Protocol of the Session on July 9, 2014

(Angelika Beer)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit der Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktionsmethoden und der steigenden Viehdichte auf der Fläche folgt auch eine größere Belastung auf den Natur- und Wasserhaushalt. Diese Entwicklung wurde bereits in den 80er-Jahren erkannt. Als Hauptverursacher der Umweltbelastungen wurden Nitrate ausgemacht. Aus diesem Grund wurde 1991 die EU-Nitratrichtlinie auf den Weg gebracht. Ziel der Richtlinie ist, die Verunreinigung des Grund- und Oberflächenwassers durch Nitrate einzudämmen und zu verhindern. Seitdem sind EU-weit durchaus Erfolge zu verzeichnen.

Der jüngste Bericht der EU-Kommission zur Umsetzung der Nitratrichtlinie macht aber deutlich, dass die Wasserressourcen noch immer durch Nitrate aus der Landwirtschaft belastet werden. Trotz einer umfangreichen Düngegesetzgebung werden die Umweltziele im Agrarbereich in Deutschland nicht erreicht.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist es!)

Dies wurde zuletzt auch von den Wissenschaftlichen Beiräten für Agrarpolitik und für Düngungsfragen beim Bundeslandwirtschaftsministerium und durch den Sachverständigenrat für Umweltfragen zur Novellierung der Düngeverordnung angemahnt.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Genau so ist es!)

Von einer Einhaltung maximaler nationaler Stickstoffsalden von 80 kg N/ha und Jahr sind wir demnach noch weit entfernt. Art und Umfang der Düngung gehen zulasten der Wasserqualität und beeinträchtigen auch die biologische Vielfalt. Das ist das niederschmetternde Fazit der Stellungnahme.

Es ist keine neue Erkenntnis, die die wissenschaftlichen Beiräte im letzten Jahr präsentiert haben. Das Problem ist bereits seit Längerem bekannt. Bereits 2012 hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen eindeutigen Änderungsbedarf der Düngeverordnung festgestellt. Mittlerweile droht vonseiten der EU sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Es besteht also Handlungsbedarf.

Leider sieht das Präsidium des Deutschen Bauernverbands dies nicht so. Demnach habe sich die Düngeverordnung bewährt, und die Forderung einer grundlegenden Novellierung der Düngeverordnung sei nicht nachvollziehbar.

Angesichts der vorliegenden Messdaten und der langfristigen Probleme, die mit dem Stickstoffüberschuss und der Auswaschung einhergehen, ist es unverständlich, dass sich bisher so wenig getan hat. Der Streit zwischen Landwirten, Politik, Umweltverbänden und Wasserwerkern um eine schärfere Düngeverordnung läuft bereits seit Jahren. Wir kommen nicht umhin, das Grundwasser besser zu schützen. Die Novellierung der Düngeverordnung ist daher notwendig. Hierbei gilt es, an unterschiedlichen Punkten anzusetzen, um das Ziel zu erreichen, das Grund- und Oberflächenwasser besser zu schützen.

In diesem Sinne ist auch unser Antrag zu sehen. Die Überschüsse müssen reduziert werden. Dafür müssen wir die Stickstoffabgabe begrenzen. Wir brauchen aussagekräftige Zahlen über den Nährstoffhaushalt. Die flächenbezogene Hoftorbilanzierung ist ein geeignetes Mittel, um den Nährstoffstatus darzustellen.

Dies ist auch eine Forderung des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik und des Sachverständigenrates für Umweltfragen. Leider wird dies vonseiten des Bundeslandwirtschaftsministeriums derzeit noch anders gesehen.

Darüber hinaus gilt es auch, die technischen Voraussetzungen zur Ausbringung und Einarbeitung zu verbessern.

Die im Antrag aufgeführten Punkte zeigen eine Reihe von Möglichkeiten, um der Nitratproblematik endlich Herr werden zu können. Es wurde genug Zeit vergeudet, um das Problem anzugehen und zu lösen. Die Novellierung der Düngeverordnung sollte jetzt endlich das Ziel verfolgen, Grund- und Oberflächenwasser zu schützen. Mit unserem Antrag leisten wir einen Beitrag, damit dies nicht einfach ein zahnloser Tiger bleibt.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Zunächst hat für die SPD-Fraktion - - Nein. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird jetzt die Frau Abgeordnete Marlies Fritzen sprechen.

Ich warte tatsächlich darauf, Herr Präsident, wann ich zur Sprecherin der SPD gemacht werde. Heute will ich aber noch ein zweites Mal für die Grünen sprechen.

Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, Herr Neve - schön, dass Sie noch da sind -, weil immer dann, wenn Ihnen keine Argumente mehr einfallen, die pauschale Moralkeule kommt, wir diffamierten den Bauernstand. Meine Damen und Herren, ich halte das für unangemessen, um das sehr vorsichtig zu sagen. Getretener Quark wird breit, nicht stark. Wir sind im Gespräch, das Ministerium ist im Gespräch. Es gibt die Gewässerallianz. Viele sehen diese Gespräche skeptisch. Ich glaube, dass diese Skepsis an der einen oder anderen Stelle auch durchaus berechtigt ist. Aber Sie können nicht sagen, dass es hier um eine pauschale Diffamierung geht.

Wenn Sie schon sagen, wir sollten über die Sache reden, dann möchte ich Ihnen noch zwei Zahlen nennen. Zum einen haben Sie zitiert. Es ist aber immer fehlerhaft, wenn man nur die Hälfte zitiert. Sie haben nämlich nicht gesagt, auf welchen Basiswert Sie sich beziehen. Ich rede jetzt von dem Basiswert, den Sie in der Statistik angegeben haben. Dieser Basiswert bezieht sich auf das Jahr 1990. Von dem Zeitpunkt an hat sich tatsächlich etwas verbessert. 30 % sind aber auch schlechter geworden. Es ist also nicht alles besser geworden. Tatsächlich liegen weiterhin 40 % der Gewässer über dem von der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen Grenzwert von 50 mg. Den werden wir, wenn wir so weitermachen, bis zum Jahre 2050 nicht erreicht haben. Tatsächlich müssten wir ihn aber schon nächstes Jahr erreichen. Das also sind die Grenzwerte, die zur gesamten Wahrheit hinzugehören.

Herr Kollege Kumbartzky, wenn Sie sagen, dass wir mit Betroffenen reden sollten, dann erinnere ich daran, dass ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, dass Gespräche mit dem Bauernverband in der einen oder anderen Weise immer wieder zu fast jedem Thema gesucht werden, und zwar auch zu Recht. Deshalb frage ich Sie: Wer sind denn im Hinblick auf das Trinkwasser die vor allem Betroffenen? Sind das nicht vielleicht diejenigen, die aus dem Wasserhahn trinken möchten und die dieses auch weiterhin ohne Gefährdung tun möchten? Dann sprechen Sie doch bitte einmal mit denen, die auf Föhr leben. Dort werden die Grenzwerte dermaßen massiv überschritten, dass man bestimmte Brunnen überhaupt nicht mehr benutzen kann. Das also sind die Betroffenen, wenn es um den Trinkwasserschutz geht, nicht aber einseitig ein Berufsverband.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Im Übrigen möchte ich noch etwas zum Abstimmungsverhalten sagen. Selbstverständlich werden

wir über diese Themen auch weiterhin sprechen. Wir haben im Agrarausschuss bisweilen ja auch eine ausgesprochen gute Dialogkultur zwischen den Fraktionen. Herr Rickers hat auf verschiedene Punkte hingewiesen, die noch fehlen. Auch diese Punkte sind uns bewusst. Deshalb glaube ich, dass es Sinn machen wird, weiterhin darüber zu diskutieren. Um das politische Signal zu setzen, wollen wir über den Antrag heute aber in der Sache abstimmen. Deshalb bitte ich darum, diese Debatte selbstredend fortzusetzen; das ist überhaupt nie die Frage gewesen. Aber über den Antrag wollen wir heute gern abstimmen.

(Heiner Rickers [CDU]: Sie gestatten also keine Frage mehr von mir?)

- Ich war gerade mit meiner Rede fertig.

Tut mir leid. - Jetzt hat in der Tat für die Fraktion der SPD die Frau Abgeordnete Sandra Redmann das Wort. Ich erteile das Wort übrigens immer in der Reihenfolge der Wortmeldungen. Deswegen kam es vorhin zu dieser Irritation.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem unserer Zukunft wird sauberes Trinkwasser sein. Ich glaube, dies ist noch nicht allen in diesem Hause bewusst.

Ich ärgere mich durchaus darüber, wenn Sie, lieber Herr Kumbartzky und lieber Herr Rickers, das hier immer so darstellen, als ginge es hier immer nur darum, die Bauern anzufeinden. Das entbehrt aber jeder Begründung und hat überhaupt keinen Sinn. Frau Fritzen hat es eben angesprochen.

