wirtschaftsminister, Sie hatten auch etwas zum Thema NordLink ausgeführt. Sie sollten sich dieses Themas einmal persönlich annehmen und das nicht dem Energieminister überlassen. Helfen Sie der Region, endlich vernünftige Grundlagen und Regeln zu finden.
Die Position der Fischerei habe ich noch einmal exemplarisch aufgegriffen. Ich zitiere aus dem Bericht:
Das klingt wie Hohn in den Ohren der Betroffenen, der größten Kutterflotte, die ihren Heimathafen verliert.
Als Nebeneffekt - das ist auch ein wirtschaftlicher Aspekt -: Der Ölplattform Mittelplate steht der Verlust der Personenbeförderung vom Hafen Friedrichskoog von der Westküste bevor. Ich stelle fest: 160 Millionen € Einnahmen aus dem Förderzins und keine Gegenleistung!
Zum Schluss möchte ich noch einige Ideen aufzeigen, die an der Westküste generiert werden könnten. Der Deich- und Hauptsielverband hat zum Beispiel als Antwort auf die steigenden Energiekosten das Projekt „Wind für Wasser“ initiiert. Die Umsetzung zur Kommunalisierung der schleswig-holsteinischen Häfen hätte das Projekt „Wind für Häfen“ konstruktiv begleiten können und kann dies auch immer noch. Ich erwarte von Ihnen eine Initiative zur Forschung Sonnenenergie und Wasserstoff in der industriellen Großanwendung am Industriestandort Brunsbüttel gemeinsam mit der chemi
schen Industrie. Stichwort ist hier für mich das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg. Die Nutzung der erzeugten Windenergie aus der Startphase des flächendeckenden Ausbaus des E-Tankstellennetzes für E-Mobilität, unter anderem auch für den Tourismus, Stichwort E-Bike, kann ja auch ein Projekt sein.
Die Nutzung überschüssigen Windstroms mit Windwärme wird auch in den Kreisen Nordfriesland und Dithmarschen positiv begleitet. Engagement der Landesregierung? - Fehlanzeige! Der Industriestandort braucht ein modernes, industrieorientiertes Brandschutzgesetz mit der Öffnung zur Übernahme von Brandschutz für die Werksfeuerwehr im geteilten Brunsbüttel.
Löblich sind an dieser Stelle auch noch Ausführungen zum ITI, aber ich kann Ihnen aus persönlicher Erfahrung sagen: Dieses Projekt ist schwer zu handeln, weil auch diejenigen, die es handeln sollen, es gar nicht handeln können.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf den SPDLandesparteitag vom 16. März 2015 und auf die in der „Dithmarscher Landeszeitung“ abgedruckte Rede von Herrn Ministerpräsident Albig zurückkommen. Er sagte dort: „Westküste im Blick“. Ich vermute, dass er hier die Schneidung der Wahlkreise im Kopf hatte und die Westküste einen Wahlkreis verlieren wird. Das ist eine Schwächung einer Region, die ohnehin schon nicht auf der Seite der Glückseligen steht. Vor dem Hintergrund der Aussage „Und was wird aus mir?“ einer bedeutenden Frau Schleswig-Holsteins sage ich: Was wird aus der Westküste? - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer die Westküste stärken will, der darf sie nicht schlechtreden.
- Herr Kollege, seien Sie doch nicht so aufgeregt. Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte man auch Perspektiven aufzeigen. Insoweit aber sind beide Sprecher der Oppositionsfraktionen sehr vage geblieben. Man kann auch sagen: Da war nichts, was man als Perspektive hätte aufnehmen können.
Die Westküste ist stark von der Identifikation ihrer Bürger mit ihrer Region abhängig. Ob Friesland oder Dithmarschen, ob Inseln, Halligen oder Festland: Die Bewohnerinnen und Bewohner identifizieren sich mit ihrer Landschaft und ihrem Lebensraum, möglicherweise sogar stärker als in anderen Landesteilen. Das spürt man auch, wenn man vor Ort ist. Das ist eine Ressource, mit der auch das Land punkten kann. Auch deshalb ist es so wichtig, mit dem Westküstenbeirat den Sachverstand vor Ort einzubinden.
