Der Deutsche Verkehrsgerichtstag hatte bereits 2009 vorgeschlagen, die Section Control in einem Bundesland zu testen. Der Bundesrat hat dem Pilotversuch für eine Testphase in einem Bundesland zugestimmt, und dieser Versuch soll ab Frühjahr 2015 für 18 Monate in Niedersachsen auf der B 6 durchgeführt werden.
Sollten die datenschutzrechtlichen Bedenken nicht ausgeräumt werden können, wird es sicherlich keine Zustimmung zu weiteren Vorhaben geben.
Es ist fraglich, wie FDP und PIRATEN suggerieren, schon im Vorwege der Testphase auf der B 6 die Ergebnisse und ein datenrechtliches Scheitern
Wir sind uns bei den Diskussionen über die Unfallstatistik im Haus immer einig, dass wir die Zahl der Unfälle und insbesondere der Opfer senken wollen. Sollte der Feldversuch in Niedersachsen - Herr Vogt, Sie haben recht, dass es primär um Unfallvermeidung geht - erfolgreich sein wie gehofft, wird man sich sicherlich genauer anschauen, ob dieses Verfahren vielleicht doch sinnvoll ist, und es nicht von vornherein ausschließen.
Ich beantrage Überweisung in den Wirtschaftsausschuss und mitberatend in den Innen- und Rechtsausschuss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Section Control - Brückenretter oder Datenfalle? An dem neuartigen System auf deutschen Autobahnen scheiden sich die Geister. Das System muss auf Verdacht ausnahmslos jeden Fahrer fotografieren. Unschuldige Autofahrer können so unter Generalverdacht geraten. Eine verdachtslose Datenerhebung ist problematisch und kann zu Missbrauch führen.
Wie wir aus zahlreichen Erfahrungen wissen: Sind die Daten erst vorhanden, entstehen Begehrlichkeiten. Das hat die Erfahrung mit der Lkw-Maut deutlich gezeigt. Es vergeht keine Woche, in der nicht ein konservativer Innenminister den Zugriff auf die Mautdaten fordert.
Lieber Herr Bernstein, es ist schon erstaunlich, dass Sie als Befürworter der Vorratsdatenspeicherung hier die Rede halten und nicht der Kollege Arp als Verkehrspolitiker. Wir wollen den gläsernen Autofahrer oder die gläserne Autofahrerin nicht. Von der staatlichen Datenerfassung zur staatlichen Überwachung ist es nicht weit.
Insofern sind auch wir skeptisch. Doch es gibt auch noch einen anderen Aspekt, den ich hier deutlich machen möchte: Ein Recht auf zu schnelles Fahren gibt es nicht.
(Beifall Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Christopher Vogt [FDP]: Behauptet auch niemand!)
Wir haben ein massives Problem an der Rader Hochbrücke. Um den Brückenverschleiß zu drosseln, wurde unter anderem ein Tempolimit gefordert. Gestern haben wir gehört, dass es in der Tat nicht nur um das Tempo geht, sondern auch um die punktuelle Belastung durch Lkw auf dieser Brücke. Das Anfahren von Lkws im Stau ist viel schädlicher für die Brücke und stärker für den Verschleiß der Brücke verantwortlich als das Geschwindigkeitsproblem. Aber auch der Mindestabstand ist hier als Problem genannt worden. Dieses wird durch Section Control allerdings nicht erfasst oder überwacht.
Sämtliche Autos zu fotografieren, um Kennzeichen von Fahrzeugen zu ermitteln, halten wir tatsächlich für nicht angemessen.
Wir fragen uns: Gibt es nicht andere Systeme mit fest installierten Radarfallen, die das Gleiche leisten, aber den Datenschutz sicherstellen und zudem billiger sind? Meine Fraktion will aber auch - um es deutlich zu sagen - verkehrstechnisch nicht akzeptieren, dass die Rader Hochbrücke noch mehr Probleme bekommt, als sie jetzt schon hat. Eine Vollsperrung der Brücke für Lkw - das haben wir erleben müssen - hat erhebliche wirtschaftliche Folgen. Herr Kollege Vogt, wir waren auf den Veranstaltungen für die Wirtschaft in der Region Rendsburg.
