Die Landesregierung wurde genauso kritisiert. Vielleicht sollten wir dazu noch einmal die Protokolle studieren, Herr Kollege Harms.
Meine Damen und Herren, wir suchen also in dem Bericht vergebens Antworten und Perspektiven. Stattdessen - das ist dort sehr ausführlich beschrieben - ist dort die ganze Latte von Förderprogrammen aufgeführt, also wo EU-Mittel an die Westküste gehen werden. Das ist dort sehr intensiv und ausführlich beschrieben. Das ist wunderbar, allerdings sind die Förderrichtlinien immer noch nicht raus. Das ist das eine. Das andere ist: Sie befriedi
gen die Westküste einfach nur dadurch, indem Sie Fördergelder versprechen. Hier ein paar EU-Gelder, und dann - denken Sie - wird die Westküste schon zufrieden sein. Das ist Ihre Westküstenpolitik. Und genau dieser Ansatz ist falsch.
Damit kommen wir zum sogenannten Westküstenprogramm ITI. Sie stellen sich bei jedem Grußwort in Dithmarschen - ob Sie Bockbier anstechen, ob Sie auf dem Karnevalswagen mitfahren, oder bei welcher Veranstaltung auch immer: Keine Feier ohne Meyer - hin -
- Karneval ist ja auch ein wichtiges Event! Bei jeder Veranstaltung stellt sich der Minister oder auch der Ministerpräsident hin und lobt dieses Förderprogramm in Höhe von 30 Millionen €: Ja, wir geben der Westküste doch 30 Millionen €!
Erstens sind das reine EU-Gelder. Das Land gibt gar nichts dazu. Ich erkenne an, dass das ein Programm aus EU-Fördermitteln ist, die zum Teil wahrscheinlich sowieso an die Westküste gekommen wären. Sie stellen das aber als die Wohltat schlechthin dar. Dabei hält das Ganze doch einem Faktencheck nicht stand. 30 Millionen € klingt gut. 30 Millionen € verteilt auf sechs Jahre klingt schon ein bisschen anders. Und hoppla, 30 Millionen € verteilt auf sechs Jahre und drei Kreise - nanu, da sind es ja nur noch 1,6 Millionen €. Das klingt doch schon ganz anders.
Außerdem ist das Antrags- und Vergabeverfahren sehr, sehr umständlich. Überall an der Westküste werden momentan Projekte und Projektskizzen erstellt. Und Sie werden sich dann hinstellen und sagen: Ja, es gab so viele Projektskizzen von der Westküste, toll, starke Leistung. Die 30 Millionen € sind mehrfach überzeichnet. Wir als Landesregierung sind so toll, weil wir ein tolles Projekt gemacht haben.
Selbst Ihre Kulturministerin ist schon darauf reingefallen, indem sie sagt: Ja, ich hätte gern auch für die Neulandhalle ITI-Mittel. - Ja hallo, geht es noch? Ich frage mich wirklich, ob Sie das ernst meinen. Selbst Ihre eigenen Kabinettskollegen fallen auf diese PR-Nummer rein, indem sie denken, da könne man auch noch für eine Kulturstätte Gelder holen. So wird es sein: Aus der ganzen Region
- Das Problem ist, dass Erwartungen geweckt werden, die dann nicht erfüllt werden können. Das führt zu Frustration.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Ja, aber wenn die Förderrichtlinien nicht erfüllt werden! - Wei- tere Zurufe SPD und SSW)
Ich könnte jetzt noch viele weitere Themen nennen, von der drangsalierten Fischerei, Herr Harms, den bürokratischen Auflagen für Unternehmen, den bürokratischen Auflagen für die Landwirtschaft bis hin zum Tourismus, ja, auch bis hin zur Bäderregelung, aber dafür fehlt jetzt die Zeit.
Ich beantrage, dass wir diesen grandiosen Bericht dem Wirtschaftsausschuss überweisen. Dann sollten wir Vertretern der Westküste die Chance geben, dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Dann werden wir sehen, wie toll Ihre Politik an der Westküste ankommt. Ich habe die große Hoffnung, dass sich aus diesen Stellungnahmen dann echte Handlungsempfehlungen ergeben, aus denen sich echte Perspektiven ableiten lassen.
Ich empfehle wirklich sehr: Lesen Sie sich einmal den letzten Absatz durch, Fazit zu diesem Bericht „Perspektiven für die Westküste“. Ich lese Ihnen diesen Satz vor:
„Intensivierte regionale Zusammenarbeit und Austausch sowie innovativer Ideenwettbewerb sind somit die Antwort der Landesregierung auf die Freisetzung vorhandener Entwicklungspotenziale und die Öffnung neuer Perspektiven für die Westküste.“
- Mensch Meyer, das ist wirklich einmal eine ganz, ganz starke Aussage. Wie gut auch diese Zusammenarbeit gerade zwischen Regierung und Westküste klappt, gerade auch im Hinblick auf Innovationen, das sehen wir bei Frau Spoorendonk und der Neulandhalle. Ich erwähne das einfach noch einmal, weil das ein sehr aktuelles Beispiel ist. Es wird einfach dieses große Projekt kassiert. Und wie wird
das gemacht? Auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Dudda wird geantwortet: Wir haben momentan kein Geld dafür. Die Kirche, also der Besitzer dieses Gebäudes, erfährt das durch die Kleine Anfrage. Der Ministerpräsident stellt sich vor die Presse und sagt: Ja, ich habe das irgendwie auch nur durch die Antwort auf die Kleine Anfrage erfahren. Wie kommunizieren Sie denn im Kabinett? Vielleicht sollten Sie einmal Ihre Handynummern austauschen. Das Problem hatten wir schon bei der Geiselnahme in Lübeck. Was ist denn da los? Ich frage mich da wirklich, ob in der Staatskanzlei jemand zu Hause ist.
