Protocol of the Session on September 10, 2014

Was bleibt, ist der Wunsch, bestimmte Leistungen dergestalt zu durchleuchten, ob sie preiswerter oder effizienter zu haben sind. Hierfür kann man sicherlich auf betriebswirtschaftliche Instrumente wie das kaufmännische Rechnungswesen zurückgreifen. Die grundsätzliche politische Entscheidung, ob man beispielsweise eine sozial gerechte Politik machen will oder nicht, nimmt uns aber auch kein kaufmännisches Rechnungswesen ab, meine Damen und Herren.

Diese Überlegungen führen auch dazu, sich noch einmal Gedanken über Sondervermögen zu machen. Sie sind ja auch ein wenig ein Ausfluss der Kameralistik. Allerdings ist auch im kaufmännischen Rechnungswesen die Bildung von Rücklagen üblich, obwohl man noch Schulden hat. Unsere Sondervermögen sollen einen gewissen Grad an Flexibilität bieten, Projekte dann durchzuführen, wenn sie durchgeplant sind. Diese Projekte sollen unabhängig von der aktuellen Haushaltslage auf jeden Fall durchgeführt werden können. Das ist der Sinn von Sondervermögen. Ähnlich wie bei einer Rücklage eines Unternehmens ist es auch in diesem Zusammenhang wichtig, dass dies immer gewährleistet ist, auch dann, wenn es einmal etwas schlechter läuft, was sich natürlich niemand wünscht.

Zukunftsinvestitionen sollen auch dann getätigt werden können, wenn man einmal ein schlechtes Jahr erwischt. Das wäre aber nicht möglich, wenn man hierfür nicht das entsprechende Kapital zurückgelegt hat. Das kann man vielleicht etwas vereinfacht mit dem Häuslebauer vergleichen, der auf ein neues Auto in zehn Jahren spart. Natürlich wäre es langfristig günstiger und über die lange Laufzeit eines Hauskredits besser, wenn man erst das Haus abbezahlt und sich erst später um das Auto kümmert. Wenn man dann aber in zehn Jahren kein Kapital für das Auto hat, hat man ein Problem. Deshalb ist es doch klug, trotz Hausschulden auf ein Auto zu sparen. Ähnlich verhält es sich mit Sondervermögen, die auch von allen vorherigen Regierungen eingerichtet wurden. Das war grundsätzlich auch immer in Ordnung so.

(Lars Harms)

Sie erkennen also, dass es durchaus Sinn macht, weit vorauszudenken. Deshalb ist es wichtig, auch einmal unsere Finanzplanung für die nächsten Jahre zu betrachten. In der Finanzplanung sind sämtliche Risiken des Landes benannt, seien es die sanierungsbedürftige Infrastruktur, die Pensionsverpflichtungen oder auch die HSH Nordbank oder das UKSH. Überall lauern Unsicherheiten, die nicht geplant werden können.

Deshalb erscheint es mir wichtig, auf einen Punkt in der Finanzplanung besonders hinzuweisen. Neben der Senkung des Haushaltsdefizits und der schwarzen Null ab 2020 als Verfassungsgrundsatz findet sich in der Finanzplanung wieder genau die gleiche Vorgehensweise, die wir mit jedem einzelnen Haushalt an den Tag legen, nämlich eine vorsichtige Planung mit genügend Luft hin zur schwarzen Null.

So gut diese Planung ist, so schwierig ist es aber trotzdem, wenn der Bund aktiv auf unser Budgetrecht zugreifen will. Dass beispielsweise der Stabilitätsrat nach den Planungen des Bundes ein Klagerecht gegenüber den Bundesländern erhalten soll, ist eine echte Bedrohung für die Länder.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht dabei nicht darum, den Haushalt nicht konsolidieren zu wollen. Ich glaube, den Beweis hierfür haben wir bereits erbracht. Vielmehr geht es darum, dass sichergestellt sein muss, dass die Länder ihre jeweiligen Schwerpunkte setzen können und nicht vom Bund daran gehindert werden können. Unser Budgetrecht ist ein sehr wichtiges Recht. Das Budgetrecht ist das Königsrecht dieses Parlaments. Deshalb ist es richtig, wenn wir alle gemeinsam die Rechte des Landes und des Landtags verteidigen und uns dafür einsetzen, dass uns in der Debatte über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein Mitspracherecht eingeräumt wird.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich feststellen, dass unsere solide Haushaltspolitik die Grundlage dafür ist, dass wir unser Land so weiterentwickeln können, wie wir das gerade tun. Für den SSW, aber auch für die gesamte Koalition ist es wichtig, Schwerpunkte in der Bildungspolitik, in der infrastrukturellen Entwicklung, in der nachhaltigen Entwicklung und in der kulturellen Vielfalt zu setzen. An dieser Politik halten wir fest, ohne das Ziel der Haushaltskonsolidierung aus den Augen zu verlieren. Darauf kann sich jeder in Schleswig-Hol

stein verlassen, sowohl in dieser Wahlperiode als auch darüber hinaus.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den Restredezeiten, die ich nun vortragen werde. Außerdem haben sich schon zwei Redner zu Wort gemeldet. Der CDU-Fraktion stehen noch 5 Minuten, der SPD-Fraktion 3 Minuten, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11 Minuten und 30 Sekunden, der FDP-Fraktion 6 Minuten und 30 Sekunden, der Fraktion der PIRATEN 8 Minuten und dem SSW 4 Minuten Redezeit zur Verfügung.

