Protocol of the Session on February 19, 2015

- Ja. Ich finde den Umfang der Verordnung zu den Dokumentationspflichten übertrieben.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Übrigens, Frau von Kalben, die Kampagne, die Ministerin Nahles für 1,3 Millionen € herausgegeben hat, die eigentlich keine Informationskampagne, sondern eine politische Parteiwerbung ist

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Damit kennt sich die FDP ja bestens aus!)

- Herr Dr. Stegner -, ist in diesem Fall sogar falsch, weil dort, in dieser Werbung, die Pausen gar nicht

aufgeführt sind. Also selbst die Ministerin versteht offenbar ihre eigene Verordnung, die sie herausgegeben hat, nicht. Zumindest die Werbeagentur hat das nicht ganz verstanden.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Vogt, nun hat Herr Abgeordneter Dr. Tietze das Bedürfnis, Ihnen eine Frage zu stellen.

Ich verstehe das Konzept, dass meine Rede durch die ganzen Zwischenfragen zerschossen werden soll. Herr Dr. Tietze, ich mache das aber gern mit, vielleicht kann ich Teile in die Beantwortung der Frage einfließen lassen.

Herr Kollege, es liegt mir fern, Ihre Rede zu zerschießen. Ich weiß, dass Sie immer mit großer Fachlichkeit auf die Fragen antworten, die ich stelle.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Zu Ihnen komme ich noch, Herr Dr. Stegner, keine Sorge!

Herr Kollege, wie soll ein gerechter Lohn überhaupt gezahlt werden, wenn Arbeitszeiten nicht dokumentiert und aufgeschrieben werden?

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Wie soll ein Unternehmer, den Sie gerade beschreiben, den Lohn überhaupt berechnen und auszahlen, wenn nicht durch die Dokumentation von Arbeitszeitstunden?

- Herr Dr. Stegner - Entschuldigung, Herr Dr. Tietze. Bei den ganzen Hochgebildeten in der Koalition weiß man gar nicht mehr, wer wer ist.

(Zurufe SPD)

Auch wenn die Zeit eigentlich die Mittagspause einläutet,

(Beifall Martin Habersaat [SPD])

meine ich doch, dass wir in einem geordneten Verfahren vorgehen. Nunmehr antwortet der Kollege Vogt.

(Christopher Vogt)

Herr Dr. Tietze, ich finde es erstaunlich, dass Sie offensichtlich der Meinung sind, dass wir beim Thema Arbeitnehmerschutz auf dem Niveau eines Entwicklungslandes waren, bevor die Große Koalition an die Macht gekommen ist. Herr Dr. Tietze, ich sehe das anders. Ich glaube, es geht auch ohne. Sie kommen jetzt mit solchen philosophischen Fragen: „Meinen Sie, es sei richtig?“ und so weiter; ich glaube, diese Verordnung ist in ihrem Umfang übertrieben. Wie gesagt, bisher wurden die Arbeitnehmer auch nicht so ausgebeutet, wie Sie es sagen. Sie haben gesagt, Sie wollten niemanden unter Generalverdacht stellen. Dann haben Sie erzählt, wir alle wüssten, wie es bei Subunternehmern zugehe. Herr Dr. Tietze, wenn das kein Generalverdacht ist, dann weiß ich es auch nicht. Ihr Problem ist, dass Sie ein völlig merkwürdiges Verständnis von mittelständischer Wirtschaft haben. Das ist Ihr Problem.

(Beifall FDP und Tobias Koch [CDU])

In Sonntagsreden wird von fast allen politischen Kräften auch hier im Raum gern vom Bürokratieabbau gesprochen. Fakt ist jedoch, dass insbesondere die rot-grün-blaue Landesregierung und leider auch die schwarz-rote Bundesregierung den Bürokratieaufwand für den Mittelstand zuletzt massiv erhöht haben. Dieser allgemeine Trend, dass die Politik dem Papier mehr als den Menschen vertraut, ist mittlerweile wirklich besorgniserregend und muss gestoppt und wieder umgekehrt werden, Herr Dr. Tietze.

(Beifall FDP)

Zumindest für diejenigen unter uns, die keine Eliteuniversität besucht haben, ist es schwierig, die Verordnung überhaupt zu verstehen. Herr Dr. Tietze, ich weiß nicht, ob Sie sich diese Verordnung einmal durchgelesen haben. Sie werden vielleicht gerade noch die Möglichkeit haben, sie zu verstehen. Für andere Leute ist das schwierig.

Auch die sogenannte Durchgriffshaftung beim Mindestlohn, ich nenne hier das Stichwort Subunternehmer, muss aus meiner Sicht unbedingt überarbeitet werden, denn diese ist in der Realität so gar nicht umsetzbar. Sie verunsichert sehr viele Unternehmen, weil sie Angst haben, für Subunternehmen haften zu müssen, was in der Realität schwierig ist.

