Deswegen ist es keine Kritik am Innen- und Rechtsausschuss oder an der Vorsitzenden des Innen- und Rechtsausschusses, nein; vielmehr ist festzustellen, dass der Innen- und Rechtsausschuss jetzt schon an die Grenzen seiner Zuständigkeiten stößt und Diskussionen dort nur noch verkürzt geführt werden können. Wir wollen die Expertise von Bildungspolitikern, Sozialpolitikern und Gesundheits
politikern. Es geht zum Beispiel auch um minderjährige und behinderte Flüchtlinge, die zu uns kommen. Das alles soll gemeinsam diskutiert werden, und zwar nicht im Sinne eines Angriffs auf Regierungspolitik, sondern als Begleitung. Ich glaube, dass Parlamentarier, die viel mehr im Land unterwegs sind, bessere Lösungsvorschläge erarbeiten können, als das ein Ministerium von oben gesehen tun kann. Das wäre für uns logisch und verantwortlich.
Dort könnte zum Beispiel der Vorschlag von Hilfsorganisationen diskutiert werden, die vorschlagen, Werkzeugkästen einzubauen, Toolboxen, in denen alle Elemente unserer Gesellschaft zusammengefasst werden können, mit denen wir für Flüchtlinge etwas nach vorn bewegen können. Dafür ist im Innen- und Rechtsausschuss überhaupt kein Platz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fand es schon bezeichnend, dass die Debatte über unseren Antrag, den wir im letzten Jahr eingebracht haben, seitens der Koalitionsfraktionen bis heute verzögert worden ist, die auch nicht bereit waren, in der heutigen Debatte auf Sachargumente einzugehen.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Reden Sie doch kei- nen Quatsch! - Serpil Midyatli [SPD]: Wann haben wir denn verzögert?)
Es ist ein Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses, wie es ihn zum Beispiel in Berlin und NordrheinWestfalen gibt. Es gibt ihn bereits in anderen Bundesländern. Ich glaube, dass Sie einfach Angst davor haben,
einem temporären Ausschuss bis zum Ende dieser Legislaturperiode die Möglichkeit zu geben, bessere Politik zu machen als Sie, die Sie sich ja immer über alle anderen stellen. Ja, die Sozialdemokraten sind die einzigen, die Sozialpolitik machen. Dieser Ausschuss hätte gezeigt, dass wir es genauso gut alle zusammen machen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir bitte geordnet weiter verfahren? - Frau Abgeordnete, gestatten Sie zuerst eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Garg?
Vielen Dank. Frau Kollegin, ich möchte Sie auf zwei Punkte hinweisen: Erstens. Im Ältestenrat sind alle Fraktionen vertreten, also neben den fünf anderen Fraktionen auch die Piratenfraktion. Zweitens. Es ist eher unüblich, dass über die Frage von Ausschusszuschnitten oder die Neuformierung von Ausschüssen im Parlament debattiert wird. Und drittens will ich noch darauf hinweisen, dass Ihre Initiative, die Sie gemeinsam mit der Union eingebracht haben, mitnichten von irgendjemandem verzögert wurde. Darüber wurde - wie es sich aus meiner Sicht gehört - im Ältestenrat übrigens im Einvernehmen mit allen Anwesenden gesprochen.
Man kann zu dem Ausschuss stehen, wie man will. Dadurch ist jedoch Ihr Vorwurf zumindest aus meiner Sicht nicht zutreffend, dass hier irgendjemand irgendetwas absichtlich verzögert hätte. Mein Eindruck ist vielmehr, dass Flüchtlingspolitik unabhängig davon, wie man Inhalte im Einzelnen bewerten mag, von allen Fraktionen dieses Hauses immer mit absoluter Priorität behandelt wurde.