Es stimmt: In Österreich, den Niederlanden und Großbritannien sind Section-Control-Anlagen erfolgreich im Einsatz. Das zeigen zahlreiche Studien. Im Bereich des Kaisermühlentunnels an der österreichischen A 22 wurde das Unfallrisiko um über 40 % verringert, in Italien soll die Zahl der Verkehrstoten auf kontrollierten Abschnitten um 50 % zurückgegangen sein. Das lässt einen Grünen nicht kalt. Das kommt unserer politischen Strategie „Vision Zero“ - null Tote im Straßenverkehr - sehr nahe.
Herr Kollege, ich habe zwei Fragen. Erstens. Ist Ihnen bekannt, dass die Zahlen, die Sie eben genannt haben, im Vergleich zu einer komplett unkontrollierten Strecke stehen, es also kein Vergleich zu den konventionellen Kontrollen ist?
Zweitens. Sehen Sie vor dem Hintergrund des aktuellen Sachstands nach allem, was wir jetzt wissen, eine Veranlassung, eine Gesetzesänderung vorzunehmen, um eine solche Technologie bei uns zu ermöglichen?
- Der Umstand, den Sie schildern, ist mir bekannt. Wir als Fraktion haben gefordert, dass wir ein umfassendes Sicherheitskonzept brauchen, in dem all diese Fragen, was zu weniger Toten im Straßenverkehr führt, wirklich beantwortet werden, also diese „Vision Zero“, wie sie von Verkehrsexperten und auch vom Deutschen Verkehrstag gefordert wird. Dieser Strategie schließen wir uns an. Insofern wird man zu bewerten haben, welche Maßnahmen zu welchen Erfolgen im Hinblick auf weniger Tote im Straßenverkehr führen.
Das Zweite, das Sie ansprechen, eine Gesetzesänderung, wenn sie denn ansteht - das werden wir im Ausschuss besprechen -, sehe ich als sicherlich nicht unproblematisch an, weil wir uns nicht nur auf einen Fall festlegen können - wir können hier nicht nur die Rader Hochbrücke in den Fokus nehmen -, sondern wir würden es dann möglicherweise fürs ganze Bundesland beschließen. Das müssten wir sicherlich besprechen.
Noch einmal der Unterschied zu den Anlagen im Ausland: Alle ausländischen Anlagen erfassen lediglich das Autokennzeichen. In Deutschland gilt aber die Halterhaftung. Der Unterschied besteht darin, ob nur ein Kennzeichen erfasst wird oder ob tatsächlich - wie wir hier wissen - anlasslos jeder Fahrer fotografiert wird. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte hat das System übrigens sehr kritisch bewertet.
Wir wollen uns heute auf keine grundsätzliche Ablehnung festlegen. Im Gegenteil: Auch mit uns wird man über das Thema Verkehrssicherheit reden können. Ich habe gerade die Lebensdauer der Rader Hochbrücke angesprochen. Wenn überhaupt, dann nur anlassbezogen auf der Rader Hochbrücke, aber bestimmt nicht generell lückenlos in ganz Schleswig-Holstein.
Ich möchte deutlich machen, dass uns die Grundrechte, vor allem aber das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und das Grundrecht auf Datenschutz wichtig sind. Uns Grünen ist eine alltägliche, anlasslose, lückenlose Überwachungskultur zuwider. Dass der Alltag sozusagen nicht mehr frei ist, ist keine Politik, die wir wollen. Dass wir in unserem Alltag lückenlos überwacht und gläsern werden, diese Politik lehnen wir ab.
(Beifall PIRATEN, Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deshalb möchte ich in aller Deutlichkeit sagen - da spreche ich sicherlich für meine gesamte Fraktion -: Wir wollen qualitative Fragen, die wir an dieses System haben, beantwortet haben. Wir sind nicht bereit, einer Section-Control-Systemerfassung leichtfertig zuzustimmen. Das Zusammenspiel von Transparenz, Verantwortung, Öffentlichkeit und Kontrolle, diese Balance muss eingehalten werden. Da kann es für uns keine Abstriche geben. Wird dies nicht mehr gewährleistet und durch eine andere Zielsetzung - Sicherheitsstaat - überlagert, dann ist letztendlich nicht nur der Rechtsstaat, sondern auch die Demokratie gefährdet. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nun wirklich kein angenehmer Hintergrund, vor dem wir uns mit dem Thema Section Control beschäftigen müssen. Die Rader Hochbrücke - mit Sicherheit eines der wichtigsten Bauwerke im Bereich der Verkehrsinfrastruktur in unserem Bundesland - ist schon nach wenigen Jahrzehnten so marode, dass sie wohl nur noch elf Jahre halten wird, bevor sie ersetzt werden muss. Es ist aus meiner Sicht
gut, dass die Realisierung des aufwendigen Ersatzbauwerks per Gesetz beschleunigt werden soll und dass es nun mit der Planung losgeht. Ich halte es auch für richtig, dass die DEGES als Projektgesellschaft damit beauftragt wurde. Elf Jahre sind nicht viel Zeit für ein solches Bauwerk. Wir müssen in der Tat alle gemeinsam hoffen, dass das marode Bauwerk noch so lange genutzt werden kann, bis das Ersatzbauwerk fertiggestellt ist - Herr Dr. Tietze, da sind wir uns einig -, ansonsten wäre das ein verkehrspolitischer Super-GAU für unser Bundesland mit großen wirtschaftlichen Schäden.
