(Serpil Midyatli [SPD]: Wenn die Leute we- niger verdienen, dann bringt das das Land voran? - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Politik der Kälte nennt man das!)
- Herr Dr. Stegner, es ist mir - und ich glaube, auch den anderen -, noch nicht aufgefallen, dass Sie Wärme ausstrahlen, auch wenn Sie neuerdings die Fliege weglassen.
Meine Damen und Herren, was unser Bundesland in erster Linie braucht, sind sinnvolle Investitionen in Bildung und Wissenschaft, in die Verkehrsund Gesundheitsinfrastruktur und in eine effiziente Verwaltung. Was man tunlich vermeiden sollte, und hier bin ich grundsätzlich mit dem Herrn Ministerpräsident einer Meinung, sind hohe Ausgaben für unnötige Bürokratie, die niemandem hilft. Hier setzt der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion an. Auch wenn er vielleicht etwas gemein daherkommt, so ist er durchaus diskussionswürdig. Schauen wir uns einmal die drei betreffenden Gesetze an:
Beim angeblichen Korruptionsregister hat das Justizministerium kürzlich selbst aufgezeigt, wie sinnlos es ist, wenn es nicht bundesweit gilt. Das ist immerhin ein Erkenntnisgewinn.
- Herr Habersaat, beim Landesmindestlohngesetz wurde vonseiten der rot-grün-blauen Koalition immer argumentiert, und dies war immer das Hauptargument, dass dieses als eine Art Notlösung die Zeit überbrücken solle, bis es eine entsprechende gesetzliche Regelung auf Bundesebene gebe. Diese wurde nun, ob man dies für richtig hält oder nicht, kürzlich beschlossen. Damit ist diese Begründung entfallen, auch wenn der „Ralf-Stegner-Gedächtnismindestlohn“ mit 9,18 € natürlich etwas über dem gesetzlichen Mindestlohn auf Bundesebene liegt. Herr Dr. Stegner, ich denke aber, dass Landesmindestlohngesetze keinen Sinn machen, wenn es entsprechende Gesetze auf Bundesebene gibt.
Zu dem Thema soziale Gerechtigkeit: Was ist daran gerecht, wenn Sie ein Gesetz machen, dessen Einhaltung nicht vernünftig kontrolliert wird und dessen Missachtung nicht sanktioniert wird? Das Gesetz steht auf dem Papier, aber es wird nicht gelebt, es wird nicht umgesetzt. Wie kontrollieren Sie
Das Vergabegesetz, das wohl unnötigste Bürokratiemonster in der Geschichte unseres Bundeslandes, kostet das Land, obwohl dies immer bestritten wurde, zwar jedes Jahr Millionen Euro, aber wem es hilft, ist bis heute fraglich. Dass das Gesetz massive Bürokratiekosten auslöst, hat die Landesregierung mittlerweile erkannt, indem sie zugestimmt hat, den Kommunen die Mehrausgaben zu ersetzen: 3,8 Millionen € pro Jahr für ein sinnloses Murksgesetz; das Geld könnte man in der Tat deutlich sinnvoller ausgeben, und dies würde niemandem schaden.
Wie man allerorten hören kann, scheinen sich die zahlreichen Warnungen aus dem Anhörungsverfahren zum Vergabegesetz nach der Umsetzung zu bestätigen: Das Gesetz ist nicht handhabbar; weder für die Verwaltungen noch für die Betriebe in Schleswig-Holstein. In einer globalisierten Welt mit langen Wertschöpfungsketten ist es zum Beispiel einfach nicht eindeutig nachweisbar, dass alle Vorprodukte und alle Vorleistungen dem im Gesetz definierten Standard genügen. Das ist so, wie Sie es gefordert haben, einfach nicht möglich. Das führt dazu, dass die Betroffenen, also nicht nur die Betriebe, sondern vor allem auch die kommunalen Verwaltungen, das Gesetz so gut wie möglich zu ignorieren versuchen. Das kann es nicht sein. Das kann nicht der Anspruch der Landesregierung sein.