- Herr Kollege Garg, ich denke, wir sind uns einig, dass der Ältestenrat kein Ersatz für politische Diskussionen des Parlaments ist. Wir haben die ersten drei Vorschläge -
- Ich möchte jetzt gern aussprechen, auch wenn Ihnen das nicht passt, Herr Stegner. - Ich muss dies nachprüfen, aber Ende Oktober haben wir verschiedene Vorschläge an alle flüchtlingspolitischen Sprecher geschickt. Es hat einen intensiven E-MailVerkehr gegeben, an dem sich dankenswerterweise die CDU, die FDP und in Teilen auch die SPD beteiligt haben. Wir haben am Rande des Plenums ein Treffen gehabt, bei dem der Kollege Lars Harms so nett war, sich zu entschuldigen, weil ihm die Zeit gerade nicht passte. Das war in Ordnung. Dabei wurden die Bedenken des Kollegen Klug geäußert. Die Grünen haben den Dialog dann abgebrochen. Es wurde der Wunsch geäußert, dass wir das Thema noch einmal im Januar aufgreifen mögen. Das haben wir gemacht. Wir haben Änderungsanträge eingearbeitet. Seitdem war es sehr schwierig, Rückmeldungen zu bekommen. Wie gesagt, die Grünen haben sich hierzu nicht verhalten.
Ich bewerte dies zunächst als ungewöhnlich. Sie sagen, die Problematik werde von allen gleich ernst gesehen. Es kam jedoch zu Verzögerungen, es wurde nicht geantwortet, und es wurde gesagt, wir schieben eine solche Debatte noch einmal. Heute findet eine solche Debatte statt, wenn auch nicht in dem von uns gewünschten Rahmen. Wir werden heute abstimmen. Ich sage es noch einmal zu meinem tiefsten Bedauern. Ich darf aus dem Ältestenrat nicht zitieren. Ich weiß auch nicht, was dort gesagt worden ist, denn ich bin kein Mitglied des Ältestenrates. An diesem Punkt möchte ich die Debatte aber gern beenden. Es gibt im Ältestenrat das Konsensprinzip. Ich glaube, Sie sollten sich darüber freuen, dass unser Vorsitzender versucht, dieses Konsensprinzip im Kompromiss mit aufrechtzuhalten. Meine politische Bewertung ist eine eigene.
Nein, danke. Eine Fraktion, die mir nicht zuhört, wird sicherlich auch keine qualifizierten Fragen stellen.
Ich komme zum Schluss. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Rahmen dieser Debatte keinerlei Informationen zu der Integrationskonferenz aller Länder, die in der nächsten Woche hier unter Federführung dieser Landesregierung stattfinden wird, bekommen; eine Integrationskonferenz, die mit Sicherheit versuchen wird, neue Lösungswege weiter gemeinsam zu entwickeln. Ich wünsche ihr viel Glück. Ich fürchte nur, seitens der Landesregierung kommt da nicht viel positiver Input.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht mir nicht zu, in eine Debatte einzugreifen. Zur Klärung möchte ich jedoch gern darauf hinweisen, dass wir, so glaube ich, einvernehmlich und gemeinsam nach Lösungen für dieses Thema gesucht haben. Dies dauert manchmal seine Zeit. Ich glaube, dass
dies letztlich der angemessene Begriff für das ist, was die Zeitverzögerung angeht. Ich glaube, es ist notwendig, dass ich dies hier noch einmal anfüge. Für den SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass Frau Beer hier nicht alle Sozialdemokraten vertrieben hat. Sonst wäre ich womöglich der Leidende gewesen. Insofern möchte ich mich vor meiner Rede für die Hartnäckigkeit der Sozialdemokraten bedanken und dafür, dass Sie durchgehalten und diese 10 Minuten ertragen haben.
Meine Damen und Herren, immer mehr Flüchtlinge kommen zu uns nach Schleswig-Holstein. Die meisten von ihnen kommen aus den Kriegsgebieten in Syrien und Afghanistan oder sind aus den westlichen Balkangebieten zu uns gekommen. Ja, es werden im laufenden Jahr bis zu 20.000 Menschen erwartet. Ja, das mag sich im ersten Moment nach sehr vielen Menschen anhören. Aber ich sage auch: Ja, wir werden diese Herausforderung annehmen und Ja, wir werden es schaffen, diesen Menschen Unterkunft, Sicherheit und vielleicht sogar eine neue Heimat bieten zu können.
