Die deutsche Rechtsordnung sieht vor - das wissen auch Sie, und dafür gibt es eine ganze Reihe von Beispielen -, dass selbst Taten, die von Polizeibeamten bei Demonstrationen ausgeübt werden, strafrechtlich verfolgt werden. Übrigens sind auch schon Einkesselungen, so hat es das Verwaltungsgericht Hamburg entschieden, von Gerichten als rechtswidrig erkannt worden und haben zu Schadenersatzzahlungen an die davon Betroffenen geführt. Das ist der Rechtsstaat, und an dem wollen wir festhalten.
Entscheidend ist, dass wir überhaupt keine neutralen Demonstrationsbeobachter bekommen werden und auch gar nicht bekommen können. Der Kollege Andresen hat darauf hingewiesen, dass
Der Kollege Werner Kalinka hatte vorgeschlagen, dass er und der Kollege Andresen doch gemeinsam zu einer Demonstrationsbeobachtung gehen könnten. Ich bin sicher, dass beide den gleichen Sachverhalt aufnähmen, dass sie aber zu einer völlig unterschiedlichen Wahrnehmung gekommen wären.
Ich bin mir deshalb ganz sicher, weil allein die Vorprägung dazu führt, dass die Wahrnehmung - Psychologie Nummer 1 ist das - zu einer unterschiedlichen Einschätzung der Wirklichkeit führt. Die hätten also mit Sicherheit den gleichen Vorgang nicht in gleicher Weise bewertet, wie es übrigens bei Zeugen im Strafverfahren immer der Fall ist. Selbst Zeugen bei Unfällen erklären einem „Knalllängen“ von einem Unfall, den sie selbst nie gesehen haben, weil ihr Gehör ihnen aufgrund des umgedrehten Wagens erklärt, wie sich der Unfall zugetragen haben muss. Das ist tatsächlich so. Es gibt also keine wirklich unabhängigen Beobachter.
Die spannende Frage ist: Wem gegenüber sollen diese unabhängigen Beobachter denn eigentlich rapportieren? Mit welchem Anspruch sollen sie das tun? Wir haben doch bei jeder Demonstration auch eine ganze Reihe von Journalisten dabei, die nicht nur über Demonstrationen berichten, sondern auch Film- und Tonaufnahmen machen. Soweit man darüber nachdenken kann, sind das für mich die eigentlich neutralen Beobachter, weil sie weder Teil des Geschehens der Demonstration sind noch Teil des Geschehens der polizeilichen Gefahrenabwehr.
Die spannende Frage ist: Wollen wir also jetzt Personen oder Gruppierungen ausrufen, denen wir eine höhere Autorität der objektiven Berichterstattung zumessen als denjenigen, die von Berufs wegen in der Lage sind, bei solchen Ereignissen aufzupassen und der Öffentlichkeit zu präsentieren? Also schon vom Grundsatz her, Herr Kollege Breyer, scheitert Ihr Ansinnen, weil es insinuiert, dass es unabhängige, wirklich unabhängige Beobachter gibt, die die Öffentlichkeit dann auch wirklich unabhängig über bestimmte Vorgänge unterrichten können. Das wird nicht gehen.
Das Nächste, was mich wirklich fassungslos macht, ist - Sie sind ja Strafrichter oder haben schon einmal etwas mit Strafrecht zu tun gehabt -, dass Sie glauben, wir könnten mit solchen Geschichten die Strafprozessordnung, auf die wir momentan keinen Einfluss haben, außer Kraft setzen. Beschlagnahmefrei sind Beweismittel übrigens nicht nur bei Beschuldigten, sondern auch bei unbeteiligten Dritten nicht. Beweismittel können selbstverständlich heute nach § 105 StPO bei unbeteiligten Dritten beschlagnahmt werden, wenn diese zum Zweck der Strafverfolgung benötigt werden.
