Protocol of the Session on December 12, 2014

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Volker Dornquast [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Wir sind heute Morgen kurz nach 10 Uhr mit unserem Auftrag gestartet, mehr Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zur nächsten Landtagswahl, zur nächsten Kommunalwahl, zur Bundestagswahl, zur Europawahl und zur nächsten Bürgermeister- und Landratswahl an die Stimmurnen zu bringen. Unser Auftrag war auch, dass wir für das, was wir jeden Tag machen, werben wollten. Ich kann dem Ministerpräsidenten bei dem Beispiel, das er vorhin gebracht hat, nur recht geben. Am Tag der Landtagswahl 2012 bin ich mit einem Taxi von Eckernförde nach Kiel gefahren - das ich selbst bezahlt habe.

(Heiterkeit SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Taxifahrer fragte mich: Was ist denn heute Morgen für eine Demo vor dem Landeshaus? - Ich habe dem Taxifahrer gesagt: „Heute sind Landtagswahlen.“ - Der Taxifahrer antwortete: „Huch!“

Das ist genau der Punkt. Wenn man sich als Ostseeparlamentarierin an den Küsten der südlichen Ostsee bewegt, wo die Menschen um ihre Bürgerrechte kämpfen - das ist bei uns in der Bundesrepublik ein bisschen verloren gegangen, weil die Bürgerinnen und Bürger gar nicht mehr wahrnehmen, welche Rechte sie eigentlich haben, wenn sie zur Wahl gehen, und was sie damit bewirken können -, tut es mir leid, Herr Dr. Breyer. Denn Sie zeigen jedes Mal wieder auf, dass alle Politikerinnen und Politiker schlechte Menschen seien, die immer nur für sich selbst etwas regelten.

(Widerspruch Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] - Volker Dornquast [CDU]: Außer er selbst!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ganz ehrlich: Mein Gewissen ist gut. Ich gehe jeden Tag gern für die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zur Arbeit.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es wäre auch schlecht, wenn nicht!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich schließe die Beratung.

Beantragt wurde, den Antrag Drucksache 18/2532 und den Änderungsantrag in Drucksache 18/2557 als selbstständigen Antrag dem Innen- und Rechts

(Dr. Kai Dolgner)

ausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Tierschutz-Verbandsklagerecht

Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/298

Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses Drucksache 18/2430

Ich erteile dem Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, dem Abgeordneten Hauke Göttsch, das Wort.

Eigentlich müsste ich das an Frau Fritzen übergeben, aber ich verweise auf die Vorlage.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Das ist ein Hinweis, vielen Dank. - Ich danke dem Berichterstatter für seinen Bericht. Gibt es dazu Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall.

Dann steigen wir in die Aussprache ein. Es ist vorgesehen, dass zunächst für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Detlef Matthiessen spricht. - Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kapitel „Tierschutz“ wird im Koalitionsvertrag mit dem Satz eingeleitet:

„Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert.“

Diese Feststellung hat Konsequenzen. Tiere sind keine Sachen, sondern sie sind Mitgeschöpfe. Tiere haben Rechte. Tiere können ihre Rechte jedoch nicht selbst durchsetzen. Deshalb steht im Koalitionsvertrag:

„Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände im Landesrecht verankern.“

Wir wollen den Tieren eine Stimme geben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und PIRATEN)

Mit dem Tierschutz-Verbandsklagegesetz Schleswig-Holstein stärken wir die Rechte der Tiere. Verbände und Tierschutzorganisationen stehen parteiisch an der Seite der Tiere. Wir wollen ihre Rolle stärken, und das ist gut so.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Entwurf zum Verbandsklagegesetz steht:

„Ein … anerkannter Verein kann, ohne die Verletzung eigener Rechte geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe … einlegen“.

Das ist das Wesen der Verbandsklage. Dasselbe kennen wir auch aus dem Verbandsklagerecht des Naturschutzes.

Das Gesetz, das wir heute verabschieden wollen, gibt ein Mitwirkungs- und Klagerecht mit den klar definierten Einschränkungen des § 3: Nicht jeder Mann oder jede Frau darf davon Gebrauch machen, sondern nur Verbände, die dies beantragen, die sich das also zutrauen und die mitwirken wollen, deren fachliche Eignung nachgewiesen und anerkannt ist, die ihren Sitz in Schleswig-Holstein haben und die gemeinnützig sind. Diese bekommen das Mitwirkungsrecht und letztlich auch das Klagerecht. Sie dürfen Tieren eine Stimme geben.

