Protocol of the Session on September 27, 2012

(Beifall CDU)

Wenn Sie von einem flächendeckenden Mindestlohn sprechen, möchte ich von Ihnen gern die Antwort haben, wie Sie in Zukunft mit gering Qualifizierten und insbesondere mit Menschen mit Behinderung beziehungsweise mit Menschen mit Handicap umgehen wollen, denn die zählen bei Ihnen im Bereich des flächendeckenden Mindestlohns genauso dazu wie jeder andere auch.

Zur Bekämpfung der Korruption, dem Korruptionserlass: Sie haben hier von Korruption gesprochen. Wissen Sie überhaupt, welchen Aufwand Unternehmen, die sich am öffentlichen Wettbewerb beteiligen, treiben müssen, um der Korruption entgegenzuwirken? Dass wir grundsätzlich zwei Angebote abgeben müssen, eins im verschlossenen Umschlag, um der Korruption entgegenzuwirken? Ich glaube, das wissen Sie alles gar nicht. Sie sollten sich einmal mit den Fakten auseinandersetzen, die im öffentlichen Vergaberecht tagtäglich gehandelt werden.

Zu den Fragen, die eben auch von Herrn Tietze angesprochen wurden, öffentliches Vergaberecht, VOB: Es gibt Vergaberichtlinien nicht nur im Land Schleswig-Holstein, wo genau diese Punkte mit Formularen abgefragt und dokumentiert werden.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Dass sich da irgendjemand an Vergaberechten vorbeischummelt, ist nicht so.

Der letzte Punkt: Präqualifizierung. Die Unternehmen qualifizieren sich für ISO, für SCC, alles Dinge, die Sie vielleicht nicht kennen, aber auch alles Kosten, die die Unternehmen tragen müssen, die der Kunde aber nicht bezahlt, verehrter Herr Kollege Tietze. Das sollten Sie den Unternehmern einmal erklären.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich an die gestrige Debatte denke, die wir über die Geschäftsordnung geführt haben, will ich mein ausdrückliches Befremden zum Ausdruck bringen, dass sich die PIRATEN-Partei zu diesem wichtigen Thema im Landtag nicht äußert.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich habe kein Verständnis dafür. Wer parlamentarische Arbeit ernst nimmt, sollte auch zu diesem wichtigen Thema - egal, ob für oder gegen Tariftreue und Mindestlöhne - eine Meinung haben und die der Öffentlichkeit hier präsentieren.

Herr Kollege Stegner, ich habe mich eigentlich gemeldet, weil Sie von Wertschätzung gegenüber den Menschen und dem Handwerk in Schleswig-Holstein gesprochen haben. Dazu gehört auch, dass man mit den Menschen redet. Das haben Sie auch angekündigt. Ich sage Ihnen: Das Handwerk hat sich schon klar positioniert. Wer den „Handwerksbrief 2012“, den wir gestern oder heute Morgen in der Post hatten, aufmerksam liest, wird dort sehen:

„Die Koalitionsfraktionen haben dem Landtag ein Gesetz vorgelegt, welches in keiner Weise jenem schlanken Gesetz entspricht, welches Wirtschaftsminister Meyer uns zuvor in Gesprächen zugesagt hatte.“

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wahlbetrug!)

(Jens-Christian Magnussen)

Herr Meyer, ich weiß nicht, was in den Gesprächen gelaufen ist, ich kann nur feststellen, dass Sie ein unbürokratisches Gesetz angekündigt haben. Das, was die Regierungskoalition hier vorlegt, ist alles andere. Das untergräbt Ihre Glaubwürdigkeit in höchstem Maße. Das ist nicht im Interesse des Wirtschaftsstandortes.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will ein zweites Zitat aus dem Editorial von Ulrich Mietschke bringen. Er schreibt:

„Vielmehr handelt es sich um einen Entwurf, der von Unverständnis, Misstrauen und mangelndem Respekt gegenüber unseren Betrieben geprägt ist. Auf 33 (!) Seiten werden Regeln, Normen, Richtlinien und Vorgaben geschaffen, die unsere Betriebe bei einer Ausschreibung befolgen müssen. Die Auftragsvergabe selbst gerät zur Nebensache.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW, das, womit Sie hier die Menschen angeblich beglücken wollen, wird von den Menschen gar nicht gewollt. Die Menschen wollen von Ihnen nicht in dieser Weise beglückt werden.

(Beifall CDU)

Deswegen sage ich noch einmal: Das, was sie hier vorlegen, ist ein Mittelstandsverhinderungsgesetz für Schleswig-Holstein. Wenn Sie die mahnenden Worte des Handwerks ernst nehmen, nehmen Sie Ihren Gesetzentwurf sofort vom Tisch. - Danke schön!

(Beifall CDU und FDP)

Der nächste Dreiminutenbeitrag wird von Herrn Dr. Ralf Stegner von der SPD-Fraktion gehalten.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte mich zunächst einmal gern an den Kollegen Vogt wenden. Ich habe Ihre Rede mit großem Vergnügen gehört. Sie sagten: Wir würden wieder in gut und böse unterteilen. Das tun wir überhaupt nicht. Wir unterteilen in gut und schlecht. Dass Sie gute Absichten haben, verstehe ich, aber Sie können sie nicht durchsetzen, weil Sie sich nicht für einen Mindestlohn aussprechen mögen. Das ist das Problem, das Sie in Ihrer Partei haben.

