Zum Thema „Steuerbelastung“ möchte ich Folgendes sagen: Die aktuelle Belastung bei der Einkommensteuer und bei anderen Steuern ist krass ungerecht verteilt. Die Hauptsteuerlast unserer Gesellschaft tragen nicht diejenigen, die das meiste Vermögen und die die stärksten Schultern haben. Dieses Problem muss unabhängig vom Solidaritätszuschlag angegangen werden.
Dass wir allerdings insgesamt eine übermäßige Steuerlast zu beklagen hätten, Herr Kollege Dr. Garg, davon kann wirklich keine Rede sein. Wir liegen bei der Einkommensbesteuerung etwa im Mittelfeld und bei der Vermögensbesteuerung in Teilen sogar weit hinten im internationalen Vergleich.
Mit Blick auf den Zustand unserer Schulen, Universitäten und unserer Infrastruktur kann man sich das nicht länger leisten. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In sämtlichen Medien führt derzeit kein Weg an der Soli-Debatte vorbei. Warum gerade jetzt? - Das könnte man sich aus schleswig-holsteinischer Sicht fragen. Denn seit fast drei Jahren hat man sich hier im Norden mit dem Auslaufen des Solidaritätszuschlags beschäftigt.
Die Altschulden - darauf hatte man sich im Landtag beziehungsweise im Ausschuss geeinigt - sollten durch einen entsprechenden Fonds getilgt werden. Der Vorschlag fand aber auf Bundesebene keine Mehrheit. - Leider, denn das wäre tatsächlich das nachhaltigste Modell gewesen. Die Debatte auf Bundesebene ist keinen Schritt weitergekommen. Man steht noch ganz am Anfang - anders als bei uns.
Lange hat man den Konflikt gescheut, nun ist er unvermeidbar. Die Debatte ist mitunter sogar dermaßen hochgekocht, dass das vereinbarte Treffen mit dem Bundesfinanzminister vonseiten der Länder abgesagt wurde.
Fakt ist, dass schon bald eine Lösung gefunden werden muss. Klar ist auch, dass die staatlichen Ebenen in Zukunft nicht auf die Soli-Einnahmen verzichten können. Mehrheiten für einen Verzicht
Daher muss ein zweckgebundener, gemeinsamer Nenner gefunden werden. Wir vom SSW könnten uns gut vorstellen, die Mittel für die Infrastruktur im ganzen Land zu nutzen. Wenn man sich die Infrastruktur heute ansieht, wird man schnell feststellen können, dass in ihr die Schulden der letzten Jahrzehnte stecken. Brücken bröckeln vor sich hin, Schleusen fallen auseinander, und Autobahnen sowie Bundesstraßen werden zu Schlaglochpisten. Zukunfts- und Konkurrenzfähigkeit sieht jedenfalls anders aus.
Wichtig ist, dass bei diesem Vorhaben die Mittel möglichst schnell eingesetzt werden können, damit die Bevölkerung diese Maßnahmen sehen kann. Deshalb müssen wir Beschlüsse in diesem Bereich schnell fassen, damit man die entsprechenden Planungen für mögliche Infrastrukturmaßnahmen entsprechend vornehmen kann.
- 2019 läuft der Soli aus, lieber Kollege. Es geht nicht anders, als zumindest die Planungen vorher zu machen. Aber 2019 wird man den Soli nicht einkassieren können. Das ist in diesem Land gesetzlich festgelegt, und an Gesetze sollten wir uns immer noch halten.
Meine Damen und Herren, wir halten es für wichtig, an den Soli heranzugehen. Der Solidarpakt hat momentan einen Überschuss von insgesamt 97 Milliarden €, weil der Aufbau Ost immer weniger Mittel benötigt. Der Bund nimmt hier wesentlich mehr ein, als er auszahlt. Jährlich nimmt er rund 13 Milliarden € ein, aber er zahlt nur 7 Milliarden € aus, derzeit mit sinkender Tendenz. Das alles sind eigentlich die richtigen Rahmenbedingungen, um das Problem der Verschuldung im Zusammenhang mit der Infrastruktur vernünftig angehen zu können. Geld ist in dem Bereich vorhanden. Für uns sollte es politisch wichtig sein, wenn man denn dazu kommt, dass Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden sollen, dass am Ende nicht nur der Bund alleine die Entscheidung darüber trifft, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen, sondern dass die Länder ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht haben.
