Protocol of the Session on February 19, 2015

(Beifall FDP, SPD und SSW)

Ausgerechnet diese Aufforderung an eine SPD, die in Schleswig-Holstein von Stegner geführt wird, zu richten, das haut dem Fass den Boden aus. Das kann man nur mit Karneval umschreiben. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einführung des bundesweit geltenden allgemeinen ge

setzlichen Mindestlohns ist eine wichtige politische Errungenschaft. Nach dieser Debatte muss man das, denke ich, noch einmal ganz klar festhalten.

(Beifall SPD und PIRATEN)

Ich werde mich jetzt nicht an politischen Debatten abarbeiten, die für mich eigentlich die Debatten der Vergangenheit sind. Ich gehe davon aus, dass der Mindestlohn auch noch in 30 Jahren in Deutschland Bestand haben wird, in welcher Höhe auch immer. Insofern ist diese Entscheidung längst gefallen.

Ich denke auch, dass es ganz normal ist, dass Unsicherheiten und Fragen auftreten, wenn man ein neues Gesetz hat. Das ist, wie gesagt, völlig normal. Deswegen ist es gut, dass man die Wirkung des Gesetzes sorgfältig beobachtet.

(Beifall Barbara Ostmeier [CDU])

Entgegen mancher Äußerungen hier ist auch beim Mindestlohngesetz eine Evaluierung vorgesehen.

Wir sollten aber, wenn wir über Probleme reden, immer die Unterscheidung zwischen echten Problemen und gefühlten Problemen vornehmen. Ein gefühltes Problem will ich benennen, weil das Geschrei ja groß war, kurz bevor der Mindestlohn eingeführt wurde: Mein Gott! Welche gravierenden Auswirkungen wird das auf den Arbeitsmarkt haben! - Wenn Sie die aktuellen Arbeitsmarktzahlen sehen, auch saisonal bedingt, dann kann man dieses Problem nicht als solches erkennen. Das ist der erste Punkt.

Das zweite Thema, das Sie genannt haben, ist der bürokratische Aufwand. Worum geht es eigentlich? - In erster Linie geht es um die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit. Selbstverständlich brauchen wir, wenn wir ein Mindestlohngesetz in Deutschland haben, vernünftige Kontrollmechanismen. Das heißt, sie müssen greifen, und sie müssen praktikabel sein, auch in Anbetracht dessen, was der Abgeordnete Dudda gesagt hat.

Jetzt einmal genau hingeschaut: Was muss eigentlich dokumentiert werden? Darüber ist bereits einiges gesagt worden. Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen einschließlich Pausen spätestens nach sieben Tagen dokumentiert werden. Eine handschriftlich geführte Kladde genügt übrigens. Das soll schwierig sein? Manchmal frage ich mich, worüber wir eigentlich reden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Außerdem gibt es Erleichterungen bei ausschließlich mobilen Tätigkeiten. Und bei Minijobbern gilt

diese Regelung nur für Unternehmen, nicht für Privathaushalte. Ich sage auch das noch einmal zur Klarstellung.

Was die 2.958 € brutto angeht, sage ich: Das ist der Verdienst bei der maximal möglichen Arbeitszeit in Saisonbetrieben. 29 Tage mal zwölf Stunden - das kommt im Sommer in der Gastronomie manchmal vor - ergibt die maximale Arbeitszeit. Wenn Sie das mal 8,50 € nehmen, dann kommen Sie auf genau den Betrag, der genannt worden ist.

Die Dokumentationspflicht ist keine unzumutbare Mehrbelastung für die Unternehmen. Sie ist vor allen Dingen nicht neu; darauf ist schon hingewiesen worden. Wir haben seit über zwei Jahrzehnten ein Arbeitszeitgesetz, nach dem es diese Pflichten zur Aufzeichnung gibt. Also, worüber reden wir? Jede Handwerkerrechnung, die Sie bekommen, enthält eine Auflistung der Arbeitsstunden. Was soll da eigentlich neu dokumentiert werden? Das findet doch alles schon statt.

(Serpil Midyatli [SPD]: Genau!)

Für wen gilt diese Aufzeichnungspflicht eigentlich? Darauf haben wir in der Debatte schon hingewiesen. Das sind neun Branchen. Es gibt eine Verbindung zum Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, und das finde ich richtig. Natürlich hat es Missbrauch gegeben. Nehmen Sie allein die Diskussion über die Schlachthöfe, über die Fleischwirtschaft: Leiharbeiter aus Rumänien und Bulgarien sind zu Hungerlöhnen und unter wirklich erbärmlichen Bedingungen beschäftigt worden. Das sind natürlich besondere Einzelfälle, aber sie weisen darauf hin, wo die Problembereiche liegen. Bei den Minijobbern müssen wir besonders darauf achten, dass der Mindestlohn tatsächlich ausbezahlt wird. Die Verdienstobergrenze von 450 € darf nicht dazu führen, dass der gesetzliche Mindestlohn durch Schummelei bei der Arbeitszeit unterlaufen wird. Wie gesagt: Die Dokumentation der Arbeitszeit braucht eine effektive Kontrolle.