Meine Damen und Herren, da ich Sie alle gut kenne und Ihre Reden aufmerksam verfolgt habe, glaube ich nicht, dass wir uns in diesem Punkt schnell einig werden und man schaut, ob man die Gesetze wieder wegfallen lassen könnte. Ich glaube, es würde Sinn machen, den Gesetzentwurf an die Ausschüsse zu überweisen und zeitnah eine Evaluation zu machen, um vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle Geld einzusparen, das wir dann nicht für Bürokratie verplempern, sondern für sinnvolle Sachen wie für Infrastruktur, Lehrerstellen und andere Dinge ausgeben können. Ich glaube, das würde unserem Land weiterhelfen. Das schadet auch nicht der sozialen Gerechtigkeit. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen der CDU wollen sich nun am Bürokratieabbau versuchen. Dafür sollen eine Reihe von Gesetzen abgeschafft werden, einige sollen verändert werden. Grundsätzlich ist das ein löbliches Ziel, aber wissen Sie, was mich stört? Sie nehmen Gesetze auf, die hier in den letzten Monaten beschlossen wurden. Bei einigen Themen befinden wir uns hier im Landtag scheinbar in einer Endlosschleife. Täglich grüßt das Murmeltier.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich frage mich: Welches politisches Signal wollen Sie an die Wähler senden, wenn Sie auf Bundesebene einen Mindestlohn beschließen und im Land ein Mindestlohngesetz abschaffen wollen? Was sagen Sie zu dem, was Ihre Kanzlerin zusammen mit der SPD gerade auf den Weg bringt? Finden Sie die Bundesgesetzgebung auch so doof? Rebelliert die NordCDU gegen die Kanzlerin? Ist das die echte CDU aus dem echten Norden? Ich frage mich das, ich verstehe bei diesem Mindestlohngesetz Ihr politisches Signal nicht.
Kommen wir zum Tariftreue- und Vergabegesetz: Ich persönlich bin nicht glücklich mit diesem Gesetz, aber das ist kein großes Geheimnis. Ich halte das Gesetz für überfrachtet und fernab von der täglichen Realität unserer Handwerks- und Handelsbetriebe.
Damit meine ich eindeutig nicht die geforderte Tariftreue. All die Sonderregelungen, die in das Gesetz aufgenommen wurden, hätten viel eher in eine Ausschreibung gehört, aber sei es drum. Abgeschafft gehört das Gesetz deshalb nicht, höchstens reformiert.
Wollen wir jetzt die Beratung zu diesem Gesetz ganz neu aufrollen? Das Gesetz sieht eine dreijährige Evaluationsphase vor. Wir müssen uns also eh in naher Zukunft mit dem Erfolg beziehungsweise dem Misserfolg und dem bürokratischen Aufwand dieses Gesetzes auseinandersetzen.
mal halten. Im Prinzip ist seit der zweiten Lesung dieses Gesetzes nichts Neues passiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, hier gebe ich Ihnen tatsächlich recht. Dieses Gesetz ist ein bürokratisches Monster. Das sind aber keine neuen Nachrichten. Das ist die Erkenntnis aus der zweiten Lesung dieses Gesetzes. Im Grunde aber ist die Idee eines Korruptionsregisters nicht falsch. Auch hier lautet die Antwort: Man müsste dieses Gesetz noch einmal anpacken und reformieren.
Ich könnte mir also den Spaß machen, unsere Änderungsanträge zu diesen drei Gesetzen noch einmal auszupacken und sie noch einmal zu stellen. Diese Mühe hätte man sich machen können. Die CDU selbst hat sich diese Mühe nicht gemacht. Ich halte Ihren Gesetzentwurf in der Form, wie er jetzt vorliegt, nicht für zielführend, und meine Fraktion tut dies genauso wenig. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der hier diskutierte Gesetzentwurf spiegelt unbestritten die Sichtweise der CDU wider. Der Mindestlohn, das Tariftreuegesetz sowie das Korruptionsregister werden pauschal als Bürokratiemonster verurteilt. Diese Sichtweise ist ziemlich einseitig, aber auch ziemlich durchsichtig. Dass neue gesetzliche Regelungen unvermeidlich entsprechend angepasste bürokratische Regelungen mit sich führen, dürfte der CDU eigentlich nicht neu sein. Ansonsten müsste man jedes Gesetz wieder abschaffen, weil jedes Gesetz in irgendeiner Art und Weise Bürokratie auslöst.
