Ich komme zum nächsten Punkt, nämlich zu Ihrer Anmerkung zur Neuregelung beim Fleischbeschaugesetz. Dieser Anhang zur EU-Regelung aus dem Jahr 2004 ist mit großer Mehrheit durch das Parlament gegangen, nachdem anscheinend eine ganze Reihe von Abgeordneten in den Ausschüssen und im Plenum umgefallen waren. Das waren zu einem großen Teil die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei. Darauf möchte ich an dieser Stelle hinweisen. Sie können hier nicht eine andere Politik darstellen als die, der auf europäischer Ebene von Ihrer Partei zugestimmt wurde.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Rickers? - Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, diese Debatte jetzt bitte nicht im Dialogverfahren fortzuführen, sondern sich gegebenenfalls mit einem Dreiminutenbeitrag zu Wort melden.
(Heiner Rickers [CDU]: Das sind keine Be- merkungen, das sind Fragen. Ich sehe mich nicht zu einem Dreiminutenbeitrag gezwun- gen, es sei denn, Herr Voß macht so weiter. Also - -)
- Herr Kollege Rickers, ich weise Sie geschäftsleitend darauf hin, dass es bei der großzügigen Auslegung von Fragen und Bemerkungen, die vom Saalmikrofon aus gestellt oder gemacht werden können, was ich Ihnen gesagt habe, nicht vorgesehen ist, jetzt in ein Dialogverfahren zu kommen. Das ist nicht vorgesehen, auch nicht für Sie beide. Das Wort Bemerkung ist allgemeiner. Wenn Sie jetzt also noch eine Bemerkung machen möchten oder eine Frage haben, was man Ihrem Gesichtsausdruck nicht ansehen kann, und der Kollege Voß dies zulässt, dann ist das jetzt gestattet.
Das ist die nächste Sage. Das wird in Niedersachsen überhaupt nicht anders umgesetzt als in Schleswig-Holstein. Es muss seit dem 1. Juni 2014 umgesetzt werden. Verrückt ist im Grunde, dass hier eine Verordnung gemacht wird, bei der man gesagt hat, die Fleischbeschauung, wie sie seit 115 Jahren laufe, müsse geändert werden, es könne Kombinationen geben, es gebe andere Parameter, an denen man sich orientiere und so weiter. All dies ist aber nicht in der Verordnung umgesetzt worden.
Ich komme zu einem nächsten Punkt. Sie sind in der Bundesregierung. Die Bundesregierung hätte in den letzten Monaten längst regelnd eingreifen und den Ländern vorgeben müssen, wie diese dies über die visuelle Fleischbeschauung hinaus umsetzen können und wie sie festlegen können, welche neuen Parameter sie über die visuelle Fleischbeschau hinaus anwenden können und müssen. Dies gilt vor allem auch für Angaben in der Frage, wann dies geschehen soll. Es gibt sehr gute Gründe dafür, die al
te Fleischbeschau so zu belassen, wie sie ist. Das ist ein ziemlich komplexes Thema. Ich möchte nicht, dass Sie so tun, als wäre dies in Schleswig-Holstein erfunden worden. Ich möchte nicht, dass Sie so tun, als wäre die unvollkommene gesetzgeberische Situation, die wir in Schleswig-Holstein haben, hier in Schleswig-Holstein verschuldet worden.
So weit zu den Punkten. Es ist bereits in den vorhergehenden Beiträgen sehr viel dazu gesagt worden, dass wir über 70 % der Schweine aus dem Land herausbringen. Sie werden bis Niedersachsen, Mecklenburg und Sachsen transportiert. Die Situation ist paradox: Wir haben große überregionale Schlachtstätten außerhalb Schleswig-Holsteins und zugleich große Überkapazitäten und daher einen starken Kampf um den „Rohstoff“ - wenn ich das einmal ein bisschen platt ausdrücken darf. Wir haben bundesweit nur noch drei große Schlachtunternehmen. Die zehn größten Schlachtunternehmen in Deutschland haben einen Marktanteil von fast 80 % inne.
