Protocol of the Session on July 10, 2014

mit dem C vorne. Das ist mein Kenntnisstand. Wenn Sie uns da auf einen anderen bringen können, dann lernen wir vielleicht noch einmal etwas Neues. Sie interpretieren vieles neu. Ich muss schon sagen, es feuert Sie an, dass Sie im Wettbewerb in der Union sind. Das merkt man, und das finde ich gut.

- Das beruhigt mich, Herr Kollege Stegner. In der Tat ist es so, dass die CDU in die Bundestagswahl auch mit allgemeinen Lohnuntergrenzen gegangen ist, allerdings vereinbart von den Tarifvertragspartnern. Wer darauf hinweist, dass es Ausnahmen geben muss, das sind doch die Wirtschaftsfachleute, die Fachleute und Experten, die sich Sorgen darüber machen, dass durch einen zu hohen Mindestlohn am Ende Menschen aus dem Arbeitsmarkt herausfallen. Ich glaube, auf diese Verantwortung muss man auch hinweisen.

(Beifall CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Stegner?

Herr Kollege Callsen, könnten Sie vielleicht akzeptieren, dass Menschen, die selbst arbeiten, nicht diejenigen als Fachleute ansehen, die als Arbeitgeber möglichst wenig bezahlen wollen, weil sie den Rest vom Staat bekommen, sondern dass Fachleute vielleicht diejenigen sind, die arbeiten und die davon leben müssen? Das sind eigentlich die wirklichen Fachleute für gute Arbeit.

- Ich finde, wenn es Wirtschaftswissenschaftler gibt, die auf diese Folgen auf dem Arbeitsmarkt hinweisen, muss man darüber zumindest reden. Das hat man auf Bundesebene getan, und es ist ein Beschluss gefasst, und damit ist es okay.

(Beifall CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Lars Harms?

Vielen Dank. - Herr Kollege Callsen, ich wollte nur darauf hinweisen, einfach damit sich hier jemand nicht mit fremden Federn schmückt: Im Jahr 2001 hat der SSW das Tariftreuegesetz in den Landtag eingebracht,

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

inklusive des ÖPNV. Zweitens. Im Jahr 2003 hat dann die damalige Regierung aus SPD und Grünen zusammen mit dem SSW dieses Gesetz beschlossen, also damals wirkte RotGrün-Blau schon recht gut.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Jahr 2009 hat eine CDU-geführte Regierung dieses Gesetz nicht mehr angewandt, obwohl es noch in Teilen anwendbar gewesen wäre. Nach Übernahme der Regierung durch Rot-Grün-Blau gibt es dieses Gesetz inklusive des ÖPNV wieder.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Herr Kollege Harms, vielleicht würden Sie dazu stehen bleiben, damit ich Ihnen noch eine Ergänzung dieser historischen Lehrstunde geben kann: Es war 2009 so, dass wir es nicht mehr anwenden konnten, weil der Europäische Gerichtshof entsprechend entschieden hatte.

(Beifall CDU und Dr. Heiner Garg [FDP] - Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Sie haben ein wichtiges Datum in Ihrer Historie vergessen, nämlich das Jahr 2007, in dem durch einen CDU-Wirtschaftsminister das Tariftreuegesetz auf den ÖPNV ausgeweitet wurde. Das ist so gewesen.

(Beifall CDU)

Noch einmal: Der Mindestlohn auf Bundesebene gilt. Deswegen halten wir die landesspezifischen Regelungen für überflüssig. Sie belasten, wie gesagt, die Unternehmen, die Verbände und das Ehrenamt ganz besonders, aber auch die Kommunen durch Bürokratie. Sie kosten Geld, nämlich 3,8 Millionen €, die wir sinnvoller für die Zukunft der Bildung hier im Land einsetzen können. Deswegen bin ich relativ sicher, dass im Rahmen der Anhörung unsere Argumente von vielen geteilt werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

(Johannes Callsen)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Callsen hat es tatsächlich geschafft, alles miteinander zu vermengen, was man irgendwie nur in einen Topf werfen kann, und dann einen unerquicklichen Brei daraus zu kochen.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD] - Rainer Wie- gard [CDU]: Er hat zusammengeführt, was zusammengehört!)

180.000 Arbeitslose im Jahr 2005. Ja, wir haben davor Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt. Sie waren es, die mit Ihrer Politik immer dafür gesorgt haben, dass Arbeitslosigkeit kommunalisiert wurde. Die Kommunen haben da gesessen und mussten sich um die Menschen kümmern, weil die Arbeitslosenversicherung das nicht konnte und Leute ausgesteuert wurden. Das ist zusammengelegt worden, deswegen die hohe Zahl. Dass sich das auch durch gute Arbeitsmarktpolitik in den letzten Jahren wieder ein wenig zurückgedreht hat auf unter 100.000,

(Zuruf Johannes Callsen [CDU])

ist sicherlich nicht nur das Verdienst der CDU gewesen und der Anstrengungen der Regierungen, die davor regierten, sondern das ist ein Ziel gewesen, das wir mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gemeinsam auch erreichen wollten. Seien Sie insofern vorsichtig, wenn Sie das so ansprechen.