- Lieber Kollege Koch, wir als SSW verfolgen einen klaren Auftrag, nämlich dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen fairen Lohn ausbezahlt bekommen,
denn schließlich sollte sich Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen. In den letzten Jahren hat deutschlandweit eine Ausweitung des Niedriglohnsektors stattgefunden. Die Zahl der Zeit- und
Leiharbeiter hat in der Vergangenheit rasant zugenommen. Fakt ist, das die gezahlten Löhne in diesen Bereichen häufig nicht einmal ausreichen, um die Existenz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu sichern. Diesen Menschen bleibt - trotz Vollbeschäftigung - nichts anderes übrig, als ihr Gehalt durch Arbeitslosengeld II auf das Niveau der Grundsicherung aufzustocken. Und das wird, wie wir gerade auch noch gehört haben, von den Arbeitgebern begrüßt. Das ist die eigentliche Schande, die mit diesen Fragestellungen verbunden ist.
Eine Existenzsicherung ist jedenfalls eine solche Grundlage auf gar keinen Fall. Und genau deshalb muss etwas an den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten verändert werden.
Die rot-grün-blaue Koalition hat in dieser Hinsicht einiges getan: Tariftreue, Mindestlohn und der Kampf gegen Korruption sorgen für vernünftigere Arbeitsbedingungen bei uns im Land. Die Zeiten, dass in öffentlichen Vergabeverfahren Löhne gedrückt werden konnten, ohne dass das Land Einfluss darauf nimmt, gehören jetzt glücklicherweise der Vergangenheit an.
All dies haben wir mit auf den Weg gebracht. Ein Blick in Richtung Bundesregierung reicht aus, um zu erkennen, das der von uns seinerzeit eingeschlagene Weg richtig ist und jetzt auch von anderen nach und nach, wenn auch nicht so perfekt wie bei uns, umgesetzt wird.
Eine wichtige Rahmenbedingung, die trotz aller Diskussionen von einer überdeutlichen Mehrheit im Berliner Parlament getragen wurde, ist der Mindestlohn. Der Mindestlohn gehört fortan zur Republik. Und das ist auch gut so, meine Damen und Herren, weil - und das ist das Entscheidende, lieber Kollege Callsen - dies auch die große Mehrheit des Volkes so will. Die Leute wollen ordentlich verdienen, und sie wollen, dass man von seinem Lohn auch leben kann. Das ist eine Erkenntnis, die sich möglicherweise bei der CDU in Schleswig-Holstein noch etwas breitmachen muss.
Wenn es nach der CDU ginge, dann müsste eine Putzfrau auf ihren ordentlichen Lohn sowie auf ihre besser abgesicherte Rente verzichten. Sie und ihre Kolleginnen sowie alle anderen Geringverdiener in unserem Land müssten dafür aufkommen, dass ein
überschaubares Mehr an Lehrbeauftragten ihre Arbeit aufnehmen kann. Dieser Gedanke ist nicht nur zynisch, sondern für uns als SSW schlichtweg kaum zu ertragen. Es kann an dieser Stelle nicht darum gehen, den einen Arbeitnehmer gegen den anderen auszuspielen, schon gar nicht auf dem Rücken der Schwächsten, meine Damen und Herren.
Es geht hier um etwas Grundlegendes, nämlich um solide Arbeitsbedingungen und fairen Wettbewerb, zu dem auch die Abgrenzung zur Korruption, zu Lohndumping und zu Vertragsbetrug gehört. Nicht nur das Land hat als Arbeitgeber gesündere Anforderungen gestellt, sondern diese gelten entsprechend auch für alle anderen öffentlichen Arbeitgeber in Schleswig-Holstein. Das Land nimmt daher Abstand von Vorteilsnahme durch Käuflichkeit oder Lohndumping.
Die CDU möchte eine Rückkehr zum Status quo ante. Damit wird der faire Wettbewerb in seiner jetzigen Form nicht mehr erhalten werden können. Die neu geschaffenen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen eines ganzen Jahrzehnts wären passé.
Die CDU möchte Schleswig-Holstein in den Alltag von vorgestern versetzen und Lohndumping wieder salonfähig machen. Das ist ganz sicher nicht unser Ansatz. Wir wollen Schleswig-Holstein zukunftsfähiger machen und die gesellschaftlich auseinanderklaffenden Unterschiede minimieren. Wir als SSW stehen zur gesellschaftlichen Verantwortung. Und deshalb ist es bedeutsam, dass die angesprochenen Gesetze mit Leben gefüllt werden. Daran wollen wir auch in Zukunft festhalten. Lohndumping und Ausbeutung wird es auch unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus mit uns nicht geben. Und damit basta!