Protocol of the Session on July 10, 2014

(Lebhafter Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ralf Stegner für einen Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Öffentlichkeit hat sich gefragt, warum die Union diesen Punkt so prominent gesetzt hat, nicht aber auch andere Punkte, zumal sie doch Oppositionsaktivitäten so gern bündelt. Aber die Antwort ist sehr

einfach, und dafür sind wir sehr dankbar: Die Union wollte hier noch einmal ganz deutlich machen und das ist ihr auch sehr gut gelungen -, dass es im Bund die SPD und im Land SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW sind, die für gute Arbeit sorgen, während die CDU dagegen ist. Genau dies haben Sie deutlich machen wollen, und das ist Ihnen auch gelungen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie haben noch einmal sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass Sie den Mindestlohn, faire Löhne, faire Arbeit zu Wasser, zu Lande und in der Luft immer bekämpft haben, und dass Sie nun deutlich machen wollen, dass dies auch jeder merkt. Wir wissen, dass Sie 9 % der veröffentlichten Meinung auf Ihrer Seite, aber 90 % der Bevölkerung gegen sich haben. Ich muss ehrlich sagen, es ist uns lieber, dass die ebenso wie wir für gute Arbeit sind. Auch dies ist hier sehr klar zum Ausdruck gekommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Immer dann, wenn Sie von Bürokratie reden, meinen Sie Mitbestimmung, dann meinen Sie soziale Absicherung, dann meinen Sie Bürgerbeteiligung, dann meinen Sie Gerechtigkeit. Wenn das für Sie Bürokratie ist, dann disqualifiziert Sie das nur. Wir sagen: Für uns ist das nicht Bürokratie, sondern für uns ist das der Inhalt dessen, für das ganz viele Menschen hart arbeiten müssen, weshalb sie auch unsere Unterstützung verdienen und nicht den Zynismus, mit dem Sie über solche Geldbeträge reden, die Sie vielleicht nicht interessieren, die Menschen aber sehr wohl, die nur ein geringes Einkommen haben.

Gerade in einem Land wie Schleswig-Holstein, das Niedriglohnland Nummer 1 im Westen ist, sollten wir doch etwas dafür tun, dass es endlich aufhört, dass wir mit Staatsknete Dumpinglöhne unterstützen. Das ist übrigens nicht soziale Marktwirtschaft, sondern eher Sozialismus, und zwar schlecht gemachter Sozialismus, was Sie vorschlagen: Staatskohle für Dumpinglöhne wollen wir nicht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Was im Übrigen den Mindestlohn auf Bundesebene angeht - ich finde, Andrea Nahles hat das hervorragend mit dem vorgelegten Gesetz gemacht, obwohl ich mir in Bezug auf die Übergangsregelungen noch etwas anderes hätte vorstellen können -, wird es eine regelmäßige Anpassung geben,

(Lars Harms)

die übrigens die Tarifparteien vereinbaren. Da werden dann die Maßnahmen eingefädelt, die wir in Mindestlohngesetzen in den Ländern haben, in denen Rot und Grün miteinander regieren. Das gibt es nur dort, wo Rot und Grün miteinander regieren, hier noch zusätzlich der SSW. Überall dort jedoch, wo Sie regieren, gibt es so etwas nicht. Wir werden es miteinander hinkriegen, das zu vereinbaren.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Hier geht es um gute Arbeit und um faire Wirtschaft. Warum Sie auch noch gegen das Korruptionsregister sind, das müssen Sie mal jemandem erklären. Dass Sie nun auch die schwarzen Schafe, nur weil sie schwarz sind, schützen wollen, finde ich jedenfalls nicht besonders überzeugend.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Ich glaube, hier ist sehr deutlich geworden, dass unsere Gesetze gut und notwendig sind, dass der Regierungswechsel notwendig war, dass der Politikwechsel notwendig war. Und die Gesetze werden bleiben; denn das sind gute Gesetze. Rennen Sie nur dagegen an. Da gibt aber nicht die Wand nach, sondern Sie holen sich nur Beulen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich das Wort der Frau Kollegin Simone Lange.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil sich die CDU heute mit ihrem Gesetzesvorschlag - wahrscheinlich sogar unbewusst - auch noch dazu bekennt, die Geschlechtergerechtigkeit nicht wirklich aktiv nach vorne zu bringen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich möchte Sie an dieser Stelle gerne daran erinnern, dass Sie sich immer dann gerne einreihen, wenn Equal Pay Day ist, nämlich meistens im März des Jahres, weil wir einen Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in Höhe von 22 % haben, im ländlichen Bereich sogar übrigens fast 33 % Lohnunterschied. Wir lesen dann überall, dass auch Sie gegen Lohnungleichheit kämpfen und so weiter und so fort. Wenn es aber darauf ankommt, Gesetze dagegen zu initiieren, wenn es darauf ankommt, sich dazu zu bekennen, dass im Niedriglohnbereich - Ralf Stegner hat es ja gesagt: Schles

wig-Holstein steht leider an der traurigen Spitze - etwas geschieht, dann sucht man Sie vergeblich. Im Niedriglohnsektor arbeiten 80 % Frauen, weil sich gerade Reinigungsgewerbe und fast alle sozialen Berufe leider im Niedriglohnsektor befinden. Deshalb sind insoweit Gesetze notwendig, um vor allem die Frauen zu schützen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Deshalb möchte ich den Frauen von dieser Stelle aus gern auch noch eine Stimme geben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dafür, dass uns auch Frauen etwas wert sind, nehmen wir in der Tat auch Bürokratiekosten in Kauf. Es braucht Regelungen, es braucht Gesetzmäßigkeiten dafür. Deshalb möchte ich von dieser Stelle aus an Sie appellieren: Nicht immer nur im März zum Equal Pay Day quatschen, sondern auch mal machen!