Abschließend jedenfalls lässt sich feststellen, dass wir auf Bundesebene in dem Entscheidungsprozess noch ganz am Anfang sind und dass es richtig ist, dass wir uns hier heute positionieren. Es gibt eine Einigkeit in diesem Hause - zumindest über fast al
le Parteigrenzen hinweg -, das Geld tatsächlich nutzen zu wollen. Natürlich gibt es bezüglich der Nutzung unterschiedliche Auffassungen. Aber ich glaube, es macht Sinn, dass wir hier eine Positionierung vornehmen. Ich würde mich freuen, wenn sich am Ende denn doch möglichst viele hinter unserem Antrag versammeln könnten. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Abgeordneten Stegner von der Fraktion der SPD das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich erstens feststellen, dass ich der Frau Bundeskanzlerin außerordentlich dankbar für die Klarstellung bin, dass auch nach der Wahl noch gilt, was vor der Wahl gesagt worden ist, nämlich dass die Mittel, die im Augenblick mit dem Solidaritätszuschlag erhoben werden, weiterhin gebraucht werden, und zwar für Investitionen in Bildung und in Infrastruktur. Herr Kollege Koch, Sie könnten sich schlichtweg unserem Antrag anschließen; dann würden Sie genau das tun, was die Bundeskanzlerin sagt, nämlich dass wir gemeinschaftlich darüber reden, wie das geht. Ich finde, das wäre völlig ausreichend.
Zweitens. Was den Altschuldentilgungsfonds angeht, so ist es natürlich mitnichten so, dass es dabei ausschließlich um Schleswig-Holstein, Bremen oder das Saarland geht; vielmehr war unser Vorschlag, einen Altschuldentilgungsfonds für Bund, Länder und Kommunen, die in Bayern, Hessen und anderswo auch stark verschuldet sind, zu schaffen. Wenn man die Altschulden tilgt, dann versetzt man Länder und Kommunen in die Lage, genau das zu tun, was wir wollen, nämlich in Bildung und Infrastruktur zu investieren, statt Zinsen zu zahlen. Das wäre sehr vernünftig.
Ich bin der Frau Finanzministerin Monika Heinold sehr dankbar dafür, dass sie das, nachdem Herr Schäuble sich ein bisschen von oben herab geäußert hatte, öffentlich eingebracht hat. Übrigens werden die Länder schon deswegen mitreden müssen, weil die SPD im Bund mitregiert und dem Schäuble gar nicht erlauben würde, das schlichtweg so zu regeln, wie er sich das vorstellt. Entweder einigen wir uns da, oder wir einigen uns mit den Ländern. Anders wird das nicht funktionieren.
Drittens. Was den Steuerpopulismus angeht, den der Kollege Garg hier in altbewährter Form dargeboten hat, so kann ich nur sagen: Wohin allein schon die Aussage „können Sie gern behalten“ der FDP führt, kann man ja sehen. Die Bürger sind offenbar nicht so sehr betroffen davon, dass sie glauben, sie müssten Sie deswegen wählen. Im Gegenteil, es ist sogar so, dass die Steuerbelastung in Deutschland deutlich unter der in anderen Ländern liegt. Bei den hohen Einkommen und Vermögen liegt die Steuerbelastung bei uns deutlich unter der anderer Länder. Ich meine mitnichten sozialistische Länder, sondern ich meine die Vereinigten Staaten, Japan, Skandinavien oder andere Länder.
Der vierte Punkt, lieber Herr Kollege Koch, betrifft die kalte Progression, dieses riesige Unrecht von der kalten Progression. Im Prinzip muss man sagen, es ist natürlich schön, wenn man von seiner Gehaltserhöhung möglichst viel behalten kann. Die Durchschnittsbelastung durch die kalte Progression lag 2013 pro Bundesbürger bei 16 €, bei sage und schreibe 16 €. Es kostet Milliarden, das zu ändern, und bringt 16 €.
Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet gerade heute unter Berufung auf die Studie des Bundesfinanzministeriums, dass es in diesem Jahr keine kalte Progression geben wird, weil nämlich die geringe Inflation und die Erhöhung des Steuerfreibetrags dazu führen, dass die kalte Progression in diesem Jahr bei null liegen wird. Das heißt, es gibt keinen Skandal, der da aufzieht.
Wir brauchen Investition in Bildung und Infrastruktur. Wir brauchen mehr Gerechtigkeit in der Steuerpolitik und nicht diese Chimären, die hier vorgetragen werden. Machen Sie ruhig weiter so, Kollege Koch. Machen Sie bei uns mit. Dann sind Sie auf der guten Seite. Dann haben wir eine große Mehrheit in diesem Hause für einen guten Antrag. - Vielen herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine richtig lustige Diskussion, weil die Vielzahl der Argumente - ich versuche jetzt einmal, nur einen Teil polemisch zu machen - sich wechselsei
tig ausschließen. Herr Koch, Sie sagen, wir könnten es uns als Staat nicht leisten, den Solidaritätszuschlag, wie ursprünglich und noch bis zum Jahr 2005 von fast allen versprochen, zurückzugeben, weil sich der Zweck dieser Zweckabgabe mit dem Ablauf von 2019 erfüllt hat. Da sagt Herr Koch, das geht gar nicht. Aber gleichzeitig tritt die Union dafür ein, dass wir bei der kalten Progression etwas tun. Das geht dann auf einmal. Dann müssen Sie die Frage klären, warum das bei der kalten Progression geht - auch da reden wir über 1,8 Milliarden € -, aber beim Soli nicht gehen sollte. Das müssten Sie dann erklären. Das ist nicht zwangsweise logisch.