Die ersten Brunnen in Schleswig-Holstein - übrigens nicht nur an der Westküste - sind dicht. Sie sind deswegen dicht, weil das Trinkwasser dort nicht mehr zu gebrauchen ist. Die Zahlen und Unterlagen darüber - diese kann ich Ihnen auch gern zur Verfügung stellen - gibt es von den Stadtwerken.

(Heiner Rickers [CDU]: Mit denen habe ich gesprochen!)

- Ich weiß, dass auch Sie mit denen gesprochen haben. Deshalb müssten Sie es ja auch wissen.

Ich möchte aber noch eine kurze Frage stellen. Ich weiß nicht, was Sie unter Dialog verstehen. Manchmal habe ich den Eindruck, wenn Sie bei Ihrem Nachbarn, dem Landwirt Meyer, mal ein Bier und

(Marlies Fritzen)

einen Korn trinken, ist das für Sie ein Dialog. Für uns jedoch - das tut mir leid - ist das nicht Dialog.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich lasse mir auch nicht vorwerfen, dass wir nicht mit Leuten gesprochen haben. Frau Eickhoff-Weber und ich waren viel unterwegs, und wir waren nicht nur beim Bauernverband, sondern wir waren bei vielen Landwirten. Wir haben mit den Stadtwerken, mit den Wasserwerken und mit den Naturschutzverbänden gesprochen. Das würde ich Ihnen auch empfehlen.

(Heiner Rickers [CDU]: Habe ich doch!)

Ich kann Ihnen sagen: Jeder verantwortungsbewusste Landwirt in Schleswig-Holstein wird diesen Antrag unterstützen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen aus dem Parlament sehe ich zurzeit nicht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Doch, Herr Präsi- dent!)

- Ist dies eine Wortmeldung, Herr Rickers?

(Heiner Rickers [CDU]: Ja!)

- Bitte schön. Dann hat jetzt für einen Dreiminutenbeitrag der Herr Abgeordnete Rickers das Wort.

Haben Sie mit den Wasserwerken oder mit den Verantwortlichen in den Wasserwerken gesprochen?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur noch ein kurzes Wort. Ich hatte Frau Fritzen vorhin gern eine Frage stellen wollen, und diese geht, Frau Fritzen, eigentlich auch in die Richtung dessen, was Frau Redmann vorhin gesagt hat. Die Zahlen sind ja nun nicht in irgendeiner Form falsch zu interpretieren. Auch hier komme ich wieder auf den Nitratbericht der Bundesregierung zu sprechen. Aktuell - bitte beweisen Sie das Gegenteil, wenn es nicht stimmt - heißt es darin: Das Qualitätsziel der Nitratrichtlinie für Oberflächengewässer in Höhe von 50 mg N/l davon sprechen Sie ja immer - wurde im aktuellen Berichtszeitraum an allen ausgewerteten Messstellen eingehalten. Nun erklären Sie mir bitte, woher diese Aussage kommt, wenn Sie behaupten, 50 % der

Oberflächengewässer hielten das nicht ein. Beweisen Sie bitte schön auch im Ausschuss - denn dort sind Sie gefordert -, dass das Gegenteil der Fall ist.

Jetzt noch einen Satz an den Herrn Minister. Auch von ihm erwarten wir Aufklärung. Sie haben die Daten ja online gestellt, und Sie haben wirklich versucht, das zu recherchieren. Wir landen zwar beim Nitratbericht des Bundes, wir schaffen es aber nicht, obwohl wir fachkundige Leute damit beauftragt haben, online auf diese Zahlen zu klicken ich jedenfalls schaffe es nicht, und auch Referenten schaffen es nicht. Wir wollten die besagten 180 oder vielleicht auch 150 - hier streiten wir uns um die Zahlen - Messstellen in wirklich belasteten Gebieten nicht immer nur zitieren, sondern einen Durchschnitt auf Landesebene haben.

Da bin ich dann bei Herrn Neve. Man kann nur verunglimpfen, wenn man immer von dem schlechtesten Niveau ausgeht. Deswegen, Frau Fritzen, denken Sie daran: Liefern Sie uns Zahlen. Sie, Herr Minister, fordern wir auf, uns die entsprechenden konkreten Zahlen zu liefern, damit wir objektiv darüber diskutieren können.

Ich weiß jetzt nicht, ob das eine CDU-Fragestunde werden soll. Aber erlauben Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Neve?

Sehr gern.