Protocol of the Session on March 19, 2015

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Allerdings!)

Wenn wir über die Herausforderungen für unsere Hochschulen diskutieren, müssen wir uns die Mühe machen, ins Detail zu gehen. Und das möchte ich gern in Teil zwei meiner Rede tun. Auch wenn jede Hochschule Herausforderungen hat und unterfinanziert ist, unterscheiden sie sich zum Teil sehr deutlich voneinander. In der Hochschulfinanzierung gibt es strukturelle Probleme, fehlende Planungssicherheit und zum Teil Reibungsverluste zwischen unterschiedlichen Akteuren.

Ein großer Bereich ist die Bausituation. Herr Kollege Habersaat hat das 165 Millionen € umfängliche Sanierungsprogramm mit der Christian-Albrechts-Universität schon genannt. Damit ist aus unserer Sicht ein Anfang gemacht. Unser Hauptpro

blem ist da zurzeit nicht, dass nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, sondern dass es im Zusammenspiel zwischen den Hochschulen und der zuständigen Baubehörde GMSH und den zuständigen Ministerien offenkundig zu Reibungsverlusten kommt.

Als Grüne haben wir sehr viel Sympathie für den Vorschlag, die Bauherrenschaft den Hochschulen zu geben. Aber wir meinen, dass das nicht ausreicht und dass das auch keine Lösung ist, die für alle Hochschulen unbedingt geeignet ist. Deshalb brauchen wir flexible Lösungen. Wir können uns vorstellen, dass beispielsweise Arbeitsgruppen mit dem Fachpersonal der GMSH, aber unter stärkerer Begleitung und verstärkter Verantwortung der Hochschulen eingerichtet werden und somit dann auch mehr Flexibilität in dieser Baufrage kommt und sozusagen die Synergien, die jetzt noch nicht optimal ausgenutzt sind, endlich ausgenutzt werden.

Es gibt auch Punkte, zum Beispiel beim Hochschulpakt, dass daraus kein Neubau sondern nur eine Anmietung finanziert werden darf. Das ist für Schleswig-Holstein eine Regelung, die in anderen Bundesländern anders gelöst wird. Da muss die Bundesregierung Ja sagen. Ich freue mich, dass die CDU uns dabei durch die Wissenschaftsministerin auf Bundesebene unterstützt, dass wir das dann auch beschließen können und wir mehr Flexibilität bei der Verwendung der Hochschulpaktmittel bekommen.

Das größere Problem in der Finanzierung ist die fehlende Planungssicherheit. Dazu hat der neue Präsident der FH in Flensburg, Professor Watter, gestern ganz interessante Sachen in einem Zeitungsinterview gesagt. Er sagte nämlich, dass die FH Flensburg zurzeit kein akutes Finanzierungsproblem habe, sondern dass es darum gehen müsse, dass es durch das Ausschreiben von befristeten Stellen erschwert werde, Personal zu gewinnen und dass es darum gehen muss, mit unbefristeten Verträgen die Stellen an der Fachhochschule attraktiver zu machen. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir uns jetzt schon entschieden haben, die Kofinanzierungsmittel des Hochschulpakts, nachdem der Hochschulpakt III ausläuft, an den Hochschulen zu lassen. Das bedeutet nämlich, dass schon geplant werden kann und dass jetzt auch mit Stellen geplant werden kann, sodass man eben nicht nur befristete Stellen einrichten muss, sondern dass man auch schon entfristen kann. Das ist mehr als ein Signal, das ist ein sehr wichtiger Schritt.

(Rasmus Andresen)

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird auch diskutiert, wie die Mittel des Hochschulpakts verteilt werden sollen. Das ist eine Diskussion, bei der wir darauf setzen, dass sich die Hochschulen einigen. Ich sage aber für die Grünen auch, dass wir ein sehr großes Verständnis für die Fachhochschulen haben, denn sie nehmen im Verhältnis zu dem, was vielleicht vor einigen Jahren noch der Fall war, extrem viel mehr Studierende auf. Diese Unterfinanzierung ist, wenn man sich einmal die Mühe macht, das aufzuschlüsseln, im bundesweiten Vergleich besonders dramatisch. Wir setzen auf eine Einigung mit den Hochschulen. Aber wir als Grüne können uns gut vorstellen, vor allem die Fachhochschulen in diesem Bereich zu stärken.

Unabhängig vom doppelten Abiturjahrgang drückt die chronische Unterfinanzierung bei allen unseren Hochschulen. Da muss man aber auch ein bisschen sauber die Sachen auseinanderhalten, denn die Unterfinanzierung ist, losgelöst vom doppelten Abiturjahrgang, ein großes Problem. Wir werden die Grundhaushalte hier auch weiter stärken müssen - ohne Wenn und Aber. Das steht für uns Grüne fest.

