Wenn die Behauptung im Raum steht, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Mindestlohn außer Kraft setzen wollten, ihn umgehen wollten, sich also rechtswidrig verhalten wollten, wieso glauben Sie dann, dass das Aufschreiben von möglicherweise falschen Arbeitszeiten ein Qualitätsmerkmal wäre?
- Lieber Herr Kubicki, es geht gerade darum, diesen Verdacht auszuräumen. Ich teile nicht die Auffassung von einigen, die sie auch öffentlich äußern, dass man Unternehmerinnen und Unternehmer unter einen Generalverdacht stellen sollte. Die teile ich ausdrücklich nicht.
Aber wenn man jetzt sagt, wir haben gemeinsam auf dem deutschen Arbeitsmarkt den Mindestlohn verabredet - wir haben auch den Atomausstieg und andere Dinge verabredet -, dann muss man doch auch Mechanismen schaffen, die nicht außergewöhnlich sind - wir haben eben nicht das Rad neu erfunden - und sie standardmäßig vorsehen. Ich habe überhaupt kein Problem damit und glaube, dass das im Gegenteil dazu führen wird, dass sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber beim Mindestlohn auf eine Augenhöhe kommen. Das ist das, was wir mit dem Mindestlohn bezwecken.
Ich möchte auch noch ein Wort zur Haftung sagen. Lieber Herr Callsen, am Ende gucken doch immer die Schwächsten in die Röhre, auch in diesem Fall die Subsubunternehmerinnen und -unternehmer. Es
ist doch einfach, sich als Auftraggeber einen schlanken Fuß zu machen und zu sagen, für die Arbeitsbedingungen sind doch die anderen Unternehmen zuständig, ich habe meinen Auftrag ja weitergegeben. Wir wissen doch genau, was gerade bei den Subsubunternehmen passiert. Das ist doch die Geschichte des jahrzehntelangen Missbrauchs der Billiglöhne, die wir hier in diesem Haus nicht zum ersten Mal debattieren. Das ist genau der Punkt, wo ich sage: Wir müssen die lückenlose Überprüfung haben, damit wir die Spreu vom Weizen trennen und die schwarzen Schafe herausfinden. Denn das ist dann wirklich schädlich für unsere Wirtschaft. Das macht unseren Wirtschaftsstandort kaputt, wenn wir als Gesellschaft hier nicht wirklich einheitliche Standards durchsetzen können.
Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter. Meine Damen und Herren, wenn es etwas in der Größenordnung zu besprechen gibt, wäre es besser, Sie machten das draußen.
Ich komme zum Schluss. - Die Beschäftigten gerade im unteren Lohnbereich können sich nicht wehren, zahlen die Zeche. Deshalb müssen wir diejenigen, die den Auftrag geben, die Unternehmen, in die Pflicht nehmen. Der Mindestlohn schafft mehr soziale Gerechtigkeit, nicht weniger. Die Dokumentation ist ein Qualitätsstandard und nicht weniger.
Ihren Antrag - eben so auf den Tisch gelegt - kann man nur ablehnen. Er ist meiner Meinung nach nicht einmal wert, dass wir über ihn im Ausschuss diskutieren. Er ist ein Angriff auf den Mindestlohn. Schade, liebe CDU, soziale Gerechtigkeit geht anders.
zum Thema Mindestlohn andere Vorstellungen hatte und auch weiterhin hat. Sie hat eine andere als SPD, Union - und auch Grüne, wie wir gerade gehört haben -, deren gesetzlicher Mindestlohn am 1. Januar 2015 in Deutschland Realität geworden ist. Wir halten diesen undifferenzierten und politisch festgelegten Mindestlohn für den falschen Weg, um den entsprechenden Problemen, die es unbestritten auf dem Arbeitsmarkt gibt, wirksam zu begegnen.
Wir sprechen uns stattdessen für einen branchenund nach Regionen differenzierten Mindestlohn aus, weil wir das für deutlich sinnvoller halten.
