Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Universitätsklinikum kann keine medizinische Spitzenversorgung, keine brillante Forschung und keine exzellente Ausbildung garantieren, wenn wir uns nicht bald für eine Sanierung entscheiden.
Die Stationen sind teilweise zu klein, und fast alle sind ineffizient. Die Wege sind lang, und der Aufwand ist groß. Um die Patienten von der einen zur anderen Station zu bringen, werden zum Teil Transporte mit Krankenwagen notwendig. Kranke Menschen müssen in Flurbetten liegen. Das ist kein Zustand, der für die Patientinnen und Patienten und das Pflegepersonal länger tragbar ist.
Der Finanzierungsbedarf wurde vom Finanzministerium auf rund 1 Milliarde € beziffert. Davon könnte man 29 Jahre lang circa 200 Lehrer finanzieren. Es geht um viel. Wir können uns vor einer Entscheidung nicht drücken. Deshalb ist es gut, dass wir heute darüber beraten und vermutlich in großer Einigkeit einen befürwortenden Beschluss fassen.
Meine Damen und Herren, fast alle Fraktionen im Landtag sind sich einig. Wir sollten uns auch einig sein; denn das Projekt hat wirklich riesige Ausmaße. Allein die Bauzeit beziehungsweise Gewährleistungszeit von faktisch 30 Jahren ist ein Superlativ. Sie entspricht sechs Legislaturperioden, wenn man einmal voraussetzt, dass es keine vorgezogenen Neuwahlen gibt. Das ist mehr als ein Drittel eines Menschenlebens.
Ich möchte hier gern einen Punkt ansprechen, der schon von verschiedenen Seiten angesprochen wurde. Das betrifft die vieldiskutierte und zum Teil auch kritisch gesehene Effizienzrendite. Es ist praktisch ein K.o.-Kriterium gewesen, das Projekt zu finanzieren, indem es sich selbst refinanzieren muss. In den Ausschüssen wurde darüber diskutiert. Ich hatte den Eindruck, dass wir uns auch bei diesem Punkt im Wesentlichen einig sind. Ich will sagen, dass wir uns auch in einer gewissen Skepsis einig sind.
Ja, die Effizienzrendite soll erfüllt werden. Ich habe auch den Eindruck, dass sich der Vorstand sehr stark darum bemüht, uns deutlich zu machen, an welchen Stellen Effizienzen entstehen können. Stichworte sind beispielsweise erhöhte Fallzahlen und eine kürzere Liegedauer. Wir wissen nicht genau, wie sich der demografische Wandel auswirken wird. Wir wissen nicht, ob alles so eintreffen wird, wie es jetzt behauptet wird.
Eine Sanierung des UKSH ist jedoch notwendig. Das müssen wir anpacken, und zwar so wirtschaftlich wie möglich. Die zentralisierte Gebäudestruktur, der Ausbau der Stationen und ein effizienterer Personaleinsatz werden dazu führen, dass der Betrieb kostengünstiger funktioniert.
Herr Weber, ich danke Ihnen für die ehrlichen Worte. Uns ist allen bewusst, dass dies eine schwierige Entscheidung ist. Wir wissen auch, dass es unter Umständen zu einem weiteren Einsatz von Haushaltsmitteln kommen kann.
Meine Damen und Herren, größere Stationen und kürzere Wege können zu einer höheren Zufriedenheit von Pflegepersonal und Patienten führen. Das Essen muss nicht immer vom Pflegepersonal ausgeteilt werden. Das kann an manchen Stellen auch Servicepersonal leisten. Gesundheitspolitik misst sich aber nicht in erster Linie an Effizienz, sondern vor allem an der erfolgreichen Bekämpfung von Krankheiten. Einen maßgeblichen Anteil daran hat das Personal.
Einsparungen, die durch Dumpinglöhne erreicht werden, sind nicht unser Ziel. Einsparungen, die durch eine Verdichtung der Arbeit und weniger Zeit pro Patient erreicht werden, sind nicht unser Ziel. Wir wollen nicht, dass am Ende das Personal noch selbst krank wird in dem Krankenhaus, in dem es arbeitet.
Das ist eine Frage der Fürsorge für die vielen Beschäftigten, in Zeiten von Fachkräftemangel aber auch eine Frage betriebswirtschaftlicher Vernunft.