Flüchtlingswege sind auch unsere Wege, meine Damen und Herren. Das ist unsere Maxime, und von genau dieser wollen und werden wir als SSW nicht abrücken. Dementsprechend haben wir die imaginären Ärmel schon einmal hochgekrempelt, denn es warten nicht nur eine Menge Aufgaben auf uns als Parlamentarier, sondern Gleiches gilt für die Landesregierung, für die kommunale Ebene sowie für die Gesellschaft als Ganzes.
Im Großen und Ganzen funktionieren die Gegebenheiten in vielen Regionen Schleswig-Holsteins schon sehr gut. In vielen kleinen und größeren Schritten meistern Kommunen und Ehrenamtliche Außerordentliches für die zu uns kommenden Flüchtlinge. Dafür möchte ich mich insbesondere bei der kommunalen und der ehrenamtlichen Ebene bedanken.
Doch es gibt auch erhebliche regionale Unterschiede und somit Kreise, Städte und Gemeinden, in denen die Zusammenarbeit noch nicht so gut klappt und wo es in der Tat noch Schwierigkeiten gibt. Wir vom SSW würden uns an dieser Stelle eine
Vernetzung wünschen, in der die verschiedenen Regionen voneinander lernen können. So verstehe ich auch die kommende Veranstaltung am 6. Mai. Nur so können wir die entsprechenden Erfahrungen und das Wissen im ganzen Land austauschen und durch die Erfahrungen wachsen.
Über einen solchen Ansatz denkt auch die Landesregierung nach. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Bereitschaft für eine solche Aktion auch bei den Kommunen vorhanden ist. Das wäre eine Maßnahme, von der sämtliche Akteure gemeinsam profitieren können. Im Allgemeinen müssen wir die Flüchtlingsthematik nämlich noch größer denken.
Es geht dabei nicht nur um die Bildung derjenigen, die zu uns kommen, sondern auch um uns selbst. Bekannt ist, dass die DaZ-Stellen aufgestockt werden und dass die Anzahl der Lehrkräfte in Neumünster erhöht wurde. Sie wurden in diesem Zusammenhang insgesamt im Land erhöht. Doch die Frage, die sich uns stellt, ist doch: Wie begegne ich einem Flüchtling? Woran erkenne ich als Mitarbeiter in einer Kita zum Beispiel ein traumatisiertes Kind? Und wie gehe ich dann mit diesem jungen Menschen um? Das sind neue Fragen, die sich stellen. Das in diesem Fall zuständige Sozialministerium geht die Traumafortbildung zum Glück konsequent an. Jetzt muss sich zeigen, ob diese Fortbildungen und die Maßnahmen, die damit verbunden sind, in der Praxis auch greifen oder ob man hier Stück für Stück nachsteuern muss. Wir dürfen nicht nachlassen, immer wieder hinzusehen und zu prüfen, ob die Strukturen effizient sind.
Sie merken es schon, wir haben es in der Tat mit einer langfristigen Aufgabe zu tun. Es spricht absolut nichts dafür, dass sich die gegenwärtigen Konflikte in absehbarer Zeit beruhigen werden. Vier Jahre Krieg in Syrien, und es ist kein Ende in Sicht. Jahrzehntelange Unsicherheit und Perspektivlosigkeit in anderen Regionen dieser Welt, jahrzehntelange Hoffnung auf Besserung, die immer noch nicht in Sicht ist; diese Menschen wollen, dass sich etwas ändert. Deswegen kommen sie zu uns. Und wir müssen eingestehen, dass die meisten von ihnen auch in Deutschland bleiben werden. Das ist eigentlich auch ein großes Glück für unser Land.
