Protocol of the Session on September 12, 2014

Der Weg kann und wird aber nicht sein, zurück zu einer Landwirtschaft der vergangenen Jahrhunderte zu gehen. Die Verfahren, Stallsysteme, Sorten, Maschinen, Geräte et cetera wurden durch die Pioniere des Ökolandbaus zwischenzeitlich weiterentwickelt, und sie müssen weiterentwickelt werden, damit die Landwirtschaft verbreitet diese Elemente aufnehmen kann, damit sie sich durchsetzen können.

Mit der Förderung des Ökolandbaus werden in einem Maßnahmeschwerpunkt viele Umweltziele erreicht, und es werden im Land Leuchttürme in der regionalen Wirtschaftsentwicklung gesetzt.

(Heiner Rickers)

Zum Schluss will ich nicht auf die Ziele eingehen, ob man bei unserer knappen Fläche und hohen Bevölkerung Exportland sein muss. Diese Debatte haben wir bereits an verschiedenen Stellen geführt.

Aber noch eines zum Stichwort Ökolandbau und Energiewende: Ökolandbau zu entwickeln, heißt auch wegzukommen von einer ölabhängigen Landwirtschaft hin zu einer solargetragenen Landwirtschaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht nur wegen des Klimawandels, sondern auch weil die Ölvorräte immer knapper werden, wird ein Umsteuern zur Notwendigkeit. Sie alle kennen den Begriff Peak-Oil. Was hat er hiermit zu tun? Gemeint ist der Zeitpunkt, zu dem die Menge des weltweit verfügbaren Öls - und das ist eine ganz starke Basis dafür, wie wir Landwirtschaft heute betreiben - den Höhepunkt erreicht hat, danach geht es bergab. Ob wir ihn bereits erreicht haben oder er erst in einigen Jahren erreicht wird, sei dahingestellt. Es ist Zeit für eine Agrar- und Ernährungswende. Das wird gerade an der Frage der Ressourcenknappheit mehr als deutlich. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute über diesen Antrag diskutieren. Das passt sehr gut, weil das Wetter sehr schön ist und es ja wieder einmal ein klassischer Schönwetterantrag ist, den Sie gestellt haben.

(Heiterkeit)

Sie beweisen mit Ihrem Antrag und den Reden aufs Neue, dass Sie versuchen wollen, die Landwirtschaft durch Gesetze, Verordnungen und „Strategiekonzepte“ - wie Sie sie nennen - vollständig durchzugestalten. Es ist schade, dass Sie die Landwirtschaft nicht als das ansehen, was sie ist. Die Landwirtschaft ist unternehmerisch und mittelständisch geprägt, und sie braucht verlässliche und planbare Rahmenbedingungen.

(Kirsten Eickhoff-Weber [SPD]: Ja eben!)

- Ja eben, und Sie aus der Koalition von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW haben das

Ziel, dass in Schleswig-Holstein 7 % der Fläche ökologisch bewirtschaftet werden. Das ist ein Ziel, das doch reines Wunschdenken ist.

Einmal ganz ehrlich, meine Damen und Herren, woher soll denn die Fläche kommen? Sie wollen doch durch Verordnungen, Konzepte, durch einseitige Förderungen und so weiter die Landwirtschaft in diese Richtung lenken. Fakt ist doch aber, dass der massive Wettbewerbsnachteil des Ökolandbaus in Schleswig-Holstein nicht einfach durch zusätzliche Förderungen ausgeglichen werden kann.

Der Bauernpräsident Werner Schwarz hat letzte Woche zutreffend auf dem Landeshauptausschuss im Rahmen der Norla gesagt - ich zitiere -:

„Man kann nicht dauerhaft gegen den Markt ansubventionieren.“

(Beifall FDP - Serpil Midyatli [SPD]: Gegen den Markt! - Zuruf SPD: Das ist für die Landwirtschaft eine interessante Erkenntnis!)

- Gegen den Markt. Meine Damen und Herren, durch Ihre einseitige Begünstigung des ökologischen Landbaus reißen Sie neue Gräben auf, die eigentlich schon geschlossen waren. Gerade das Beispiel rund um die Förderung „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ hat das einmal mehr bewiesen. Hier wollten zahlreiche konventionelle Betriebe mitmachen, haben bereits erste Investitionen getätigt, und auf einmal - von heute auf morgen - wird ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen. Dabei ist doch klar, dass die konventionelle Landwirtschaft wesentlich stärker in der Fläche vertreten ist. Der ökologische Nutzen wäre also deutlich größer gewesen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, die Rahmenbedingungen für die konventionelle und ökologische Landwirtschaft sind durch marktwirtschaftliche Reformen zu verbessern, damit Landwirte erfolgreich am Markt bestehen können. Deshalb sollten wir die Landwirte in ihrer unternehmerischen Freiheit unterstützen und uns für gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU einsetzen.

(Zuruf Sandra Redmann [SPD])

- Frau Redmann, ob die Landwirte sich nun konventionell oder ökologisch aufstellen, sollte ihnen selbst überlassen bleiben. Ganz klar. Und die Betriebe brauchen natürlich ausreichend Spielraum, um ihre eigenen Stärken zu nutzen.

(Beifall FDP und Heiner Rickers [CDU] - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Also Subventionen, oder was?)

(Bernd Voß)

- Die Politik sollte mehr für eine an der Praxis orientierte Agrarforschung und für einen verbesserten Wissenstransfer tun, Herr Dr. Dolgner.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Marktwirtschaft wäre gar keine Alternative!)