Liebe PIRATEN, wenn ich mich entscheiden muss zwischen einem Abbruch des Verfahrens und der Sanierung, dann wähle ich den Start des Projekts. Ein Verfahrensabbruch würde zu einem Stillstand mindestens über mehrere Jahre, wenn nicht gar zu schlechteren Auswirkungen führen. Nur weil eine Prognose nicht komplett überprüfbar ist, können wir nicht verantworten, dass sich die Krankenversorgung massiv verschlechtert, dass unser guter Ruf in der Medizinerausbildung leidet und dass die Forschung behindert wird.
Das ÖPP wird nicht den gesamten Sanierungsbedarf von rund 1 Milliarde € decken. Im Haushalt sind über einen Zeitraum von acht Jahren insgesamt 160 Millionen € für Bauten für Forschung und Lehre vorgesehen. Hinzu kommen weitere Millionenbeträge für die Sanierung alter Rohrleitungen, Leerstandsbewirtschaftung und anderes.
So erschreckend die Summen und die Zeiträume sind, so richtig ist es, sie offen auf den Tisch zu legen.
Das Finanz- und das Bildungsministerium gestalten den Prozess so transparent wie möglich. Hier kann ich mich dem Dank von Herrn Günther nur anschließen. Dieser Transparenz sind Grenzen gesetzt. Darauf hat die Ministerin hingewiesen. Wir befinden uns in einem Verfahren, bei dem nur ein Teil der Parlamentarierinnen und Parlamentarier informiert sind. Natürlich erfordert es ein großes Maß an Vertrauen, wenn Sie in den Fraktionen Ihren jeweiligen Vertretern in diesen Gremien folgen, wenn Sie unserem Votum folgen, obwohl das, was Sie an Informationen haben, deutlich weniger ist als das, was wir im Beteiligungsausschuss erfahren haben. Das gilt aber auch für andere Bereiche, für die wir
das immer wieder diskutieren. Ein Beispiel dafür ist das Parlamentarische Kontrollgremium. Ich glaube, in der Abwägung zwischen so viel Offenheit wie möglich in den vertraulichen Ausschüssen und einer allgemeinen Information ist das Verfahren so gut gewählt. Dafür danke ich ausdrücklich.
Angesichts der Dimensionen und der Bedeutung für das Land ist es wichtig, dass wir gut informiert sind, dass aber auch die Öffentlichkeit davon erfährt. Daher ist es gut, dass wir hier eine ausführliche Beratung durchgeführt haben. Auch nach dem ersten Spatenstich erwarten und fordern wir, dass wir weiterhin regelmäßig informiert und beteiligt werden.
Ich fasse zusammen: Erstens. Die bauliche Sanierung des UKSH ist überfällig. Sie ist Grundvoraussetzung dafür, dass eine hohe Qualität in der medizinischen Forschung, in der Versorgung und in der Ausbildung gewährleistet wird. Zweitens. Das Projekt bleibt nicht ohne Risiko. Wir haben es mit langen Zeiträumen und gewaltigen Summen zu tun. Die Vergabe an einen Generalunternehmer ist für das Land wirtschaftlich von Vorteil. Drittens. Es ist wichtig, dass wir als Parlament den Prozess kritisch begleiten. Dafür müssen wir regelmäßig und umfassend informiert werden. Viertens. Effizienzgewinne dürfen nicht zulasten, sondern müssen zugunsten von Patientinnen und Patienten sowie des Personals gehen.
Ich stehe hier mit der Überzeugung, dass es richtig ist, das Projekt zu starten, und zwar in der Form, in der es jetzt geplant ist. Wenn ich alles abwäge, dann komme ich zu dem Schluss, dass wir zwar nicht alles wissen und dass einiges eine Prognose bleibt, dass die Vorteile jedoch deutlich überwiegen; im wirtschaftlichen und vor allem im medizinischen Bereich.
Ich danke noch einmal CDU und FDP für ihre Bereitschaft, diesen Prozess zu begleiten und diesen Antrag gemeinsam mit uns zu verabschieden. Das ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit für eine Opposition. Sie übernehmen hier einen großen Teil der Verantwortung, die wir als Haus gemeinsam übernehmen. Ich bin sicher, dass dies ein gutes Signal an das Land, an unsere Universitätsstädte und an das Personal des UKSH sendet. Ich hebe meine Hand für das neue UKSH, und ich bin zuversichtlich, dass dies eine ganz große Mehrheit hier im Haus ebenso tun wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren Vorstände! Forschung, Lehre und Krankenversorgung sind die drei Säulen der deutschen Hochschulmedizin. Dazu gehören Grundlagenforschung, klinische Forschung, interdisziplinäre Forschung, aber auch branchenübergreifende Forschung. Bei der Lehre denke ich zuallererst an die Aus-, Fort- und Weiterbildung unseres medizinischen, aber auch pharmakologischen Nachwuchses. Bei der Versorgung spielen Spitzenmedizin und die Erbringung einzigartiger Leistungen auf maximaler Versorgungsstufe eine Rolle.
