Protocol of the Session on March 20, 2015

(Vereinzelter Beifall SPD - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Das kann ich nachvollziehen!)

(Tobias von Pein)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Lars Harms?

Herr Harms, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Der Kollege Breyer hat eben gerade gesagt, er halte sich direkt an die Formulierung. Die Formulierung des Antrags ist, dass „Beobachtern im Rahmen des geltenden Rechts das beschlagnahmefreie Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen zur Dokumentation erheblicher Rechtsverletzungen“ jetzt kommt es - „ermöglicht wird“. Der Antrag sagt es schon aus, dass das derzeit nicht möglich ist, und dass das die derzeitige Rechtslage ist. Journalisten können die Herausgabe von Quellen verweigern; sonst kann das keiner. Die PIRATEN wollen hier ein neues Recht schaffen. Darüber mag man diskutieren.

(Beifall SPD und FDP)

Genauso ist es.

Möchten Sie darauf eingehen, Herr Abgeordneter? Da ist offenbar nicht der Fall. Dann frage ich Sie, ob Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Sven Krumbeck gestatten?

(Zurufe)

Meine Damen und Herren - Herr Harms! -, das Wort hat jetzt der Kollege Krumbeck. Wenn Sie das Bedürfnis haben, weitere bilaterale Austausche zu pflegen, bitte ich Sie, dies woanders zu tun. Herr Krumbeck steht am Mikrofon und bekommt von mir das Wort.

Lieber Kollege von Pein, stimmen Sie mir zu, dass es, wenn ein Polizeikessel gebildet und Leute eingekesselt werden, im Ermessen der Beamten vor Ort sein kann, einzelne Leute aus diesem Kessel herauszulassen, zum Beispiel Anwohner oder Unbeteiligte an der Demonstration, und dass es auch im Ermessen der Polizei läge, wenn von vornherein abgesprochen ist, dass man ausgezeichnete Demobeobachter mit einem Ausweis durch solche Ketten durchlässt, dass das keineswegs Sonderrechte sind, sondern Ermessensspielraum von Polizisten, den man von vornherein etwas in die eine oder andere Richtung gestalten kann?

(Beifall PIRATEN - Zurufe)

Wenn es so ist, wie Sie gesagt haben, gibt es das ja jetzt auch schon. Nach meiner Kenntnis ist bei den letzten Demonstrationen - gerade in Lübeck - genau so verfahren worden. Es gab eine vorbildliche Praxis der Polizei. Daher sehe ich da immer noch keinen Handlungsbedarf.

(Beifall SPD)

Sie können fortfahren und haben noch 1 Minute Zeit.

Okay. - Ich störe mich ein wenig an dem Duktus des Antrags. Ich frage mich: Was soll „unabhängig“ heißen? Unabhängig jenseits von Gewalten, unabhängig von staatlichen Institutionen? Das kann doch nicht gemeint sein.

Im Klartext: Aus dem Antrag geht ein Misstrauen gegenüber Formen von Staatsgewalt hervor, das wir so nicht unterstreichen können.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Um es einmal etwas scharf zu sagen: Vielleicht wäre das in Russland angebracht, aber in SchleswigHolstein schließt dieses Misstrauen doch etwas sehr über das Ziel hinaus.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Wenn das Ziel ist, die Versammlungsfreiheit zu stärken und zu schützen und das G-7-Treffen in Lübeck mit friedlichem demokratischem Protest zu

begleiten, bin ich dabei. Was jedoch nicht geht, ist, die Gewaltenteilung infrage zu stellen, mit Unterstellungen und Misstrauen gegenüber der Landespolizei zu arbeiten oder die Verantwortung der Zivilgesellschaft - sie ist auch sehr wichtig - auszublenden.

Die Begründung haben Sie zum Glück gestrichen; das rechne ich Ihnen hoch an. Aber das war aus dem Duktus der Begründung abzulesen.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Dolgner, die Frage richtete sich an Ihren Kollegen von Pein. Er hat diese Bemerkung zugelassen. Deswegen werden wir das auch jetzt hier weiter debattieren.

Herr Kollege, alles Verständnis dafür, dass der Antrag noch schnell geändert worden ist. Aber wenn Sie ernsthaft sagen, dass die Unterstützung einer unabhängigen Demonstrationsbeobachtung Schleswig-Holsteins nicht würdig ist, sondern irgendwelchen Diktatoren im Osten - warum haben Sie dann genau das in Ihrem Koalitionsvertrag stehen?