Wie sich der gesetzliche Mindestlohn auf unseren zum Glück - weiterhin sehr robusten Arbeitsmarkt nun auswirken wird, werden wir wohl erst in einigen Monaten seriös beurteilen können. Zunächst ist er erst einmal positiv, weil 1.600 Zöllner eingestellt werden, um den Mindestlohn zu kontrollieren. Insofern hat das erst einmal positive Auswirkungen. Wie die negativen Auswirkungen sein werden, werden wir dann sehen.
Was jedoch schon in den ersten Wochen des Jahres immer mehr Menschen klargeworden ist, ist die Tatsache, dass die begleitende Bürokratie eine unzumutbare Belastung gerade für die kleineren und mittleren Betriebe darstellt, die die Wirtschaftsstruktur unseres Bundeslandes letztlich ganz überwiegend prägen. Die geschaffenen Regelungen zur Dokumentationspflicht sind aus unserer Sicht völlig überzogen und überfordern viele Betriebe, Herr Dr. Tietze. Sie müssen doch auch sehen, dass oftmals der Inhaber mitarbeitet. Der hat andere Sachen zu tun, nämlich Aufträge abzuarbeiten, statt sinnlose Dokumentationspflichten wahrzunehmen.
- Kollege Baasch, für Großunternehmen sind solche Auflagen zwar auch eine unnötige Belastung, aber sie können diese mit ihren Strukturen in der Regel deutlich einfacher bewältigen als die kleineren und mittleren Betriebe oder auch Vereine und Verbände. Darüber wurde heute relativ wenig gesprochen, was da los ist. Denn auch das sollten wir sehen. Hier sind ja auch einige Vereinsvorsitzende im Raum.
Lieber Kollege Vogt, würden Sie mir recht geben - weil Sie gerade von kleinen und mittelständischen Betrieben gesprochen haben -, dass es oftmals gewerbliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, die dort arbeiten und dass hier sowieso schon nach Stundenlohn bezahlt wird, sodass eine Dokumentation dort sowieso stattfindet?
- Herr Kubicki, wenn Sie etwas zu sagen haben, dann gehen Sie doch einfach ans Rednerpult. Es wäre doch vielleicht schön gewesen, wenn Sie -
Ich muss ganz ehrlich sagen, Ihre Frage habe ich bei diesem ganzen Gemurmel hier nicht ganz verstanden.
- Meine Frage war, ob Sie mir recht geben, dass es sich gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, bei den Unternehmen, zu denen Sie gesagt haben, dass seien diejenigen, wo noch der Inhaber mitarbeite, oftmals um gewerbliche Arbeitnehmerinnen und -nehmer handelt, die sowieso auf Stundenlohnbasis bezahlt werden. Das bedeutet, dass eine Dokumentation der Stunden sowieso stattfindet, da ich meine Stunden aufschreiben muss und dann dementsprechend den Lohn erhalte.
- Ja, das ist richtig. Das ist in der Sache auch nicht neu, wenn man sich zum Beispiel das Arbeitnehmerentsendegesetz anschaut. Mir geht es um den Umfang. Ich sehe dort den Vorteil nicht, sondern ich sehe die unnötige Belastung an dieser Stelle.
Herr Kollege Baasch, wenn Sie auch eine Zwischenfrage stellen wollen, können Sie das machen. - Aber nun hat erst einmal der Abgeordnete Schulze das Bedürfnis, eine Zusatzfrage zu stellen. Gestatten Sie das, Herr Abgeordneter Vogt?
Würden Sie mir denn dann auch recht geben, dass im Mindestlohngesetz steht, dass der Anfang und das Ende der Arbeitszeit sowie die Pausenregelung dokumentiert werden müssen, und finden Sie, dass diese Dokumentation, Anfang und Ende der Arbeit und wie viele Stunden ich gearbeitet habe, eine zu große Bürokratie ist?