Bevor ich über Barwerte und Effizienzrenditen spreche, will ich zunächst sagen, worüber und über wen wir eigentlich sprechen. Wir sprechen nämlich über 12.440 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über 407.000 Patientinnen und Patienten, von denen über 100.000 stationär behandelt wurden. Im Umkehrschluss heißt dies übrigens, dass fast drei Viertel der Leistungen ambulant erbracht werden. Daran kann man sehen, was in der Öffentlichkeit gar nicht so bekannt ist, nämlich welch großen Beitrag das UKSH bei der ambulanten Versorgung von Patientinnen und Patienten an den beiden Standorten leistet. Wir reden über fast 2.700 Geburten, und wir sprechen über 43.298 Notfälle. Das heißt, wir sprechen über ein Viertel der Patientinnen und Patienten in Schleswig-Holstein.
Um dies gleich zu sagen, mehr ist es aus meiner Sicht nicht wert: Der Antrag der PIRATEN ist keine Alternative zu dem, was heute hier zur Abstimmung steht. Das, was wir nach elf Jahren nicht brauchen, ist ein Ausstiegsbeschluss. Wir brauchen vielmehr einen Einstiegsbeschluss.
Die Wissenschaftsministerin hat es zum Ausdruck gebracht, und die Kolleginnen und Kollegen haben auf die Stufe der Vertraulichkeit bereits hingewiesen. Weil dies in öffentlichen Broschüren immer wieder abgedruckt wird, darf man - so glaube ich sagen, was auch der Vorstand sich immer wieder
bemüht, uns klarzumachen, nämlich was an Spitzenmedizin geleistet wird. Das versucht man gesundheitsökonomisch immer in tolle Kennzahlen zu packen. Ich nenne den berühmten Case Mix Index, der beim UKSH relativ hoch ist.
Ich finde eine andere Messzahl wesentlich ausschlaggebender für das, was ich gerade als Leistung des UKSH dargestellt habe. Das ist der berühmte Patient Clinical Complexity Level, also der PCCL, der den medizinischen Schweregrad der Behandlungsfälle wiedergibt. Dieser ist an beiden Standorten des UKSH mit 1,47 im Bundesvergleich extrem hoch. Das heißt, im UKSH werden extrem schwierige Behandlungsfälle behandelt.
Liebe Kollegin von Kalben, ich empfinde unsere Zustimmung heute auch als klares Bekenntnis dazu, dass das UKSH auch in Zukunft tatsächlich seine Spitzenpositionen im Bereich der Maximalversorgung, der Ausbildung und der Patientenversorgung erfüllen kann; wohl wissend, was dies finanzpolitisch bedeutet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Ausbildung des medizinischen Nachwuchses: Allein bis 2020 fehlen ungefähr 55.000 Ärztinnen und Ärzte. Bis zum Jahr 2030 steigt diese Zahl auf 166.000 an. Das heißt, eine der elementaren Aufgaben einer Universitätsklinik ist die Ausbildung von hochqualifizierten Ärztinnen und Ärzten. Wir haben bisher über die Maximalversorgung gesprochen. Ich fand es interessant zu gucken, was Maximalversorgung eigentlich heißt, damit man sich darunter etwas vorstellen kann. Unter den Zahlen des Verbandes der Universitätsklinika in Deutschland von 2009 findet man, dass im Jahr 2009 in Kiel beispielsweise 243 Tumoroperationen in der Schädelgrube vorgenommen wurden, dass 576 sogenannte Pars-plana-Vitrektonimien in Kiel vorgenommen wurden, dass in Lübeck 18 Stammzellentransplantationen vorgenommen wurden, dass in Kiel 64 Lebertransplantationen und in Lübeck 80 Nierentransplantationen oder 513 Herzklappenoperationen vorgenommen wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Bekenntnis zum UKSH darf also kein Lippenbekenntnis sein. Das Bekenntnis, das zumindest die große Mehrheit von uns heute abgibt, muss aus unserer Sicht die versorgungs- und wissenschaftspolitische Leitplanke für den gesamten bevorstehenden Prozess sein. Sie haben das anders ausgedrückt. Sie haben gesagt: Die Erwirtschaftung der Effizienzrenditen darf
nicht zulasten von Patientinnen und Patienten oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehen, sondern sie muss vielmehr zu deren Gunsten eingesetzt werden.
