(Serpil Midyatli [SPD]: Ich bitte, dass nur noch Herr Dr. Klug redet! - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Okay, damit sind wir einver- standen! - Heiterkeit und weitere Zurufe)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Beer, Ihr Vortrag hat für mich gezeigt, was Sie mit dem Ausschuss eigentlich bezwecken. Denn es ging ja gar nicht so sehr um die Sache, wenn Sie sagen, Sie hätten mit Teilen der SPD geredet. Frau Midyatli ist unsere flüchtlingspolitische Sprecherin und in diesem Bereich hochgradig profiliert, übrigens auch schon in der letzten Wahlperiode. Und sie ist nicht ein Teil der SPD, sondern sie ist hier die SPD zum Thema Flüchtlingsfragen.
Sie lassen Fragen von Fraktionen nicht zu, weil die nicht zugehört hätten. Ich gebe Ihnen einen kleinen Tipp: Wenn Sie das auf Dauer machen, wird Ihnen
irgendwann passieren, dass Sie gar keine Fragen mehr zulassen, denn irgendjemand hört hier irgendjemandem immer nicht zu.
Ich habe Ihnen an der Stelle zugehört. Das, was ich gehört habe, hat mich ziemlich empört. Ich versuche es noch einmal mit einer Logikfrage. Wenn Sie sich dagegen wehren, dass wir alle Anträge zusammen diskutieren - ich finde es auch nicht gut, dass wir das alles zusammengezogen haben -, sich dagegen wehren, dass wir alles zusammenmischen, warum wollen Sie dann das alles in einem Ausschuss behandeln? - Diese Logik kann sich für mich nicht erschließen.
Die haben soziale Probleme, Bildungsprobleme und weitere Probleme. Ich wehre mich dagegen, dass man eine Gruppe mit einer Gruppenbezeichnung belegt und sagt, diese Gruppe wird speziell behandelt. Flüchtlinge kommen dann in einen Flüchtlingsausschuss. Dann hat man die Frauen in einem Frauenausschuss und so weiter. Das ist nicht meine Denke. Das mag Ihre Denke sein.
Ich sehe alle Menschen als Menschen, und diese haben in ihrer jeweiligen Lage spezifische Bedürfnisse. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind erst einmal Jugendliche. Die haben Bedürfnisse, die fachlich im Haus von Frau Alheit angesiedelt sind.
Es tut mir herzlich leid, dass Sie nicht in den Bayerischen Landtag, sondern in den Schleswig-Holsteinischen Landtag gewählt worden sind. Denn der Schleswig-Holsteinische Landtag ist bundesweit der progressivste zu Flüchtlingsfragen. Deshalb gehen Ihnen langsam auch die Themen aus. Das war übrigens auch früher schon so. Die Residenzpflicht wurde hier bereits unter Schwarz-Gelb abgeschafft. Ich habe gehört, mehr von Gelb als von Schwarz,
aber Sie haben letztendlich gute Überzeugungsarbeit geleistet. Wir haben natürlich zugestimmt, aber man muss schon sagen, wo die Mehrheiten lagen.
Wir haben die Abschiebehaftanstalt geschlossen. Das könnten Sie vielleicht mit der CDU, mit der Sie zusammen jetzt den Antrag gestellt haben, noch einmal ausdiskutieren. Vielleicht bilden Sie dann einen extra Ausschuss, um sich damit -
- Sie sagen ja immer, Abschiebehaft muss sein. Das haben Sie so in Ihre Pressemitteilung geschrieben, Frau Damerow. Sie wollten sogar Salafisten mit einem deutschen Pass abschieben. Das war Ihre Pressemitteilung vor eineinhalb Jahren, als Sie das das erste Mal gesagt haben.
- Ja, das war eine interessante Pressemitteilung. Pierre Vogel abschieben - ich weiß nicht, wem man das an der Stelle antun sollte. Da kann man sich einen Staat, der das verdient hat, noch aussuchen.
Wir haben hier also eine sehr gute Flüchtlingspolitik gemacht. Natürlich ist es Aufgabe der Opposition nachzufragen, Frau Damerow, ob das alles im operationalen Geschäft so richtig ist, ob man alles bedacht hat.