Den Anschein zu erwecken, es könnte Menschen geben, die Aufnahmen zum Beispiel von Gewalttaten machen, und diese könnten sich anschließend weigern, auf der Grundlage ihrer Befindlichkeit diese an die Strafverfolgungsbehörden herauszugeben, finde ich aus der Sicht eines Rechtsstaates so absurd, Herr Kollege Dr. Breyer, dass ich sage: Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, weder vom Ansinnen her, noch vom rechtsstaatlichen Gesichtspunkt her, können wir Ihrem Antrag zustimmen. Deshalb - das haben wir ja schon erklärt - lehnen wir Ihren Antrag ab. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ereignisse in Frankfurt sind deutlich zu verurteilen. Das haben wir hier im Haus schon am Tag des Geschehens eindrucksvoll getan und heute wiederholt.
Ich habe mich über den Einsatz und über die Lage in Frankfurt laufend unterrichten lassen, insbesondere aber auch über die Situation unserer Einsatzhundertschaft. Ich habe mich für unsere Kolleginnen und Kollegen gefreut, als ich dann nach Mitternacht die Information erhielt, dass diese alle unversehrt seien. Es gab aber 150 Verletzte, davon zwei Schwerverletzte. Das ist eine deutliche Sprache, und das ist etwas, was wir in Lübeck nicht sehen wollen und hoffentlich auch nicht sehen werden.
Herr Dr. Breyer, Sie haben, glaube ich, gut daran getan, Ihren Antrag zu ändern, insbesondere auch Ihre Begründung nicht zu wiederholen. Denn das,
was in der ursprünglichen Begründung aufgeführt war, unter anderem Einschüchterung und Provokation als polizeiliche Maßnahme zu beschreiben, ist wirklich ein Schlag in das Gesicht der Polizei. Das gibt es in unserer Polizei nicht, das gibt es in Schleswig-Holstein nicht, das gibt es auch nicht in einem anderen Land.
Meine Damen und Herren, eine Demonstrationsbeobachtung ist in Ordnung und muss auch sein, gehört auch dazu, aber keine, die rechtlich nicht vorgesehene privilegierte Zugänge zu Versammlungen ermöglicht.
Dem, was Herr Kubicki zum juristischen Tatbestand der Beschlagnahme ausgeführt hat, ist nichts hinzuzufügen. Diese Gewährleistung kann es auch nicht geben.
Ich will deutlich sagen: Unsere Polizei kann und wird auf der Versammlung der G 7 wieder einmal die Transparenz ihres Einsatzes durch vielfältige Instrumente gewährleisten.
Dazu zählen eine breit angelegte aktive, alle polizeilichen Maßnahmen darstellende Öffentlichkeitsarbeit, eine jedermann zugängliche Polizeipressestelle, besondere Infoveranstaltungen der Polizeidirektion Lübeck, beispielsweise für parlamentarische Vertreter, insbesondere an den Einsatztagen, und natürlich das Angebot an einzelne parlamentarische Vertreter, sich im Einsatzraum ein Bild zu machen, sowie die Möglichkeit der Beobachtung als Versammlungsteilnehmer - natürlich für jeden Interessierten.
Größtmögliche Bewegungsfreiheit kann nicht - das will ich einschränkend deutlich sagen - den freien Durchgang durch Polizeiabsperrungen in Einsatzsituationen bedeuten. Gefährdet werden damit auch Einsatzkräfte, die die Beobachter schützen müssten, damit gebunden wären und nicht an anderer Stelle zur Verfügung stünden. Das geht nicht. Einkesselungen, die vom Kollegen Krumbeck angesprochen wurden, gehören jedenfalls nicht zur klassischen Einsatzmethodik unserer schleswig-holsteinischen Landespolizei.
Meine Damen und Herren, die bei anderen Versammlungen bereits erfolgreich praktikzierte, auf breite Transparenz polizeilichen Handelns angelegte Einsatzkonzeption einer einsatzvorbereitenden, einsatzbegleitenden und einsatznachbereitenden Öffentlichkeitsarbeit wird auch für unseren Polizeieinsatz zum G-7-Außenminstertreffen wieder die Grundlage sein.
