Verehrter Kollege Harms, können Sie mir bestätigen oder wissen Sie, dass die Stiftung Mensch in Meldorf eine Kooperation mit Unternehmen in der Region aufgebaut hat als Allianz zwischen Unternehmen und Menschen mit Behinderung - was im Grunde konträr zu dem Beitrag des Kollegen Stegner von eben ist?
aber ich habe mich jetzt nur auf unser Gesetz bezogen und Ihnen kurz die Sorge nehmen wollen, dass Behindertenwerkstätten hier vor Probleme gestellt werden. Dem ist nicht so. Darauf haben wir bei der Gesetzesformulierung schon geachtet. Das war mir ganz wichtig, damit Sie nicht die Sorge haben müssen, dass Behindertenwerkstätten hier vor Probleme gestellt werden.
Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner.
Lieber Herr Kollege Harms, der Kollege Magnussen hatte vorhin gar nicht nach den Behindertenwerkstätten gefragt, sondern hat von Menschen mit Behinderung in Betrieben gesprochen. Teilen Sie meine Auffassung, dass für Menschen mit Behinderung in Betrieben die gleichen Bedingungen gelten sollen wie für andere Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer auch, was das Einkommen angeht?
- Selbstverständlich, jeder Mensch, der Vollzeit arbeitet - egal ob er behindert ist oder nicht - hat den Anspruch darauf, so gut gestellt zu werden, wie dieses Gesetz es vorschreibt.
Meine Damen und Herren, noch zwei Bemerkungen mehr. Erstens. Der Kollege Vogt sagte, eine Mindestlohnkommission sei das Modell gewesen, das eigentlich auch die FDP gut hätte mittragen können. Unser Problem in der Gesetzgebung war, dass es einfach nicht den Willen gibt, einen Mindestlohn festzulegen. Wir mussten eine Größe finden, von der wir sagen: Von der kann man ausgehen, und von der aus kann man auch dann in einer solchen Kommission weiter verhandeln. Da haben wir in der Tat das Niedrigste genommen, was wir hier im Land Schleswig-Holstein im öffentlichen Dienst bezahlen - als eine Ausgangsposition. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Mindestlohnkommission dann in Zukunft - natürlich ohne unseren politischen Einfluss - diese Größe entsprechend verändern wird.
Ein dritter Punkt: Der Kollege Callsen stellte den § 17 des Gesetzentwurfs als ein bürokratisches Monster dar, wo es um die Bedingungen der Beschaffung geht, als er sagte: Die Betrachtung des Lebenszyklusses - was ist das überhaupt für ein bürokratisches Monster? - Das ist für uns ein ganz zentraler Punkt, weil es eben nicht mehr nur darum geht, eine Anfangsinvestition zu berechnen, sondern auch darum, die Folgen für die öffentliche Hand nachzuvollziehen. Das muss man machen, bevor man eine Rechnung aufstellt. Deswegen kann es durchaus sein, dass eine Anfangsinvestition bei einem Unternehmen möglicherweise total günstig ist - billig, preiswert, oder das günstigste Angebot, wenn man das so formulieren will -, aber die Folgewirkungen dieser Investition dann umso teurer werden. Beides muss man in der Vergabe berechnen. Diese Möglichkeit eröffnen wir jetzt eben auch der öffentlichen Hand. Da gab es Unsicherheiten, ob man das wirklich so tun kann. In Zukunft wird es
diese Unsicherheit nicht mehr geben, weil dieses dann entsprechend in unserem Gesetz festgeschrieben ist. Das führt natürlich auch zu mehr Qualität.
Ein letzter Punkt: Es wurde schon gesagt, dass es Bedenken geben mag gegenüber den einzelnen Paragrafen, die nun in unserem wunderbaren Gesetz formuliert sind. Es stimmt: Nichts kommt aus einem Parlament so heraus, wie es hereingekommen ist. Das ist völlig klar. Wir sind in der Tat - das ist wirklich ein markanter Unterschied zu der Regierung, die vorher hier regiert hat - bereit, über alles zu reden. Wir sind in der Tat auch bereit, das Gesetz zu verändern, wenn da irgendwelche Bedenken bestehen. Wir wollen aber auch alle Bedenken von allen Seiten berücksichtigen und da eben nicht mit Scheuklappen reingehen.
Ja. Dieses Gesetz drückt das aus, was wir uns politisch wünschen. Das Gesetz, das nachher beschlossen wird, wird das ausdrücken, was wir gemeinsam mit den Anzuhörenden erarbeitet haben. So wird gute Politik gemacht. Das unterscheidet uns von unseren Vorgängern. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Callsen, Herr Vogt, man kann alles sagen, aber ich glaube, das meiste wurde schon gesagt.
Wir stehen inhaltlich hinter dem Vorschlag der Koalition. Er ist gut. Er verhindert, dass die Leute ihre Löhne auf Kosten der öffentlichen Hand aufstocken müssen. Das halte ich für ein Unding.