Aber dass die Flüchtlingspolitik bisher hier hinten heruntergefallen sei, ist anhand der Tagesordnung des Landtags und auch der des Innen- und Rechtsausschusses überhaupt in keinster Weise nachvollziehbar. Das ist eine Legende, weil Sie eine Plattform für sich selber suchen und nicht für die Sache.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir schon klar, dass das nicht mehr zu toppen
Frau Kollegin Beer, ich frage mich ernsthaft, warum Sie - neben der Darstellung, die hier Herr Abgeordneter Dr. Dolgner schon vorgenommen hat - diesen Ausschuss eigentlich wollen. Wollen Sie die Frau Abgeordnete Damerow und die CDU davon überzeugen, dass Deutschland A) ein Einwanderungsland ist und B) ein Einwanderungsgesetz bekommt? Dann wäre ich ja noch bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren, ob wir einen solchen Ausschuss brauchen.
Ich fürchte nur, dass Sie auch in einem solchen Ausschuss an dieser Haltung der Union relativ wenig ändern.
Ganz im Ernst: Ich saß auch zwei Jahre im Innenund Rechtsausschuss. Und in diesen zwei Jahren wurde fast in jeder Innen- und Rechtsausschusssitzung ein entsprechendes Thema behandelt, und zwar meistens entsprechend prominent gesetzt. Ich erspare mir oder uns jetzt, hier zu erzählen, wer in diesen Sitzungen anwesend war und wer nicht, weil es in der Sache nicht weiterhilft. Ich glaube nur, dass der Punkt tatsächlich ist, dass Sie sich die Expertise, die in diesen Fachausschüssen sitzt, die überall zu diesen Themen beiträgt, zunutze machen und nicht einen extra Ausschuss dafür gründen sollten.
Zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist mir ganz am Schluss wichtig, einen Aspekt in einer solchen Debatte noch einmal zu nennen. Bei all den Problemen, die auf uns zukommen - selbstverständlich -, besteht hier eine Riesenchance für unser Land, dem es so gut wie nie zuvor geht, Menschen willkommen zu heißen, die wir dringend brauchen. Wir brauchen sie übrigens nicht nur für den Arbeitsmarkt, sondern weil sie grundsätzlich eine Bereicherung für diese Gesellschaft sind.
Ich möchte einfach nicht, dass wir Flüchtlingspolitik immer nur durch die Brille betrachten, was das für Probleme für dieses Land mit sich bringen kann.
Dieses Land war zu Integrationsleistungen fähig, als es nach dem Krieg komplett am Boden lag. Es hat 1,5 Millionen Flüchtlinge aufnehmen können und integriert. Jetzt, wo es diesem Land so gut wie
noch nie geht: Himmel noch einmal, warum sollen wir es nicht leisten können, ein paar hunderttausend Menschen, die für sich und ihre Familien hier eine bessere Zukunft sehen und damit gleichzeitig auch eine bessere Zukunft für dieses Land schaffen, hier willkommen zu heißen und ihnen eine Perspektive zu bieten, eine Perspektive - wenn sie das möchten - für ihr ganzes Leben!
Lieber Herr Kollege Garg, über den letzten Punkt, den Sie angesprochen haben, herrscht hier im Hause, Gott sei Dank, Konsens. Über ihn herrscht auch in der Flüchtlingsarbeit vor Ort Konsens, auch mit den kommunalen Vertretern Ihrer FDP. Darüber freue ich mich sehr. Das will ich hier noch einmal unterstreichen. Ich will hier keine künstlichen Widersprüche aufbauen.
Was den Ausschuss betrifft: Vielleicht schauen Sie einmal über den schleswig-holsteinischen Horizont hinaus. Ich habe an zwei Sitzungen des Integrationsausschusses in NRW teilgenommen, in dem zum damaligen Zeitpunkt auch die FDP vertreten war. Dort bestand zwischen allen Fraktionen ohne ideologische Debatte Konsens darüber, dass dieser Integrationsausschuss eine sehr zielorientierte, konzentrierte Arbeit leistet. Es war das Ansinnen, das auch hier zu versuchen, temporär bis zum Ende der Legislaturperiode.
Ich denke, dass Sie sich an diese Debatte vielleicht noch erinnern werden, sie wird nämlich demnächst auf Bundesebene durch Vertreter der Wirtschaft und andere geführt werden, ob es nicht an der Zeit ist, ein Integrationsministerium in Berlin aufzubauen.
(Beifall PIRATEN - Abg. Dr. Heiner Garg [FDP]: Wir hatten hier schon einmal ein Inte- grationsministerium!)