Das zweite: Wirtschaftsfachleute warnen vor dem Mindestlohn. - Ich glaube irgendwie, das, was Sie lesen, oder das, was man Ihnen einflüstert, muss aus irgendeiner Schublade kommen. Wer sind denn die Wirtschaftsfachleute, die die Löhne festlegen? Das sind die Tarifpartner.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die Gewerkschaften und die Wirtschaftsunternehmen, die gemeinsam die Tarifverträge festlegen und abschließen. Das sind die Fachleute. Diejenigen, die diese Tarifverträge unterlaufen, sind diejenigen, die keine Fachleute sind, sondern ganz schlicht und ergreifend Lohndumping und Ausbeutung betreiben. Das müssen Sie dann auch so benennen und nicht diese als Kronzeugen für Ihre komische Diskussionskultur hier ins Feld führen.

Gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Stegner?

Lieber Kollege Baasch, man muss bei dem Bild und dem Vergleich, den Sie eben gezogen haben, noch hinzufügen, dass es gar nicht der Wunsch von uns gewesen ist, einen Mindestlohn machen zu müssen. Aber wir haben teilweise Tariflöhne in Deutschland - im Osten zum Beispiel -, die weit unter 8,50 € liegen, wo die Gewerkschaften sehr schwach sind oder wo sogenannte christliche Gewerkschaften tätig sind, die weder christlich noch Gewerkschaften, sondern eher Unterdrückervereine sind,

(Zurufe CDU)

wo solche Vereinbarungen getroffen werden, die man erst einmal auf den Punkt bringen muss, damit wir anschließend wieder vernünftig Tarifautonomie anwenden können. Das ist der Punkt. Deswegen unterstützen die Gewerkschaften übrigens auch den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €, um anschließend wieder mit einer funktionierenden Tarifautonomie darauf aufzusetzen und entsprechend eine jährliche Anpassung vorzunehmen.

- Vielen Dank, Herr Kollege Stegner. Genau das hätte ich noch ausführen wollen,

(Heiterkeit - Beifall Volker Dornquast [CDU])

um deutlich zu machen, dass Tariflöhne eigentlich das sind, was wir erreichen wollen, es aber in den Bereichen, in denen es Menschen gibt, die sich davor drücken und Lohndumping betreiben, eben notwendig ist, mit Mindestlöhnen zu arbeiten.

(Beifall Martin Habersaat [SPD] - Martin Habersaat [SPD]: Gut, dass Ihr euch mal ei- nig seid!)

Deswegen ist der Mindestlohn auch Ausdruck einer Wertehaltung in dieser Gesellschaft und nicht irgendetwas, was man - wie gesagt - in einer Form diffamieren sollte, sondern das man als Grundvoraussetzung und Gemeinsamkeit in dieser Gesellschaft eigentlich hoch schätzen müsste.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Lars Harms?

Vielen Dank, Herr Kollege. Ich wollte eigentlich nur noch einmal darauf aufmerksam machen und Sie fragen, ob Sie das vielleicht mitbekommen haben, dass sich der Kollege Callsen hier als glühender Verfechter des Tariftreuegesetzes dargestellt hat, er wirklich heroisch für dieses Gesetz gekämpft hat und dass es ein Widerspruch dazu ist, was er heute beantragt. Heute beantragt er nämlich, dieses Gesetz aufzuheben.

- Genau deswegen müssen wir so intensiv mit ihm diskutieren, dass er genau diesen Widerspruch auch erkennt und vielleicht auch zur Einsicht gelangt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber ich will meine Redezeit noch kurz nutzen, um einen weiteren Punkt, der in der Diskussion hier noch nicht angesprochen worden ist, auszuführen. Denn eines ist auch klar: Wer anständige Löhne zahlt, beugt auch Armut im Alter vor. Und wer Armut im Alter verhindern und anständig bekämpfen will, der muss Altersarmut schon heute begegnen. Altersarmut wird nur durch armutsfeste Löhne verhindert,

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

sie wird nur dadurch verhindert, dass Menschen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze erhalten. Wenn jetzt schon in Schleswig-Holstein nach den Zahlen von 2011 entsprechend einer Studie der Christian-Albrechts-Universität 16.500 Menschen in Schleswig-Holstein im Alter von 65 Jahren und älter auf Grundsicherungsleistungen angewiesen und davon zwei Drittel Frauen sind, macht es doch deutlich, dass kleine, geringe Löhne unter dem Mindestlohn genau die Ursache dafür sind, dass man auch keine vernünftige Altersabsicherung hat. Wer also Armut bekämpfen will, braucht den Mindestlohn und sollte sich nicht hier hinstellen und sagen, dass sei ein Bürokratiemonster. Nein, es ist gesellschaftlich notwendig.

(Beifall SPD, SSW und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])