Die Entwicklung hat eine ganze Reihe von Ursachen: Die geringen Transportkosten sind bereits angesprochen worden. Dazu kommen eine aus Tierschutzsicht fragwürdige, nicht ausreichende Begrenzung der Transportzeiten; Strukturen im Lebensmitteleinzelhandel, mit einem extremen Preiskampf um Marktanteile beim Fleisch; die Anonymität der Ware und Intransparenz, sodass Verbraucherinnen und Verbraucher wenig Möglichkeiten haben, sich über die Herkunft der Produkte zu informieren. Frau Eickhoff-Weber hat eben ausführlich dargestellt, dass wir hier eine Branche haben, wo über lange Zeit ein massives Lohndumping erfolgt ist. Wir sind gespannt, wie sich der Mindestlohn und die Abkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften hier auswirken werden.
Wir haben einen Rückgang der vielfältigen handwerklichen Fertigkeiten und - gerade bei Schweinen und Geflügel - eine ausgesprochen starke Exportorientierung der Fleischwirtschaft. Vor zehn Jahren hatten wir einen Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch von knapp 90 %; jetzt liegen wir bei fast 120 %. Das macht deutlich, welcher Druck im Kessel herrscht.
Ich will auf verschiedene Punkte nicht weiter eingehen, die bereits genannt worden sind, wo mit den knappen Mitteln, die wir haben, gefördert werden soll, damit handwerkliche Strukturen gesichert werden. Ich will die Opposition einladen, mit einzusteigen, wenn es darum geht, Schlachtkapazitäten
im Lande neu zu sichern. Letztlich entscheiden allerdings Unternehmen darüber. Es geht um Hilfe bei der Standortfindung und die Frage, welche Standorte für die Schlachtung und Fleischverarbeitung überhaupt geeignet sind, welche zentral gelegen sind.
Die Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung von Standards zu diffamieren, hilft überhaupt nicht weiter. Ich hoffe, dass jetzt auch die Oppositionsparteien davon wegkommen und endlich erkennen, dass eine gute, verlässliche Lebensmittelüberwachung von zentraler Bedeutung ist.
Die pauschale Kritik an den kommunalen Stellen, den Kreisen, den Kreisveterinären wegen der Lebensmittelüberwachung vor Ort verbietet sich.
Das Problem liegt in der Verteilung der Aufgaben auf verschiedene Verwaltungsebenen. Der Bericht des Bundesrechnungshofs von 2011 trifft zur Waffengleichheit zwischen Kreisveterinärbehörden und Lebensmittelkonzernen die treffende Bewertung, dass wir es mit einer falschen Aufgabenverteilung zu tun haben. Hier wird David Goliath gegenübergestellt, hier werden Kreisveterinäre internationalen Konzernen gegenübergestellt. Das kann so nicht gehen. Hier werden wir zu Änderungen kommen müssen.
Wir haben hierzu im Koalitionsvertrag der Küstenkoalition eindeutige Aussagen getroffen, die wir im Landtagsantrag im März 2013 unterstrichen haben.
Es ist aber so, dass sich schon verschiedene Landesregierungen, verschiedene Koalitionen daran versucht haben, die Änderungen der Verwaltungsstruktur, die dafür erforderlich sind, durchzusetzen. Ich muss feststellen, dass weder im Koalitionsvertrag der Großen Koalition in Berlin noch im Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein die entscheidenden Passagen stehen, um das durchzusetzen.
Die Ereignisse der letzten Monate um den Schlachthof Bad Bramstedt machen mehr als deutlich, dass wir im Bereich der Lebensmittelüberwachung dringend eine andere Aufgabenteilung benötigen. Da sollten wir uns parteiübergreifend auf den Weg machen, um das durch- und umzusetzen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist für uns PIRATEN eine ganz schwierige Diskussion. Wir haben einen Bericht der Landesregierung, von einem Umwelt- und Agrarminister, der der grünen Partei angehört und sich eindeutig zum Ausbau von Schlachtkapazitäten in Schleswig-Holstein bekennt.
Ich bin jetzt diejenige, die für die PIRATEN sagen muss, dass wir gegen Massentierhaltung sind. Daher stellt sich zwangsläufig die Frage, ob es richtig ist und wir es wirklich wollen. Im letzten Jahr sind in Schleswig-Holstein etwas mehr als 1 Million Tiere geschlachtet worden; darin ist Geflügel noch nicht einmal enthalten. Da stelle ich die Frage: Ist es wirklich sinnvoll, dass wir noch mehr Tiere schlachten? Das frage ich besonders die Kollegen der Grünen, die vor Kurzem noch einen VeggieDay verordnen wollten und sich jetzt vehement für den Ausbau von Schlachthöfen einsetzen.