Deshalb muss dafür Sorge getragen werden, dass adäquate Ausbildungs-, Weiterbildungs- und vor allem Arbeitsplätze genutzt werden können. Integration kann ohne tägliche, sinnvolle Beschäftigung kaum funktionieren. Die Unterkunft allein ist kein Integrationsansatz. Deswegen ist die Aufnahme einer regelmäßigen Tätigkeit so wichtig. Ein sicherer Alltag inmitten von Mitschülern und Kollegen;
das ist das, was sich die Menschen wünschen. Selbst wenn diese Menschen und Familien eines Tages in ihre Heimat zurückkehren, sollte es unser Interesse sein, ihnen ein vernünftiges Werkzeug mitzugeben, um ihre Heimat wieder aufbauen zu können.
Was sich vielleicht ganz einfach anhört, ist in Wahrheit leider nicht immer so einfach. Das liegt oftmals an bundesgesetzlichen Regelungen. Die Vorrangprüfung bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen gehört nach unserer Auffassung revidiert. Genau an diesen Stellschrauben müssen wir drehen. Es kann nicht angehen, dass die Arbeitsplatzvergabe von Pässen abhängig ist. Jeder Mensch, der hier bei uns lebt, soll vielmehr auch auf dem Arbeitsamt die gleichen Chancen haben.
Nur so werden wir es schaffen, dass sich der Alltag der Flüchtlinge auch entsprechend verbessern wird.
Es geht - das müssen wir uns immer wieder vor Augen halten - um ein Miteinander und nicht um ein Gegeneinander. Um das Miteinander möglich zu machen, leisten die Kommunen natürlich einen Löwenanteil. Die Organisierung von Wohnraummöglichkeiten für Flüchtlinge ist keine leichte Aufgabe. Die Landesregierung hat fest zugesagt, den Kommunen in dieser Hinsicht helfen zu wollen. Dies geschieht etwa in Form einer Soforthilfe von 1,5 Millionen € für die Einrichtung von dezentralen Unterkünften.
Im Großen und Ganzen verläuft die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen solidarisch, auch sehr gut und vertrauensvoll. So bringt das Land zum Beispiel bereits 70 % der Kosten für die Unterbringung sowie für die Versorgung auf. Die Kommunen steuern 30 % bei, und das, obwohl laut bundesgesetzlicher Regelung diese Aufgabe allein von kommunaler Seite zu bewältigen wäre. Das ist eine wirklich einmalige Situation, die eine mehr als stabile Basis bildet, um diese Herausforderung bewältigen zu können.
Wir als Koalition und auch die Landesregierung brauchen uns also nicht vorhalten zu lassen, dass wir nicht gut mit den Kommunen zusammenarbeiten würden, sondern die Unterstützung stimmt, und die Unterstützung wird auch in Zukunft, was diese Fragen angeht, weiterhin stimmen, meine Damen und Herren.
Das, was das Land in solidarischer Zusammenarbeit mit den Kommunen für die Flüchtlinge leistet, ist vorbildlich, was man von der Politik einer völlig anderen Ebene nicht sagen kann, und damit meine ich die Politik der Europäischen Union. Dort liegt nämlich ziemlich alles in Schieflage. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass zehn der 28 EU-Mitgliedstaaten ungefähr 90 % der Flüchtlinge aufnehmen. Mehr Schieflage geht wirklich nicht. Eine einheitliche EU-Flüchtlingspolitik und - dies füge ich hinzu - eine humane Flüchtlingspolitik sucht man an dieser Stelle vergebens. Der Knackpunkt sind doch die Verpflegungskosten und die Unterbringungsmöglichkeiten. In diesem Fall gibt es keine Steuerung. Dabei könnten genau diese zentralen Aufgaben durch den EU-Haushalt gesteuert und unterstützt werden; bei Agrarsubventionen geht das ja schließlich auch. Warum soll das also nicht auch in der Flüchtlingsfrage möglich sein? Jeder Schritt in Richtung Begradigung dieser Schieflage wäre weit mehr als das, was bisher überlegt worden ist.