Wir geben damit dem Tierschutz mehr Gewicht. Die CDU lehnt das ab. Das war nicht immer so. Das Tierschutz-Verbandsklagerecht hat eine lange Geschichte in diesem Hohen Haus.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Oh, ja!)

In der 15. Legislaturperiode stellte die Simonis-Regierung, die von einer rot-grünen Mehrheit getragen wurde, im Bundesrat den Antrag, im Tierschutzgesetz ein Verbandsklagerecht zu verankern. Das war 2003 mit dem gründen Umweltminister Klaus Müller. Das scheiterte damals an den Mehrheiten.

In der 16. Legislaturperiode - wir Grünen in der Opposition - habe ich mich dann nächtelang mit Tierschutzexperten hingesetzt und einen Gesetzentwurf ausgearbeitet. Es gab damals nirgendwo ein entsprechendes Gesetz. Das haben wir dann im Februar 2007 eingebracht. Die CDU war damals schon dagegen. Wörtlich führte der CDU-Sprecher aus, es ginge nicht um grundsätzliche Vorbehalte,

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

sondern um rechtliche Gründe - Originalton des geschätzten Kollegen Claus Ehlers damals.

Wir haben dann den Wissenschaftlichen Dienst beauftragt: Professor Caspar. Das Ergebnis lautete: Da der Bund dies im Tierschutzgesetz nicht abschließend geregelt hat, unterliegt eine landesgesetzliche Regelung nicht der konkurrierenden Gesetzgebung. - Ein Landesgesetz war rechtlich also doch möglich und wurde daher auch beantragt.

Da kamen der CDU dann doch plötzlich inhaltliche Bedenken. CDU und der zähneknirschende Koalitionspartner SPD lehnten nach jahrelanger Verschleppung das Gesetz ab. FDP und insbesondere Kollege Dr. Garg knirschten mit. Trotzdem beflügelten der schleswig-holsteinische Entwurf und das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes die Debatte bundesweit, wenn auch andere Bundesländer keine Anfechtungsklage vorsahen, sondern lediglich die Feststellungsklage. Darin unterscheidet sich unser Gesetz bis heute.

In der 17. Legislaturperiode mit Grünen und SPD in der Opposition haben wir zusammen im November 2009 einen leicht modifizierten Entwurf eingebracht. Es kam, wie es kommen musste - Kollegin Sandra Redmann erinnert sich -: CDU und der zähneknirschende Koalitionspartner FDP, insbesondere wieder Kollege Dr. Garg, lehnten am 19. März 2010 ab.

Nun schreiben wir also Dezember 2014. Eine erfolgreiche rot-grün-blaue Koalition beflügelt den echten Norden. Der dritte Gesetzentwurf liegt vor. Aller guten Dinge sind drei. Nach zwei Jahren Befassung im Landtag, nach Anhörung und Diskussionen im Ausschuss in mehreren Sitzungen, nach 24 Umdrucken, nach etlichen Änderungen des Gesetzentwurfes - Demokratie funktioniert, liebe PIRATEN tatsächlich ganz transparent, partizipativ und fachlich fundiert -, und nachdem wir nach Bremen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und dem Saarland doch nicht die Pioniere werden durften, gibt sich das Land Schleswig-Holstein noch vor Hessen ein Tierschutz-Verbandsklagegesetz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir geben dem Tier eine Stimme - dem Ochs und dem Esel sowie der Weihnachtsgans.

Die CDU wird das Gesetz erneut ablehnen. Wir wünschen ihr und Heiner Rickers viel Erfolg bei den Frauen, bei den jungen Menschen und in den Städten, ihr Wählerpotenzial zu verbessern.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Heiner Rickers [CDU]: Das ist ja schon einmal gut!)

- Es ist Weihnachtszeit, und man wünscht sich Gutes.

Meine Damen und Herren, bilanziell kann ich sagen: Politik bedeutet manchmal, ganz dicke Bretter ganz lange bohren.

Herr Kollege!