Ich muss einen zweiten Punkt ansprechen. Nach der hoch moralischen Diskussion, in der wir den Minister weitgehend unterstützt haben, was die Vorgänge in Bad Bramstedt betrifft, der von ihm jetzt selbst angesprochenen EU-Verordnung und dem Versuch des Kollegen eben, das zu relativieren, bringe ich ein Zitat vom grünen Umweltminister Christian Meyer in Niedersachsen, der erklärt: Niedersachsen wird sich weiter dafür einsetzen, dass die Kontrollen nicht lascher werden. - Foodwatch und andere Verbraucherschützer sagen: Es kann nicht sein, dass der Schnitt und die Kontrolle jetzt eingeschränkt werden.
Nein, ich versuche gerade, meine Rede nach einem offenen Konzept zu gestalten, weil alle Feindbilder oder Ideologien, die wir bei diesen Debatten bisher hatten, nicht mehr tragen. Deswegen versuche ich, das jetzt etwas anders zu machen.
- Herr Garg, ich will jetzt gar nicht über den Schlachthof Bad Bramstedt sprechen. Ich stelle nur fest, dass hier in relativ kurzer Zeit massive Positionsveränderungen stattfinden. Das ist für mich ein Widerspruch. Ich bin gern bereit, die Debatte zu Bad Bramstedt im Ausschuss zu führen, wenn die Akteneinsicht gelaufen ist und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Abschluss gekommen sind. Es ergeben sich dermaßen viele Fragen aus diesen Widersprüchen, die ich an dieser Stelle nicht diskutieren möchte.
Ein Beispiel möchte ich Ihnen aber geben: In Hamburg gab es eine Biobäckerei, die in die Schlagzeilen gekommen ist wegen unsauberer, unhygienischer Zustände. Die Presse hat darüber berichtet. Was hat die Bäckerei gemacht? - Sie hat die gläserne Backstube eingerichtet.
Jetzt stelle ich mir einmal für einen Schlachthof oder ausgeweitete Kapazitäten vor, auch in Bad Bramstedt, wenn man in Verruf kommt, zum Beispiel den Tierschutz oder Mitarbeiterrechte zu verletzen, was passieren würde, wenn ein Schlachthof gläsern werden würde. Da liegt es in unserer Verantwortung, ob wir überhaupt sehen wollen, was in einem solchen Schlachthof passiert, oder ob wir einfach nur die Sicherheit wollen, dass wir möglichst sauberes und ohne Tierquälerei geschlachtetes Fleisch zu uns nehmen.
Ich möchte einen Punkt aus dem Bericht in den Fokus nehmen, der sehr positiv ist. Das ist die regionale Förderung von kleinen und Kleinstschlachtbetrieben, die wir in Schleswig-Holstein haben. Sie werden in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 durch ELER-Mittel gefördert. Das finden wir richtig. Ich habe mir im Rahmen des Tages der offenen Höfe den Hof Einfeld angesehen, mit Tierhaltung, einer kleinen Schlachterei, übersichtlich mit eigenem Vertrieb. Hier können die Verbraucher tatsäch
Angesichts der Menge, die in Schleswig-Holstein bereits geschlachtet wird, schlage ich dem Verbraucher vor, statt zwischendurch eine Bifi zu essen das ist auf Dauer übrigens nicht gesund -, lieber zu überlegen, ob wir den Fleischkonsum insgesamt einschränken. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mit der vorübergehenden Schließung und der Diskussion über die Zustände auf dem Schlachthof in Bad Bramstedt wurde auch eine Diskussion über die Schlachtkapazität in Schleswig-Holstein in Gang gesetzt. Hieraus resultiert dann auch der Bericht.
Ich denke, dass dieser Bericht uns einen sehr guten Überblick über die Lage in Schleswig-Holstein gibt. Vieles ist schon erwähnt worden. Das will ich nun nicht alles wiederholen. Deshalb kürze ich meine Rede an dieser Stelle ein bisschen ab.