(Beifall Christopher Vogt [FDP])

Wir wollen aber - jetzt komme ich zum Fahrplan die ersten Arbeitsergebnisse der Hochschulkommission, die gut arbeitet und im Sommer erste Ergebnisse vorlegen wird, abwarten, um diese zum Anlass zu nehmen, ein Paket zu schnüren, das dann die Grundlage für die Haushaltsberatung bilden wird. So muss es sein; denn wir glauben, dass man es sich nicht so einfach machen kann wie in dem Oppositionsantrag von Ihnen, in dem einfach einmal lapidar steht, Sie forderten die Landesregierung auf, etwas vorzulegen, um die Hochschulen auskömmlich zu finanzieren. Da frage ich einmal Sie, Herr Koch, als Haushaltspolitiker: Was heißt denn auskömmlich? Was ist denn das für ein Verständnis von Finanzpolitik? - So kann man es nicht machen. Ich glaube, unser Weg ist richtig.

Die PIRATEN haben bei den BAFöG-Mitteln, wie ich fand, eine gute Sache beantragt. Die haben wir zwar abgelehnt,

(Lachen CDU, FDP und PIRATEN)

- da hatte ich persönlich eine andere Meinung -, aber da haben Sie gefordert, dass es eine Arbeitsgruppe geben solle, in der über die Verwendung der BAFöG-Mittel mit den Hochschulen gesprochen

wird. Wir machen das jetzt bei der Grundfinanzierung. Da kann man sagen: die PIRATEN-Idee aufgegriffen und ein bisschen später umgesetzt. Jetzt lehnen Sie das ab und sagen einfach einmal: Auskömmlich finanzieren, Ihr macht das schon! - Wir glauben, dass das gemeinsam mit den Hochschulen passieren muss. Je konstruktiver das passiert und je weniger es dazu öffentlich Aufschläge gibt, desto einfacher kann man sich am Ende einigen.

Ich bin ziemlich sicher, dass wir im Haushalt für die Hochschulen ein gutes Paket schnüren können. Aber dazu müssen wir jetzt alle gemeinsam noch ein halbes Jahr arbeiten. Ihre Anträge, die polemisch sind - denn hätten wir das alles nicht gemacht und die Schulen nicht gestärkt, dann hätten Sie genau das gefordert -, glaubt Ihnen nach den letzten Jahren sowieso kein Mensch. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die weiteren Debatten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Nun hat für die Fraktion der FDP der Herr Abgeordnete Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es schon einigermaßen abenteuerlich, was wir von der Koalition hören mussten: Unser Antrag sei Angstmache, sei polemisch, haben wir gerade gehört. Wir fordern nichts anderes als die Hochschulpräsidien der Universitäten unseres Landes.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Wenn deren berechtigte Forderungen jetzt Angstmache und Polemik sind, dann: Gute Nacht, Marie!

Herr Habersaat, Sie haben gleich mit dem Thema Wahrheit und Lüge angefangen. Wir haben den Brandbrief der Hochschulpräsidien an die Ministerin alle nicht gelesen, er war ja geheim. Allerdings stand in der Version, die ich gesehen habe, dass die Hochschulen sagen, der doppelte Abiturjahrgang im kommenden Jahr sei die größte Herausforderung ihrer Geschichte. Nun muss ich ehrlicherwiese sagen - wir wollen ja alle ehrlich sein -, dass das bei den acht Hochschulen, die nach dem Krieg gegründet worden sind, durchaus der Fall sein mag. Bei der Christian-Albrechts-Universität, die jetzt ihr 350-jähriges Bestehen feiert, kann ich mir als Hobby-Historiker vorstellen, dass es in

(Rasmus Andresen)

den 350 Jahren schon die eine oder andere Herausforderung gab, die vielleicht etwas größer war.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Aber, Herr Dr. Stegner, wir wollen da nicht kleinlich sein.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Lübeck kurz vor der Schließung war vielleicht eine etwas größere Herausforde- rung!)

Wie auch immer, der doppelte Abiturjahrgang steht nun quasi vor der Tür und wird in der Tat eine immense zusätzliche Herausforderung für unsere Hochschulen darstellen. Da gibt es nichts zu beschönigen. Das sagt leider sehr viel über den viel zu geringen Stellenwert der Hochschulen der schleswig-holsteinischen Landespolitik - da bin ich auch selbstkritisch - aus, dass ein Jahr vor dem Eintreffen des doppelten Abiturjahrgangs vonseiten der Landesregierung noch immer keine konkreten Vorbereitungen getroffen worden sind.