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias Koch Zugriff auf die 5 Minuten der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war schon bemerkenswert, wie die Finanzministerin heute Morgen versucht hat, die Bedeutung von Investitionen herunterzuspielen, und von einem veralteten und überholten Investitionsbegriff sprach.

„Die Koalition muss allerdings bei der Investitionspolitik nachlegen. Hier haben wir erheblichen Nachholbedarf.“

Das Zitat ist nicht von mir, sondern vom Kollegen Rasmus Andresen zum Jahresabschluss 2013, als die Investitionen gerade um 50 Millionen € gesunken waren. Mit dem Haushaltsentwurf werden sie erneut um 50 Millionen € gesenkt. Sie liegen also um 100 Millionen € unter dem letzten Haushalt in der Verantwortung von CDU und FDP. Kollege Andresen sagt dazu, bei den Investitionen müsse man noch nachlegen.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

In dem Augenblick, in dem die Finanzministerin die Aufstockung der Investitionen der Nachfolgeregierung vor die Füße kippt, heißt es beim Kollegen Andresen wieder:

„Umso wichtiger ist es nun, gerade in Zeiten niedriger Zinsen bei den Investitionen noch eine Schippe draufzulegen.“

Da kann ich Ihnen nur sagen: Verkaufen Sie die Menschen doch nicht für dumm. Verkünden Sie in

(Lars Harms)

Ihren Pressemitteilungen doch nicht das Gegenteil von dem, was diese Regierung macht.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Es ist allein Ihre Verantwortung, dass von dem zehnprozentigen Ausgabeanstieg in Ihrer Regierungszeit bei den Investitionen nichts, aber auch gar nichts ankommt. Da hilft es auch nichts, Investitionen und Bildungsausgaben gegeneinander auszuspielen, Frau von Kalben. Denn - meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen - auch der Anteil der Bildungsausgaben sinkt in Ihrem Haushalt. Das ist keine Zahlenakrobatik, sondern das sind die nüchternen Zahlen aus der Gruppierungsübersicht des Haushaltsentwurfs Ihrer eigenen Ministerin.

Als Rechtfertigung wird dann angeführt, Frau Ministerin, dass konjunkturelle Mehreinnahmen nicht für strukturelle Ausgaben zur Verfügung stünden und den Ausgaberahmen nicht erhöhten. Tatsächlich erreichen Sie doch die 184 Millionen € Absenkung des strukturellen Defizits nur dadurch, dass Sie die Berechnungsmethoden ändern, indem Sie nämlich genau das machen, nämlich konjunkturelle Mehreinnahmen in strukturelle umwandeln und bisherige strukturelle Ausgaben herausrechnen. Von den 184 Millionen €, für die Sie sich hier so feiern lassen, entfallen über 150 Millionen € auf diese beiden Rechentricks.

Unberechtigt ist auch das Lob, was die Kommunalfinanzen anbelangt.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Dass Sie den Kommunen die Kosten für zusätzliche Verwaltung und Bürokratie erstatten, die Sie mit Ihren eigenen Gesetzen verursacht haben, ist verfassungsgemäße Selbstverständlichkeit. Da gilt der Konnexitätsgrundsatz.

(Beate Raudies [SPD]: Dafür hat sich die alte Landesregierung verklagen lassen!)

Was nun den Eingriff von 120 Millionen € in den kommunalen Finanzausgleich anbelangt, so schreiben Sie diesen doch gerade für alle Zeiten fest. Sie weisen ihn im FAG zwar nicht mehr transparent aus, wie es bisher der Fall war, Sie haben ihn aber, Herr Minister Breitner, in Ihren Verbundsatz eingerechnet. Den Kommunen werden zukünftig für alle Zeiten 120 Millionen € pro Jahr aus ihrem Anteil entnommen. Das ist die Politik, die Sie betreiben.

(Vereinzelter Beifall CDU - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Ein- griff!)