Meine Damen und Herren, die Kritikpunkte aus dem CDU-Antrag teilt meine Fraktion uneingeschränkt.

(Beifall Tobias Koch [CDU])

- Herr Kollege Koch, ich finde es gut, dass Sie der Kanzlerin hier einmal in die Parade fahren. Vielleicht machen Sie dies demnächst auch bei der Pkw-Maut, was auch vernünftig wäre.

(Beifall FDP)

Man sollte jetzt aber nicht so tun, als wären diese bürokratischen Probleme nicht schon vor dem 1. Januar 2015 bekannt gewesen. Davor haben viele Verbände und viele politische Akteure gewarnt. Sie wurde trotzdem umgesetzt. Jetzt kommen Sie mit Krokodilstränen daher und sagen, dies sei ein Bürokratiemonster. Das stimmt, das hätte man allerdings schon vorher wissen und als CDU-Landesverband auch anmahnen können. Ihr Generalsekretär hat gesagt, man wolle dies jetzt überarbeiten, es sei ein pragmatischer Ansatz, sich das noch einmal anzusehen. Ich glaube, diese Trial-and-Error-Politik, die die Große Koalition da macht, kommt nicht gut an beim Mittelstand. Sie schadet dem Mittelstand, die Mittelständler müssen dies bezahlen und ausbaden.

(Beifall FDP)

Ich glaube, die CDU hat einen großen Fehler gemacht. Sie hat sich von der SPD über den Tisch ziehen lassen.

Meine Damen und Herren, den Vogel hat einmal wieder im wahrsten Sinne des Wortes der Kollege Dr. Stegner abgeschossen, indem er am vergangenen Donnerstag getwittert hat, und ich zitiere:

„Jammerei über Mindestlohn, man müsse jetzt ‚Arbeitszeiten aufschreiben‘, ist doch lächerlich. Wer nicht mal das kann, ist Trottel oder Ganove!“

Herr Dr. Stegner, das ist mehr als nur eine Verhöhnung und Beleidigung von Zehntausenden Mittelständlern in unserem Land. Das offenbart auch ein merkwürdiges Politikverständnis. Wer die Politik von Frau Nahles kritisiert, ist also entweder dumm oder kriminell. Das ist wirklich eine erstaunliche Politikauffassung.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Herr Abgeordneter Vogt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Selbstverständlich.

Herr Kollege Vogt, ist Ihnen bekannt, dass Arbeitszeiten seit un

gefähr 250 Jahren aufgeschrieben werden? Könnte es vielleicht sein, dass diejenigen, die das Arbeitszeitgesetz seit Jahren schon verletzt haben, sich jetzt darüber beklagen, dass sie im Kontext mit dem Mindestlohn erwischt werden und deswegen über die Bürokratie klagen? Könnte das nicht eine der Ursachen sein?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Könnte es sein, dass Sie eine völlig falsche Vorstellung von Wirtschaft haben?)

- Herr Dr. Stegner, ich glaube das nicht. Ich wollte Sie noch darauf hinweisen: Es gibt einen Unterschied zwischen nicht können und nicht für sinnvoll halten. Ich glaube, das haben Sie nicht ganz verstanden. Ich glaube, die Menschen im Mittelstand können das alles so erfassen, wie Sie es Ihnen vorschreiben wollen. Ob dies aber sinnvoll ist und ob sie das für sinnvoll halten, ist eine andere Frage. Ich glaube, Sie sind hier auf einem völlig falschen Trip.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Abschließend: Ich glaube, dass die Union der SPD hier in die Falle gelaufen ist. Wir haben es heute wieder gehört: Die Kanzlerin hat gesagt, es solle noch einmal Gespräche geben, das sei mit Frau Nahles abgesprochen. Frau Nahles hat gestern erklärt, es werde überhaupt nichts geändert. Die SPD hat überhaupt kein Interesse, etwas zu ändern, weil dies letztlich das Prestigeprojekt der Roten in dieser Legislaturperiode ist. Insofern glaube ich, dass die CDU in die Falle gelaufen ist. Ich kann nicht verstehen, dass dies mitgemacht wurde.

Ich möchte anmerken: Wir stimmen dem Antrag zu, weil wir die Kritik in der Sache teilen. Allerdings ist es erstaunlich, dass Sie jetzt eine rot-grünblaue Landesregierung auffordern wollen, im rotrot-grünen Bundesrat etwas zu ändern, was Sie selbst verbockt haben. Das ist kreativ. Weil wir aber in der Sache zustimmen, werden wir auch Ihrem Antrag zustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Dr. Patrick Breyer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Piratenpartei steht hinter einem wirksa

men Mindestlohn; ohne Wenn und Aber. Die Arbeitskraft eines Menschen voll in Anspruch zu nehmen, ihm dafür aber nicht einmal das zu zahlen, was er zum Überleben nötig hat, ist wirklich unanständig.