Ich habe Sie schon den ganzen Tag gesehen, aber da Sie mich gerade ansprechen, Herr Dr. Stegner: Ich frage mich, warum Sie die Regierung in Berlin auffordern müssen, sich für eine Verordnung einzusetzen. Sie haben doch mittlerweile einen so großen Einfluss auf die Bundesregierung, dass ich sage:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Dr. Stegner?
Lieber Herr Kollege Kumbartzky, anders als der Kollege Neve habe ich weder einen Nitratbericht bei mir noch könnte ich dazu ernsthaft sachkompetent reden. Ich wollte Ihnen aber sagen, warum wir hier Anträge stellen. Der Grund ist unser tiefer Respekt vor der FDP-Opposition, vor der CDU-Opposition und den PIRATEN, denn nur dann, wenn wir Anträge schreiben, können wir mit Ihnen gemeinsam hier darüber debattieren. Das macht so viel Freude, dass wir immer wieder Anträge stellen. Das ist der Grund.
„Wir werden im Dialog mit den Betroffenen vor Ort die Qualität der Oberflächengewässer verbessern...“
Da ist es also wieder, Ihr Lieblingswort „Dialog“. Lassen Sie uns jedoch einmal anschauen, was die Betroffenen sagen. Vor Kurzem hat der Deutsche Bauerntag getagt. Dabei wurde es sehr deutlich. Man sagte: Pauschale Obergrenzen werden abgelehnt. Das ist mit sehr guten Gründen so, denn schließlich würden pauschale Obergrenzen in der Düngeverordnung die hohen Erträge und die erreichte Qualität bei Gemüse und Brotgetreide gefährden. Diese Argumente sind Ihnen offensichtlich egal.
Nein. Ich möchte meine Gedanken weiterentwickeln, danke. - Schauen wir uns den Antrag weiter an: Nahezu am Ende des Antrages wird die Katze aus dem Sack gelassen. Da fordern Sie auf einmal einen 5 m breiten Gewässerrandstreifen. Diese Forderung lässt wieder einmal Praxistauglichkeit und Dialog vermissen. Sie reiht sich nahtlos in die Debatten ein, die wir zum Knickschutz und zum Dauergrünlanderhaltungsgesetz schon hatten.
Selbstverständlich wollen wir auch in Zukunft eine hohe Trinkwasserqualität im Land. Hier sind wir uns alle einig, das ist ganz klar. An einer Änderung der Düngeverordnung führt auch kein Weg vorbei. Auch das bestreitet niemand. Ich halte es zum Beispiel für richtig, dass Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt über längere Sperrzeiten für die Düngerausbringung reden will. Allerdings warne ich vor einer Überregulierung, die am Ende dazu führt, dass die eigentlichen Ziele nicht mehr eingehalten werden. Wir brauchen praxistaugliche und fachliche Ansätze und keine Pauschalierungen. Die Forderung der Landwirte, dass Kreisläufe auch künftig mit organischem Dünger aus dem eigenen Betrieb geschlossen werden, ist durchaus nachvollziehbar. Der Nährstoffbedarf der landwirtschaftlichen Kulturen muss auch in Zukunft der Maßstab der Düngung bleiben. Schließlich brauchen wir auch in Zukunft einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Ackerbau.
Nachdem ich mir Ihren Antrag angesehen und Ihre Reden angehört habe, muss ich sagen, dass Sie wieder einmal so tun, als wüssten Sie alles besser. Von einem Dialog ist wirklich schon seit sehr langer Zeit keine Spur mehr zu sehen.
(Sandra Redmann [SPD]: Das denken wir nicht nur, das ist so! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das sagt normalerweise Frau Fritzen und nicht du!)
- Natürlich, Frau Redmann. Selbstverständlich. Frau Redmann - fast hätte ich Frau Dr. Redmann gesagt -, Ihnen möchte ich sagen: Statt jetzt Nitrataktionsprogramme zu fordern, sollten Sie sich überlegen, ob Sie sich während der Sommerpause
nicht selbst ein Aktionsprogramm gegen Bevormundung und für mehr wirklichen Dialog in der Landwirtschaft auferlegen.
Arbeiten Sie endlich für die Landwirtschaft und mit der Landwirtschaft zusammen, statt ständig gegen sie. - Vielen Dank.
Bitte begrüßen Sie vorher noch mit mir Mitglieder des Seniorenbeirats der Gemeinde Hohenlockstedt. - Seien Sie herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Stegner, allen immer wieder geprägten Vorurteilen zum Trotz, dass die Opposition immer gemeinsame Sache mache gegen die Koalition - in diesem Fall ist es wieder einmal nicht so. Insofern freue ich mich auf eine etwas andere Debatte.