Aus Fehlern solle man lernen, sagte die Ministerin in Bezug auf die Beamtenpensionen, um dann im nächsten Satz den CDU-Antrag zur Einführung eines kaufmännischen Haushaltsrechts mit einem Satz abzuwatschen. Auch der Kollege Harms hat das leider vollkommen falsch interpretiert. Lieber Lars Harms, es geht hier nicht um die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, wie es unter rot-grüner Regierungszeit schon einmal versucht worden und krachend gescheitert ist. Es geht darum, dass wir das vermeiden, was hier allseits immer wieder in Sonntagsreden beklagt wird, nämlich den aufgelaufenen Sanierungsstau, die Risiken aus Pensionsverpflichtungen oder auch die Risiken bei der HSH. Das alles ist nämlich die Konsequenz unseres bisherigen Haushaltsrechts, das allein eine Einnahme-Ausgabe-Rechnung darstellt und keine Abschreibung auf Investitionen kennt, keine Rückstellungen für eingegangene Pensionsverpflichtungen und auch keine Rückstellungen für Bürgschaften, die für die HSH gegeben werden.

Deswegen möchten wir unser Haushaltsrecht auf ein kaufmännisches Rechnungswesen umstellen, so wie es 700 Kommunen im Land mit der Doppik machen. Herr Kollege Harms, das waren vollkommen falsche Beispiele Ihrerseits. Denken Sie noch einmal darüber nach. Wir waren da schon einen ganzen Schritt weiter. Beim Förde-Forum der CDU-Landtagsfraktion vor der Sommerpause hat sich auch Ihr Staatssekretär als klarer Befürworter der Doppik geoutet, Frau Ministerin. Ziehen Sie nicht immer die Negativbeispiele heran, schauen Sie auf die Positivbeispiele! Die gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft, sowohl in Hamburg als auch etwas weiter weg in der Republik Österreich. Man muss das nicht mit 200 Millionen € machen. In Hamburg waren es vier Mitarbeiter aus der Finanzbehörde, die eine erste Eröffnungsbilanz erstellt haben.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Es geht auch mit wenigen Mitteln. Auch für den Sanierungsbericht, den Sie Ende dieses Jahres vorlegen, haben Sie entsprechenden Verwaltungsaufwand. Ich glaube, an der Umstellung unseres Haushaltswesens führt kein Weg vorbei, nicht nur wegen EU-Bestrebungen zur Einführung von EPSAS auf gesamteuropäischer Ebene, sondern weil wir nach dem Greifen der Schuldenbremse Klarheit darüber brauchen, wie hoch unsere Abschreibungen auf Investitionen sind, um einen erneuten Sanierungsstau zu vermeiden, indem wir transparent ausweisen, wie hoch die Pensionsverpflichtungen sind, und da

(Tobias Koch)

für Rückstellungen bilden. Darum geht es in unserem Antrag.

(Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Meine Damen und Herren, letzter Satz zum Zitat des Kollegen Lars Winter - immer wieder nett -: „Wir können Haushalt“. Ich will daran erinnern, dass sich dieses Zitat auf den Jahresabschluss 2012 bezog, Frau Ministerin Heinold.

(Zurufe)

Entweder versuchen Sie, sich genauso mit fremden Federn zu schmücken, wie es der Kollege Lars Winter damals getan hat, oder dieses Lob gilt der Vorgängerregierung von CDU und FDP. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Auf die 3 Minuten Restredezeit der SPD greift jetzt der Abgeordnete Lars Winter zurück.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als vorhin vom kochschen Gesetz die Rede war - ich glaube, von der Kollegin Eka von Kalben -, haben Sie so gestrahlt, dass Sie nun endlich auch einmal erwähnt werden, Herr Koch. Deswegen haben Sie das ja auch. Die Umstellungen innerhalb der Haushaltsabwicklung 2012 haben letztendlich auch dazu geführt, dass wir das Ergebnis erreicht haben, das wir erreicht haben. Deswegen ist es richtig, „dass wir Haushalt können“. Das hat sich auch in den folgenden Jahren so erwiesen.

(Zurufe CDU)

Ich habe mir die heutigen Ausführungen genauer angesehen und möchte auf das eine oder andere eingehen, insbesondere auf die Investitionsquote. Der Kollege Callsen hat unter anderem gesagt, dass es, wenn man es so mache wie die CDU, vorangehe. Herr Kollege Callsen, wenn man die Politik der CDU nimmt, müssten Sie sich erst um 180 Grad drehen, dann vorangehen, und dazu sage ich: Zurück in die Vergangenheit. Das ist nämlich die Art der Politik, die die CDU immer noch machen will. Sie sind immer noch nicht im Hier und Jetzt angekommen. Denn in die Zukunft zu investieren, bedeutet nicht nur Beton - auch, aber nicht nur. Ich habe schon in der Rede zum Nachtrag 2014 gesagt, dass wir Prioritäten setzen müssen, und die Priorität haben wir in der Bildung. Auch das sind Investitionen, was hier mehrfach ausgeführt worden ist.

(Johannes Callsen [CDU]: Nicht einmal da!)

Auch wenn die Investitionsquote in Beton eine Rolle spielt -

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])