Meine Redezeit ist abgelaufen. - Dieser Vorgang ist wirklich sehr erschütternd. Ich fordere Sie auf: Beenden Sie endlich Ihr westküstenpolitisches Trauerspiel! - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schule des Kreises Ostholstein in Oldenburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mittlerweile wurde die Landtagsdebatte zur Perspektive der Westküste bereits drei Mal vertagt. Ich hatte heute Morgen schon den Eindruck, dass wir das jetzt ein viertes Mal machen und habe schon einen Boykott der Westküste vermutet, aber jetzt steht der Bericht doch heute auf der Tagesordnung.
Das Zitat von Oliver Kumbartzky will ich nicht wiederholen, was der Ministerpräsident in der dpaMeldung gesagt hat. Aber er hat das am 15. August 2012 in der Kreisverwaltung noch einmal untermauert, indem er gesagt hat, er sehe Dithmarschen und die gesamte Westküste als Chancenregion unseres Landes. - Wir nehmen heute ernüchtert zur
Kenntnis, dass in zweieinhalb Jahren wenig passiert ist. Die Landesregierung erweckt den Eindruck, der Robin Hood der Westküste zu sein. Die Bevölkerung der Westküste fühlt sich eher als Don Quijote bei ihrem aussichtlosen Kampf gegen die legendären Windmühlen.
Dem Bericht entnehmen wir, die Landesregierung war doch tätig und hat zwei Herausforderungen des Strukturwandels identifiziert: Energiewende und die Erhöhung der regionalen Wertschöpfung. Donnerwetter! Das Fazit der Landesregierung ist: Gemeinsames Handeln von Landesregierung und regionalen Akteuren wird die Probleme schon meistern - was auch immer das bedeuten mag.
Herr Meyer, eine Anmerkung aus unternehmerischer Erfahrung dazu: Diese Gewerbe benötigen einen flexiblen Handlungsraum, eine funktionierende Infrastruktur. Daran fehlt es in der Region: Beispiel A 20 - das haben Sie eben ausgeführt -, B 5 - ein Dauerbrenner -, der Flaschenhals A 23 auf die A 7, insbesondere jetzt beim Ausbau in Hamburg, und die Landesstraßen. Der Kollege Kumbartzky hat dazu schon Ausführungen gemacht. Die Stellungnahme zum Gütergleis Brunsbüttel-Wilster ist nichts Neues.
Es fehlt jedoch im Bericht die Neuorganisation der Gleisanlagen im Industriegebiet Brunsbüttel, Herr Meyer. Das ist ein Riesenproblem. Die Probleme bestehen hier darin, dass ein Rangierbahnhof fehlt, dass es ein Gleis gibt, das quer durch ein Bitumenwerk läuft. Das sind Zustände, die dringend abgestellt werden müssen. So viel zum Thema Schiene.
Infrastruktur zählt für mich als harter Faktor und gehört als solches mit ins Landesprogramm Arbeit. Fachkräfte und Arbeit gibt es da, wo Betriebe sind. Das wird selbst Sie nicht verwundern. Die Betriebe sind da, wo man flexibel agieren kann, wo man mobil ist.
Die Regionale Kooperation A 23/B 5 hat in ihrem Fact Book 2014 nachhaltig und zielorientiert die Situation der Westküste beschrieben. Auf diesen Bericht kann man aufsetzen. Darin sind die Probleme dargelegt. Das ist eine optimale Handlungsempfehlung für die Landesregierung. Jetzt, verehrter Herr Ministerpräsident - der ist im Moment nicht da, dann gebe ich das an den Minister weiter -, liegt der Ball in Ihrem Spielfeld. Sie spielen immer so gern das Spiel, den Ball in die Region zu spielen und zu sagen: Jetzt entscheidet ihr einmal! Sie haben mit diesem Bericht jetzt eine Handlungsoption, mit dieser Ausarbeitung der REK, darauf können Sie aufsetzen.
Ihr Bekenntnis zum Hafen Brunsbüttel habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen. Ich hoffe, dass das weiterhin Bestand hat, trotz der Situation, die sich jetzt vor Ort eingestellt hat. Aber das werden Sie wahrscheinlich genauso gut wissen wie ich auch. Ich hoffe, dass das keine leere Versprechung bleibt.