Der europäische Vorreiter beim Umweltschutz - zumindest gefühlt - hinkt beim Gewässerschutz ziemlich hinterher. Deswegen - die wesentlichen Gründe sind im Antrag der Koalitionsfraktionen genannt - halten wir es für notwendig, diese Schritte zu gehen. Die Argumente der Vorredner von dieser Seite des Hauses brauche ich nicht zu wiederholen, sondern ich möchte, bevor ich von einem anderen Blickwinkel auf die Diskussion eingehe, noch eine andere Zahl zitieren. Das zeigt, dass es gut ist, wenn wir in den Ausschuss gehen, um alle Daten und Fakten abzugleichen.
Das Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung hat einen Bericht herausgegeben, nach dem die bis 2015 angepeilte Verbesserung der Wasserqualität wohl von keinem EU-Land erreicht werden wird. Wie es in Schleswig-Holstein aussieht, darüber gibt die Studie leider keine Auskunft, denn es liegen keine ausreichenden Daten und Fakten vor, es ist dort ein graues Feld. Deswegen sind wir dafür, dass wir sämtliche Argumente zusammentragen und das Problem ernsthaft angehen, und zwar aus einem einfachen Grund, der jedem verständlich sein müsste. Ich will Sie schlicht einmal fragen: Wann haben Sie das letzte Mal an einem heißen
Sommertag wie heute aus einem Bach in Deutschland oder Schleswig-Holstein getrunken? Kühles, frisches Wasser, das in diesem Moment ganz einfach da ist und ein ganz elementares menschliches Bedürfnis erfüllt, nämlich unseren Durst zu löschen.
In den Alpen, in Schweden und in Norwegen ist es heute noch möglich. Dort fließt reines, an Nährstoffen armes Schmelzwasser die Berge und Hügel herunter. Eigentlich ist das überhaupt nichts Besonderes. Nur gibt es diese Form der Natur bei uns nicht mehr.
Wenn in Deutschland, in Schleswig-Holstein an einer Quelle frisches Wasser aus dem Boden strömt, was machen wir? Wir erklären diesen Ort zur Kulturstätte. Da kommen dann Besucher mit Bussen, um sich eine Flasche voll abzuzapfen. Anderenorts ist es noch viel profaner: Da bauen wir einfach eine Mineralwasserfabrik über die Quelle, die das mit dem Abfüllen für uns übernimmt.
Frau Kollegin Beer, würden Sie auch einmal in die Runde fragen, wann jemand das letzte Mal aus einem Wasserhahn und nicht Selter getrunken hat?
- Da bin ich ja positiv überrascht. Damit hätte ich in unserer heutigen Gesellschaft gar nicht mehr gerechnet. Könnten Sie auch noch einmal fragen, wann sich aus dieser Runde jemand dort aufgehalten hat, wo ein Bach fließt? Fragen Sie einmal! Jetzt meldet sich keiner mehr.
Ich hoffe, dass viele unserer Kollegen so naturverliebt sind, dass sie sich nicht nur in diesem geschlossenen Raum bewegen, sondern auch außerhalb. Ich bin der Landtagsverwaltung übrigens aus
Herr Rickers, Ihr Einwurf geht aber an der Frage vorbei: Es geht nicht darum, wer bereit ist, in die Natur zu gehen, um zum Beispiel aus einem Bach zu trinken, sondern es geht darum, Konsequenzen zu ziehen, weil wir die Natur - ich sage das jetzt etwas salopp - „versaut“ haben, weil Profit in der Landwirtschaft vorgeht, und die Frage, wie wir das zurückdrehen.
Herr Kollege Rickers, ich zitiere da eine andere Studie aus dem Nachbarland Niedersachsen - trübe Gewässer -, in der eine Untersuchung des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft festgestellt hat, dass 92 % der Oberflächengewässer so stark belastet sind, dass die Umweltauflagen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht erfüllt werden. Das ist die Problematik, die ich an einem einfachen Beispiel deutlich gemacht habe. Ich hatte übrigens früher eine autarke Wasserversorgung. Dann folgte der Zwangsanschluss an die Stadtwerke. Ich bin aber froh, dass ich zu Hause immer noch Leitungswasser trinken kann. - So weit meine persönliche Auskunft dazu.
Ich möchte gern zu dem bildlichen Beispiel zurückkommen. Es gibt Menschen, die sich darüber wundern, dass es bei uns so ist. Ich habe einmal von einem Flüchtling aus Tibet gehört, als er in Indien angekommen ist, dass er überhaupt nicht begreifen konnte, warum er das Wasser aus dem Fluss in Indien nicht trinken konnte.
Die Frage, wie wir damit umgehen, muss jeder für sich selber beantworten. Ich halte den Antrag der Koalitionsfraktionen für konsequent, auch wenn er noch nicht alle Fragen beantwortet. Wenn wir gemeinsam die Vision verfolgen, zum Ende der Legislaturperiode mit der Landwirtschaft zusammen wieder aus einem Bach trinken zu können, an einem Tag wie heute, dann sind wir schon ein ganzes Stück weiter und könnten das im Ausschuss gemeinsam so definieren. - Danke für die Aufmerksamkeit.