Sie, die im Innen- und Rechtsausschuss sind, wissen, dass wir für den nächsten Mittwoch eine grundlegende Information über die Einsatzkonzeption aus Anlass des G-7-Außenministertreffens angekündigt haben. Natürlich werden wir uns die Situation, die Entwicklung und die Erfahrung unserer Einsatzhundertschaft in Frankfurt zu eigen machen und uns ansehen, welche Wirkungen, Auswirkungen und Nachsteuerungsoptionen es an der Stelle gibt. Ich denke, der Innen- und Rechtsausschuss in der kommenden Woche ist der richtige Ort, um diese Dinge gemeinsam mit unserer Polizeiführung zu erörtern. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat nun der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke für Ihren sachlichen Redebeitrag, Herr Minister. Auch wir freuen uns, mit Ihnen nächsten Mittwoch über die Vorbereitung des Polizeieinsatzes in Austausch zu treten. Wir haben viele Frage dazu und können uns dort auch gern über die Demonstrationsbeobachtung austauschen. Auch möchte ich mich bei den Kollegen Dr. Bernstein und Kubicki bedanken, die sich um sachliche Redebeiträge bemüht haben. Was allerdings die Kollegen von Pein, Burkhard Peters, Lars Harms und Herr Dr. Klug teilweise von sich gegeben haben, ist wirklich haarsträubender Unsinn gewesen, der mit der Suche nach einer konstruktiven Lösung überhaupt nichts zu tun hat.
Sie haben hier unseren Antrag absichtlich verdreht, nur um nicht erklären zu müssen, warum Sie das nicht tun, was Sie selber in Ihrem Koalitionsvertrag versprochen haben. Sie haben doch tatsächlich in einem Atemzug behauptet, eine Demonstrationsbeobachtung sei nicht umsetzbar, nur um dann im zweiten Atemzug zu sagen, diese gebe es doch schon längst. Wie widersinnig ist das denn!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Beispiel in Frankfurt - auch wir PIRATEN haben dort vor etwa zwei Jahren unterstützend an einer De
monstrationsbeobachtung mitgewirkt, auch sehr zur Zufriedenheit der Polizei dort - zeigt, dass es auf der Grundlage des geltenden Versammlungsgesetzes - das dort genauso gilt wie hier, Kollege Lars Harms - natürlich möglich ist, Demonstrationsbeobachtung zuzulassen. Sie geschieht auch. Es geht aber darum, sie zu regeln, und zwar so, dass für alle Beteiligten klar ist, wie Demonstrationsbeobachter behandelt werden.
Wenn Sie, Herr Kubicki, sich an dem Wort „unabhängig“ aufhängen, dann sage ich Ihnen: Das Wort ist verzichtbar. Man kann es gern weglassen. Ich fordere aber eine ehrliche und sachlich bemühte Auseinandersetzung mit unserem Anliegen ein. Diese konnte ich hier leider nur teilweise feststellen.
(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW] - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Ja!)
Insofern habe ich jetzt die Erkenntnis gewonnen, dass doch noch eine Wortmeldung vorliegt, nämlich die des Abgeordneten Dr. Kai Dolgner, dem ich jetzt selbstverständlich eine dreiminütige Redezeit einräume.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Breyer mag die Dinge werten, wie er will. Ihr erster Antrag hat die Wertung verdient, die Sie anderen haben zukommen lassen. Er ist ein wildes Sammelsurium aus Dingen, die wir auch in der vorigen Wahlperiode schon x-fach gehört haben, von Wünschen, die so allerdings nicht realisierbar waren. Ihr zweiter Antrag ist durch das Weglassen der wirren Dinge zwar etwas entwirrt worden, so viel besser gemacht hat es ihn aber nicht. Das haben Ihnen hier übrigens alle erklärt, auch Herr von Pein hat Ihnen das erklärt, und zwar in einer, wie ich finde, sehr ruhigen und sachlichen Art. Man hätte auch über andere Dinge nachdenken können.
- Genau! Weil Sie sagen, es brauche keine Gesetzesänderung. Unser Koalitionsvertrag bezieht sich bei Demonstrationsbeobachtern aber auf das Versammlungsrecht.