Der Kollege Stegner kämpft hier nach wie vor für etwas, was seine Bundespartei offensichtlich bereits verlassen hat. Es ist ja nicht immer alles richtig, was der „Spiegel“ so berichtet. Aber jedenfalls berichtet er, dass Herr Gabriel davon weg ist, Steuererhöhungsplänen des Kollegen Stegner folgen zu wollen; das ist offenkundig. Dass sich die SPD auf Bundesebene dafür einsetzt, die kalte Progression abzuschaffen, Kollege Stegner, habe ich bei einer Diskussion mit Frau Fahimi, Generalsekretärin der SPD, erfahren, die erklärt hat, die SPD - das kann man sich bei „n-tv“ ansehen - wolle die kalte Progression abschaffen, was die FDP nie gewollt hätte. Ich wäre fast vom Stuhl gefallen, weil wir es waren, die es immer gewollt haben, und die SPD und die Grünen das im Bundesrat verhindert haben. Völlig egal.
Was die Argumentation angeht, wir brauchen den Soli, der tatsächlich eine Zweckabgabe ist, so bin ich gespannt, wie die Gerichte entscheiden werden. Es gibt mittlerweile einige Finanzgerichte, die den Soli bereits für verfassungswidrig halten, weil aus dem Aufkommen heraus weniger als die Hälfte tatsächlich in die neuen Länder fließt. Ich lasse das einfach einmal so stehen. Ich habe Verständnis dafür, dass man sagt, wir brauchen das Aufkommen.
- Noch einmal: Dann muss man es umwandeln. Man kann sagen, wir machen einen neuen Soli, der heißt jetzt einfach anders.
- Ich weiß, Herr Stegner - Sie müssen es jetzt nicht sagen -, Sie haben es so gemeint. Ich habe es auch so verstanden.
Ich meine jetzt auch nicht Sie persönlich. Sie müssen sich nicht immer persönlich angesprochen fühlen, wenn ich etwas sage.
Es ist ehrlicher zu sagen, wir beschließen jetzt etwas Neues, und dafür schaffen wir auch einen neuen Verwendungszweck, als den Versuch zu unternehmen, das weiterlaufen zu lassen.
Wer heute sagt, wir brauchen den Soli, um Bildung und Straßen zu finanzieren, der muss mir die Frage beantworten, ob wir ihn nicht brauchen, um die Rente zu finanzieren. Die 230 Milliarden €, die bis zum Jahre 2030 erforderlich sind, um die Rentenversprechen der Großen Koalition aus CDU und SPD einzulösen, werden ab 2017 aus Steuermitteln oder aus Beitragserhöhungen finanziert werden müssen. Wir wissen das bereits.
Sagen Sie also nicht, es geht darum, die Straßen zu sanieren, sondern sagen Sie doch, es gibt möglicherweise auch andere Ausgaben zu finanzieren, die bisher nicht da waren. Das ist viel ehrlicher und wird auch viel mehr der Frage gerecht, wie man mit den Bürgerinnen und Bürgern und dem umgeht, was sie glauben sollen, statt hier eine Chimäre aufzubauen, der Soli sei nötig, weil Länder und Kommunen sonst nicht in der Lage wären, ihre Straßen zu sanieren oder den öffentlichen Personennahverkehr aufrechtzuerhalten.
Also, Herr Kollege Koch, es geht auch anders. Nehmen Sie die Rentenzusagen zur Mütterrente und zur Rente mit 63 zurück. Dann haben Sie genug Manövriermasse, um den Soli abschaffen zu können. Dass Sie das nicht wollen, ist in Ordnung. Aber sagen Sie nicht, Sie brauchen den Soli für die Infrastruktur und für die Bildung. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kubicki, wir sagen trotzdem, dass wir den Solidaritätszuschlag beziehungsweise das Geld, das daraus kommt, auch nach dem Jahr 2019 brauchen, um es in Bildung und Straßen zu investieren. Wir sagen das trotzdem, weil wir die Leistungen ohne dieses Geld ab dem Jahr 2019 nicht er
bringen können. Ich habe auch noch keine überzeugenden Vorschläge dazu gehört, wie wir das anders regeln könnten.
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie wollen ja von der kalten Progression nichts wissen. Es gibt Menschen bei Ihnen in der Partei, die bedeutender sind und die das anders sehen als Sie. Ich will schon sagen, wo der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist. Uns geht es nicht einzig und allein darum, möglichst viel Geld zur Verfügung zu haben, weil der Staat nach unserer Auffassung am besten weiß, wie es nachher ausgegeben wird, sondern wir als Union wollen alle Möglichkeiten nutzen, um das Geld den Bürgerinnen und Bürgern zurückzugeben. Deswegen sagen wir bewusst, nicht das gesamte Geld, nicht die gesamten 19 Milliarden € müssen zur Verfügung stehen; vielmehr haben wir auf dem Bundesparteitag beschlossen, dass wir das Geld, wenn wir im Laufe der Legislaturperiode die Möglichkeit dazu haben, über den Abbau der kalten Progression den Bürgerinnen und Bürgern zurückgeben. Das war immer die Position der CDU, die wir in dem Bereich vertreten haben.