Protocol of the Session on March 18, 2015

Weil dies bei bestimmten Opfern traumatisierende Folgen haben kann, davon auszugehen, dass automatisch nicht mehr der minderschwere Fall stattfinden soll, das haben Sie mir hier immer noch nicht schlüssig erklärt.

Nun zum Kollegen Bernstein: Es ist wirklich schon bösartig, wie Sie hier meine Ausführungen verdreht haben. Herr Kubicki hat dies wenigstens noch lustig gemacht. Sie haben mir aber im Grunde genommen das Wort im Munde herumgedreht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich habe nicht gesagt, dass dies ein Modell für eine vernünftige und soziale Eigentumsausgleichswirkung sein soll und dass die Leute mehr Diebstähle ausüben sollen. Das ist wirklich völlig an den Haaren herbeigezogen. Ich habe nur gesagt, dass bei der Analyse der Frage, warum diese Delikte zunehmen, das Phänomen einer extrem ungleichen Eigentums- und Vermögensverteilung innerhalb einer Gesellschaft aus kriminologischer Sicht zumindest mit überlegt werden sollte. Das ist das Einzige, was ich dazu gesagt habe.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Alles andere ist eine bösartige Verdrehung. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl dies gar nicht nötig ist, möchte ich zur Ehrenrettung des Kollegen Peters sagen, dass niemand ihn tatsächlich so verstehen konnte, dass er Ein

(Barbara Ostmeier)

bruchdiebstähle rechtfertigen will. Das wäre auch geradezu absurd.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRATEN)

Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich den Beitrag des Kollegen Dudda wirklich bemerkenswert fand, und zwar sowohl in der Sache als auch in der Konsequenz. Sie können in der Konsequenz aber nicht dem Koalitionsantrag zustimmen, weil die Behauptung, die darin steht, man würde sich aus der Fläche nicht zurückziehen, schlicht und ergreifend falsch ist.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ich nenne ein Beispiel, und der Herr Innenminister kann dies sofort dementieren. Wir können es im Faktencheck sofort verifizieren: Wenn nachts auf der Halbinsel Eiderstedt etwas passiert, dann muss ein Fahrzeug aus Schleswig kommen. Leute, die ein wenig rechnen können, können sich vorstellen, dass sie 40 bis 45 Minuten lang Zeit haben, bevor irgendetwas passiert. Herr Kollege Breyer, wenn das eine Fahrzeug aus Husum beschäftigt ist, muss eines aus Schleswig kommen. Auch dies dauert 45 Minuten. Das ist völlig wurscht. Auf diese Frage kommt es momentan gar nicht an.

Entscheidend ist nicht die Frage der Aufklärungsquote, sondern die Frage der Entdeckungswahrscheinlichkeit, Herr Kollege Breyer, das heißt, wie schnell ein Täter damit rechnen muss, dass Sicherheitskräfte vor Ort sind. In dem Moment, in dem er damit rechnen muss, dass innerhalb von 5 oder 10 Minuten jemand da ist, wird er sich überlegen, ob er an dem Ort des Geschehens handelt oder nicht handelt. In dem Maße, in dem er damit rechnen kann, dass er lange Zeit hat, wird er entsprechend anders handeln. Das Problem, vor dem wir momentan stehen, ist, wie gesagt, dass die Reaktionsgeschwindigkeit der Polizei in bestimmten Fällen schlicht und ergreifend zu langsam ist, und zwar aus Personalmangel und teilweise auch aus Sachmittelmangel.

Herr Kollege Dudda, Ihr Beitrag zu einer Politik, die keine Wutbürger erzeugen soll, teile ich. Wutbürger sind aber nicht diejenigen, die kriminelle Taten begehen. Schauen wir uns an, was heute in Frankfurt passiert. Dort gibt es einen schwarzen Block, der komplett kriminell ist. Das hat mit Demonstrationsrecht und mit Wutbürgern überhaupt nichts zu tun. Das sind Kriminelle, die es sich zum Ziel gesetzt haben, den Staat über seine Sicherheitsbehörden anzugreifen.

(Beifall FDP und CDU)

Wenn ich mir ansehe, was heute in Frankfurt passiert und was wahrscheinlich heute Abend noch weiter passieren wird, dann sage ich: Gnade uns Gott, was den G-7-Gipfel in Lübeck angeht.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Bemerkung der Frau Abgeordneten Lange?

