Es wurde beantragt, die Berichte der Landesregierung in der Drucksache 18/2751 dem Innen- und Rechtsausschuss sowie dem Sozialausschuss, in der Drucksache 18/2752 dem Innen- und Rechtsausschuss sowie dem Sozialausschuss
- Bildungsausschuss? - Pardon! So ist es tatsächlich beantragt worden! - also dem Innen- und Rechtsausschuss sowie dem Bildungsausschuss und den Bericht in der Drucksache 18/2776 nur dem Innenund Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU und PIRATEN, Drucksache 18/2631. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und der PIRATEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Fraktion der FDP. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich sehe, das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die FDP hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss meinen Beitrag zu diesem Tagesordnungspunkt mit einer Definition beginnen, die ich Wikipedia entnommen habe, und zwar der Definition des Begriffs Lüge. Dort heißt es:
„Eine Lüge ist …‚ die … Kommunikation einer subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber einen falschen Eindruck hervorzurufen oder aufrechtzuerhalten …‘ Lügen dienen dazu, einen Vorteil zu erlangen, zum Beispiel um einen Fehler oder eine verbotene Handlung zu verdecken und so Kritik oder Strafe zu entgehen.“
An diesem Tag äußerte sich der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, im Deutschlandfunk zu Fragen der Vorratsdatenspeicherung und begann seine Aussagen dazu mit einer Lüge. Er hat erklärt, ich zitiere:
„Wir haben damals einen Parteitagsbeschluss gehabt - 2011 im Dezember -, der übrigens mit relativ großer Mehrheit gefasst wurde, weil wir gesagt haben: ‚Achtung, das, was derzeit in Deutschland an Rechtslage ist, ist verfassungswidrig!‘ Und wir haben die damalige Bundesregierung - CDU/CSU und FDP - sehr davor gewarnt. Das ist uns damals nicht geglaubt worden, hinterher ist das Gesetz vor dem Verfassungsgericht gescheitert.“
Das war im Dezember 2011. Herr Kollege Dr. Dolgner weiß das, weil er ja ausgeprägt gut googeln kann.
Der Kollege Sigmar Gabriel, der Bundeswirtschaftsminister, der Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland und SPD-Vorsitzende hat sich nicht nur im Datum geirrt, sondern auch in der Frage seiner eigenen Verantwortung. Denn das Bundesverfassungsgericht hat am 2. März 2010 das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen für verfassungswidrig erklärt, das am 1. Januar 2008 in Kraft trat und im November 2007 in namentlicher Abstimmung von der damaligen Großen Koalition mit 366 Stimmen verabschiedet wurde, darunter auch die Sigmar Gabriels. Das heißt, das Gesetz, dem er zugestimmt hat, ist für verfassungswidrig erklärt worden. Mitnichten hat die SPD jemanden davor gewarnt. Ich erinnere daran, dass Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sich bis zum Schluss vehement dagegen gewehrt hat, eine Neufassung der nicht mehr bestehenden Rechtslage herbeizuführen.
Herr Kollege Breyer, nur um das zu sagen: Auch ich war damals Kläger, gemeinsam mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie auch, aber wir ebenfalls. Das ist kein neues Feld der PIRATEN gewesen. Wir haben schon für Bürgerrechte gekämpft, als Sie noch in den Windeln gelegen haben.
Besonders perfide aber, Herr Kollege Dr. Dolgner das wissen Sie -, ist die Tatsache, dass Herr Gabriel erneut wahrheitswidrig weiter Folgendes erklärt hat:
„Die Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel, die wird uns nicht bei jeder Gelegenheit helfen, alle Straftaten zu verhindern, aber sie kann uns durch eine schnellere Aufdeckung von Straftaten helfen, die nächste Straftat zu verhindern.“
„Das ist die Erfahrung gewesen der Norweger bei dem Attentat von Herrn Breivik, einem rechtsradikalen Attentäter, auf sozialdemokratische Kinder und Jugendliche in einem Zeltlager. Da wird immer behauptet, das hätte gar nicht stattgefunden - das ist falsch, wir haben die Norweger gefragt.“
Wir auch! Auch heute noch bestätigt die norwegische Botschaft: Es gibt in Norwegen keine Vorratsdatenspeicherung. Deshalb kann dieses Beispiel nicht dafür herangezogen werden, um die Vorratsdatenspeicherung einzuführen.
Es ist perfide und eine Wiederholungstat. Denn bereits Ende 2013, Herr Dr. Stegner und Herr Dr. Dolgner, ist Herr Gabriel darauf hingewiesen worden. Den Artikel kann man übrigens bei „ZEIT ONLINE“ nachlesen:
Ich sage noch einmal: Wir wehren uns zu Recht, Sie und wir gemeinsam, dagegen, dass die Ängste der Bürgerinnen und Bürger instrumentalisiert und mit ihnen gespielt wird. Dass es ein sozialdemokratischer Bundesvorsitzender tut, um eine Maßnahme ins Werk zu setzen, die ich für absolut rechtswidrig halte, finde ich einen Skandal sondergleichen. Da
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In mehreren Ländern gibt es die Vorratsdatenspeicherung deshalb nicht mehr, weil Verfassungsgerichte sie beseitigt haben. Gerade beispielsweise in den Niederlanden und in Belgien haben die Verfassungsgerichte erklärt, die dort vorgehaltene Vorratsdatenspeicherung sei auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs rechtswidrig. Man muss nur die Entscheidungen des Verfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs übereinanderlegen, um festzustellen, dass es schon technisch nicht möglich sein wird, die Kriterien zu erfüllen, die beide Gerichte aufgestellt haben, unabhängig von der Frage, dass ich es auch aus bürgerrechtlicher Sicht für inakzeptabel halte.
Das Verfassungsgericht hat bei uns erklärt: Wenn Menschen das Gefühl haben müssen, dass ihr Kommunikationsverhalten komplett überwacht wird, wird das ihr Verhalten verändern. Das ist einer freiheitlich-demokratischen Werteordnung abträglich. Das sagt das Bundesverfassungsgericht.
Der Europäische Gerichtshof hat erklärt: Berufsgeheimnisträger dürfen nicht kommunikativ überwacht werden. - Wie es gelingen soll und wie Sozialdemokraten erwarten, dass Berufsgeheimnisträger künftig erklären, welche Telefone sie unterhalten, damit festgestellt werden kann, dass sie technisch nicht erfasst werden, bleibt ein Geheimnis. Sprechen Sie einmal mit Menschen aus diesem Bereich, die etwas davon verstehen. Es geht technisch nicht. Rechtlich ist es nicht akzeptabel, politisch schon gar nicht.
Ich erwarte von den Sozialdemokraten die Bestätigung der einhelligen Beschlusslage des SchleswigHolsteinischen Landtags mit Ausnahme der Union, von der ich in dieser Frage wirklich nichts erwarte, von 2013
(Beifall FDP, PIRATEN, Birgit Herdejürgen [SPD], Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])
- in dieser Frage! -, dass wir die Landesregierung auffordern, auch im Bundesrat dafür Sorge zu tragen, dass dieser Unsinn endlich ein Ende hat und