Die Minderung der Naturbelastung, die Erhöhung der Standards in der Nutztierhaltung und der vermehrte Einsatz nachwachsender Rohstoffe erfordern nun einmal eine verstärkte Forschung. Eine Effizienzsteigerung ist dann auch im Sinne der Nachhaltigkeit.

Apropos Nachhaltigkeit - das Wort ist hier auch schon oft gefallen -: Der ökologische Landbau ist nicht per se an jedem Standort nachhaltig. Die Beurteilung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft muss sich unserer Meinung nach nicht an den Umweltbelastungen pro Produktionseinheit orientieren, sondern an der bewirtschafteten Fläche.

(Unruhe)

- Ich erkläre Ihnen das noch einmal in Ruhe.

Meine Damen und Herren, Ihre Politik, die Politik der Koalition, ist geprägt von einem tiefen Misstrauen gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Das ist in der letzten Woche noch einmal deutlich geworden. Sie waren doch dabei, Sie haben die Stellungnahmen der Landwirte doch gehört.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Sie nehmen mit Ihren Verordnungen und Gesetzen der Landwirtschaft die Freiheit und die Eigenverantwortung, die sie benötigt. Und Sie machen jetzt mit Ihrer einseitigen Förderung die Landwirtschaft zu Abhängigen einer Legislaturperiode. Sie kann doch gar nicht mehr dauerhaft kalkulieren, weil sie gar nicht weiß, was in der nächsten Legislaturperiode sein wird. Und Sie, liebe Sozialdemokraten ich habe es schon einmal gesagt, ich sage es aber gern noch einmal -, machen sich zum Büttel der Grünen, gerade in der Landwirtschaftspolitik.

(Beifall FDP und Heiner Rickers [CDU])

Setzen Sie endlich mehr auf Freiwilligkeit statt auf Verordnungen, setzen Sie auf Wirtschaftserleichterung statt auf einseitige Förderung. Ändern Sie endlich Ihren Kurs. Wir werden Ihren Antrag - das wird Sie jetzt überraschen - ablehnen. - Danke.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Frau Abgeordnete Angelika Beer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche jetzt einmal ganz piratisch durch diese ideologisch geprägte Debatte - bei der es mir immer schwerfällt hinterherzukommen

(Zurufe: Ach!)

durch die Mitte zu segeln und sage einfach einmal ganz einfach für uns: Landwirtschaft ist gut, Bio ist gut, beides kann besser werden.

(Beifall PIRATEN)

Zur Antragslage selbst: Wir begrüßen den Antrag der Koalitionsfraktionen, finden aber auch berechtigt, das ganze Thema noch einmal im Umwelt- und Agrarausschuss zu diskutieren. Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir mit beiden Anträgen noch einmal in die Debatte gehen, denn im Ausschuss sind die Beiträge von CDU und FDP meist sachlicher als hier im Plenum.

(Heiterkeit und Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Christopher Vogt [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lange Zeit galt die Umstellung auf den Ökolandbau unter Landwirten deshalb als attraktiv, weil die Erlöse höher waren als im konventionellen Betrieb. Vor etwa zwei Jahren hat sich dieses Verhältnis umgekehrt. Inzwischen sind die Betriebsergebnisse der konventionell arbeitenden Landwirte besser. Woher also die Aufregung - vollkommen ohne Grund? Das vonThünen-Institut liefert dazu folgende Zahlen: Während die Erlöse der Ökotestbetriebe im Wirtschaftsjahr 2012 und 2013 bei etwa 31.000 € je Arbeitskraft lagen, erwirtschafteten vergleichbare konventionelle Betriebe rund 33.000 €. Die Gründe dafür sind vielfältig. Bio liegt im Trend, der Bioladen ist dem Biosupermarkt gewichen. Die Konsumenten achten verstärkt auf günstige Angebote. Durch die erhöhte Nachfrage drängen zudem ausländische Produzenten, insbesondere aus Osteuropa, auf den Markt, die deutlich günstiger produzieren als unsere einheimischen Betriebe.

Darüber hinaus haben die Biogasanlagen und der verstärkte Maisanbau deutlich zu gestiegenen Bodenpreisen geführt. Darunter leiden zwar auch die konventionellen Landwirte, Biobauern, die Getreide anbauen, trifft es allerdings sehr viel stärker. Das

(Oliver Kumbartzky)

liegt daran, dass ihre Erträge gegenüber dem konventionellen Anbau rund 50 % niedriger ausfallen.

Eine mögliche Antwort darauf sind veredelte Nischenproduktionen sowie der Direktvertrieb in der Region - was wir bei uns in Schleswig-Holstein auch immer häufiger wahrnehmen, und was ich auch begrüße -, vorzugsweise in regionalen Vermarktungsgemeinschaften, die auch Hotels und Restaurants das ganze Jahr über mit hochwertigen Produkten zu beliefern helfen. Wie sich Regionalität und Ökolandbau stärker miteinander verbinden lassen und welche Rolle dabei das Siegel „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ spielen kann, sollte daher unseres Erachtens auch Teil dieser Diskussion sein und auch Teil der Gesamtstrategie der Landesregierung.

Dass eine solche Unterstützung durch die Landesregierung wichtig ist, zeigt der direkte Vergleich mit anderen EU-Ländern. Während der Zuwachs ökologisch bewirtschafteter Flächen in Deutschland zwischen 2004 und 2010 bei 29 % lag, haben Lettland und Litauen um fast 300 % zugelegt, Polen sogar um mehr als 500 %. Selbst Länder mit vergleichbaren Produktionskosten, wie zum Beispiel Frankreich und Österreich, scheiden mit einem Zuwachs von 60 % deutlich besser als wir ab.