Selbstverständlich.

Ich möchte noch einmal Bezug nehmen auf Ihre Ausführungen zur Entdeckungswahrscheinlichkeit. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass wir nach der Umstrukturierung im Norden des Landes in der PD Flensburg festgestellt haben, dass wir die Reaktionszeiten der Polizei auf Polizeistationsebene verbessern konnten.

- Frau Kollegin Lange, ich will diese Frage jetzt nicht mit Ihnen in öffentlicher Debatte diskutieren. Ich bin gern bereit, dies im Innen- und Rechtsausschuss zu tun. Ich nenne gern weitere Kreise in Schleswig-Holstein. In diesen können sie nachts betrunken Auto fahren, weil gar keine Polizeistreife unterwegs ist.

(Simone Lange [SPD]: Woher wissen Sie das?)

- Von den entsprechenden Polizeibeamten, meine Liebe. Das weiß ich, wie Sie das auch wissen. Wir können das gern in jedem Plenum diskutieren. Ich halte es aber für sinnvoller, wenn wir uns darüber vielleicht einmal im Innen- und Rechtsausschuss unterhalten.

(Zuruf)

- Wenn Sie glauben, das sei billig, dann gucken wir uns das einmal in Ruhe an. Wir sind gern bereit, dies aufzulisten, wenn Sie das wollen, um deutlich zu machen, wo die Gefährdungslage in SchleswigHolstein aufgrund von Personalmangel besonders groß ist.

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dudda?

(Wolfgang Kubicki)

Selbstverständlich.

Herr Kollege Kubicki, meine Bemerkung eben lautete so, wie ich sie erinnere, fast wortwörtlich, dass das einzig Positive an der heutigen Debatte die Selbstverpflichtung der Landesregierung war, Polizei in der Fläche zu erhalten. Das bedeutet mitnichten, dass wir diesem Antrag zustimmen können. Es ist bemerkenswert, dass die Landesregierung dies so angeführt hat, weil das ziemlich genau dem widerspricht, was wir in den letzten Wochen gehört haben.

Zweitens. Wenn ich vom Wutbürger spreche, dann meine ich natürlich nicht die Autonomen, die heute Theater und Randale machen oder die am 1. Mai politisch nichts im Sinn haben und nur Gewalt ausüben. Ich meine den Bürger, der an der Demokratie einfach nicht mehr so teilnimmt, wie wir uns das wünschen, sondern der das Recht in die Füße packt, Schusters Rappen bedient und auf die Straße geht und dort Polizeikräfte bindet, die wir woanders brauchen.

- Herr Dudda, ich hatte keinen Zweifel daran, dass Sie das so gemeint haben. Ich freue mich, dass Sie dies noch einmal klarstellen. Das ist dann im Protokoll so vermerkt, damit keine Missverständnisse auftauchen.

Ich will nur sagen: Wir als politische Klasse und als Gesellschaft insgesamt müssen dafür sorgen, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wieder mehr Respekt entgegengebracht wird, als dies gegenwärtig der Fall ist. Viele Menschen glauben, es sei ihr ureigenes Bürgerrecht, Steine auf Polizeibeamte zu schmeißen und heute auch auf Feuerwehrleute oder auf Sanitäter Steine zu schmeißen. Liebe Freunde, wenn wir versuchen, das noch zu entschuldigen, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn das Empfinden da ist, man dürfe sich gegenüber den staatlichen Institutionen alles leisten. Wir müssen mehr Respekt für die Arbeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten einfordern, dann haben wir auch weniger Gewalttaten von Leuten, die glauben, sie dürften sich das leisten. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt SSW)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens möchte ich sagen: Ich habe keinen hier im Haus gehört, der Gewalt und Kriminalität in irgendeiner Form relativiert hätte. Die Wohnungseinbrüche sind Straftaten. Kein Mensch rechtfertigt diese oder findet sie in irgendeiner Art und Weise richtig.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Frau Kollegin Ostmeier, allerdings sage ich: Wenn die Antworten, die gegeben werden, nichts mit der Lösung des Problems zu tun haben, dann ist dies in der Tat etwas für den Stammtisch, und dies hat der Kollege Peters zu Recht zurückgewiesen. Die Antwort taugt nämlich nichts. Wir wissen aus der Kriminalstatistik, dass sie nichts taugt. Wenn Sie schon Antworten geben, dann bitte solche, die zur Lösung des Problems beitragen.