Die Westküste hat viele Stärken und Alleinstellungsmerkmale. Erzeugerregion für erneuerbare Energien und unverwechselbare Tourismusregion in Schleswig-Holstein sind zwei Kompetenzen, mit denen die Westküste für sich werben kann und werben wird. Diese beiden Sektoren sind die Kernperspektiven für diese Region. Das muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen. Diese beiden Sektoren sind es, die wir auch künftig ausbauen müssen, um Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und zu sichern. Das ist der Kompetenzvorsprung für den Ausbau der erneuerbaren Energien in SchleswigHolstein.
Dabei muss es auch darum gehen, sich dem Wettbewerb um die Wartung und die Reparatur der Offshore-Anlagen zu stellen. Diese werden dort zwar nicht produziert, aber man kann sich um die Wartung und die Reparatur bewerben. Das ist eine Chance für die Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen vor Ort. Dafür ist es notwendig, dass regionale Häfen und Luftlandeplätze erhalten bleiben.
Es geht hier auch um Perspektiven der Westküste. Neben den erneuerbaren Energien ist der Tourismus ein zweites Standbein an der Westküste. Dazu gehört das Wattenmeer als Alleinstellungsmerkmal. Mit der Tourismusstrategie 2015 setzt sich Schleswig-Holstein ehrgeizige Ziele: 30 Millionen Übernachtungen statt heute 24 Millionen, Top 3 in Sachen Gästezufriedenheit statt heute leider nur Mittelfeld im Serviceranking und 30 % mehr Umsatz: 9 Milliarden € statt heute rund 6,9 Milliarden €.
Wenn wir das erreichen wollen, dann brauchen wir eine gute Infrastruktur, gute Konzepte, eine motivierte Wirtschaft, qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte und den gemeinsamen Willen, vor Ort etwas zu erreichen.
In beide Kompetenzbereiche investiert das Land Schleswig-Holstein zusätzliche Mittel. Beispielsweise geschieht dies mit dem Landesprogramm Arbeit mit dem Förderangebot „Fachkräftesicherung in speziellen Branchenkompetenzfeldern“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen überall im Land gute Arbeit. Das bedeutet für uns, dass wir auch hochqualifizierte Arbeitsplätze im Land halten wollen, und zwar mit guter Ausbildung, guter Bezahlung - damit meine ich Tariflöhne - und guten Arbeitsbedingungen. Die Gastronomie an der Westküste steht genauso wie die an der Ostseeküste im europäischen Wettbewerb um Personal. Diesen Wettbewerb kann man nur mit guter Bezahlung, guter Unterbringung und Wertschätzung gegenüber seinen Beschäftigten gewinnen.
Es geht nicht nur darum, dass das Land SchleswigHolstein zielgerichtet fördert. Gerade weil wir den Standort stärken wollen, fließt auch Geld von außen in die Westküstenregion. Allein durch die EEGUmlage sind es rund 500 Millionen €, die jährlich in die Region hineinfließen. Das ist Kapital, das zum Teil auch der Westküste zugutekommen wird.
Im Bereich der Infrastruktur sollten wir auch als Land an den Rahmenbedingungen arbeiten, damit sich Unternehmen ansiedeln und wachsen und damit Menschen gern in der Region leben. Schnelles Internet ist ein Standortfaktor von höchster Bedeutung. Es sorgt auch dafür, dass man in der Region gut arbeiten und im ländlichen Raum leben und auch alt werden kann.
Weiter notwendig sind Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Schulen und Kinderbetreuung oder medizinische Versorgung. Nicht zu unterschätzen ist die Wohnsituation. Auf Sylt sehen wir, wie es nicht sein darf: auf begrenztem Raum exorbitante Wohnkosten, sodass sich Menschen, die dort arbeiten, das Wohnen nicht mehr leisten können. Soweit dürfen wir es auf den anderen Inseln und in anderen Regionen nicht kommen lassen.
- Da darf man klatschen, Herr Kollege Schulze. Zur Perspektive für die Westküste gehört ohne Frage auch die Erreichbarkeit: der Ausbau der B 5, der Bau der A 20, die Elektrifizierung und der Ausbau der Marschbahn.
Die Westküste schlechtzureden, hilft ihr nicht; denn sie kann etwas. Meine sehr verehrten Damen und Herren, stärken wir ihre Stärken! - Herzlichen Dank.