Langfristig betrachtet müssen wir ein bisschen visionärer werden. Wir müssen gucken, wie wir langfristig die Diskriminierung von Leuten, die nicht so gut ausgebildet sind und nicht so viel Glück haben, verhindern, verhindern, dass sie vom Staat durchleuchtet werden, mit Papierbergen überhäuft werden, die selbst die Sachbearbeiter nicht komplett verstehen.
Ich bitte die Kollegen von CDU und FDP, nicht die ganze Zeit darauf rumzureiten, dass wir nicht das Gleiche noch einmal sagen sollen. - Vielen Dank.
Weitere Dreiminutenbeiträge sehe ich nicht. - Dann hat jetzt die Landesregierung das Wort. Es spricht der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Herr Reinhard Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leistung muss sich lohnen - eine Parole, die Sie wahrscheinlich nicht zu Beginn meiner Rede erwartet haben, aber die stimmt. Eine Vollzeitarbeit muss die Frau beziehungsweise den Mann ernähren und ihr oder ihm ein würdiges Leben in unserer Gesellschaft ermöglichen.
Die Entwicklung der letzten Jahre hat leider deutlich gezeigt, dass die klassischen Erwerbsmuster für immer mehr Menschen nicht mehr zutreffen. Befristete Arbeitsverträge, Teilzeitbeschäftigung, Leiharbeit - und das alles oft zu niedrigen Löhnen. Dem müssen wir entgegenwirken, wenn uns der gesellschaftliche Zusammenhalt mehr bedeutet als bloße Sonntagsreden.
Der von den Regierungsfraktionen vorgelegte Gesetzentwurf ist ein mutiger Schritt in die richtige Richtung. Er ist der Versuch, die Spirale nach unten zu durchbrechen, der Versuch, einen Boden einzuziehen. Herr Callsen und Herr Vogt, das bestehen
Wir müssen uns volkswirtschaftlich vor Augen halten, dass niedrige Löhne mit höheren Zuschüssen für die Grundsicherung von Aufstockern mit weniger Steuereinnahmen, durch Verlust von Kaufkraft und letztlich mit Altersarmut erkauft werden, also mit dem Phänomen des kurzsichtigen und teuren Sparens. Im Übrigen sage ich auch jedem Unternehmer in Veranstaltungen mit den Kammern, mit den Verbänden, direkt bei Unternehmerbesuchen: Für mich ist es kein Geschäftsmodell, wenn man niedrige Löhne zahlt, die am Ende vom Staat aufgestockt werden müssen. Das hat keine langfristige Bindung. Das ist kein Erfolgsmodell, meine Damen und Herren.
Als Wirtschaftsminister sehe ich also keinen Widerspruch zwischen Mindestlohn und Tariftreue und Wettbewerb. Im Übrigen gibt es auch in Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile ein Tariftreuegesetz mit Mindestlohn.
Da alle Unternehmen, die in Schleswig-Holstein an öffentlichen Aufträgen teilhaben wollen, diese Bedingungen erfüllen müssen, sehe ich auch keine Wettbewerbsbeschränkung. Als Wirtschaftsminister treibt mich die Erkenntnis, dass faire Rahmenbedingungen, das heißt Rahmenbedingungen ohne Dumpinglöhne, auch einen fairen Wettbewerb ermöglichen, in dem der beste Anbieter zum Zuge kommt und nicht nur der billigste. Billige Lösungen sind auf Dauer meistens die teuersten.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist bei Ihrer Regierung wahr!)
Nun sind in diesem Gesetzentwurf eine Menge sozialer und ökologischer Kriterien berücksichtigt. Ich bitte darum, das nicht als Drohkulisse aufzufassen. Ich stelle fest, dass es viele Unternehmen im Lande gibt, die das in der Praxis schon umsetzen.
Im Übrigen sollten wir unsere Unternehmen nicht unterschätzen. Ich glaube daran, dass Sie sich in einem fairen Wettbewerb gut behaupten werden. Es gibt viele leistungsfähige Unternehmen in Schles
wig-Holstein, die tariftreu sind, die Tariflöhne zahlen, die das bewusst zahlen vor dem Hintergrund zukünftiger Fachkräftesicherung und -bindung insbesondere auch im Handwerk, meine Damen und Herren.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Johannes Callsen [CDU]: Es gibt einen Tariflohn im Handwerk! Das ist keine Frage!)
Beim Thema Mindestlohn sage ich sehr deutlich: Uns würde es helfen, wenn wir bundesweite Regelungen hätten, wie zum Beispiel einen gesetzlich einheitlichen und flächendeckenden Mindestlohn. Dagegen sperrt sich die Bundesregierung leider.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zurufe Abgeordnete Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Ralf Stegner [SPD])
Zurück zum Gesetzentwurf. Es ist vieles gesagt worden, was in den Anhörungen in den Ausschüssen noch beraten werden soll.