Bis die neue Brücke fertig ist, geht es also schlicht und ergreifend darum, die sehr kurze Restlebensdauer von elf Jahren nicht noch weiter zu verkürzen, weshalb sich die vielen Lkw-Fahrer, die Tag für Tag die Hochbrücke in großer Zahl nutzen, auch unbedingt an das Tempolimit von 60 km/h halten sollten, was diese trotz einiger Kontrollmaßnahmen leider allzu oft bisher nicht tun. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, soll es nun nach Vorschlag der Landesregierung die sogenannte Section Control als sehr umstrittene Technik richten. In Schleswig-Holstein wird damit allerdings eine Technik in Erwägung gezogen, die jeden Autofahrer erfasst und auch von jedem Autofahrer Datensätze anlegt. Damit schießt die Landesregierung unserer Meinung nach deutlich über das Ziel hinaus. Das Problem der zu schnellen Lkw können wir gut nachvollziehen, die vorgesehene Lösung können wir allerdings nicht mittragen.
Einen breiten Konsens haben wir dankenswerterweise in diesem Hause bei der Ablehnung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung herbeiführen können. Ein ganz ähnliches Prinzip begegnet uns auch hier. Hier werden auf einer bestimmten Strecke systematisch Daten von Autofahrern erfasst. Die Verkehrsteilnehmer werden unter Generalverdacht gestellt, zu schnell zu fahren. Anders als herkömmliche Radarfallen - um diesen Unterschied geht es und darum, was sinnvoller ist -, die an einem bestimmten Punkt nur diejenigen registrieren, die sich nicht gesetzeskonform verhalten, registriert und identifiziert dieses System erst einmal alle Fahrzeuge auch dann, wenn sie sich gesetzeskonform verhalten.
Auch wenn die technischen Dienstleister - Sie haben die Unterlagen sicherlich auch gelesen, die ich vor der Debatte gelesen habe - sagen, dass es sich um anonymisierte und verschlüsselte Daten handeln soll, die nach Verlassen des Abschnitts sofort wieder gelöscht werden, verletzt diese Technik aus un
Wir halten es rechtlich für unzulässig, auch weil es hier eben in erster Linie nicht um die Vermeidung von Unfällen, sondern um den Erhalt der Brücke geht. Herr Dr. Bernstein, ich habe Ihnen eben schon gezeigt, dass auch der Deutsche Verkehrsgerichtstag festgestellt hat, dass das der entscheidende Unterschied an dieser Stelle ist. Wir lehnen diese Technik aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil deren Einsatz einen weiteren, wenn auch eher kleinen Schritt in den orwellschen Überwachungsstaat darstellt. Hinzu kommt, dass wir diese Technik an dieser Stelle für nicht geeignet und für zu teuer halten.
Die Brücke gehört dem Bund und wird vom Land verwaltet. Es stellt sich natürlich die Frage, wer die 700.000 € - oder wieviel auch immer - für die Anschaffung der Anlage berappen muss und wer diese Anlage eigentlich betreiben soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Land das dem Kreis Rendsburg-Eckernförde aufbürden will. Diese Frage wird die Landesregierung auch noch beantworten.
Ein ganz entscheidendes Problem - der Kollege Dr. Breyer hat es angesprochen - wird auch durch diese Technik nicht gelöst, nämlich dass Fahrer osteuropäischer Lkw bisher vielfach keine Verfolgung ihrer Ordnungswidrigkeiten fürchten müssen. Die Verfolgung ist sehr aufwendig, das ist auch ein technisches Problem, offenbar arbeitet Dataport gerade daran. Dieses Problem muss erst einmal gelöst werden, sonst bringt die Datensammelei nichts.