(Zuruf Abgeordneter Christopher Vogt [FDP])

Es ist also gut und schlecht, und nicht gut und böse. Gute Absichten will ich Ihnen gern unterstellen.

(Zuruf Abgeordneter Christopher Vogt [FDP])

Es nützt nur nichts. Ich muss ehrlich sagen: Der Beitrag des Kollegen Magnussen hat mich mindestens so erschreckt wie der von seinem Fraktionsvorsitzenden. Was hat das eigentlich mit mangelndem Vertrauen gegenüber unseren Betrieben in Schleswig-Holstein zu tun, die meistens diese Bedingungen erfüllen, wenn wir sie vor der DumpingKonkurrenz von anderen schützen wollen, die die Arbeitsplätze im Land gefährden? - Das ist der Punkt, den Sie nicht begreifen und nicht begreifen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abgeordneter Dr. Kai Dolgner [SPD] - Zuruf Abgeordneter Christopher Vogt [FDP])

Geradezu empörend, Herr Kollege Magnussen, finde ich, was Sie über Geringqualifizierte und Menschen mit Behinderung gesagt haben. Wir sind nämlich der Meinung, dass auch die zu den Bedingungen arbeiten sollen, dass sie leben können müssen von dem, was sie erarbeiten. Das ist unsere Auffassung, die wir hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag - jedenfalls mehrheitlich - haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Was ist das eigentlich für ein Verständnis von sozialer Marktwirtschaft, wenn man sagt: Geschäftsideen sollen Erfolg haben, die darauf basieren, dass sie mit Dumpinglöhnen arbeiten, dass sie Standards unterschreiten und dass am Ende der Staat kommt, um Steuermittel, die wir so wenig haben und die wir für Bildung und andere Dinge dringend brauchen würden, einzusetzen, um den Arbeitnehmern zu helfen, dass sie wenigstens zurechtkommen. Was ist das für eine soziale Marktwirtschaft? - Das ist doch Planwirtschaft und nicht Marktwirtschaft, was Sie hier vorschlagen, sehr verehrter Herr Kollege Magnussen.

(Jens-Christian Magnussen [CDU]: Völliger Quatsch! Das geht völlig an der Realität vor- bei! - Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich muss auch ehrlich sagen: Dass ausgerechnet CDU und FDP von Vertrauen reden, wo Sie mit dem kommunalen Finanzierungsgesetz, das wir nachher verändern werden, die Kommunen geschurigelt haben, wie das im Wilhelminismus nicht schlimmer hätte sein können, und den Kommunal

(Johannes Callsen)

parlamenten jedwedes Vertrauen entzogen haben, selbst da wo sie Mehrheiten haben,

(Zuruf Abgeordneter Heiner Rickers [CDU])

und Sie sich hier hinstellen und sagen, wir hätten kein Vertrauen - dazu muss man schon ziemliche Geistesakrobatik aufbringen.

Nein, Sie wissen ganz genau, dass die Position, die wir hier eingebracht haben, die ist, die die Mehrheit der Bevölkerung teilt. Sie wissen ganz genau, dass die meisten Menschen für faire Löhne und für gute Arbeit sind. Das wissen Sie ganz genau. Seien Sie ruhig weiterhin dagegen. Das stellt sicher, dass Sie noch lange in der Opposition bleiben. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Lars Harms für die Abgeordneten des SSW.

(Christopher Vogt [FDP]: Die Menschen ste- hen versammelt hinter Stegner! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Der Chefökonom der Sozial- demokratie Schleswig-Holsteins! - Christo- pher Vogt [FDP]: Das belegen alle Umfra- gen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Mehr- heit der Menschen mag Sie nicht! - Dr. Gitta Trauernicht [SPD]: Aber Sie! - Weitere Zu- rufe)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch einige Dinge in der Debatte richtigstellen, damit wir auch wirklich über die Dinge reden, die auch tatsächlich im Gesetz stehen. Weil der Kollege Magnussen gerade eben noch einmal deutlich gemacht hat, dass es möglicherweise ein Problem mit den Behindertenwerkstätten geben könnte, bitte ich doch, in den § 4 Abs. 6 hineinzuschauen. Dort ist extra festgeschrieben worden, dass die Mindestlohnregelungen, die dort aufgeschrieben sind, nicht für diese Werkstätten gelten, sondern diese Werkstätten haben eine andere Bedeutung und eine andere Aufgabe und unterliegen bei öffentlichen Aufträgen nicht den Restriktionen, denen normale Unternehmen unterliegen.

(Zuruf Abgeordnete Heike Franzen [CDU] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber auf einer ande- ren Rechtsgrundlage!)

Darauf haben wir schon sehr geachtet, dass die Behindertenwerkstätten natürlich ihrer sozialen Funktion weiterhin gerecht werden können.

Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Magnussen?

Selbstverständlich.

Ja.

Verehrter Kollege Harms, können Sie mir bestätigen oder wissen Sie, dass die Stiftung Mensch in Meldorf eine Kooperation mit Unternehmen in der Region aufgebaut hat als Allianz zwischen Unternehmen und Menschen mit Behinderung - was im Grunde konträr zu dem Beitrag des Kollegen Stegner von eben ist?