Natürlich gibt es Irritationen. Die hat es - das sollte man nicht verschweigen - bei den Sportvereinen gegeben. Es war unklar, ob Übungsleiter, Amateurund Vertragssportler dem Mindestlohn unterliegen. Im Gesetzgebungsverfahren hat es hierzu Klarstellungen gegeben: Sie unterliegen dem Mindestlohngesetz nicht, wenn Ehrenamt und sportliche Betätigung im Vordergrund stehen. Ich finde, das war eine wichtige Klarstellung im Gesetzgebungsverfahren. Das kann jeder vor Ort definieren. Frau Ostmeier, zu Ihrem Beispiel aus dem Fußball - Regionalliga Nord; Weiche Flensburg gegen SV Mep

(Minister Reinhard Meyer)

pen -: Ich bin mir nicht sicher, was dort tatsächlich gezahlt wird. Man sollte vorsichtig sein, wenn man das als Beispiel nennt. Es gibt andere Beispiele, bei denen man hinschauen muss.

Ich will es ganz deutlich sagen: Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, eine erste Überprüfung des Mindestlohngesetzes bis zum Sommer vorzunehmen. Ich habe auch deutlich gesagt, Herr Callsen: Natürlich wird man schauen müssen, was das gerade für kleinere Unternehmen bedeutet, zum Beispiel für Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich sage aber auch ganz klar: Wir sollten diese Überprüfung abwarten. Ich glaube, wenn es tatsächlich Probleme gibt, dann werden sie gelöst. Ich sage aber genauso ausdrücklich: nur die echten Probleme, nicht die gefühlten. Wir haben heute viel über gefühlte Probleme gehört, die keine echten sind. Wir sollten uns aber wirklich nur um die echten Probleme kümmern. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden?

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Beantragt!)

- Sie haben es beantragt? - Pardon. Dann lasse ich zuerst abstimmen über die Ausschussüberweisung. Es ist beantragt worden, den Antrag auf Drucksache 18/2695 an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind drei Abgeordnete der Fraktion der PIRATEN. Wer ist dagegen? - Das sind die übrigen Abgeordneten des Hauses. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Abgeordneten der Fraktion der PIRATEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam nicht die Absicht haben, jetzt über den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses zu beraten. - Das ist der Fall. Dann bitte ich die Parlamentarischen Geschäftsfüh

rer, mir mitzuteilen, wann dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen werden soll.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr und wünsche Ihnen eine angenehme Mittagspause.

(Unterbrechung: 13:35 bis 15:04 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung wieder.

Ich begrüße auf der Besuchertribüne bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag Anwärterinnen und Anwärter der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung aus Eutin sowie Gäste unseres Kollegen Lars Winter aus Plön. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Kein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger durch „Section Control“ auf unseren Straßen

Antrag der Fraktionen von FDP und PIRATEN Drucksache 18/2694 (neu) - 2. Fassung

Ich stelle fest, das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Dr. Patrick Breyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beantragen heute, die von Herrn Verkehrsminister Reinhard Meyer befürwortete Einführung der umstrittenen Section-Control-Technologie zur Erfassung aller Fahrzeuge auf der Rader Hochbrücke abzuwenden. Während bei herkömmlichen Geschwindigkeitskontrollen nur diejenigen Fahrzeuge fotografiert werden, die tatsächlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreiten, sollen mit der Section-Control-Technologie alle Fahrzeuge erfasst und aufgenommen werden, um deren Durchschnittsgeschwindigkeit über eine längere Strecke hinweg ermitteln zu können.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Unerhört!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Deutschland ist es datenschutzrechtlich schlichtweg unzulässig, Fahrzeuge rechtstreuer Verkehrsteilnehmer zu fotografieren.

(Beifall PIRATEN und FDP)

(Minister Reinhard Meyer)

Das sollten auch Sie, Herr Meyer, respektieren.

Nach meinen Informationen ist die Landesregierung inzwischen so weit, dass sie erkannt hat: Auf der Grundlage der jetzigen Gesetze ist diese Technologie nicht einzusetzen. Jetzt wird aber von Ihrer Seite gefordert, eine Gesetzesänderung herbeizuführen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abgesehen davon, dass das Land für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten gar nicht zuständig ist, das heißt, dass dies gar nicht landesgesetzlich regelbar wäre, darf es eine solche Gesetzesänderung nicht geben,

(Beifall PIRATEN)