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das ist eine gute Frage! Wahrscheinlich wollten Sie das in Russland einführen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wahrscheinlich haben die Grünen das da reingeschrieben!)

Ich könnte Ihnen jetzt etwas über Koalitionsverhandlungen sagen und dazu, wie man zu bestimmten Formulierungen kommt. Das lasse ich.

Ich selbst habe deutlich gemacht, dass ich viel von zivilgesellschaftlicher Demonstrationsbeobachtung halte

(Beifall Wolfgang Kubicki [FDP])

und dass das im jetzigen rechtlichen Rahmen möglich und auch ausreichend ist. Von daher ist der Punkt klargeworden. Darüber, warum Sie sich an einzelnen Formulierungen so festhalten, haben wir hier auch schon öfter debattiert. Das bringt uns nicht weiter.

Ich denke, wir werden das im Ausschuss weiter diskutieren, auch über die einzelnen Punkte, die gerade zu dem anstehenden G-7-Treffen sowohl vor als auch nach dem Treffen geschehen. Darüber werden wir diskutieren. Ich freue mich darauf. Ich bin mir sehr sicher, dass das Innenministerium - Polizei und alle anderen - sehr zum Dialog bereitstehen und auf unsere Fragen eingehen und dort solche Fragen wie Kooperation, Prävention und Dialog besprochen werden. Das ist nämlich immer noch viel wichtiger als dieser kleine Kampfplatz, auf dem Sie hier heute versuchen, das auszutragen. Das ist nicht im Sinne einer friedlichen Demonstration, die eigentlich unser Ziel sein soll. Das wird wahrscheinlich viel interessanter und wichtiger zu diskutieren sein als Ihr Antrag heute.

(Anhaltender Beifall SPD und Beifall SSW)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt hat das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Herr Abgeordnete Burkhard Peters.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe PIRATEN, schnell seid ihr ja! Das muss man schon sagen. Ich habe mit dem Kollegen Breyer beim Mittagessen darüber diskutiert, wie unsinnig sein Antrag ist, und - schwupps! - sofort hat er einen neuen auf den Tisch gelegt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, PIRATEN und SSW)

Aber ich muss leider sagen: Viel besser ist er dadurch nicht geworden.

(Beifall Lars Harms [SSW] - Torge Schmidt [PIRATEN]: Wie war das mit dem Dialog?)

Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die Landesregierung soll ohne jegliche Gesetzesgrundlage unabhängige Demonstrationsbeobachtungen bei einem ausgewählten Einzelereignis zulassen. Sie soll nach wie vor Legitimationsausweise für diesen Zweck ausstellen, der Demobeobachtung größtmögliche Bewegungsfreiheit und Schutz im Geschehen garantieren und darüber hinaus auch noch die Lizenz

(Tobias von Pein)

für Bild- und Tonaufnahmen vergeben. In Ihrem neuen Antrag steht immer noch drin - darüber haben wir gerade debattiert -, dass ein Schutz vor Beschlagnahme gegeben sein soll.

Wohlgemerkt, das alles in einem Zusammenhang, der wegen Grundrechtsbetroffenheit aus Artikel 8 Grundgesetz strikter gesetzlicher Regelungen bedarf. Was Sie dort verlangen, ist in einem Rechtsstaat schlechterdings unmöglich. Wenn Sie jetzt hier immer auf das Frankfurter Modell verweisen, erlaube ich mir einmal einen Menschen zu zitieren, nämlich Stephan Siegler, Stadtverordnetenvorsteher und Polizist, der selber Demobeobachter in Frankfurt war. Er sagt:

„Demonstrationsbeobachter sind unterwegs, um im Nachgang weitere Einschätzungen zur Lage geben zu können.“

Das hört sich ganz anders an als das, was Sie hier wollen.

Also, ich glaube nicht, dass das Frankfurter Modell das umfasst, was Sie uns hier wirklich als solches verkaufen wollen.

Derartig weitreichende Lizenzen, wie die für Ihre unabhängige Demonstrationsbeobachtung, können Regierungen in einem Rechtsstaat ohne Gesetz einfach nicht erteilen.