Zweitens. Zur Frage des Rückzugs aus der Fläche: Es ist natürlich immer wohlfeil, in der Opposition zu sagen, wir brauchen mehr Stellen, wir wollen mehr Polizei, wir wollen dies, das und jenes mehr. Ich habe dies heute Morgen schon angesprochen. Gleichzeitig - das ist bei vielen Themen so - ermahnt man uns, mehr zu sparen. Man verweigert sich aber völlig, wenn wir über Einnahmesteigerungen reden. Dies immer wieder zu tun, kann man als Opposition machen. Das machen Sie auch, das ist Ihr gutes Recht. Ich sage nur: Dies taugt nicht in der Regierungsverantwortung, insofern ist dies nicht nützlich.

Wir ziehen uns nicht aus der Fläche zurück. Die Kollegin Lange hat auf die Reaktionszeiten hingewiesen. Was die Einmannstationen angeht, so war der Beginn der Polizeireform in einer Zeit, in der die Union Regierungsverantwortung hatte. Insofern sollten Sie es nicht attackieren, wenn wir das tun. Das, was hier im ersten Beitrag behauptet wurde, nämlich wir würden alle Stationen mit einer Besetzung von unter fünf Stellen schließen, ist falsch. Das machen wir nicht. Sie sollten dies nicht falsch behaupten, obwohl der Kollege Günther ja Spezialist dafür ist, in diesem Landtag Fehlbehauptungen aufzustellen.

Drittens. Der Kollege Bernstein hat hier über den Unterschied zwischen subjektiv und objektiv geredet. Herr Kollege Bernstein, eines will ich Ihnen

deutlich sagen: Wenn Sie mit Ihrer subjektiven Darstellung der Sicherheitslage in Schleswig-Holstein hier auftreten, dann richten Sie objektiv Schaden an. Das ist wahr. Das ist das, was wir hier beklagen, nämlich dass Bürger dies hören und annehmen, es könnte vielleicht stimmen, was Sie sagen, statt in die Kriminalstatistik zu gucken und festzustellen, dass es falsch ist, was Sie sagen. Das ist zum objektiven Schaden, Herr Kollege Bernstein. Dies wollte ich Ihnen noch einmal entgegenhalten.

Zum Schluss ein Punkt, der mir in dieser Debatte eigentlich am wichtigsten ist. Er betrifft das, was der Kollege Kubicki eben gerade angesprochen hat, nämlich den Umgang mit Gewalt. Ich glaube, der Kern muss sein, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt und liegen muss, und zwar ohne jedes Wenn und Aber.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt FDP)

Es ist wichtig, dass wir im Zusammenhang mit Frankfurt oder was auch immer sagen: Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Gewalt. Jedwede Form von Gewalt muss konsequent verurteilt werden. Man darf nicht so tun, als gebe es dafür Rechtfertigungen. Das ist die Basis.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt FDP)

Wenn man dies tut, dann leisten wir miteinander einen großen Dienst, weil wir als Parlamentarier dafür verantwortlich sind, Menschen keine Angst zu machen und ihnen klarzumachen, dass das Parlament jedenfalls in dieser Frage einer Meinung ist. Es ist wichtig, dass das Parlament in dieser Frage einer Meinung ist. Jeder weiß: Wenn ich Gewalt ausübe, dann verletze ich die Grundregeln unseres Staates. Dies wird von niemandem akzeptiert, mag die Begründung auch noch so gut sein. Gewalt geht gar nicht, und darauf sollten wir in Deutschland auch beharren. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt FDP)

Weitere Wortmeldungen aus dem Parlament liegen nicht vor. Für die Landesregierung hat jetzt der Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten, Herr Stefan Studt, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Frankfurt ist hingewiesen worden. Das ist eine Situation, die in der Tat bedauerlich ist und über die ich mich natürlich laufend informieren lasse, weil auch Kolleginnen und Kollegen aus unserem Land dort sind. Das, was dort im Moment geschieht, kann niemanden von uns froh stimmen.