Es ist mir bewusst, wie schwierig diese Gratwanderung ist, auf der einen Seite unter maximalem ökonomischen Druck zu stehen, auf der anderen Seite aber dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei diesem Prozess mitgenommen werden.
Was so simpel klingt, ist aus meiner Sicht hochkompliziert. Es hat nur auf den ersten Blick und am Rande etwas mit Bauen und Sanieren zu tun. In Wahrheit reden wir über hochkomplizierte und hochkomplexe Klinikabläufe, die in Zukunft effizienter werden sollen. Diese von den Vorrednerinnen und Vorrednern schon beschriebene Effizienzrendite setzt sich aus zwei grundlegenden Komponenten zusammen: Wir haben auf der einen Seite Expansionspotenziale, denn es werden Fallzahlsteigerungen prognostiziert. Im besten Fall sind diese kombiniert mit einer Verweildauerreduktion. Auf der anderen Seite setzt sie sich aus Einsparpotenzialen zusammen, die sich grob in baulich-funktionale Effizienzsteigerungen und organisatorische Effizienzsteigerungen gliedern lassen.
In der so bestechend logischen Modellwelt von Wirtschaftsprüfern und Consultern, die sich ja gerade im Bereich der Gesundheit recht munter und sehr zahlreich tummeln, wäre die heutige Entscheidung, die wir uns relativ schwer machen, ganz einfach. Sie würden nämlich sagen: Übersteigt der Barwert der Effizienzrendite den Barwert der Zahlungen für Planung, Bau und Finanzierung, dann wird zugeschlagen, falls er es nicht tut, dann eben nicht. Die Berechnungen zur Effizienzrendite werden auch gleich mitgeliefert.
Das Problem, vor dem wir in den Beratungen standen und vor denen wir auch weiter stehen werden, ist die Frage, wie verlässlich die Prognosen sind, die diesen Berechnungen zugrunde liegen. Ohne Wasser in den Wein schütten zu wollen, will ich sagen: Ich glaube, Sie wissen, dass ich sehr wohl Zweifel daran habe, wie belastbar die Annahmen und Grundlagen zur Berechnung der Effizienzrendite sind.
Ich will einmal die zugrundeliegenden Zahlen aus dem öffentlichen BDO-Gutachten aus dem März 2012 nennen, damit wir einen Vergleich haben, der zeigt, warum wir skeptisch sind. 2012 ging die BDO davon aus, dass sich der ab 2024 jährlich zu zahlende Pachtzins auf rund 38,4 Millionen € be
läuft. Addiert man hierzu das Defizit des UKSH aus dem Jahre 2012 - nur das ist bisher öffentlich, also werde ich auch nur das hinzuaddieren -, dann müsste die Effizienzrendite 63,3 Millionen € betragen. Wenn man das auf den Gesamtklinikumsatz im Jahr 2012 bezieht, erhält man möglicherweise zufällig, aber möglicherweise nicht ganz zufällig eine Effizienzrendite, die um und bei 10 % liegt. Das ist, Herr Pansegrau, ausgesprochen sportlich für ein Universitätsklinikum.
Wie lautet die Konsequenz für die wissenschaftsund versorgungspolitischen Leitplanken, die wir einziehen? Das Behandlungsspektrum einschränken? Ich meine, alle haben ganz klar gesagt, dass es genau das ist, was sie nicht wollen. Die Konzentration auf erlösbringende Behandlungen? Ich denke, auch da haben alle sehr deutlich gesagt, dass sie es nicht wollen. Ich habe zumindest die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so verstanden, wie ich es auch ganz klar für meine Fraktion sage: Im Zweifel die Bereitschaft zur dauerhaften Übernahme zusätzlicher finanzpolitischer Verantwortung auch für dieses UKSH. Denn welche Alternativen gibt es überhaupt zu dem, was wir heute anstoßen wollen? Wenn sich die Landesregierung eine möglichst breite parlamentarische Mehrheit für das anspruchsvolle Projekt wünscht, dann sind die Offenheit und die Transparenz, die bislang an den Tag gelegt wurden - ich will mich ausdrücklich beim Finanzstaatssekretär Fischer bedanken - -