Frau Ministerin Alheit, angesichts der offenkundig schwierigen Lage der Hochschulen und des Versagens der Landesregierung in genau dieser Frage war es aus meiner Sicht nicht nur unangebracht, sondern auch wirklich unverschämt und peinlich, dass Sie sagen, es sei eine Wünsch-dir-was-Liste, die die Hochschulen vorgelegt hätten.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Da muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich nicht verstehen kann, wie man so unsouverän auf berechtigte Forderungen reagieren kann. Da hat es den Anschein, die Landesregierung habe noch immer nicht verstanden, wo eigentlich das Problem liegt.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und PIRA- TEN)

„Chance, nicht Last“ - so ist die Stellungnahme der bundesweiten Hochschulrektorenkonferenz zum Hochschulpakt 2020 aus dem Jahr 2005 überschrieben gewesen. Der Hochschulpakt ist eine Reaktion auf den damals bereits prognostizierten starken Anstieg der Studierendenzahlen bis zum Jahr 2020. Dieser Pakt von Bund und Ländern soll den Hochschulen ermöglichen, die erhöhten Studienanfängerzahlen aufzunehmen und dabei die Ausbildungsqualität auf gleich hohem Niveau zu halten und die qualitativen und quantitativen Rahmenbedingungen für Studieninteressierte am besten noch zu verbessern, um so alle Studierenden verlässlich zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Der Hochschulpakt 2020 ist - anders als Sie geschrieben haben - mitnichten eine Reaktion auf den doppelten Abiturjahrgang, das ist nur ein Aspekt von vielen. Auch die Abschaffung der Wehrpflicht wurde schon genannt. Er ist eine Reaktion auf die allgemeine Akademisierung, die wir vorfinden. Er ist die Antwort darauf. Der doppelte Abiturjahrgang ist dort nur ein kleiner Punkt.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Insofern kann man nicht sagen: Es gibt den Hochschulpakt, was wollt ihr eigentlich?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nicht alle Länder haben doppelte Abiturjahrgänge!)

Wenn man sich die Verwaltungsvereinbarung zum Hochschulpakt III anschaut, muss man leider feststellen, dass die Landesregierung wirklich nicht gut verhandelt hat. Alle ostdeutschen Länder, die Stadtstaaten und auch das Saarland haben erstaunliche Sonderkonditionen für sich herausgeholt. Schleswig-Holstein als Konsolidierungsland hat das nicht, es hat zwar in Protokollnotizen herumgemault, aber Sie haben nichts herausgeholt. Ich verstehe wirklich nicht, warum in diesen genannten Bundesländern ein Studienanfänger mehr Geld wert sein soll als in einem Konsolidierungsland wie Schleswig-Holstein. Das verstehe ich wirklich nicht.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und PIRA- TEN)

Interessant finde ich übrigens, dass die bundesweite Hochschulrektorenkonferenz bereits im Jahr 2005 davor gewarnt hat - mit Blick auf die Finanzierung zum Hochschulpakt 2020 -, dass - Zitat „Hochschulen ‚in Notwehr‘ mit lokalen Zulassungsbeschränkungen auf den Studierendenandrang reagieren“ könnten. Kollege Andresen, genau das ist doch das Problem, über das wir heute sprechen. Genau das haben die Hochschulen, insbesondere die Universität Kiel, angedroht, dass es gar nicht anders gehe, wenn nicht zusätzliche Mittel kämen. Darüber müssen wir reden, denn wir haben ohnehin schon einen Braindrain, einen Verlust von gut ausgebildeten jungen Leuten Jahr für Jahr, die diesem Land nach dem Abitur und nach dem Studium verloren gehen. Wir können nicht zulassen, dass wegen der Schläfrigkeit der Landesregierung weitere junge Menschen im vierstelligen Bereich unser Land verlassen müssen, weil sie kein Studienangebot bekommen.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

(Christopher Vogt)

Es klingt wirklich wie ein schlechter Scherz, wenn ich im Koalitionsantrag lese, man könne doch jetzt einmal schauen, wie andere Bundesländer das gemacht haben. Das kann ich Ihnen erzählen, wie andere Bundesländer das gemacht haben. Die haben sich Jahre vorher - zwei oder drei Jahre vorher - mit den Hochschulen zusammengesetzt und entsprechende Maßnahmen entwickelt und nicht ein Jahr oder weniger Monate vorher gesagt: Wir gründen jetzt einmal einen Arbeitskreis, setzen uns zusammen und schauen, was in anderen Ländern gelaufen ist. - Der Kollege Günther hat gesagt, es sei fünf nach zwölf. Ich übertreibe nicht gern, ich würde sagen: Es ist zwei nach zwölf. Es ist noch Zeit, etwas zu tun, aber es muss jetzt endlich etwas passieren.

(Beifall Dr. Ekkehard Klug [FDP] und Da- niel Günther [CDU])

Was macht die Landesregierung jetzt? - Sie gründet wieder einmal einen Arbeitskreis, in dem man dann bei lecker Kaffee und Kuchen zusammensitzt und sich überlegt, was man machen könnte. Kollege Andresen, man braucht diesen Arbeitskreis nicht. Die Hochschulen haben doch genau benannt, wo der Schuh drückt und was passieren muss. Das liegt Ihnen doch schriftlich vor, da brauchen Sie doch keinen Arbeitskreis.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Andresen?

Herr Andresen, bitte.