(Zuruf SPD: So ist es! - Lebhafter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordenten Kai Vogel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es wirklich erstaunlich, dass die Union heute den Eindruck erwecken will, dass ein Entgelt in Höhe von 9,18 € den Beschäftigten ein Leben im Schlaraffenland ermöglichen würde. Wer von Ihnen würde denn überhaupt eine Tätigkeit für einen Stundenlohn von 9,18 € akzeptieren? Wenn man sich einmal die jungen Damen und Herren dort oben auf der Tribüne anschaut, dann gehe ich von Folgendem aus: Wenn die jetzt in den Ferien einer Tätigkeit nachgehen sollten, dann werden die Wenigsten von ihnen bereit sein, zu gucken, ob es überhaupt Tätigkeiten gibt, die unterhalb dieser Mindestlohngrenze liegen. Es gibt vielmehr viele Tätigkeiten, bei denen der Lohn deutlich darüber liegt.

Wir unterhalten uns heute über sage und schreibe 68 Ct, um die es am Ende geht, die als Differenz zwischen dem Mindestlohn auf Bundesebene und dem Tariftreuegesetz mit der Vorgabe 9,18 € liegen. Ich kann das einfach nicht nachvollziehen.

(Dr. Ralf Stegner)

Ich besuche eigentlich jede Woche Schulen. In den Schulen bemühe ich mich dann auch darum, mit denjenigen zu sprechen, die nicht von vornherein im originären Schulbereich tätig sind. Letzte Woche habe ich zum Beispiel mit einer Reinigungskraft gesprochen.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Ja, Herr Kubicki. Vielleicht sollten auch Sie gegebenenfalls einmal in die Schulen gehen und mit den entsprechenden Personen dort Gespräche führen. Wenn Sie wissen, dass in der Folgewoche eine Debatte über das Thema Tariftreuegesetz geführt werden wir, macht es durchaus Sinn - auch im Hinblick auf das, was Herr Vogt hier sagt -, so etwas zu tun.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Er sagte doch, dass das angeblich nicht eingehalten würde, deshalb ist es doch sinnvoll, dass man mit den Beschäftigten dort einmal spricht. Wenn Sie mit den Beschäftigten sprechen, erfahren Sie, dass sie dankbar dafür sind, dass sie diese 9,18 € an Stundenlohn erhalten. Denn auf diese Art und Weise sind sie in der Lage, für ihre Kinder endlich die Turnschuhe, die sie sich seit Monaten gewünscht haben, zu kaufen.

Wir haben über 50 € zusätzlich im Monat gesprochen. Meine Güte, Herr Kubicki, über 50 € mehr oder weniger würden Sie sich überhaupt keinen Kopf machen! Aber es gibt eine ganze Menge Menschen in der Gesellschaft, die das tun. Ich bin froh, dass wir ihnen dieses ermöglicht haben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Genau so ist das! - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, kommen Sie doch hier ans Rednerpult, dann können Sie auch etwas sagen.

Lieber Kollege Vogt, zum Hinweis von Ihnen, niemand würde sich an dieses Tariftreuegesetz halten, dazu muss ich ganz ehrlich sagen -

(Christopher Vogt [FDP]: Das habe ich nicht gesagt! Viele!)

- Das war Ihr Wortbeitrag, niemand würde sich daran halten.

(Christopher Vogt [FDP]: Zitieren Sie doch korrekt, Herr Kollege!)

- Wir können beide nachher nachlesen, was Sie gesagt haben. Selbst wenn es so gut wie niemand sein sollte, der sich daran hält, ist das doch genau das Argument dafür, dass es das Korruptionsregister

geben muss. Ansonsten würde das Ganze doch keinen Sinn ergeben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Genau so ist das! - Christopher Vogt [FDP]: Wer kon- trolliert das denn?)

Wenn es wirklich so sein sollte, dass sich so wenige daran halten, muss ich ganz ehrlich fragen: Lieber Kollege Vogt, welches Vertrauen haben Sie denn in unsere Unternehmerinnen und Unternehmer? Ich empfinde es als eine Klatsche in das Gesicht der Unternehmerinnen und Unternehmer, ihnen von vornherein zu unterstellen, keiner würde sich daran halten. Das tut mir wirklich leid.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Wir müssen schon bei der Wahrheit bleiben, Herr Kollege!)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit für diesen Beitrag ist abgelaufen. Sie haben aber die Gelegenheit, sie quasi zu verlängern, wenn Sie eine Bemerkung oder eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kubicki zulassen.

Gut, dann freue ich mich über die weitere Minute.

Herr Kollege, würden Sie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, dass der Kollege Vogt davon gesprochen hat, dass dieses gesetzlich nicht kontrolliert werde. Er hat nicht davon gesprochen, dass die Unternehmer sich daran nicht hielten. Es wird nicht kontrolliert, und was nicht kontrolliert wird, macht vergleichsweise wenig Sinn.